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Das vierte Kapitel.

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Inhaltsverzeichnis

Er ging auf’s Land.

Er kam durch Dörfer, die sich lang hinstreckten in einer einzigen Strasse. Oder eine andre zweigte sich ab vom Mündungsplatz, sehr ausgefahren, in einer flachen Tränke endigend am Waldrand, gleich sehr einfachen, primitiven Verdauungsorganen ganz untergeordneter Thiere. Es gab ärmliche Häuser, abseits im Koth stehend mit zerfallnen Stacketen und windschiefen Mauern, wohlgebaute, schmucke, die steinerne Treppen vor der Thür hatten; weisse Gardinen umrahmten die Fenster über blühenden Töpfen. Recht in der Mitte war die Kirche gebaut. Ueberall hatte man da zuerst die Todten begraben, eh’ man anfing sie hinauszutragen weit abseits in gleichgültiges Flachland. Uralter Epheu kletterte empor nach [pg 66]dem verwitterten Holzthurm. Eine runde Zifferscheibe zeigte die Stunde mit eingerostetem eisernen Finger. Des Abends riefen die Glocken und antworteten sich. Vor dem Wirthshaus stand irgend ein hundertjähriger Baum, eine Ulme oder Linde. Sehr oft war sie schon ganz zerfressen, eine Seite fehlte, dass man hineinsehen konnte, wie in einen hohlen Ring. Aber oben trieben die Aeste noch grüne Ruthen. Die Alten betrachteten sie sorgenvoll, aber die Jungen dachten, dass sie etwas Heiliges wäre und das Glück ihres Dorfes davon abhinge. Die Hühner scharrten in den Fahrgeleisen. Das Vieh wohnte friedlich neben den Menschen. Die Kühe tranken aus der steinernen Tränke am Brunnen. Sie auch waren heilig, freundlich, der Reichthum ihres Besitzers, und sahen mit ruhigen Augen wie Berechtigte, die ihren Weg kennen. Kleine Kinder liefen dem Wandrer nach in ihren Holzschuhen. Oder sie nahmen die Schuhe in die Hand und folgten so auf den blossen Füssen. Sie liefen mit, so lange sie Lust hatten, und kehrten dann um, wenn sie müde waren. Sie standen, den Finger im Mund, mit grossen Augen, sagten gar nichts, und sahen ihm nach.

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In den Feldern war man an der Arbeit. Männer stiessen die Pflugschar, langsam, sehr langsam hinter dem Pferdegespann, das sich wie ein Schattenriss abhob vom grauen Frühlingshimmel. Die Erde wellte sich hier in grossen Hügeln, wie Wogen eines Meers, das die Fluth verlassen hat. Man sah den Pflug mit dem Gespann aufsteigen und niedersinken. Manchmal war er in den Schluchten ganz verschwunden; er kroch langsam und steil hinan in runder Schwingung um die Schwellung des Bodens. Rhythmisch drehte und wandte er sich, dem stärkeren Rhythmus der Erdmassen folgend. Ins Graue, Harte schnitten die blanken Schaufeln, es aufwerfend in blanker, oben gekräuselter Scholle. Sehr dunkles Bauernbrot hat diese Farbe. Es duftete vom Frischgebacknen. Die Pferde schritten geduldig. Sorgsam, merkend auf Zahl und Curve der Furchen lenkte der Pflüger. – Sie waren geschritten so seit Jahren. Ihre Väter hatten gepflügt. Die Erde war da, und die Menschen waren vergangen, zur Erde gekehrt wieder.

Geheimnissvoll in verschwiegenen Furchen keimte die Saat; kleine, schüchterne Hälmchen aus dem festen, lagernden Erdreich. Krähen strichen [pg 68]kraxend über die Felder. Ganz oben zogen Schwärme wilder Gänse in mystischer Keilreihe mit schrillem fernen Kreischen. Der Wind klang wie brauendes Tosen und Kollern, Kobolde und Trollen aus dem Norden, Vorgeborner, Eddabewohner.

Er kam durch Bergland. Da waren die Menschen arm und wenige.

