Читать книгу Ben und Lasse - Der Rucksack mit dem Diebesgut - Harry Voß - Страница 9
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5. Dezember
Gerade sagt Nico: „Voller Freude riefen die Hirten …“, da sehe ich, wie der fremde Mann den Rucksack ergreift, ihn sich über die Schulter hängt und damit in der Menschenmenge verschwindet.
„Der hat den Rucksack geklaut!“, brülle ich und zeige in die Richtung, in die der Mann verschwunden ist.
Die Zuschauer lachen und klatschen. Sie haben doch tatsächlich gedacht, mein Ruf hat zum Krippenspiel gehört.
„Haltet den Dieb!“, rufe ich laut. Diesmal kann ich nicht einfach so tun, als wäre nichts passiert. Keiner der Umherstehenden scheint den Diebstahl bemerkt zu haben. Und selbst jetzt, als ich um Hilfe rufe, nimmt mich keiner ernst. Weil sich immer noch niemand für das interessiert, was hier soeben geschehen ist, laufe ich selbst los und brülle: „Stehenbleiben!“
Die Leute lachen von Neuem auf und schauen mir hinterher, wie ich mich durch die Menschen dränge und nach dem Mann mit dem Rucksack Ausschau halte.
„Warte, Ben!“, höre ich von hinten meinen Bruder Lasse rufen. „Was suchst du?“
Dann Moni: „Ben! Lasse! Was soll das? Kommt sofort zurück!“
Ich kann nicht zurückkommen. Ich muss den Mann finden, der soeben einen Rucksack gestohlen hat. Oder hat er hier nur seinen eigenen Rucksack geholt? Gehören die Frau von vorhin und der Schwarzhaarige zusammen? Als ich weit genug von dem Krippenspiel entfernt bin, bleibe ich stehen und schaue mich um. Wo ist der Kerl nur hingelaufen?
Schon steht Lasse neben mir: „Was machst du, Ben? Warum bist du weggelaufen?“
„Jemand hat einen Rucksack geklaut“, schnaufe ich und schaue angestrengt in alle Richtungen.
„Wer denn?“
„Ein Mann mit einer grauen Jacke und kurzen, schwarzen Haaren. Er trägt jetzt einen roten Rucksack.“
„Der da?“ Lasse zeigt auf eine kleine Ansammlung von Menschen etwa fünfzig Meter von uns entfernt, die an einem Glühweinstand anstehen. Einer davon ist tatsächlich der Mann, den ich suche.
„Ja, das ist er!“ Ich setze mich sofort in Bewegung.
Der Schwarzhaarige schaut über die anstehenden Menschen hinweg in den Verkaufsstand hinein und sagt etwas zu dem Verkäufer. Dann zieht er den roten Rucksack von der Schulter und reicht ihn über die anderen hinweg dem Verkäufer in der Verkaufsbude. Anschließend dreht er sich um und geht weiter. Als Lasse und ich dort ankommen, ist der Mann zwischen zwei weiteren Holzbuden verschwunden.
In dem Glühweinstand stehen drei Männer. Zwei von ihnen bedienen die wartenden Kunden. Der Dritte sagt den anderen etwas, beugt sich nach unten und hebt den roten Rucksack auf. Er zieht ihn über die Schultern und verlässt den Glühweinstand durch eine Holztür auf der Rückseite.
„Sehr interessant“, sage ich leise. „Komm, Lasse. Wir wollen doch mal sehen, wie harmlos der Rucksack ist.“ Ich gehe vorsichtig an dem Glühweinstand vorbei, sodass ich die Rückseite sehen kann. Der Mann, der jetzt mit dem Rucksack hinter den Buden unterwegs ist, trägt einen kurzen, braunen Mantel und eine graue Schirmmütze aus Leder. Weil es hinter den Verkaufsständen nicht so gut beleuchtet ist, fällt es mir schwer, ihn zu verfolgen. Aber Lasse und ich bleiben weiter an ihm dran. Er geht eine Weile hinter den Holzhäuschen her, kommt dann wieder nach vorne und mischt sich unter die Besucher. Lasse und ich folgen ihm in einem Abstand von etwa zwanzig Metern. Plötzlich bleibt er stehen und schaut sich um. Sofort bleiben Lasse und ich auch stehen. Ich drehe meinen Kopf, sehe zur Seite, nach oben, nach unten, als schaute ich mir in Ruhe alles an.
„Hä?“, macht Lasse. „Was suchst du, Ben?“
Ich schaue ihn genervt an. „Bist du ein Agent oder nicht? Da musst du immer unauffällig wirken! Hast du nicht gesehen, dass der Typ da vorne gerade zu uns rüber geschaut hat? Er darf nicht merken, dass wir ihn verfolgen!“
„Ach so. Warte, ich mach mich schnell unsichtbar.“ Lasse hockt sich auf den Boden und steckt seinen Kopf zwischen die Knie.
„Was soll das?“, fauche ich ihn an.
„Wenn du dich da unten zu einem Ball zusammenrollst, bist du nicht unsichtbar! Also steh auf und verhalte dich ganz unauffällig!“
„Okay.“ Lasse steht auf und versucht, unschuldig und vergnügt zu pfeifen. Weil er aber nicht pfeifen kann, spuckt er nur mit aufgeblasenen Backen in der Gegend herum. Da hab ich ja einen wunderbaren Agenten an meiner Seite! Hoffentlich verrät er uns nicht.