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7.Kapitel

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Einige Monate wohnte Worthington nun schon am Lendplatz, seit dem Tag, als Ingrid ihm ohne jede Vorwarnung die Koffer vor die Tür stellte.

Die Nachricht, dass ihr Mann Hermann im Zuge einer Amnestie vorzeitig aus der Haft entlassen würde, hatte ihr schlagartig klar gemacht, worauf sie sich mit ihrer Liaison mit Albert eigentlich eingelassen hatte. Für ihn war sie doch nicht mehr als eine kleine Soldatenliebschaft, irgendwann würde er nach England zurückkehren und sie in Graz sitzen lassen. Da war es für sie doch besser, ihre Ehe mit Hermann weiterzuführen, obwohl dieselbe ja kaum stattgefunden hatte.

Kurz nach ihrer Hochzeit war er damals begeistert in den Krieg gezogen, und sie mit ihren Sorgen zurückgelassen.

Eines Tages, als er gerade die Treppe hoch zu seinem Büro in der Grazer Burg ging, huschte eine Frau an ihm vorbei, lächelte ihm scheu zu und erst jetzt erkannte er Ingrid.

Die ist aber ein bisschen dick geworden! dachte er sich, Wahrscheinlich kocht sie jetzt für ihren Mann und sich selbst auch so viele leckere Sachen wie für uns früher, dann ist es kein Wunder, dass sie auch zunimmt”.

Beim Gedanken daran wurde ihm wieder ganz wehmütig ums Herz, es war doch eine schöne Zeit gewesen.

Irgendwie war ihm seither die Lust vergangen, andere Frauen kennenzulernen, er verglich alle sofort mit Ingrid. Jetzt, da er sie nach längerer Zeit wiedergesehen hatte, fiel es ihm wieder schwer, die schöne Zeit zu vergessen und die alte Wehmut war wiedergekehrt. Beim ersten Mal dauerte es Wochen, bevor er aufhörte, bei jeder Gelegenheit an sie zu denken. Seine Arbeit litt darunter und mehr als einmal rüffelte ihn sein Vorgesetzter deswegen.

„Na, haben Sie Ihr Liebchen noch immer nicht vergessen, Worthington?“, hatte er ihn spöttisch gefragt.

Insgeheim spürte er wohl, wie sehr Worthington trauerte.

“Das Beste ist, ich gehe wieder zurück nach England und heirate Ann!”, dachte dieser und nahm sich vor, das bald in die Tat umzusetzen.

Seine jetzige Wohnung war auch kein Vergleich zu seinem Zimmer bei Ingrid, eher eine Abstellkammer, in einer baufälligen Frühstückspension am Lendplatz.

Gleich gegenüber war ein kleiner Marktplatz, an dem am Samstag Bauern aus der Umgebung ihre Stände aufbauten und Produkte vom eigenen Hof verkauften. In nächster Nähe, im Volksgarten, ließen sich auch immer wieder fliegende Händler nieder. Und jeder, der irgendetwas anzubieten hatte, versuchte eben, den allgemeinen Mangel auszunutzen, und für seine Ware einen möglichst hohen Preis zu erzielen.

Den Behörden war dies natürlich ein Dorn im Auge, und deshalb waren Beamte der Wirtschaftspolizei ständig unterwegs, um das illegale Treiben zu verhindern. Aber die Menschen waren mittlerweile gewitzt und kaum hatte sich der Schwarzmarkt wegen einer Kontrolle aufgelöst, bildete er sich an anderer Stelle erneut.

Bei einem Spaziergang kam Worthington auch mal wieder beim Markt vorbei als ihm jemand leise zuraunte:

“Na mein Herr, brauchen sie Zigaretten?

Er, der es als Angehöriger der Besatzungsmacht ja nicht nötig hatte, Zigaretten für teures Geld schwarz zu kaufen, wollte schon dankend ablehnen, als er das Gesicht des fliegenden Händlers erkannte. Es war sein lästiger Verfolger, der ihm schon lange auf die Nerven ging, zumal er sich gar keinen Reim darauf machen konnte, warum ihn eigentlich jemand beschattete.

Auch sein Gegenüber merkte erst jetzt, wen er da eben angesprochen hatte und packte schnell seine Sachen zusammen, um abzuhauen.

Doch Worthington war schneller.

“Halt, Freundchen, nicht so schnell, kommen Sie erst mal mit zur Polizei!”

Er zeigte ihm seinen Ausweis, auch wenn die Überwachung des Schwarzmarktes gar nicht zu seinen Aufgaben gehörte, aber ein Ausweis der Engländer zeigte immer Wirkung. Alle anderen suchten fluchtartig das Weite, nur dem Zigarettenhändler blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, der feste Griff nach seinem Arm ließ sich nicht abschütteln.

Auf dem Wachzimmer in der Keplerstrasse lieferte er ihn schließlich ab und gab auch zu Protokoll, dass er den Mann zum wiederholten Male beim Schwarzhandel erwischt habe. Die Beamten übernahmen alles Weitere und dankten Worthington für seine Mitarbeit.

Beim Verlassen der Wachstube blickte er Sulic noch mal schadenfroh ins Gesicht, was der Mann mit einer Schimpfkanonade quittierte.

“Dafür werden Sie noch büßen, Worthington, das wird ihnen noch leidtun!”

Wieso kennt der eigentlich meinen Namen, was hat das bloß alles zu bedeuten? dachte Worthington konsterniert und ging wieder in sein Luxusdomizil, um sich ein paar Stunden aufs Ohr zu legen. Als er sich so umsah in seinem kargen Zimmer, wurde seine Sehnsucht noch größer, endlich wieder nach Hause fahren zu können und eine Familie zu gründen.

Gesagt, getan, gleich am nächsten Morgen suchte er das Office vom Major auf und bat ihn um die sofortige Freistellung.

“Aber Worthington, was ist denn in sie gefahren, warum wollen sie denn Hals über Kopf alles aufgeben?” fragte ihn der Major ganz entsetzt.

“Sie sind doch ein wichtiger Mann für uns, wo soll ich jetzt so schnell Ersatz für Sie kriegen?”

Doch nach dessen Versuch, seine Gründe darzulegen, gab er es schnell wieder auf, diesen umzustimmen.

“Gegen die Stimme der Liebe kann man halt nicht angehen!” seufzte der Major und gab die Order an sein Büro, die Entlassungsformalitäten in die Wege zu leiten.

“Ein paar Wochen werden Sie es schon noch aushalten müssen, Worthington, dann können Sie zu ihrem Frauchen.”

Reich ins Heim

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