Sie wohnten dicht zusammengedrückt in Thälern oder an den Abhängen. Die Berge reckten sich hoch, Kuppe an Kuppe. Runde, langgestreckte, mit breitem, fichtenbestandnem Rücken, oder sie trugen Laubwälder, braun und grün, die ihre Umrisse verbargen. Fast kahle gab es, von Gestrüpp, ganz jungen Hölzern bestanden, zwischen denen man Korn gesät hatte, um den Boden fruchtbar zu machen. Schneisen öffneten Ausluge in grüne Wirrnisse, neue Seitenthäler und auf hohe ernste Wände. Am Wege rankte Brombeergesträuch und man sah zwischen Farrenkräuter wie in grüne, niedrige Dome unter den hohen, wo Elfen hätten spaziren können, Thau schlürfen aus blauen Glockenblumenkelchen oder Honig melken aus den gelben Blüthenrüsseln der wilden Bienensaug. Holz schlug man da in grossen geschichteten Würfeln. Jedes [pg 69]Stück trug den Stempel, die Nummer. Manchmal aus einem verwachsenen Seitenweg zwischen den hohen Gräsern kam ein Arbeiter, der seiner Heimath zustrebte, Bergleute oder Hausirer, stille Leute und gewohnt im Dunkeln zu finden.

Durch fruchtbare Ebenen kam er, wo Dorf an Dorf sich drängte, Hof neben Hof, stattliche Höfe mit rothen Ziegeldächern und steinernen Ställen, weiter Einfriedigung für das Gelände. Obstgärten bildeten den Reichthum der Gegend. Selbst das Vieh war schöner, fett und glatthäutig, wie die Leute, die in steifen Trachten gingen, mit seltsamen Hauben und Mützen, weiten Röcken und verschnürten Stiefeln. Die Kinder truppten zur Schule steif und artig. Alles war numerirt und eingetragen vom Landrathsamt. Man sah die neue Bahn ohne Ehrfurcht. Man wusste, was man werth war, und wünschte nicht, dass eine Vermischung stattfand.

... Manchmal ging er sehr früh am Tage. Alles war grau, grau wie im Wasser gewaschen und noch nicht getrocknet wieder. Die Feuchtigkeit sass in der Erde wie in einem Schwamm. Die Luft war zu schwer noch, dass sie ausdampfen konnte. Kleine Kiesel blinkten gewaschen, braun [pg 70]mit stumpfen Steingries in der Mitte. An jedem Grashalm hing ein Tropfen. Unzählige, unendlich winzige Tröpfchen bildeten einen feinen, weiss-grauen Seidenschleier auf seiner klebrigen, mit kleinen Härchen besetzten Oberfläche. Die Kräuter streiften feucht beim Durchschreiten. Man fühlte die Erde sich ansetzen und schwer werden unter den Schuhen. Der Wind blies mit einem Geruch von frischer Wäsche. Zwischen rothen Steinfassungen einer Brücke floss breit ausgelaufen ein Mühlbach. Niemand wusste, ob es regnen würde, aber inwendig war ein Tropfen und Sickern, die Thätigkeit des Wassers, das filterte, sich einsackte.

Der Wind erhob sich in den Pappelkronen. Sie verbeugten sich und neigten ihre schlanken Ruthen gegeneinander. Die Ruthen rieben sich und wechselten sehr schnell in der Berührung, wie Tasten eines Klaviers, die man nacheinander anklinkt, ein Spiel der Stäbe, die Zeichen geben, eine Botschaft weitertragen. Die ganze lange Reihe hindurch lief die Bewegung. Sie schüttelten die Köpfe, rauschten und raunten.

Erst kam es nur wie ein feiner, leichter Wasserstaub, ein Schleier im Gesicht, den der Wind nach [pg 71]Laune vor- und zurücktrieb. Graue Huschen zogen rasch wie Watteballen in der Luft. Dann wurde es wie ein leises Stossen, wie wenn es in einem Kessel anfing langsam zu kochen. Man hörte das Klatschen auf nackte glatte Häute der Blätter. Aber es kam noch nicht durch. Sie schützten wie ein Regenschirm. Es rieselte, rauschte, tropfte, plätscherte ... Es regnete.

