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5. Gregor - Samstag

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Meine Laune ist auf ihrem Tiefpunkt, als ich den Parkplatz des Eduards erreiche. Sie wurde mit jeder Stunde schlechter. Nach dem Aufwachen war ich noch guter Dinge. Völlig motiviert bin ich in den Park gelaufen, in der Hoffnung, diese grünen Augen wiederzusehen.

Statt meiner üblichen Laufrunde habe ich ein paar Extrarunden gedreht. Ich wäre gerne länger geblieben, als die zwei Stunden.

Meine Bemühungen waren vergebens. Die Frau mit diesen Augen, die mir nicht mehr aus dem Kopf gehen, war nicht aufgetaucht.

Also bin ich irgendwann nach Hause gelaufen.

Nachdem ich mich einigermaßen gefasst hatte, rief ich meine Mutter an, um ihr mitzuteilen, dass ich den Freitagsessen fernbleiben werde. Sie hatte es schlecht aufgenommen und fing sogar an zu weinen. Allerdings glaube ich, ihr geht es weniger um mich, als darum, was mein Vater dazu sagen wird.

Meine Mutter hat mich regelrecht angefleht, es mir zu überlegen, aber das werde ich nicht. Tim hat recht. Die Besuche in meinem Elternhaus tun mir alles andere als gut. Hinterher bin ich jedes Mal mies drauf.

Am kommenden Freitag wird es mir besser gehen, wenn ich mit meinem besten Kumpel unterwegs bin. Er hält mir wenigstens keine Vorträge darüber, was ich doch für ein Versager bin.

Ich steige aus meinem Auto und werfe genervt die Tür zu. Ein letztes Mal atme ich tief durch und straffe die Schultern, bevor ich auf den Eingang des Restaurants zu gehe.

Ich bin gespannt, was sich dieser Eduard ausgedacht hat. In der Vergangenheit war ich schon oft mit Geschäftspartnern bei ihm, im Restaurant essen. Bisher war es immer sehr gut. Deshalb kam mir die Idee, ihn zu fragen, ob er auch außer Haus liefert. Normalerweise lassen wir uns von einem anderen Caterer beliefern. Allerdings hat die Qualität seiner Speisen in letzter Zeit nachgelassen. Die Preise sind gleich geblieben, aber die Lebensmittel scheinen minderwertiger zu sein.

Neugierig betrete ich das Restaurant. Hinter dem Tresen steht eine kleine rundliche Frau mit einem fast schwarzen Bob.

Sie bemerkt mich sofort und lächelt mich an.

Hastig gehe ich auf sie zu. »Hallo, Sander ist mein Name. Ich habe einen Termin mit Eduard.«

»Guten Tag, wenn Sie mir bitte folgen würden.«

Die Frau läuft mit schnellen Schritten davon. Ich bleibe ihr auf den Fersen. Im Vorbeigehen schaue ich mich im Gastraum um. Der Mittagsansturm ist längst vorbei. Es sind nur noch wenige Tische besetzt.

Die Servicekraft, die sich mir nicht vorgestellt hat, führt mich in ein Büro und deutet auf die Besucherstühle. »Nehmen Sie doch bitte Platz! Ich hole Frau Blum.«

Bevor ich widersprechen und erneut nach Eduard verlangen kann, ist sie verschwunden. Sie hat die Tür hinter sich geschlossen und lässt mich einfach unbeaufsichtigt zurück.

Ich würde niemals jemanden allein in meinem Büro zurücklassen. Bis auf Rosalie und Tim vertraue ich keiner Menschenseele.

Warum soll ich mit dieser Frau Blum sprechen, wenn ich doch einen Termin mit dem Küchenchef habe? Meine Laune sinkt immer tiefer. In mir braut sich etwas zusammen, dass bald wie Lava aus mir herausbrodeln wird. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis zu meinem Vulkanausbruch.

Ich lasse mich auf einen der Besucherstühle fallen und starre an die Wand mir gegenüber. Bis auf ein geschmackloses Landschaftsbild ist sie leer.

Es dauert eine Weile, bis die Tür aufgeht. Ohne mich umzudrehen, spüre ich, wie jemand den Raum betritt. Entweder ist die Person besonders leise oder sie bewegt sich nicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit vernehme ich ein Räuspern und drehe mich um. Vor mir steht eine Frau, die ich bereits kenne. Diejenige, die ich am Morgen vergebens gesucht habe. Es ist die Besitzerin dieser wunderschönen grünen Augen.

Meine miese Laune verwandelt sich in Freude. Ich kann mich gerade noch davon abhalten, aufzuspringen und einen Freudentanz aufzuführen. Auch meine Mundwinkel wollen sich verselbstständigen und nach oben wandern. Doch ich hindere sie daran. Ein leichtes Zucken kann ich aber nicht verhindern.

Ich brauche einen Moment, um mich zu sammeln und wieder zu dem Geschäftsmann zu werden, der ich immer bin, um mir nicht auf der Nase herumtanzen zu lassen.

Sie muss mich ebenfalls wiedererkannt haben, sie scheint in eine Schockstarre gefallen zu sein. Ihr Mund steht offen und ihre Augen sind geweitet.

Ich überlege, ob ich etwas zu unserem Zusammenstoß im Park sagen soll, verkneife es mir aber, weil es unprofessionell wäre. Stattdessen warte ich, bis sie sich gefangen hat, und mustere sie. Ihr Outfit verrät mir, dass sie ebenfalls Köchin ist.

Nach einer gefühlten Ewigkeit normalisieren sich ihre Gesichtszüge und sie findet ihre Sprache wieder. »Hallo, ich bin Maja Blum! Es freut mich, Sie kennenzulernen!«

Maja Blum heißt sie also. Jetzt kenne ich ihren Namen und weiß, wo sie arbeitet.

Ich strecke ihr meine Hand entgegen. »Sander, von Software Construction. Wo ist der Chef? So weit ich weiß, habe ich einen Termin mit Eduard.«

»Ähm …«, stammelt sie verlegen. »Eduard hatte einen Unfall. Er ist im Krankenhaus und hat mich gebeten, ihn zu vertreten.«

»Na schön«, antworte ich mit ruhiger Stimme. »Dann lassen Sie mal hören, was Sie mir anzubieten haben, Maja Blum.« Ich grinse sie an.

Maja reicht mir eine Mappe. »Hier, die Vorschläge hat Eduard ausgearbeitet.«

Ich nehme ihr die Unterlagen aus der Hand und blättere darin herum. Was ich lese, klingt alles nicht schlecht. Allerdings hat Eduard die Menüvorschläge zusammengestellt. Mich würde viel mehr interessieren, was Maja für Ideen hat.

Ich setze mein Pokerface auf und frage mit gelangweilter Stimme. »Das ist alles?«

Sie schaut mich an, als hätte ich ihr ein unmoralisches Angebot gemacht. Ihre grünen Augen funkeln mich an.

Es gefällt mir, aber ich lasse mir nichts anmerken. Ich ziehe mein Spielchen weiter durch, um zu sehen, wie lange ich brauche, um sie aus der Fassung zu bringen. Ihr wütender Gesichtsausdruck macht mich total an. In meiner Fantasie stelle ich mir vor, wie ich sie packe, sie an mich drücke und sie küsse.

Reiß dich zusammen!, ermahne ich mich selber.

Seerosenzauber

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