Читать книгу Als Erinnerung noch Realität war - Harry H.Clever - Страница 11

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Die Entscheidung war nun gefallen!

Die erste Ausstattung für diesen Beruf musste nun beschafft werden und die war dann schon beachtlich, umfangreich und teuer, aber sie musste eben sein.

Es wurde ein gewaltiges Paket aus hellblauen und grau gestreiften Arbeitsjacken, sowie weiße Ladenjacken mit schmalen Nadelstreifen, mindestens zwei pro Exemplar. Mehrere helle Leinen Arbeitsschürzen und feinere weiße Ladenschürzen. Eine schwere gelbe Ölstoffschürze und Gummistiefel, eine Borstenglocke und ein breiter Ledergürtel mit Köcher, sowie ein ganzer Satz an verschiedenen Messern und einem Wetzstahl machten das Sortiment komplett. Wir haben dann alle diese Sachen direkt bei einem so genannten Metzgereinkauf der unmittelbar beim Schlachthof war, erstanden.

Dabei haben wir uns, bei der Zusammenstellung auf die Beratung des Verkäufers verlassen müssen, da er ja genau wusste was unbedingt für einen angehenden Metzger sein musste und als Grundausstattung mindestens dabei sein sollte.

Das Ganze hätte unsere damaligen finanziellen Möglichkeiten für Monate absolut gesprengt, daher hatte meine Mutter vorab gleich beim Amt wegen einer Bezuschussung anfragen müssen. Wenn es dort keine Zustimmung gegeben hätte wäre diese Berufswahl wahrscheinlich dann auch hinfällig gewesen, denn die komplette Ausrüstung war schon eine unbedingt nötige, wichtige und teure Voraussetzung.

Was dann aber doch genehmigt wurde, uns fiel ein gewaltiger großer Stein vom Herzen, denn selbst nötige allgemeine Kleinigkeiten überlastete damals schonmal gewaltig unser Budget.

Was ich zwischenzeitlich durch meine Laufburschentätigkeiten bei unserem Gemüsehändler und Apotheker aufzubessern versuchte, und nicht nur mein geringes Taschengeld selbst verdienen wollte.

Es war dann eine größere Prozedur bis alles anprobiert und passend zusammengestellt war, ein riesiges Bündel habe ich dann zu guter Letzt auf meinem Eigenbaufahrrad, dass ich aus vielen alten gebrauchten Einzelteilen so nach und nach Verkehrssicher vor einiger Zeit zusammen gebaut hatte, mit nach Hause genommen.

Fast alles musste ich dann auch zum ersten Tag meiner Lehre am ersten April 1953 zur Lehrstelle mitbringen. Dieses Riesenbündel musste ich dann wieder auf meinem Fahrrad transportieren und dann in meinem neuen Domizil beim Lehrmeister einsortieren und mich in die Sachen auch erstmal rein finden.

Die ersten Tage bin noch etwas steif umher stolziert, worüber die Erwachsenen sich zum Teil köstlich amüsierten die neue gelbe Ölschürze war nicht nur noch zu steif, sondern vor allem auch noch viel zu lang. Aber es gab keine kleinere Ausführung, sie stand fast auf dem Fußboden auf, aber es war eben schon die kleinste Ausführung die es gab. Ich habe sie einfach in der Taille kräftig zusammengeschnürt und mit einer großen Überwurffalte in der Taille, die Länge dadurch kaschiert.

Die Besorgung dieser nötigen Dinge war dann auch mein allererster Besuch auf dem Schlachthof in Elberfeld. Auf meinen allerersten Eindruck war es für mich außergewöhnlich ruhig auf dem Gelände.

Denn tagsüber an einem normalen Wochentag war da nicht so viel Betrieb, im Gegensatz zu montags und am Wochenanfang in aller Frühe wie ich dann bald etwas später feststellen konnte.

Auf dem Gelände war zugleich auch das Innungsbüro der Wuppertaler Metzgerinnung, dort hatten wir dann auch noch einen Termin, mein Lehrvertrag musste ja noch vom obersten Innungsmeister gegengezeichnet werden. Das Gegenzeichnen beim Unterschreiben des Lehrvertrages geschah durch den Obermeister Weiss, einem schon etwas Älteren wohlwollend dreinschauenden Mann.

Dieser meinte, er freue sich sehr und dass er es ganz toll fände das ein Ururenkel eines Gründers des Schlachthofes nun in die Lehre, in den Beruf des Metzgers einsteigen und die alte Familientradition fortführen würde, er hatte sogar meinen Großvater und auch meinen Vater noch persönlich gekannt.

Er erzählte das Mitglieder der Familien Hasenclever und Herbst vor vielen Jahren die Gründer des Schlacht und Vieh und Großhandelshofes Wuppertal gewesen waren, so klärte er uns nebenbei in Kurzform über den Ursprung dieser Anlage auf.

Da es im ländlichen Bereich die damals allgemein noch die üblichen Hausschlachtungen wohl auch noch gab, aber innerhalb der Stadt nicht mehr durchgeführt werden durften und konnten. Daher waren der zentralisierte Viehhandel und das Schlachten auf dem gleichen Gelände für alle niedergelassenen Metzger im großen Umkreis von großem Vorteil und auch vorgeschrieben.