Im Frühlingsregen ging man wie in einer grauen Tarnkappe. Alles erschien ohne Farbe, sehr jung noch, wie eben ausgebrütet, als ob die Eihäutchen noch herum wären, eine Fötuslandschaft. Das Nass begoss, trieb, schwellte. Unter den Fusssohlen sickerten Lachen. Alles Grün wurde grell, fast giftig. Die Blumenkronen schienen grösser, vom Wasser beschwert. Fast schwarz glichen die Baumrinden aufgebrochner Erde. Ein lauer Schweissgeruch des Brütens lagerte. Unter den Steinen höhlten sich Löcher. Alle Steine schienen dunkler. Ihre weissen Aederchen und Brüche zeigten sich sehr deutlich. Die Steine waren nicht steinern und die Tropfen schlugen sie.

Dann kam ein gelber Schein von irgendwoher. Er flatterte auf wie ein Vogel. Es war ein Spiel der Lichter ohne eine Quelle des Lichts, ohne dass [pg 72]man wusste, woher die Strahlen kamen. Grosse Flecken von Klarheit rissen ein und vergrösserten sich im Grau. Alles ging sehr rasch, wie das Anschlagen eines Instruments, ein Finger, der sehr schnell über Saiten läuft. Es giebt einen Klingklang hier und da, aber noch keine Melodie. Die Regenstriche schienen blank und sprühend. Einen Moment funkelte Alles. Ein Regenbogen stand sicher geschwungen über der Landschaft, ein zweiter verschwamm zitternd im Grauen.

Die Vögel fingen schüchtern wieder an zu piepen.

... Man sah keinen Menschen des Abends. Ueber die Felder zogen Nebel. Am Waldrand schien sich’s zu brauen, zusammenzurotten. Man unterschied die einzelnen Bäume nicht mehr. Es waren Alles Rundungen, wie Hammelrücken, Riste flockiger Widder sehr eng zusammengepresst. Das wiederholte sich unendlich. Es schien wie ein Meer, das da angewachsen, festgenagelt war, dunkel, drohend, gierig, immer dieselbe Form in immer tieferen Schatten, Röthen, Violetten, die der Tag nicht kannte. Das drang vorwärts, frass sich weiter, eine schlechte Anziehung schien von ihm auszugehen, etwas von Hexenkraft, Räthselhaftig[pg 73]keit, Unerlöstem. Sehr sanft schmiegten sich die Saaten. – Ein Reh trat heraus. Es äugte mit merkenden Lichtern, spitzte die Horcher, eh’ es sich zum Aesen bückte. Dann kamen mehrere. Man glaubte den leichten Anschlag ihrer Hufe auf dem Rasen zu hören, wie sie sich bewegten, malmten. Nun wurde Einem wohler.

... Die Kastanien trieben eidicke Knospen. Blättchen an Blättchen faltete sich in drängender Enge, rundlich, breiter am Grunde und spitz zulaufend im Abschluss. Der klebrige Lebenssaft hielt sie alle zusammen. Zartbraun waren die äussren, wie dünne abfallende Schalen, die ihren Dienst gethan haben. Die inneren blieben weiss und lichtgelb, wie feines Fleisch der Eier, das man isst.

Er fand einen jungen Mann unter dem Kastanienbaum. Er hielt ein Buch auf seinen Knieen, aber er las nicht.

Er sprach zu ihm: „Warum liest Du nicht in Deinem Buch, das Du hältst?“

Er sprach: „Dieses Buch habe ich gelesen, viele Bücher, alle Bücher der Welt, die ich finden konnte. Ihre Worte sind Buchstaben und ihr [pg 74]Wissen ist Worte. Jetzt lese ich gar nichts mehr. Ich bin nur hier und studire den Baum.

