Читать книгу Ein einziges Wort - Heidy Spaar-Lindenberger - Страница 6
ОглавлениеGita
Wir begegneten uns einst am Strand der Insel Cebu auf den Philippinen. Ich begleitete meine Schwester auf einer Geschäftsreise. Für zwei Tage weilten wir in Cebu. Eines Abends, wir saßen gemütlich im weißen Sand, vor uns das türkisblaue Meer, in der Nähe zwei Frauen, die heftig miteinander diskutierten. Verstohlen beäugten wir uns gegenseitig. Neugierig wie ich bin, schlenderte ich zu den beiden, stellte mich vor und fragte nach ihrer Herkunft. Sie kamen aus Deutschland, Mutter und Tochter. Die Tochter eine Weltenbummlerin, die Mutter, die personifizierte Gründlichkeit. Nachdem ihre Tochter Gita ein Jahr in Australien war und jetzt auf den Philippinen weilte, kam sie zu Besuch, um zu schauen, wie ihre Tochter lebt. Die Mutter sprach sehr hektisch und daneben saß die junge Frau mit abweisendem Blick aufs Meer. Die lange blonde Mähne floss über ihre geröteten Schultern. Schlaksige Figur und auffallender Schmollmund. Daneben die ältere Frau, dauergewelltes Haar, nervöses fleckiges Gesicht und listige Augen. Redselig begann sie: „Meine Tochter, war über ein Jahr als Tramperin unterwegs. Das konnte ich nicht mehr ertragen, deshalb bin ich hier.“ Gita verdrehte die Augen und wendete sich von uns ab. Sie wollte mit „Touristen“ nichts zu tun haben, wie sich später herausstellte. Erst als sie hörte, dass wir geschäftlich unterwegs waren, taute sie auf. Sie war damals zwanzig, wir tauschten die Adressen aus und seit dieser Begegnung besucht Gita mich regelmäßig. Zwischen uns entstand eine innige Freundschaft. Sie taucht immer bei uns auf, wenn sie mit ihrem Leben nicht zurechtkommt und genießt bei uns das unbeschwerte, quirlige Familienleben. Gestern Abend war sie angekommen, sie wirkte erschöpft und hatte sich gleich ins Gästezimmer verzogen. Welchen Ballast will sie diesmal ablegen?