Auf der Rückseite des großen weit gestreckten Geländes waren viele großräumige Ställe und hier wurde das Vieh angeliefert und verkauft und im Mittelbereich der gesamten Anlage wurde geschlachtet. In zwei großen Schlachthallen eins für Borstenvieh und eins für Haar Vieh war der Betrieb unterteilt. Denn für das Borstenvieh benötigte man ja große Warmwasserbecken in denen die Tiere nach dem ausbluten angebrüht wurden um das Borstenkleid und die Klauen entfernen zu können.

Auf der Vorderfront mit einem kleinen Abstand zu den Schlachthallen in den beiden großen Kühlhäusern wurde das Fleisch gekühlt und zum Teil hier auch von einigen Großhändlern verkauft. Von den geschichtlichen Fakten meiner Familie in diesem Beruf hörte ich in diesem Moment das erste mal etwas ausführlicher und es erfüllte mich doch mit einem gewissen Stolz, mir war bis dahin ja nur bekannt das mein Vater und Großvater mal Metzger waren.

Doch das da mal eine Großschlachterei und ein Viehhandel unter unserem Namen bestanden hatte, auch das auf dem Neuen Teich an dieser Straße recht lange ein Ladenbetrieb bestanden hatte war mir bis dahin noch total unbekannt. Ich wusste ja erst gar nicht diesen Umstand, dass da auch mehr an Geschichte war, einen Wert zuzumessen, denn von väterlicher Seite her wusste ich ja kaum etwas, praktisch so gut wie gar nichts in der Richtung über meine Familiengeschichte.

Meinen Vater selbst hatte ich ja durch die damaligen Kriegsbedingten Umstände in nur zwei kurzen Zeitabschnitten, einem kurzen Fronturlaub von nicht einmal zehn Tagen in Thüringen und später dann krank, kurz nur ein paar Wochen vor seinem Tod, kaum richtig kennen gelernt. Hier nun, durch die diversen Ausführungen vom Innungsmeister ein wenig neugierig geworden, wollte ich natürlich später auch noch mehr von meiner Mutter wissen, die sich aber doch merklich, recht reserviert darüber äußerte. man spürte es ihr deutlich an das sie eigentlich nicht über dieses Thema reden wollte.

Den wirklichen Grund ihrer Reserviertheit zu diesem Thema habe ich auch nach mehrmaligen Nachfragen nicht von ihr erfahren können. Auch die damalige Widerheirat meiner Eltern in Thüringen während der Kriegszeit hatte ich als Sechsjähriger nur am Rande erlebt und als keinen besonderen damals nennenswerten Vorgang erlebt und mitbekommen.

Aber auch die eigentlich verwandtschaftlichen üblichen Verbindungen und Besuche sind damals nur sehr wenig gepflegt worden, warum da keine engere Verbindung bestand, habe ich zeitlebens nicht ergründen können. Für mich war das damals nichts abnormales, ich kann mich nur sehr schwach an sehr wenige Besuche bei der weitläufigen väterlichen Verwandtschaft erinnern.

Erst viele Jahre später stellte sich mir selbst die Frage, warum, ich habe aber nie eine schlüssige Antwort erhalten und meine Großeltern von väterlicher Seite auch nie persönlich bewusst kennen gelernt, ein Enkel, Großeltern Verhältnis hat es eigentlich zu keiner Zeit gegeben, selbst das Ableben meiner Großeltern von der väterlichen Seite habe ich nie etwas in Erfahrung erhalten. Die somit fast ganze Geschichte habe ich dann aber erst viele Jahre später, aber leider auch wieder nur Bruchstückweise beim gründlichen Recherchieren nach meiner, Beziehungsweise unserer langen Familienvorgeschichte erfahren.

Der eigentliche Grund ihrer damaligen Scheidung und späteren Widerheirat blieb mir aber für alle Zeiten verschlossen, ich wollte meine Mutter damit auch später nicht weiter belästigen, denn sie hatte auch ohne Vergangenheit Verarbeitung wirklich genug um die Ohren. Diese für mich damals noch nicht so gravierenden Hintergründe haben mich absolut nicht belastet und tangiert, ich wollte jetzt einfach nur den Beruf meiner Vorfahren ergreifen.

Ich erhielt dann neben dem Logis ganze fünf Mark als Taschengeld im Monat von meinem Lehrherrn, hiervon musste ich aber auch meine alltäglichen kleinen Dinge wie eventuell Zahnpasta, Schuhcreme und was man noch so alles hin und wieder braucht bestreiten. Zusätzlich gab es aber dann jeden Samstagnachmittag noch ein kleines Paket mit etwas Wurst, Speck und einem Stück Fleisch für zu Hause mit auf den Weg.

Mein Meister und Ausbilder war ein großer stattlicher Mann, der als Berufsseiteneinsteiger im Krieg, als Wehrmacht Angehöriger in gehobener Position seinen Metzgerberuf und Meister quasi auf dem zweiten Bildungsweg bei der Deutschen Wehrmacht abgeschlossen hatte. Er hatte kurz vor dem Krieg damals in den Betrieb seiner Schwiegereltern eingeheiratet, man merkte es ihm an, er fühlte sich sichtlich wohl in der Rolle als Chef, wenn er sich in seiner stets adretten Metzgerkleidung in seinem Laden bewegen konnte und vor den Kunden glänzen konnte.

