Читать книгу Sturm im Zollhaus - Heike Gerdes - Страница 13

7.

Оглавление

»Was hältst du davon?«, fragte Roman, während sie die Sielstraße hinunter in Richtung Hafen schlenderten, wo sie den Wagen abgestellt hatten. Die Sonne schien immer noch heiß und sie hielten sich im schmalen Schattenband der eng stehenden Häuser, bis sie die Hafenmauer erreichten. Mit der Nase zur Kaimauer lag der rot-weiße Kutter von Thedinghausens Staffelei.

»Meinst du den weinerlichen Maler oder seine schauderhaften Bilder?« Lükka blieb stehen, um sich eine Zigarette anzuzünden. »Ich weiß nicht, was schlimmer war!«

Unten am Anleger hatte gerade die Fähre aus Petkum festgemacht. Die beiden warteten oben auf der Mauer über dem Sieltor, um den Schwarm bunter Fahrradurlauber abfließen zu lassen, die nach der aufregenden Reise über die Ems erst einmal die Ditzumer Hafenrestaurants ansteuerten, aus denen fettiger Fischgeruch durchs Dorf schwappte.

Roman hatte trotzdem Hunger. »Lass uns eben was essen«, schlug er vor, aber Lükka winkte ab. »Du kannst dir gerne einen toten Fisch holen. Aber mir ist von diesen Bildern übel genug.«

Roman lachte. »Du bist ganz schön hart. Der Kerl kann einem doch wirklich leid tun. Seine ganzen Bilder, einfach futsch. Für ihn war das echte Kunst, bestimmt mit viel Herzblut gemalt …«

»Dunkelblau und rosa.« Lükkas Gesicht war todernst, nur ihre grauen Augen funkelten.

»Ach, Mensch, du weißt doch, was ich meine«, sagte Roman. »Da hat er jahrelang dran rumgepinselt, ein Vermögen an Farbe auf die Leinwand getüncht, offenbar ohne dass ein Aas ihm was abgekauft hat. Verkaufen kann er nur das Zeug, von dem er selber nichts hält, und dann auch nur, wenn die Krabben nicht zu billig sind. Sein Geld verdient er also nicht mit dem, was er mag, sondern mit etwas, das ihn sichtlich ankotzt.«

»Mir kommen gleich die Tränen. Na und? Wem geht’s denn besser? Frag doch mal den Bandarbeiter bei VW, ob er den Job so liebt, der ihm Kohle bringt. Oder die Frauen, die in der Hähnchenschlachterei die Kadaver ausnehmen.« Lükka hatte sich in Rage geredet. »Die haben vielleicht ein Recht, sich zu beschweren, aber doch nicht dieser Thedinghausen mit seinem Häuschen in Ditzum, dem schnieken Atelier und dem großen Campingwagen!« Sie hob grüßend die Hand, als vom Fähranleger her ein großer, kräftiger Mann heftig herüberwinkte. »Der da drüben kann dir schon eher leid tun, wenn du so auf erfolglose Künstler stehst. Paule malt auch, aber das Geld für seine Tuschfarben verdient er sich, indem er hier den Dreck vom Deich sammelt oder für ein paar Kröten auf Baustellen oder bei der Werft Hilfsarbeiten erledigt. Aber ihn habe ich noch nie über einen frustrierenden Job jammern gehört.«

Sie hatten den Parkplatz erreicht und Paule kam strahlend auf sie zu, um Lükka zu begrüßen. Lükka stellte Roman vor und wechselte ein paar Worte mit dem freundlichen Riesen. Seine Einladung, eben mitzukommen und sich seine Bilder anzuschauen – »Zweitausend inzwischen!«, verkündete er stolz – lehnte sie allerdings nachdrücklich ab und beeilte sich, das Auto aufzuschließen.

»Eigentlich wollte ich auch nicht deine Meinung über Thedinghausens Bilder hören«, nahm Roman den Faden wieder auf, während Lükka den Wagen über die schmale Allee steuerte. »Ich meinte eher seine Anspielung auf Bungeroth. Meinst du, da könnte was dran sein?«

So richtig glaubte er nicht daran, dass der verhinderte Erlebnisgastronom das Zollhaus in Brand gesteckt haben könnte, auch wenn der dafür bekannt war, mit harten Bandagen zu kämpfen. Es war ihm zwar nicht nachzuweisen, aber dass der Verein immer wieder Ärger bekam, weil Schankkonzessionen für die großen Parties fehlten, auf die Einnahmen keine Vergnügungssteuer abgeführt wurde oder Zweckmäßigkeit bisweilen wichtiger genommen wurde als der Denkmalschutz, schrieb Roman auf Bungeroths Rechnung. Es war mit großer Wahrscheinlichkeit auch dessen Verdienst, dass eine wahre Goldgrube von Altstadtcafé dichtmachen musste, weil im Rathaus nach mehr als zwanzig Jahren ganz plötzlich jemand bemerkt hatte, dass für die Größe des Lokals nicht genügend Parkplätze ausgewiesen waren. Bungeroth war ein neidisches Aas, aber blöd war er nicht. Wenn der Unternehmer das Zollhaus kaufen und zu einem Multifunktionslokal mit zugkräftigen Shows, teurem Essen und exklusiven Boutiquen umbauen wollte, hatte er jetzt eindeutig sein Ziel verfehlt.

Offensichtlich waren Lükkas Gedanken in dieselbe Richtung gegangen. »Ist ja nicht mehr viel übrig, was er kaufen könnte. Aber wer weiß, vielleicht wollte er mit der Aktion die Zollhausleute nur so mürbe machen, dass sie die Lust verlieren. Und dann hat er es beim Zündeln etwas übertrieben und ärgert sich jetzt die Pest an den Hals.«

Roman nickte nachdenklich. Möglich war das und besser als nichts allemal.

Sturm im Zollhaus

Подняться наверх