Читать книгу Ich bin doch eigentlich ganz anders! - Harald Miesem - Страница 6

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Einleitung

Dass ich eines Tages einmal ein Buch veröffentlichen würde, habe ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Und doch lag ein Samenkorn dazu schon lange in meinem Herzen. Mit meinem Erstlingswerk „Auf die Sichtweise kommt es an - Memoiren eines Hundes“ wurde aus dem Samenkorn eine sichtbare Pflanze. Nun habe ich ein zweites Buch geschrieben: Keine fiktive Geschichte wie im Hundebuch, sondern mein reales Leben.

Eigentlich habe ich immer gezögert, über mein Leben zu schreiben. Nicht, dass mein Leben nicht spannend wäre, ganz im Gegenteil. Mein Problem war, dass ich mich bei meiner Biografie mit den tiefen Verletzungen, die ich als Kind im Elternhaus und später in Heimen erlebt habe, noch einmal auseinandersetzen musste. Das wollte ich nicht. Die seelischen Schmerzen waren sehr schlimm, und ich hatte keine Lust, diese Schmerzen noch einmal zu durchleben.

Gott sei Dank hatte ich schon in jungen Jahren verstanden, dass es nicht gut ist, Groll im Herzen zu kultivieren. Die Gefühle, die mit den Schmerzen verbunden sind, bleiben jedoch ein Leben lang Bestandteil unserer Persönlichkeit.

Bei einem Vortrag in einer Klinik erzählte ein Dozent, dass unsere schlimmen Erlebnisse in der Kindheit wie in einem Eisberg eingeschlossen sind. Man sieht nur die Spitze, der größte Teil befindet sich unter der Oberfläche, im Verborgenen, und tut weh. Kinder, die Schlimmes erlebt haben, verdrängen und vergraben die Erlebnisse und die damit verbundenen Gefühle. Vergraben heißt zugedeckt oder verdeckt sein, und doch sind sie da. Diese Gefühle führen oft ein Eigenleben und veranlassen Menschen, Dinge zu tun, die sie selbst nicht verstehen und einordnen können. Der Zusammenhang von schmerzhaften kindlichen Erfahrungen und heutigem Erleben und Verhalten kann oft nicht hergestellt werden. Manche Menschen können ein scheinbar ganz normales Leben führen. Doch dann brechen die Gefühle und vielleicht auch die dazugehörigen Erinnerungen mit Macht durch und können

Chaos verursachen. Wer denkt schon daran, dass es vielleicht verdrängte Gefühle aus Kindertagen sind?

Gefühlschaos, das kannte ich. Meine Gefühle machten mir immer wieder das Leben schwer. Lief mein Leben gerade einmal rund, brachen Gefühle durch und brachten alles durcheinander. Beziehungen scheiterten, und ich musste immer wieder die Ärmel hochkrempeln und neu anfangen. Auf die Dauer ist dies anstrengend und zermürbend.

Auf meinem Lebensweg geschah dann etwas, was ich nicht vorhersehen konnte: Ich begegnete Gott, von dem ich schon oft gehört hatte, an den ich aber nicht glauben konnte und wollte. Er schien mir hartherzig, unnahbar und gleichgültig uns Menschen gegenüber zu sein. Sonst hätte er sicher nicht so viel Leid auf der Welt zugelassen, war meine Überzeugung. Aber dennoch ging er mir nie aus dem Kopf. Muss ich mich einmal vor ihm verantworten, wie ich in manchen Predigten in der Kirche hörte? Gibt es ihn, oder gibt es ihn nicht?

Er selbst machte sich dann auf, mir zu begegnen. Eine Liebe, die ich in Worten kaum beschreiben kann, erfüllte mein Herz. Er zeigte mir in der Folgezeit durch einen Traum, wie es in meinem Herzen aussah: Es war umgeben von Schutzmauern. Ich sah Engel, die diese Mauern abtrugen. Ich selbst hätte es nicht tun können, das weiß ich heute. Ich war ein bitterer Mann geworden, hartherzig und gleichgültig gegenüber anderen Menschen. Gott kennenzulernen hat mein Leben, mehr noch, hat mich verändert. Seine Gnade gegenüber meinem harten und ungnädigen Herzen hat es erweicht. Am kostbarsten ist der Schatz, den ich gefunden habe: Eine Beziehung zu Gott Vater, der mich bedingungslos annimmt und liebt.

Hesekiel 36,26

Und ich will euch ein neues Herz und einen

neuen Geist geben, und ich will das

steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen

und euch ein weiches Herz geben.

Ich bin doch eigentlich ganz anders!

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