Er hatte aber noch immer nicht die etwas leicht überhebliche abgehobene Art seiner früheren Lebensweise wie er sie vorher bei der Wehrmacht wohl gewohnt war ganz abgelegt. So war auch sein Befehlston immer noch etwas abgehoben, was dann auch zu diversen merklichen Verstimmungen mit dem Meistergesellen, eigentlich im Grunde, meinem eigentlichen Ausbilder immer wieder führten.

So war es dann auch nicht verwunderlich das er nach einer gewissen Zeit später, die Ladenschürze dann gerne gegen einen Anzug, den er anscheinend doch mehr bevorzugte, wechselte. Er wurde alsbald Bezirksvertreter für eine damals auf dem Markt führende namhafte Fleischereigewürzfirma, das beratende Verkaufen in dieser Richtung schien ihm anscheinend doch noch mehr zu liegen als das Verkaufen in seinem eigenen Laden.

Zum Personal gehörte eine Haushalt zugleich Ladenhilfe, außerdem hatte er noch den Meistergesellen, dessen Frau die wiederum auch als eine Fleischereifachverkäuferin im Laden tätig war. Für den doch kleinen Vorstadtladen und einer kleinen Filiale in dem Ortsteil Klausen mit einer zweiten Verkäuferin, war das schon ein recht üppiger Personalbestand, wahrscheinlich aber dann auch schon in der Absicht seiner späteren beruflichen Veränderung.

Als es mit der Geschäftsabgabe am Anfang 1954 fast so weit war, wollte der Meistergeselle dann aber letztendlich doch nicht den Betrieb übernehmen. Wie es eigentlich zwischen ihnen abgesprochen war und auch ein kleiner nicht unbedeutender Bestandteil meiner Ausbildung war, die wahren Gründe des Scheiterns sind mir aber nicht bekannt geworden. Sie konnten sich anscheinend irgendwie nicht auf eine endgültige gemeinsame Regelung einigen, somit standen dann neben mir auch noch andere Angestellten umgehend ohne große Vorwarnung von heute auf Morgen auf der Straße.

Er schloss also, ohne große Ansage und Kommentierung seine Metzgerei, alle Angestellten wurden kurzerhand auch entlassen, plötzlich stand ich ohne Vorwarnung auf der Straße, ohne zu wissen wie es nun weitergehen soll, denn mal eben so eine neue Lehrstelle zubekommen war zu der damaligen Zeit wirklich gar nicht so einfach.

Somit war schon nach kurzer Zeit, gerade Mal ein Jahr, meine mit viel Elan begonnene Lehre in diesem Betrieb auch schon wieder beendet, das brachte dann doch eine Menge Probleme mit sich, bis sich dann etwas später aber doch noch eine Lösung anbot. Leider sollte sich dann auch später noch mein Ausbildungsweg, der mit diesem unverschuldeten Fehlstart begonnen hatte weiterhin als eine sehr holperige Sache herausstellen.

Nach einer intensiven Rücksprache mit dem Innungsmeister, wie man sich nun in dieser Situation verhalten sollte, bekam ich aber dann durch die Innung nach einigen Tagen doch noch einen neuen Lehrherrn vermittelt. Doch kurz vorher gab es einmal im Hause ein recht großes Fest mit einigen Gästen, wahrscheinlich hatte es mit der nun anstehenden geschäftlichen Veränderung etwas zu tun. Es gab ein gutes Essen und verschiedene Bowlen neben anderen Getränken, wir vom Personal haben nur an den Tellern und Platten gesehen was in den Privaträumen über dem Laden so konsumiert wurde.

So langsam hatte ich im Laufe der Zeit dann auch einige gleichaltrige Burschen aus den umliegenden Häusern kennen gelernt. Wenn dann eine solche Truppe öfter aufeinandertrifft, dann kann eigentlich nur großer Blödsinn dabei herauskommen, so war es auch bei uns.

In unserer Straße ein paar Meter von meiner Lehrstelle, dem Metzgerladen entfernt auf der anderen Straßenseite gab es eine größere Ausbuchtung wie eine Bushaltestelle, hier war die Straße seitlich zurückversetzt und mit einer recht hohen Bordsteinkante versehen.

In etwa fünf Meter Entfernung von dieser Einbuchtung stand eine Straßengaslaterne am Rande auf dem Bürgersteig. Elektrische Straßenbeleuchtung gab es damals ja noch nicht in jeder Straße und genau in dieses Stück Gehweg hoben wir gemeinsam einen kleinen Zweitakter Personenwagen, einen Lloyd. Im Volksmund nannte man diesen Wagen damals scherzhaft Leukoplast Bomber.

Er war ja nicht besonders schwer, dessen Karosse war damals wirklich ja noch überwiegend aus Pappmaschee und Kunststoff, eben ein so genannter Plastikbomber.

Der bedauernswerte Besitzer dieses Wagens hatte gar keine Chance seinen Wagen ohne Beschädigungen und fremde Hilfe da wieder fortzubringen. Der Bürgersteig war nicht besonders breit gerade so dass der kleine Wagen darauf passte, vorne stand die Gaslaterne im Wege und hinten war diese unüberwindbare hohe Gehwegkante.

Wir haben aus sicherer Entfernung den ersten verzweifelten Versuchen des Mannes zugeschaut, die er aber dann bald aufgab, wir hatten natürlich einen unbändigen Riesen Spaß daran, doch diese Freude sollte nicht sehr lange anhalten.

