Читать книгу Sturm im Zollhaus - Heike Gerdes - Страница 16
9.
ОглавлениеBrummend mühte sich der Lichtbalken unter der Glasplatte entlang, während der Scanner das Negativ Zeile für Zeile abtastete. Den Papierabzug des Fotos einzulesen, war reine Zeitverschwendung gewesen. Auch in der höchsten Auflösung konnte Lükka auf dem Bildschirm nicht mehr erkennen, als dass eine schlanke Gestalt mit langen, offenbar blonden Haaren beim Zollhaus herumgelaufen war. Lükka vermochte nicht einmal zu sagen, ob die Aufnahme einen Mann oder eine Frau zeigte. Direkt vom Negativ konnte sie hoffentlich mehr Details herauskitzeln, sonst brauchten sie erst gar keine Fahndung anzuleiern. Such mal in Ostfriesland einen bestimmten Blonden …
Das Brummen stoppte, der Abtastbalken fuhr zurück in seine Ausgangsposition und das Foto baute sich langsam im Bildbearbeitungsprogramm auf. Na, mal schauen. Lükka markierte den hellen Fleck, an dem sie das Gesicht des – oder der – Unbekannten vermuten durfte, und vergrößerte ihn, bis er den Bildschirm beinahe ausfüllte.
Fehlanzeige. Ein Gesicht war es wohl, aber die Darstellung war noch immer viel zu pixelig. Aus diesen unterschiedlich hellen Vierecken war nichts Verwertbares zu erkennen. Also noch mal.
Die Arbeitsteilung heute war schon in Ordnung. Roman Sturm war am Seziertisch nicht schlechter aufgehoben als Lükka, aber am Computer war Lükka Tammling eindeutig die bessere Besetzung. Auch diesmal bereitete ihr der Kampf mit der Technik ein grimmiges Vergnügen. Ein Computer konnte ein hartnäckiger Gegner sein, aber in den meisten Fällen behielt die Kommissarin die Oberhand.
Sie ließ den Ausschnitt wie beim vorigen Mal, stellte dafür aber die Auflösung doppelt so hoch ein. Vergrößerung 300 Prozent, Auflösung 1200 dpi, allerfeinste Druckqualität. Das Scanprogramm drohte mit einer enormen Dateigröße und bot eine geringere Auflösung an.
»Denkste«, brummte Lükka. Sie klickte die Warnung weg und wählte stattdessen Scan akzeptieren. Die Mechanik ließ ein sonores Brummen hören. Lükka legte die Hand auf die Abdeckplatte des Scanners und das Vibrieren übertrug sich über ihren Arm in den ganzen Körper, bis es den Magen erreichte. Dort vereinte es sich mit dem Hunger, der sich schon seit geraumer Zeit zu Wort meldete. Mittag war vorbei, das Frühstück hatte sie ausfallen lassen. Auch jetzt hatte sie eigentlich keinen Appetit. Trotzdem zog Lükka einen Apfel aus der Tasche und legte ihn vor sich auf ihren Schreibtisch, der deutlich übersichtlicher war als der ihres Kollegen. Ein Wunder, dass Roman Sturm nicht alle Nase lang wichtige Dinge verschlampte.
Das Brummen des Scanners stoppte und langsam, Zeile für Zeile, baute sich das Foto auf dem Bildschirm auf. Ein bisschen unscharf war es noch immer, aber die Gestalt hatte jetzt ein Gesicht, ziemlich sicher ein Männergesicht. Na also. Lükka speicherte das Bild und bereitete eine Rundmail mit dem Fahndungsaufruf an alle Dienststellen vor. Dann schob sie den Apfel an die Seite. Er musste warten. Jetzt fühlte sie sich bestens gewappnet für ein Telefongespräch mit Wilma Poppen.