Читать книгу Micha und die Verschwörung in Bethlehem - Harry Voß - Страница 8

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4. Dezember

„Micha, bist du da drin?“

Das war die Stimme von Judith aus dem Nachbarhaus.

„Judith?“, fragte Micha leise zurück. Er hatte inzwischen schon mehrere Stunden im Stall gesessen. Es war bereits stockdunkel. „Bist du das?“

„Ja, ich bin hier am Fenster!“

Micha richtete sich auf und sah zu dem kleinen Fenster oben an der Wand im Stall. Tatsächlich: Da schaute Judith herein. Sie musste von außen auf eine Leiter gestiegen sein.

„Was machst du da?“, fragte Micha. „Wenn mein Vater dich erwischt, kannst du was erleben!“

„Dein Vater beachtet mich nicht“, flüsterte Judith ebenso leise. „Er ist viel zu beschäftigt mit seinem Gästezimmer!“

Das Gästezimmer. Micha stöhnte. Sein Vater betrieb schon die ganzen Tage einen riesigen Aufwand mit diesem blöden Zimmer im Obergeschoss. Michas Familie besaß eins der wenigen Häuser im Dorf, die auf dem Dach noch ein weiteres Zimmer hatten. Ein Obergemach. Das pries der Vater Gästen an, die nach Bethlehem gekommen waren, um sich in diese Listen eintragen zu lassen. Weil der Vater aber 30 Silberlinge dafür haben wollte, hatte er sein Zimmer bisher noch nicht vermieten können.

„Was ist mit dem Gästezimmer?“, fragte Micha. „Ist denn jetzt endlich jemand eingezogen?“

„Nein“, sagte Judith. „Dein Vater räumt es gerade um. Er sagt, er macht ein Königszimmer daraus.“

„Ein Königszimmer? Was soll denn das nun wieder?“

„Heute hat er Nathanael getroffen. Du weißt doch, unseren Dorfweisen, der immer von Gott erzählt und von den alten Prophezeiungen.“

Ja, den Dorfweisen kannte Micha. „Was hat Nathanael ihm denn gesagt?“

„Nathanael hat gesagt, er hätte den Eindruck, die alten Prophezeiungen würden sich schon sehr bald erfüllen.“

„Welche denn?“, fragte Micha.

„Die mit dem König, dem Nachfolger von David. Es hat früher mal einen Propheten gegeben, der hieß auch Micha. Wie du. Und der soll angekündigt haben: ‚Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten Judas, aus dir soll der kommen, der in Israel Herr sei.‘“

„Diese Prophezeiung kenn ich“, sagte Micha. „Davon reden die Alten doch andauernd, wenn sie unser kleines Dorf wichtig machen wollen. Aus unserem Schafsdorf soll mal was ganz Großes werden.“

„Genau“, sagte Judith. „Und Nathanael glaubt, dass sich dieses alte Wort schon sehr bald erfüllen wird.“

„Aha. Und wieso glaubt er das?“

„Das hat er nicht erklärt. Aber dein Vater ist danach völlig verrückt geworden. Er hat gesagt, wenn ein König hier nach Bethlehem kommt und sein Lager aufschlägt, dann soll er natürlich in seinem Obergemach wohnen. Und jetzt legt er dort teure Teppiche aus, stellt goldene Leuchter auf und prahlt damit, es zu einem Königszimmer zu machen. Denn sein Zimmer ist fast das einzige im Dorf, das noch nicht vermietet ist.“

„Na, sehr schön“, stöhnte Micha. „Dann wird das Chaos in unserer Familie sicher noch größer.“

Plötzlich zuckte Judith auf ihrer Leiter zusammen. „Micha, was war das?“

„Was denn?“

„In dem Gebüsch da hat was geknackt. Ich glaub, da ist jemand.“

„Wer denn?“

„Ich muss nach Hause, Micha. Ich will hier nicht erwischt werden. Gute Nacht.“

Judith verschwand. Micha stand direkt unter dem Fenster und hielt den Atem an. War da wirklich jemand? Plötzlich hörte auch er draußen ein Knacken. Und etwas wie Schritte. Menschenschritte. Leise, vorsichtig, aber doch deutlich zu hören. Und dann – bildete er sich das nur ein oder hörte er wirklich, wie auf der anderen Seite der Wand unter dem Fenster jemand atmete? War er also doch beobachtet worden? Waren die Räuber, die hinter dem Gold des Händlers her waren, nun hinter ihm her? Micha verkroch sich in die Ecke des Stalls, die am weitesten vom Fenster weg war, und wünschte sich, dass es ganz schnell wieder Tag würde.

Doch dir, Bethlehem im Gebiet der Sippe Efrat, lässt der Herr sagen: „So klein du bist unter den Städten in Juda, aus dir wird der künftige Herrscher über mein Volk Israel kommen. Sein Ursprung liegt in ferner Vergangenheit, in den Tagen der Urzeit.“

Micha 5,1

Micha und die Verschwörung in Bethlehem

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