Der Mann trommelte dann einige hilfreiche Leute zusammen, sie haben den Wagen dann gemeinsam wieder auf die Straße zurück gehoben, bis jeden einzelnen von uns dann etwas später das geballte Donnerwetter erreichte.

Die allgemeine Aufregung und der Ärger in der ganzen Straße waren schon beachtlich, irgendjemand hatte unsere Aktion ja auch beobachtet und dann leider die Namen der Übeltäter dem Betroffenen preisgegeben. Eigentlich hatte ich dabei etwas Glück, denn der Junior vom Chef war mit dabei gewesen, so teilte sich die gewaltige Standpauke dann auf uns Beide.

Die Nähe zum Krankenhaus kam mir dann eines Tages mal sehr zugute, denn ich hatte mich durch eine schwere Stichverletzung beim Knochenauslösen einer großen Rinderschulter ernsthaft verletzt. Ein Rindervorderviertel im ganzen Stück, immerhin ein Viertel eines Rindviehs, hatte ja auch ein beachtliches Gewicht.

Ich musste mich bei dieser Tätigkeit mit aller Kraft unter die Haxe der Schulter stemmen als dieses Teil Rind auf dem Arbeitstisch vor mir lag, dabei bin ich mit der Palette auf der ich stand, weil der Arbeitstisch für mich einfach zu hoch war, ich musste also immer auf einer schweren Holzpalette beim Arbeiten am Tisch stehen, sie wäre mit einer heutigen Euro-Palette vergleichbar die aber nirgends gesichert war, mit dieser Palette bin ich dabei, bei meinem Kraftaufwand auf dem nassen Betonboden nach hinten weg gerutscht.

Damals war ich ja eben nur etwa knapp Ein Meter und sechzig groß und an diesem Samstagvormittag war ich auch alleine in der Wurstküche im Souterrain, alle anderen waren ja im Laden. Das spitze mittellange Auslösemesser war mir mitten in den linken Unterarm der Länge nach auf der Unterseite eingedrungen und die Spitze ist im Ellbogenbereich leicht sichtbar wieder ausgetreten,

Wobei es Gottseidank nur eine direkte Fleischwunde gegeben hatte, was sich bei meinem Krankenhausbesuch erst richtig herausstellen sollte, es wurde keine Sehne und kein Knochen verletzt.

Keiner war also in der Nähe um mir zu helfen, ich habe also erstmal selbst das Messer schnell wieder aus dem Arm gezogen und dann ein Tuch auf die stark blutende Wunde gedrückt. Ich bin sogleich in die Ladenküche, direkt hinter dem Laden, eine Treppe höher gegangen, wo die Chefin sich mehr über die roten Blutflecken die ich machte erregte, als über meine doch beachtliche Verletzung.

Im Laden ging es samstags ja immer hoch her, man hatte nicht viel Zeit für mich und meine Blessur. Meine Chefin band mir einfach ein Küchenhandtuch fest um den Arm und schickte mich einfach zu Fuß alleine in das etwa drei hundert Meter entfernte Krankenhaus zur Ambulanz.

Hier wurde ich erst mal ärztlich versorgt, der Schnitt wurde mit drei Stichen genäht und mit einem Druckverband versehen. Ich bekam dann noch eine Tetanusspritze und wurde dann natürlich mit einer Krankmeldung und der Ermahnung den Arm ruhig und in der Armschlinge hoch zu halten versehen, zurück ins Geschäft wieder entlassen.

Im Geschäft etwas später wieder angekommen musste ich dann aber doch noch, trotz meines Handicaps erst mal meine Arbeitsstelle in der Wurstküche aufräumen und säubern. Das einzige was meinen Chef im Moment zu interessieren schien war die Frage wie lange ich denn jetzt ausfallen würde. Danach musste ich dann auch noch wie immer bei Ladenschluss beim abendlichen Laden ausräumen, praktisch Einhändig auch noch mithelfen, denn die gesamte Auslegeware aus der Theke musste ja aufgeräumt und ins Kühlhaus gebracht werden.

Anschließend bin ich dann auch noch Einhändig die paar Kilometer von Barmen über den Klausenhof nach Elberfeld mit dem Fahrrad nach Hause gefahren, und das alles praktisch Einarmig mit dem anderen Arm in einer Halsschlinge.

Der ganze Betrieb meiner Lehrstelle war schon etwas überaltert, Vorkriegszustand eben, die Wurstküche und alle zugehörigen Räumlichkeiten lagen im Souterrain des Hauses, das in leichter Hanglage stand, zum Hinterhaus und Hof hinaus direkt neben einer Garage.

An die Garage schloss sich gleich ein Anbau mit einem großen Flachdach an, das zu gleich eine große Dachterrasse von der Geschäftsküche aus war. In dem Anbau wohnte der junge Meistergeselle mit seiner Frau und danach war noch ein Hühnerstall mit kleinem Garten, der das Gelände abschloss.

In der Garage vom Chef stand ein großes altes Auto, ein schwarzes Cabrio der Marke Wanderer das noch von seinem Schwiegervater stammte. Diesen Wagen und den offenen Metzgeranhänger, der Hänger wurde nur durch eine Plane abgedeckt, beides musste ich auf dem Hof jede Woche peinlichst genau sauber machen. Natürlich musste ich dazu den Wagen, aus der Garage raus und auch wieder rein bewegen, einmal habe ich leider zu spät gebremst und die Werkbank und den Schraubstock daran heftig touchiert.