„Recht herrlich anzusehen ist dieser Baum. Aufgepflanzt auf starken Wurzeln, unter der Erde gegründet wie über ihr. Der Mittelstamm reckt sich stolz und gerade. Jedes Jahr weitet sich der Ring. Eine Schnur fügt sich mystisch zur Schnur der gewesnen, die die Vergangenheit zeichnen, und jene Zukünftiges. So entsendet er Aeste ringsum im Kreise nach allen vier Richtungen der Sonne, dass die Sonne sie bescheine und wachsen macht. Kleine Zweige schiessen auf von den grossen, aus knorrigen Höhlen, wo das Geheimniss der Geburt sich erneuert. Diese wieder theilen sich in fächernde Finger.

„Keine Regel scheint in dem Ganzen und stolz giebt er die Rundung des Erdballs wieder. Fast flach breiten sich die untern tragenden Aeste. Die mittleren reichen an den Kreis des Aequators. Zum Pole der Spitze fügen sich in schärferer Steigung die oberen.

„Und Alles lebt. Die Wurzel entsendet die Kräfte, die die Aeste leiten. Zur äussersten Spitze des ärmlichsten Stieles steigt pulsender Saft, der schwärt und gebiert. Ohne Ende ist dieses Leben, [pg 75]grossmüthig und doch sparsam. Es scheint zu schlafen und wirkt doch in der Stille. Prangend steht es in der Blüthe und sicher reift doch die Frucht. Es giebt kein Meistern an seiner Form und Bestimmung. Denn Alles ist meisterlich von Anfang gegründet wie es sein muss, bis er stirbt, sein Tag um ist, da er lebte.“

Er sprach: „Bist Du also weit und hast Du dies Alles erkannt, so will ich Dir mehr sagen, das wichtiger ist denn Werden und Sterben. Lass Dein Buch und den Baum und folge mir.“

So folgte ihm dieser.

Zwei Brüder, Maurermeister, lebten in einer kleinen Stadt. Sie lebten dort schlicht und redlich, waren verheirathet und hatten Kinder. Ihr Gut mehrten sie täglich und sie hatten zusammen ein schönes Haus gebaut, dass sie dort auf ihrem Eignen sässen und ihre Tage friedlich endeten.

Sprach der Eine zum Andern: „Was hilft es uns nun, dass unser Gut sich mehrt von der Arbeit unsrer Hände, unser Haus fest und stattlich steht? Wir müssen doch sterben. Die Zeit reisst es ein, was wir gebaut haben.“

Der Andre sprach zu seinem Bruder: „Ich kenne einen Fremden, der Worte weiss stärker [pg 76]wie das Leben. Was er meint, bindet keine Zeit. Mauern fassen es nicht, die stärker sind wie unsre.“

Er sprach, der der ältre Bruder war und der Weiseste von Beiden: „Diesen Mann muss ich hören. Und wenn ich alle meine Güter dahintenlasse, was das Herz froh macht, ein Weib und junge Kinder. Es ist wichtiger, dass ich habe, was ewig bleibt. In sich bauen, dass man fest wird, ist mehr denn Häuser bauen, die der Sturm einreisst.“

Diese Beiden gingen und suchten den Fremden auf.

Sie waren aber redliche Leute, wohlgeachtet von allen Menschen und von nachdenklicher Gemüthsart, wie es das Handwerk mit sich bringt. Denn ein Maurermeister in seinem Handwerk, so er es recht versteht und ernst nimmt, ist etwas vom lieben Gott und Schöpfer selbst, der die Welt geschaffen hat. Er hält in seiner Hand Thon und Mörtel. Was er baut, soll für Jahre und Jahrzehnte sein, wohlgegründet und ausgemessen in allen seinen Theilen, dass nicht das Hohe auf das Niedrige falle, der Boden nachgiebt unter zu schwerer Belastung von Schnörkeln, Pfeilern, buntausgemalten Fenstern.

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Alle diese und Andre, an der Landstrasse, sah und fand der Fremde.

Manchmal, wenn Viele beisammen waren, an einem Wegrain oder auf der Rasenhöhe über dem Teich, sprach er zu ihnen.

Er sprach ihnen von der Armuth des Reichthums und wie die gering sind und Knechte, die streben und hochstehen.

