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Kapitel 4

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Julian

Warum ließ mich diese Frau nicht in Ruhe? Sonst scherte sich doch auch niemand darum, ob ich sprach oder nicht. Aber nochmal würde ich ihr nicht in die Falle gehen. Auch wenn die Aussicht, aus dieser Zelle herauszukommen, noch so verlockend war, würde ich mich ihrem Verhör nicht wieder stellen. Ich presste die Zähne so fest zusammen, dass mein Kiefer schmerzte und sah stur weiter aus dem Fenster.

Ich zuckte zusammen, wie immer wenn ich das Geräusch des Schlüssels im Schloss der Zellentür hörte und drehte mich widerwillig um. Wenn das die Larsen war, würde ich sie mit so deutlichen Worten rausschmeißen, dass sie sich nie wieder in meine Zelle traute. So unsicher und verletzlich, wie sie wirkte, würde das ein Kinderspiel werden. Aber als die Tür geöffnet wurde, war es nicht die Schließerin, sondern ein anderer Wärter und der Hausmeister.

„Ja, das Schloss klemmt wirklich etwas. Ist aber sicher nichts, was sich nicht mit ein paar Tropfen Öl beheben lässt“, murmelte der Hausmeister und stellte seinen Werkzeugkasten ab. Er baute das Schloss der Zellentür aus, ölte es sorgfältig und baute es wieder ein. Dann ölte er auch noch die Türangeln, verabschiedete sich und der Wärter schloss ab.

Sprachlos hatte ich dem Schauspiel zugesehen und fiel jetzt rückwärts auf mein Bett. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass der Auftrag, das Schloss zu ölen, von Frau Larsen kam. Sie hatte mir angesehen, wie sehr ich darunter litt eingesperrt zu sein und wie verhasst mir das damit verbundene Geräusch des Schlosses war. Sie hatte sich tatsächlich Gedanken gemacht, wie sie mir die Situation erleichtern konnte. Das hier war verdammt nochmal das Netteste, was jemand in den letzten zwei Jahren für mich getan hatte!

Ich legte den Arm über meine Augen und stöhnte. Damit konnte ich sie nicht mehr einfach abblitzen lassen. Unmöglich konnte ich sie nach dieser Aktion so kränken, dass sie mich in Ruhe ließ, so ein Schwein war ich dann doch nicht. Aber das bedeutete, dass ich mich weiter mit ihr auseinandersetzen musste und das würde alles andere als einfach werden. Auch wenn sie mit ihren kaum 1,65 m in ihrer Uniform noch so harmlos aussah, sie war schlau und hartnäckig. Zielsicher fand sie meine wunden Punkte und bohrte darin herum. Aber das Schlimmste an ihr war, dass sie mich an Jessica erinnerte. Jessi wäre zwar niemals ungeschminkt wie Frau Larsen in der Öffentlichkeit herumgelaufen und hätte ihre langen dunkelblonden Haare niemals zu einem Pferdeschwanz gebunden, aber sie hatten neben der gleichen Haarfarbe und Haarlänge auch etwa die gleiche Größe und Figur.

An den richtigen Stellen füllig, wie ich fand, war Jessi selbst nie mit ihrer Figur zufrieden gewesen. Als ich Frau Larsen am Freitag zum ersten Mal sah, wie sie unschlüssig in der Zellentür stand, war mir beinah das Herz vor Schreck stehengeblieben und später hatte mich ein so heftiger Albtraum im Griff, dass ich mich nicht mehr traute, einzuschlafen. Selten war ich für Kaffee und Gesellschaft so dankbar gewesen wie in dieser Nacht.

Erst nach einer ganzen Weile fiel mir auf, dass ich beim Abschließen der Zellentür keine Panikattacke bekommen hatte. Normalerweise löste das Geräusch des schließenden Schlosses regelmäßig Atemnot bei mir aus, die ich dann minutenlang niederringen musste, bis ich nicht mehr glaubte, zu ersticken. Das klaustrophobische Gefühl blieb allerdings mein ständiger Begleiter.

Vielleicht lag es an meiner Verwirrung über das Verhalten der Schließerin oder einfach daran, dass das Geräusch des Schlosses jetzt nicht mehr nur bedeutete, dass ich eingeschlossen wurde, sondern auch, dass jemand an mich gedacht hatte.

Die Frau war gefährlich. Nach nur einer Nacht und einem Tag mit ihr ging es mir besser, unterhielt ich mich wieder, genoss ihre Gesellschaft und hatte sogar mit ihr gelacht! Das war falsch, so falsch.

Meine Gedanken kreisten und die Spannung in mir stieg von Minute zu Minute, bis ich aufsprang und in der Zelle auf und ab ging, aber dadurch wurde die Anspannung nur größer. Die angenehmen Gefühle standen mir nicht zu, ich musste dem unbedingt etwas entgegensetzen, aber es gab hier nichts, was ich tun konnte, um die Spannung abzubauen. Hilflos sah ich mich um. In Ermangelung einer Alternative begann ich, neben dem Bett Liegestütz zu machen und würde so schnell nicht wieder damit aufhören.

Lebendkontrolle

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