Die Werkbank stand vor Kopf quer in der Garage, die verchromte Kühlergrillverkleidung war dabei etwas deformiert worden nach dem ich die Werkbank angefahren hatte. Aber Gott sei Dank war es kein größerer technischer Schaden, dieses kleine Malheur konnte ich nicht verschweigen und das hat sogleich dann aber doch mächtig Ärger gegeben.

Die Technik in der Wurstküche war ebenfalls schon alt, aber noch voll funktionsfähig. Alle Maschinen wurden noch mit einer Transmission, über eine lange quer an der Decke montierten Übertragungswelle und mit breiten Lederriemen von einem zentralen, starken Elektromotor angetrieben.

Diese Maschinen, Fleischwolf, Kutter, Knochensäge und Schleifstein standen in einer Reihe nebeneinander von links nach rechts angeordnet direkt unter der Hauptantriebswelle an der Decke auf einer Seite im Raum. Gegenüber fast Deckenhoch und in der Mitte der Hauptwelle war auf einer eisernen Konsole der große elektrisch betriebenen Motor montiert, neben und oberhalb der drei stufigen Eingangstreppe zum Flur von dem die eigentliche Treppe zum Laden hinaufführte.

Man musste die jeweiligen Riemen für jedes Gerät einzeln mit einem Hilfsmittel, einer zwei Zinkengabel gleich, erst aufwerfen und dann mit einem speziellen, großen Block aus Wachs immer in regelmäßigen Zeitabständen innen auf der Lauffläche einschmieren um die etwas klebrige Haftung der Lederriemen auf den Holz und Eisenrollen zu verbessern.

So wurde auch der große schwere Nassschleifstein betrieben, dieser Runde Schleifstein hatte immerhin weit mehr als einen halben Meter im Durchmesser und war etwa zwanzig Zentimeter breit. An diesem in einem Wasserbad laufenden Schleifstein musste ich dann wöchentlich alle Schneidegeräte, Messer und Beile die im ganzen Haus waren, präzise schärfen.

Eine besondere Herausforderung dabei waren dann die drei sichelförmigen Kuttermesser, mit jedem Messer, besonders den Ladenmessern musste man nach dem schärfen ein lose gehaltenes Blatt Papier glatt zerteilen können.

Der große alte Arbeitstisch mit einer großen Ablage für Töpfe und Schalen darunter stand auf der Stirnseite der Wurstküche neben dem Hofzugang, er war noch komplett aus Holz. Diesen Tisch und die beiden großen Holzbeheizten Kessel gegenüber, diese Kesselkombination war komplett aus Aluminium und zählte aber schon zu den neueren Einrichtungen. Alles peinlich Sauber zuhalten war eben meine dringlichste Aufgabe, es war immer ein mächtiger Arbeitsaufwand alles zufrieden stellend zu reinigen.

Bei dem Reinigen mit viel heißen Wasser und dem daraus resultierenden Dampf habe ich dann einmal so ein Komisches mir unerklärliches Kribbeln verspürt als ich die kräftige eiserne Aufhänge Schiene die quer in dem Raum von Wand zu Wand eingemauert war, berührt hatte. Ich habe dieses natürlich gleich gesagt, aber man hat sich über mich nur lustig gemacht und meiner Aussage überhaupt keinen Wert zugemessen.

Die Richtig und Wichtigkeit meiner Aussage zeigte sich kurz danach als der Meister dann kurz darauf aus dem Laden kommend eiligst einen Rindermarkknochen in Scheiben sägen wollte. In der Werkstatt war ja nach meiner großen Reinigung mit viel heißem Wasser, durch den Dampf eben alles in dem Raum feucht, nass und rutschig. Er kam hastig die Treppe vom Laden herunter und langte sofort neben dem Eingang an den Schalthebel vom Motor der Transmission. Er bekam einen heftigen Stromschlag, ihn hat es quer durch die Wurstküche geschleudert und er fand sich dann zwischen dem Fleischwolf und dem Kutter total benommen wieder.

Der Elektriker der darauf sofort gerufen wurde, bestätigte auch den von mir aufgezeigten Fehler. Beim Reparieren meinte er das hätte auch wesentlich schlimmer ausgehen können, denn auf der Stromleitung für den Motor waren immerhin dreihundertachtzig Volt drauf.

Er meinte dann auch zum Chef, dass es manchmal nicht verkehrt sei, dass man auch mal einem Stift zuhört und glaubt.

Natürlich gehörte das Töten eines Tieres auch zu meiner Ausbildung, meine damals erste Schlachtung überhaupt, die ich alleine durchführen musste, war aber in unserem Hühnerstall. Das Köpfen, schlachten eines Huhnes für eine gute Suppe. Ich hatte null Ahnung was zu tun war, obwohl ich früher als Kind ja schon eine Weile auf einem Bauernhof in Thüringen verbracht hatte. Aber an einer Federvieh Hausschlachtung hatte ich noch nie teilgenommen, ich wollte mich jetzt aber auch nicht blamieren und mir auch nichts nachsagen lassen.

Ich war schon mächtig aufgeregt als ich diesen Auftrag von meiner Chefin bekam, also fragte ich den Meistergesellen der aus dem Fränkischen, aus einem ländlichen Haus und Gebiet kam und mit so etwas naturgemäß auch Erfahrung hatte.