Von den Thörichten des Herzens und den Armen im Geist sagte er ihnen süsse, geheimnissvolle Worte. Und von der Güte der Unklugen, die weiser ist denn Weisheit und stärker denn Stärke aller Gewaffneten und Starken.

Kleine Kinder umstanden seine Kniee und sahen zu ihm auf mit grossen, unbewussten, gläubigen Augen. Sehr alte Leute nickten in tiefen Meditationen. Mütter hielten sich lächelnd an mit ihren Säuglingen an der Brust, die nach der nährenden Zitze lallend griffen, sie patschten mit ihren rosigen Händchen.

„Die Liebe kennt kein Gesetz. Sie ist über dem Gesetz. Alles Gesetz ist in ihr.“

„Gieb! Man wird Dir nicht stehlen, wenn Deins ist wie Deines Bruders und Deines Bruders wie Deins.“

[pg 78]

„Die Unkeuschheit ist nicht in der That. In der Scham schon ist Sünde. Der Gedanke der Wollust schlägt und beschädigt.“

„Nicht das Wort ist Lüge, der Eid betheuert nicht. Eure Rede sei klar, weil Euer Denken Wahrheit ist.“

„Der Hass, der keinen Widerstand findet, erlahmt in ihm selbst, wie der Stein, der geworfen wird und in’s Wasser fällt.“

„Und widerstrebet dem Uebel nicht.“

Die kleinen Blumen blühten mit tiefen, duftenden Kelchen. Feiner wie köstlichste Seide waren ihre Blättchen. Die Staubfäden standen wie brennende Kerzen, Goldkrystalle edelster Kronleuchter. Auf grünen Stengeln trugen sie ihre Häupter wie Kronen. Die Luft war schwanger von ihren Düften und die Winde trugen ihre Samen. Die Vögel kamen sorglos und pickten ihre Nahrung. Im Gras athmeten Cicaden und Mückchen, Käfer, Gewürme – ein tausendfältiges Leben.

„Warum sorget Ihr Euch? Alles Leben findet seine Nahrung. Alles Lebendige erfüllt seine Bestimmung des Lebens. Ihr sorget und sammelt Schätze. Die Motten zerfressen sie und der Rost, die Diebe graben danach und stehlen.“

[pg 79]

„Der Reiche ist arm und der Arme ist reich. Stark ist, wer fest steht in sich selbst. Der weise geworden ist in Gott, dem haben Stürme, Hass der Menschen und Noth nichts an. Die Welt ist dem Menschen gegeben. Ueber der Welt steht der Mensch, der die Welt in sich trägt. Gott ist in Euch und Ihr seid Gottes. Erwacht zu Eurer Herrlichkeit! Ein königliches Volk, ohne Könige, Herren Alle und Freie, die Ihrer selbst Herr geworden sind.“

Sehr schön war er mit seiner strahlenden Stirn, dem melodienreichen Mund, dem die Worte entströmten, die Hände lang und fein mit heilender Berührung. Seine Worte klangen lieblich wie Musik. Und in ihnen war die Tiefe. Der blaue Himmel spannte sich über ihn, blau, ganz blau, in immer lichterem Blau bis zur lächelnden Sonne, über die Erde gestellt mit grünsammetnem Rain, – einen König im schlichten Bettlergewand, einen Gebietenden auf dem Feldstein seines Throns.

Die Leute kamen von weit, ihn zu hören.

Etliche sagten: „Es sind Gedichte. Wir haben das schon oft gehört, so oder so.“ – Aber sie hatten viel zu thun und gingen.

Viele sagten: „Das ist Alles Lüge. Träumereien [pg 80]sind das.“ – Sie erklärten lange, wie es besser zu machen sei mit dem Aufhören der Militairlasten oder einer neuen Steuerordnung oder indem man die Güter anders vertheilte.

Sie waren die Klügsten. Aber die Meisten gingen hin und thaten weiter, wie sie vorher gethan hatten.

Und war Niemand, der ihn verstand.

[pg 81]

Der Fremde: Ein Gleichniss

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