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1. Dezember

Micha zuckte zusammen, als ein fremder Mann ihm plötzlich von hinten eine Hand auf die Schulter legte. Er war den ganzen Tag schon mit den Ziegen auf dem Feld außerhalb des Dorfes gewesen und hatte überhaupt nicht bemerkt, dass sich ihm jemand näherte. Vor lauter Schreck ließ er Ricky, seine Lieblingsziege, fallen, die er gerade noch in den Armen gehalten hatte. Ricky meckerte laut und sprang zur Seite.

„Entschuldigung“, sagte der Fremde. „Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich wollte dich nur fragen, ob du kurz etwas für mich aufbewahren kannst.“

Micha schaute dem Fremden misstrauisch in die Augen. „Was soll ich denn aufbewahren?“

„Einen Beutel mit Gold“, antwortete der Mann und presste schon im nächsten Augenblick einen schweren Lederbeutel gegen Michas Körper. Micha hielt ihn sofort fest.

„Nur ein oder zwei Tage“, fuhr der Mann fort. „Hinter mir sind Räuber her, die schon ein paar Mal versucht haben, mir den Beutel abzunehmen. Bei dir werden sie ihn nicht vermuten. Ich bring nur schnell meine Ware weg, dann komm ich zurück und hol das Gold ab. Schaffst du das?“

„Klar“, sagte Micha sofort, aber er fragte sich gleichzeitig, ob ihm das so recht war. Wo sollte er zwei Tage lang einen Beutel mit Gold aufbewahren?

„Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann“, sagte der Mann und ging auf einen großen Wagen zu, vor dem ein Pferd gespannt war. Micha wunderte sich, denn er hatte den Wagen gar nicht kommen hören.

Dann fiel Micha noch was ein. „Was krieg ich denn dafür, dass ich auf Ihr Gold aufpasse?“

„Du sollst deinen angemessenen Lohn schon erhalten“, sagte der Mann und stieg auf den Wagen. „Treff ich dich hier wieder an?“

„Ja“, sagte Micha. „Ich bin immer hier. Schon wegen unserer Ziegen, auf die ich aufpassen muss.“

„Bis bald. Und noch was.“ Der Mann sprach leise und wirkte dabei etwas gefährlich. „Zu niemandem ein Wort. Verstanden?“

Dann ergriff er die Zügel und das Pferd setzte sich in Bewegung. Auf dem Wagen sah Micha jede Menge Kisten, Tonkrüge und andere Gegenstände, die laut hin und her rutschten und gegeneinander schepperten. War das ein Warenhändler? Oder gar ein Schmuggler? Micha sah dem Wagen nach, bis er in der Ferne der hügeligen Landschaft nicht mehr zu erkennen war. Erst jetzt bemerkte er, dass Ricky schon länger um ihn herumsprang und laut meckerte.

„Keine Angst, Ricky“, sagte Micha und streichelte seine Ziege. Ein bisschen wollte er allerdings damit auch sich selbst trösten. Als er sich umschaute, hatte er das Gefühl, dass sich hinter einem Baum in seiner Nähe ein Schatten bewegt hatte. War da jemand? Hatte ihn jemand beobachtet? Micha starrte genau auf den Baum, ob sich da noch einmal was bewegte. Sollte er hingehen und nachschauen?

„Wer war das?“, hörte er auf einmal eine barsche Stimme neben sich. Wieder zuckte Micha zusammen. Jakob, einer der Hirten von der großen Schafherde auf dem Feld, stand plötzlich neben ihm. Auch ihn hatte Micha nicht kommen hören.

„Keine Ahnung“, sagte Micha. Den Beutel mit Gold hatte er notdürftig in seinen breiten Gürtel gesteckt.

„Was wollte er?“

„Den Weg nach Jerusalem wollte er wissen“, log Micha.

Jakob packte Micha an der Schulter und schaute ihn streng an. „Lüg mich nicht an, Junge!“

Micha hielt Jakobs Blick stand und schaute ihm ebenso streng ins Gesicht. Dem alten Jakob musste Micha überhaupt nichts erzählen. Die Hirten von der anderen Herde waren raue Männer, denen jede Schlägerei willkommen war. Selbst die Hirtenjungen in Michas Alter waren jederzeit bereit, sich zu prügeln. Micha versuchte ihnen sooft es ging aus dem Weg zu gehen.

„Ich warne dich“, sagte Jakob schließlich, ließ Micha los und schlurfte zu seiner Schafherde davon. Micha nahm sich vor, den Goldbeutel so schnell wie möglich wieder loszuwerden.

Zacharias lobt Gott:

Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels; denn er ist uns zu Hilfe gekommen und hat sein Volk befreit! Einen starken Retter hat er uns gesandt, einen Nachkommen seines Dieners David! So hatte er es schon vor langer Zeit durch seine heiligen Propheten angekündigt: Er wollte uns retten vor unseren Feinden, aus der Gewalt all derer, die uns hassen.

Lukas 1,68-71

Micha und die Verschwörung in Bethlehem

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