Dieser sagte auf meine Frage auf das Wie, nur lakonisch, nimm ein normales Hackbeil und den Holzhackklotz draußen, tue beides in den Hühnerauslauf. Dann das Tier an den beiden Beinen eng an seinem Körper festhalten und einmal kräftig zuschlagen um den Kopf abzuhacken, das wäre es dann auch schon.

Wie mir in dieser Kurzform gesagt wurde, habe ich mir das auserkorene Huhn geschnappt und nach dieser spärlichen Anweisung gehandelt. Aber, dass man das Tier danach keinesfalls loslassen sollte, davon hatte bisher keiner, bewusst oder auch nicht, etwas gesagt. Das, nach dem Köpfen kräftige Zucken und Flügel schlagen hat mich etwas verwirrt und ich wusste auch nicht so recht ob ich jetzt vielleicht einen Fehler gemacht hatte oder was jetzt noch weiter zu tun war.

Das man vorher auch eine Betäubung mit einem Schlag auf den Kopf machen sollte war auch nicht erwähnt worden, zudem habe ich nach der Enthauptung das immer noch wild zappelnde Tier dann einfach losgelassen. Ich war dann doch enorm überrascht wie dieses kopflose Tier umherflog und alles und jeden mit dem umherspritzenden Blut rot färbte, ich habe dann natürlich entsprechend ausgesehen.

Das schallende Gelächter aller in der Nähe befindlichen Personen, man hatte mich natürlich vom Flachdach herab heimlich beobachtet, klang mir dann noch sehr lange gellend in den Ohren und so manche hämische Bemerkung musste ich auch später noch über mich ergehen lassen.

Ein für mich dann doch ein etwas ekliges Erlebnis, gleich in den ersten Tagen, war an einem Montag nach dem wir, für mich das erste Mal, als wir vom Schlachthof zurückgekommen waren, ein für mich im gesamten gesehen denkwürdiger und doch recht aufregender Tag.

Mein Meister lobte meine tapfere Haltung an diesem ersten Schlachthoftag und reichte mir eine große Tasse mit einem mir nicht bekannten dunklen Inhalt. Er sagte nur wer ein richtiger Metzger werden will muss so eine Tasse auf einmal in einem Zug austrinken, damit hatte er sogleich meinen empfindlichen Nerv getroffen.

Ich wollte ja ein richtiger Metzger werden und in meiner Unwissenheit über irgendwelche unsinnigen Rieten und Gepflogenheiten in den verschiedenen Berufen war es für mich selbst verständlich das ich diese Anordnung nicht hinterfragt habe. So brauchte es auch keiner zweiten Aufforderung und ich habe ohne Zögern und etwaiges Nachfragen die Tasse ausgetrunken. Es schmeckte nach, es ist komisch ich könnte diesen Geschmack auch heute noch nicht richtig beschreiben, in jeden Falle aber irgendwie unangenehm.

Man klopfte mir mit einem breiten Grinsen auf die Schulter und eröffnete mir, dass ich gerade eine Tasse frischen Blutes vom heutigen Schlachten getrunken hatte. Irgendwie war mir danach schlecht, ich habe mich recht kräftig geschüttelt und bin wortlos schnell aus dem Raum gegangen. Auch weil ich mir nicht sicher war, ob das eben getrunkene nicht wieder an die Luft streben würde, die Erwachsenen hatten wohl ihren Spaß dabeigehabt.

Aber ich hatte danach noch lange Zeit ein riesiges Problem, denn bei der wöchentlichen Kochwurst Herstellung, neben der Leberwurst und anderer Wurst eben auch der Blutwurstzubereitung. Ich musste ja stets auch die Wurstgrundmasse von den diversen Produkten die hergestellt wurden abschmecken, um den geforderten Geschmack der Waren kennen zu lernen.

Eine grundsätzliche Unterteilung liegt bei der Wurstherstellung in drei große Begriffe. Die Dauerwurst aus rohem Fleisch, Frischwurst und bei den Brühwürsten ebenso aber mit gekutterter Brät Masse aus dem Rohmaterial. Und eben auch der Kochwurst mit gekochtem Material, somit musste ich auch die Blutwurstmasse probieren, dieses wollte und konnte ich nicht mehr, ich ekelte mich einfach davor.

Ich habe immer getrickst und gemogelt um diesem Moment aus dem Wege zu gehen. Das dieses nicht immer gelang lag ja auf der Hand und so mancher ernsthafter Verweis diesbezüglich habe ich mir dann auch im Laufe der Zeit eingehandelt.

Noch eine Sache wurde mehrmals durch das lächerlich machen mir zu einer unangenehmen Erinnerung an die Schlachttage. Denn ich musste die zu schlachtenden Tiere aus den Aufbewahrungsstall Bereichen, in die die gekauften Tiere nach den Kaufverhandlungen abgestellt worden waren.

Durch die variablen vergitterten Laufgänge musste ich die Tiere in den Vorraum der Schlachthalle bringen und das musste dann schon recht zügig von statten gehen, da ja auch andere Metzger auf einen freien Platz an der eigens begrenzten Schlachtstelle warteten.

