Читать книгу BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil - Harm Peter Westermann - Страница 196
1. Fälligkeit und Erfüllbarkeit: Begriffe und Relevanz
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Wie auch sonst im Leben kommt es innerhalb von Schuldverhältnissen oft auf die Zeit an – im allgemeinen Schuldrecht vor allem auf die Leistungszeit. Für Schuldner und Gläubiger ist wichtig zu wissen, wann die jeweiligen Leistungspflichten erfüllt werden können und ab welchem Zeitpunkt sie erfüllt werden müssen. Mit „Leistungszeit“ sind also zwei Zeitpunkte umschrieben: Erstens der Zeitpunkt, ab dem der Gläubiger die Leistung verlangen kann (Fälligkeit). Zweitens der Zeitpunkt, ab dem der Schuldner die Leistung erbringen kann (Erfüllbarkeit).[1] Beide Zeitpunkte können zusammenfallen, sie müssen es aber nicht. In der Regel gilt: Wenn der Gläubiger die Leistung verlangen kann, darf sie der Schuldner auch erbringen.
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Die Relevanz der Fälligkeit zeigt sich beispielsweise bei der Anwendung von §§ 323 und 281: Das Rücktrittsrecht des Gläubigers setzt ebenso wie sein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung voraus, dass der Schuldner eine fällige Pflicht verletzt hat. Die Erfüllbarkeit von Leistungspflichten ist schon deshalb wichtig, weil der Schuldner – etwa, wenn er verderbliche Waren schuldet – oft ein Interesse daran hat, die Ware „loszuwerden“. Die Erfüllbarkeit wird aber beispielsweise auch relevant, wenn der Schuldner die Schuld durch Aufrechnung zum Erlöschen bringen will. Das gelingt ihm nur, indem er mit einer erfüllbaren Forderung aufrechnet, § 387 („[…] und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.“). Auch gerät der Gläubiger nur in Annahmeverzug (§§ 293 ff),[2] wenn die vom Schuldner angebotene Leistung schon erfüllbar ist.
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Die Relevanz der Erfüllbarkeit zeigt sich in Fall 24. S hat ein Interesse, die Waren frühzeitig loszuwerden. Andererseits will G die Kisten nicht schon am Freitag entgegennehmen. Wenn S die Kisten am Freitag am Lager der G anbieten und G die Annahme verweigern würde, käme es für den Gläubigerverzug entscheidend auf die Erfüllbarkeit an: Nur, wenn S schon zur Leistung berechtigt ist, kann G durch die Nichtannahme der angebotenen Leistung in Gläubigerverzug geraten.