Читать книгу Micha und die Verschwörung in Bethlehem - Harry Voß - Страница 7
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3. Dezember
In dem kleinen Dorf Bethlehem war in diesen Tagen ein Menschenauflauf wie auf einem Markt. Alles voller Leute, die von überall gekommen waren, um sich hier in Steuerlisten eintragen zu lassen. Schon seit Micha geboren war, hatten die Römer ganz Israel besetzt. Micha hatte gehört, dass sogar sämtliche Länder rund ums Mittelmeer dem römischen Kaiser unterstanden. Den Kaiser selbst hatte noch nie jemand zu Gesicht bekommen. Aber in jedem Landstrich hatte ein kaiserlicher Vertreter seinen Palast und achtete darauf, dass alle ihre Steuern an die Römer zahlten. Dieser Kaiser nun hatte ein Gesetz erlassen, dass die ganze römische Welt gezählt werden sollte. Dafür musste jeder in den Ort reisen, aus dem seine Vorfahren stammten und sich dort in eine Liste eintragen.
Micha und seine Familie hatten es gut. Ihre Vorfahren kamen aus Bethlehem. Darum mussten sie nicht woandershin reisen. Michas Vater war an einem Nachmittag im Zollhaus des alten Levi gewesen und hatte sich eingetragen. Aber viele andere im Land mussten zum Teil irrsinnig weite Reisen auf sich nehmen. So tummelten sich unzählige Leute in Bethlehem, weil sie hier ihre Wurzeln hatten.
Bethlehem wurde die „Davidstadt“ genannt, weil hier vor etwa tausend Jahren König David geboren worden war. Das musste ein sehr guter König gewesen sein. Bis heute wurde ehrfürchtig von ihm erzählt. Er hatte in Jerusalem regiert. Zum Ende seiner Regierung hatte wirklich Friede im Land geherrscht. Später hatte es leider immer wieder Kriege in Israel gegeben.
Im Moment herrschten die Römer über Israel. Aber deren Kaiser unterdrückte die Menschen nicht. Im Gegenteil. Seine Soldaten bauten überall Straßen aus und achteten darauf, dass einigermaßen Ruhe im Land herrschte. Trotzdem hasste Vater den Kaiser. Ein römischer Kaiser bedeutete, sie waren nicht wirklich frei. Wenn die Familien abends beisammensaßen, erzählten sie sich Geschichten aus alten Zeiten, als David noch König und die Welt noch in Ordnung war. Die Lehrer der Heiligen Schriften redeten auch von einer Prophezeiung, nach der irgendwann mal ein König wie David kommen sollte, der allen den Frieden bringen würde. Dabei fiel auch immer mal die Bemerkung, dass dieser König aus Bethlehem kommen sollte. Ausgerechnet Bethlehem! Deshalb wurde Bethlehem von den umliegenden Städten und Dörfern immer ein bisschen verehrt, obwohl hier in diesem Nest nichts los war, aber auch wirklich gar nichts. Abgesehen davon, dass Micha hin und wieder vor seinem Vater davonlaufen musste. So wie jetzt gerade.
„Micha!!!“, brüllte der Vater wieder hinter ihm.
Micha rannte bis zu ihrem Haus und wollte sich hinter dem Brennholz verstecken. Aber da hatte der Vater, nass bis auf die Knochen, ihn endlich eingeholt und zog ihn unsanft am Ohr. „So, mein Junge!“, schimpfte er. „Das hast du nicht umsonst getan!“ Er schleifte Micha am Ohr hinter sich her bis in den Stall direkt neben dem Haus. „Hier kannst du bis morgen früh über deine Dummheiten nachdenken!“ Der Vater trieb die Ziegen zu Micha in den Stall und verschloss die Tür.
Bevor Micha irgendetwas anderes tat, holte er den Beutel mit dem Gold aus seinem Gürtel und steckte ihn in die Futterkrippe tief unter das Stroh. Da würde ihn so schnell niemand suchen. Und in zwei Tagen könnte er ihn wieder mit aufs Feld nehmen und es dem merkwürdigen Händler zurückgeben. Dann setzte sich Micha in eine Ecke im Stall, rief Ricky zu sich, nahm sie in den Arm und seufzte tief.
Zu jener Zeit ordnete Kaiser Augustus an, dass alle Menschen in seinem Reich gezählt und für die Steuer erfasst werden sollten. Und alle gingen hin, um sich einschreiben zu lassen, jeder in die Heimatstadt seiner Vorfahren.
Lukas 2,1 und 3