Bei den Schweinen und dem Großvieh war das noch ziemlich einfach, aber bei den Kälbern und Lämmern war das schon etwas anderes, denn die Tiere wittern ja das in den Hallen Ihnen Ungemach drohte, so musste man sie schon leicht überlisten oder sogar von einer Halle in die andere tragen.

Ein Kalb ist da noch leicht zu beeinflussen in dem man ihnen einen feuchten Finger vor die Nase hält an dem sie dann nuckelnd einem überall hin nachlaufen. Doch dadurch entsteht ja auch eine emotionale Verbindung zwischen Mensch und Tier und somit war es für mich Anfangs eine ungeheure Gemütsbelastung bei dem Schlachtvorgang eines Kälbchens.

Ich habe dann bei den ersten Malen Rotz und Wasser geheult, es hat mich ein paar Mal bis in meine tiefsten Empfindungen getroffen was natürlich bei den anderen Anwesenden in der Schlachthalle zu gewaltigen Heiterkeitsausbrüchen und lustig machen mir gegenüber geführt hatte.

Über meine sentimentale Regung habe ich mich zuerst unsäglich geschämt, doch mit der Zeit hat sich das dann aber auch gegeben. Als ich dieses und andere Probleme meiner Mutter einmal zu erklären versucht habe, meinte sie nur ich soll mich nicht verrückt machen lassen. Ich solle die Zähne zusammenbeißen, denn Lehrjahre seien nun mal keine Herrenjahre, da muss man eben durch und auch mal was einstecken.

Mein Bruder drei Jahre älter als ich, hatte seine Buchbinderlehre bei einer Druckerei in Barmen schon fast abgeschlossen, dort hatte meine Mutter etwas später dann ebenfalls auch eine Anstellung gefunden. Er wohnte dann eine ganze Weile bei der Jüngsten Schwester meiner Mutter in Barmen ganz in der Nähe seiner Firma, auch nach unserem späteren Umzug von Langerfeld nach Elberfeld noch.

Als der Laden meiner Lehrfamilie dann im Frühjahr 53 doch geschlossen wurde, bin ich erst mal wieder zurück zu meiner Mutter gezogen, danach hatte ich dann zwangsweise nochmals ein nettes Gespräch mit dem Innungsmeister am Schlachthof.

Er bedauerte aufrichtig das mir dieses Dilemma widerfahren war und das diese Situation leider nicht voraus und absehbar gewesen sei, denn im Allgemeinen war diese Angelegenheit, das weiter betreiben mit einem Nachfolger als geregelt angesehen worden. Er beteuerte aber, dass er schnellstens eine neue Lehrstelle für mich besorgen würde, damit ich ohne eine große Unterbrechung meine Lehre weiterführen könne.

Es zeigte sich schon von Anfang an, dass selbst der Start in das Berufsleben und auch meine späteren Berufs und Stellenwechsel stellenweise nicht immer mit übermäßigem Glück versehen waren. Auch einige meiner dann zwischenzeitlichen späteren Entscheidungen hatten dann auch ein wenig mehr mit meiner angeboren Neugierde und Zielstrebigkeit zutun.

Wesentlich später dann auch noch mit einer Zwangsläufigkeit, Geld oder dann auch mehr zu verdienen als es normal möglich war, zu tun hatten. Weniger mit der Unstetigkeit oder Flatterhaftigkeit die man den Personen des Sternzeichen der Zwillinge allgemein nachsagt, dafür war ich wiederum einfach zu hartneckisch, was man beginnt sollte man ja auch zu Ende bringen.

Die Bildungsmöglichkeiten waren also im allgemeinen in den damaligen Zeiten noch recht begrenzt, nicht nur in den bekannten Schularten sondern auch mit den fehlenden geeigneten schulischen Räumlichkeiten, der Lehrerschaft und auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Da gab es sogar noch lange Zeit Lehrer die in normalen Zeiten schon einige Jahre ihr Rentnerdasein genossen hätten, es waren viele Lehrer ja auch noch lange nicht aus ihrer Gefangenschaft entlassen worden. Die letzten Kriegsgefangenen kamen ja auch erst im September 1955 endlich aus Russland nach Hause.

Zudem mussten viele Schulen ja auch erst einmal wiederaufgebaut werden. Und die, die noch vorhanden waren, mussten ja zum Teil auch erst wieder voll funktionsfähig gemacht werden, es waren immer noch einige Improvisationen zu bewältigen.

Die vorhandenen Schulen hatten stellenweise dann zu dem schon einen beachtlichen Andrang zu bewältigen, teilweise mit über fünfzig Kindern in einer Klasse, entsprechend waren dann auch die Anforderungen an die Lehrerschaft.

Auch bei den fortbildenden Schulen, entsprechend stringent wurden daher die Auswahl und Zulassungsverfahren auch gehandhabt. Selbst wenn ich gewollt und auch gekonnt hätte wäre für mich eine anschließende weiterführende schulische Ausbildung wirtschaftlich für uns wahrscheinlich in unserer Situation damals auch nicht machbar gewesen.

Allein schon durch das dann aufzubringende Schulgeld und auch durch das nicht unerhebliche Fahrgeld bedingt, denn die entsprechenden weiterführenden Schulen gab es zu der Zeit fast nur in Elberfeld, wir wohnten aber fast am anderen östlichen Ende von Wuppertal, es lagen rund zehn Kilometer Abstand dazwischen.

