Читать книгу Ben und Lasse - Der Rucksack mit dem Diebesgut - Harry Voß - Страница 7
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3. Dezember
Es ist kurz vor fünf. Lasse und ich stehen hinter einer Würstchenbude und warten auf Moni. Es ist bereits dunkel, aber die Beleuchtung auf dem Weihnachtsmarkt taucht alles in warmes, gemütliches Licht. Darum kann ich hier und da erkennen, wie auch hinter anderen Verkaufsbuden Kinder aus dem Kindergottesdienst hervorschauen.
„Hoffentlich vergesse ich meinen Satz nicht“, flüstert Lasse aufgeregt. „Soll ich ihn dir noch mal aufsagen?“
„Nein“, brumme ich. „Nicht nötig.“
„Pass auf.“ Lasse holt tief Luft und schmettert seinen Satz heraus: „Und ich bringe dir Weihrauch!“
„Klasse, Lasse. Aber jetzt pass lieber auf. Gleich geht es los.“
Schon sehen wir Moni mit dem Wäschekorb und dem langen Stab mit dem Stern obendrauf über den Marktplatz gehen. Sofort hüpft Lasse auf der Stelle und klopft mir mehrmals an die Jacke: „Da, Ben! Da ist sie! Es geht los, es geht los!“
Moni stellt den Wäschekorb auf der freien Fläche ab und schaut sich kurz um. Dann schlägt sie dreimal mit dem langen Besenstiel auf den Boden. Lasse und ich rennen los und mit uns sämtliche Kinder aus dem Kindergottesdienst. Alle schnappen sich ein Kostüm aus dem Korb. Im Nu verwandeln sich die Kinder auf dem Platz in Maria und Josef, Hirten, Weise, Engel und obendrein einen Nikolaus.
Als alle in ihren Kostümen stecken, schaue ich zu Lasse rüber, der neben Kathi steht. Kathi trägt wie verabredet einen Königsmantel und eine Krone. Lasse dagegen hat ein weißes Kleid mit Engelsflügeln an. Ich glaube, ich sehe nicht richtig! Lasse spielt doch auch einen der Weisen! Er sollte eine Krone und einen Umhang haben! Wieso trägt der Kerl jetzt ein Engelskostüm? Manchmal werde ich aus diesem Jungen wirklich nicht schlau.
Die vorbeischlendernden Passanten bleiben stehen und schauen auf das Treiben rund um Moni und ihre verkleidete Theatergruppe. Von der Seite sehe ich eine junge Frau mit einem dicken, roten Rucksack kommen. Sie bleibt im hinteren Bereich der Menschenmenge stehen, schaut sich kurz nach rechts und links um und stellt den Rucksack vor sich ab.
Moni schaut die Zuschauer bedeutungsvoll an und beginnt mit lauter Stimme: „Von drauß, vom Walde kommt er her! Er muss euch sagen: Es weihnachtet sehr! All überall auf den Tannenspitzen sieht er goldene Lichtlein blitzen.“
Die Frau mit der Kapuze, die eben gerade den großen Rucksack vor sich abgestellt hat, dreht sich um, geht weiter und taucht im Getümmel der Weihnachtsmarktbesucher unter. Der Rucksack steht noch da.
„Hallo!“, rufe ich sofort und hebe meinen Arm. „Sie haben was vergessen!“
Im nächsten Augenblick nehme ich Moni wahr, die sich mitten in ihrer Rede an die Zuschauer unterbrochen hat. Sie schaut streng zu mir rüber und spricht mich an, als würde es zum Theaterstück gehören: „Oh, da meldet sich ein Hirte zu Wort. Was möchtest du sagen?“
Ich zucke zusammen. Mir ist völlig klar, was ihr strenger Blick zu bedeuten hat. Ich hätte natürlich nicht irgendetwas brüllen dürfen, das nicht zum Theaterstück gehört. Aber wenn diese Frau doch ihren Rucksack vergessen hat!
Schnell antworte ich auf Monis Frage: „Schon gut.“
„Aha.“ Moni wirft mir noch einmal einen „Mach-das-ja-nicht-noch-mal“-Blick zu und greift ihre Ansprache an die Zuschauer wieder auf: „All überall auf den Tannenspitzen sieht der Nikolaus goldene Lichtlein blitzen. Doch voller Schrecken bemerkt er indessen: Die Weihnachtsbotschaft ist völlig vergessen! Drum hat er heut euch mitgebracht: einen Sack voller Botschaft der heiligen Nacht.“
Nico, der bereits im Nikolauskostüm auf seinen Einsatz gewartet hat, geht einige Schritte auf Moni zu, stellt einen großen Sack vor sich ab und zieht eine Schriftrolle heraus. „Die Weihnachtsbotschaft startet mit einer Kaiser-Botschaft“, beginnt er laut und rollt das Papierstück auf. „So befahl es der Kaiser von Rom: Alle Untertanen seines Reiches sollten sich zählen lassen und dazu in den Ort reisen, aus dem ihre Vorfahren stammten. Da machte sich auch Josef aus der Stadt Nazareth auf den Weg nach Bethlehem. Denn dort kamen seine Vorfahren her. Er reiste zusammen mit seiner Frau Maria. Maria war schwanger.“
Obwohl ich mir vorgenommen habe, den Rucksack nicht mehr zu beachten, muss ich unentwegt dorthin starren. Was ist da wohl drin? Ein Rucksack alleine auf dem Weihnachtsmarkt? Ist der wirklich nur vergessen worden? Oder sind wir hier alle in Gefahr?