Eine schulische Weiterbildung war ja zu der Zeit auch noch eine recht kostspielige und für uns eben eine nicht bezahlbare Angelegenheit. Selbst die zwingenden Ausgaben für die Volksschule, wie die allgemeine Grundschule noch benannt wurde, belastete damals unsere finanziellen Möglichkeiten schon stark, somit war ja für uns auch nur eine Ausbildung in einem normalen Handwerklichen Beruf möglich.

Eine allgemeine kostenlose und gehobene Schulbildung gab es noch gar nicht, diese längere und auch bessere Schulbildung war im Grunde nur den Kindern aus den privilegierten Familien vorbehalten und auch im Allgemeinen auch machbar.

An unserer damaligen finanziellen Situation wäre es also daher auch schon gescheitert, eben ein unmögliches Unterfangen, die Möglichkeiten einer offiziellen finanziellen Unterstützung gab es damals so gut wie noch gar nicht und war wenn, mehr als bescheiden, und hätte unsere Situation auch nicht wesentlich verbessert.

Mein Bruder und ich waren aber in den letzten zwei Schuljahren schon in der Volksschule durch eine gute Leistung bedingt, Stipendiaten für die für uns fast unerschwinglichen Schulmittel geworden, eine damals nicht ganz selbstverständliche und normale Leistung der Kommune.

Außerdem wohnten wir zu der Zeit ja praktisch nur Leihweise in Langerfeld, denn die möblierte Zweizimmerwohnung in der wir wohnten war uns vom Wohnungsamt nach unserer fluchtartigen Rückkehr aus Thüringen nach Wuppertal als möblierte unbegrenzte Übergangslösung zu gewiesen worden. Es war über einige Jahre hinweg, irgendwie wie ein geliehenes Leben auf Abruf, was aber letztendlich glücklicher Weise, so musste man schon paradoxer Weise die Situation bezeichnen, dann doch über ein paar Jahre andauern sollte.

Denn wir wohnten ja auch für eine lange Zeit in einer Wohnung mit geliehenen Möbeln, es sollte eigentlich erst zu Anfang nur eine Übergangslösung sein, bis sich irgendwo vielleicht eine endgültige Lösung zeigen würde. Wir lebten praktisch lange Zeit quasi auf Abruf, also alles in allem eine wirklich nicht sichere Zeit und befriedigende Aussicht, so etwas ist ja auch für einen heranwachsenden Jugendlichen schon eine große Belastung, weil man nie genau wusste was am nächsten Tag sich ändern würde.

Diese meine Ausbildungsfrage ergab sich zu einer Zeit wo es uns alles andere als gut ging, denn meine Mutter hatte gerade erst eine langwierige schwere Herzproblematik und mit einer linksseitigen Körperlähmung nach ihrem zweiten Herz und Schlaganfall glücklich überstanden. Und dann noch wie vorab schon erwähnt den überraschenden Tod meines Vaters, der erst vor nicht mal einer Halbjahresfrist für eine sehr kurze Zeit aus seiner Kriegsgefangenschaft heimgekehrt war, verkraften müssen.

Es war eben eine doch recht schwierige und belastende Zeit für uns alle, wo fast alles sich im Umbruch befand, man wusste nur sehr selten Heute, was dann Morgen sein würde. Jeder war auf seine Weise bestrebt, erst mal sein eigenes Auskommen zu bewerkstelligen und soweit wie möglich abzusichern, aber durch eine nach längerer Zeit dann überstandene schwere Krankheit konnte meine Mutter auch erst viel später wieder einer leichten Arbeit nachgehen.

Es war egal wo man auch hinsah doch recht kompliziert, fast alles wurde erst einmal improvisiert und gerade mal den momentanen Möglichkeiten angepasst denn man hatte eigentlich auch keine andere Wahl, wenn man heute eine Lösung gefunden hatte, bedeutete das noch lange nicht das es auch eine Endgültige war.

Im Gegensatz zu meinem Bruder war ich immer mehr der Aktivere, der Praktiker von uns beiden, er hatte es mehr mit der Theorie und den Büchern, was sich ja auch mit seinem späteren Beruf als Buchbinder bestätigte, ich hingegen war dazu etwas zu wuselig.

Besonders deutlich ausgeprägt war bei technischen Belangen eben mein schnelles Auffassungsvermögen und auch meine meist sofort einsetzende Suche nach Lösungen bei großen und kleinen Problemen, schon in meiner Jugend musste ich fast immer wie ein Erwachsener denken und funktionieren.

Trockenes Pauken war eben auch nicht so ganz meine Sache, machen und tun, etwas fertig bringen war mehr meine Passion, was nicht heißen sollte das ich nicht auch besinnliche Momente, Lesen und Nichtstun sehr zu schätzen wusste.

Doch dazu war meistens die Zeit nicht gegeben, denn das planen und Denken für den nächsten Tag hatte alle Male oberste Priorität. Da die nicht nur für mich momentan gegebenen Möglichkeiten einer neuen Lehrstelle doch recht dünn gesät waren, konnten wir nur hoffen, dass es bald eine neue Stelle durch die Innung geben würde.

Tatsächlich hatte es nur einige wenige Wochen gedauert bis der Innungsmeister mir den neuen Lehrmeister benennen konnte, ich war dem Innungsmeister aus ganzem Herzen dafür dankbar und meiner Mutter fiel wieder ein gewaltiger Stein vom Herzen.

Als Erinnerung noch Realität war

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