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Wer hat einen Vorteil? Wenn du einen Täter suchst und er dir nicht den Gefallen tut, dir gleich vor die Füße zu stolpern, ist das die wichtigste Frage. Hast du das Motiv, kannst du meistens deinen Kunden bald einsacken. Schulbuchwissen aus dem ersten Semester Fachhochschule, sicher, aber Roman hatte das schon oft bestätigt gefunden. Und die verbreitetsten Motive waren Eifersucht und Habgier, bei Brandstiftung gern in der Form von Versicherungsbetrug. War das denkbar? Roman beschloss, sich zunächst um diese Frage zu kümmern und das Projekt »Zollhaus« und die Situation des Vereins unter die Lupe zu nehmen, während Lükka sich durch die Vermisstenkartei klickte.

Auf den ersten Blick deutete nichts darauf hin, dass der Verein sich durch einen warmen Abbruch aus der Gülle ziehen wollte. Finanzielle Probleme hatte es in der Vergangenheit genügend gegeben; um das herauszufinden, war nicht viel Recherche nötig, nur ein Blättern im Zeitungsarchiv. In der letzten Zeit hatte das landesweite Rauchverbot auch die Zollhausumsätze geschmälert. Der Versuch, alle Türen aufzumachen und dadurch den Raum zu einer überdachten Freifläche zu machen, war vom Ordnungsamt rasch beendet worden.

Trotzdem lief seit der letzten Bürgermeisterwahl offenbar alles rund. Der Verein hatte der Stadt den alten Kasten abgekauft und bezahlte jetzt die Kreditraten, die Finanzlöcher wurden alljährlich mit satten Zuschüssen aus dem städtischen Haushalt gestopft und die vielen Großfeten spülten anscheinend genug Geld in die Kasse, um die Kultur zu finanzieren, mit der Vera Reifschneider so gerne begründete, warum das Zollhaus mit Steuergeldern gefördert werden musste. Roman seufzte, es wäre ja auch zu einfach gewesen.

Dirk Baukloh roch er, bevor der Kollege vom Rauschgift sich durch die Tür schob und »Moin, Kollegen« trompetete, denn Baukloh war vor Dienstbeginn wie üblich in einen Bottich mit Rasierwasser gefallen. Entweder waren seine Geruchsnerven durch den Dauerkontakt mit Marihuana und anderem Dope abgestumpft oder er war Opfer des Werbefernsehens und versprach sich von der chemisch-animalischen Note eine höhere Trefferquote bei Frauen.

»Seid ihr an dieser Brandsache dran oder surft ihr nur wieder im Internet?« Baukloh beugte sich über Lükkas Schulter und lehnte sich wie unabsichtlich gegen sie. Lükka drehte ihren Stuhl gerade so weit, dass Dixi Baukloh aus dem Gleichgewicht geriet. Auf seinen Wangenknochen erblühten scharlachrote Flecken, die überhaupt nicht zu seinen kupferfarbenen Locken passten, aber er schlenderte betont lässig zum Regal hinüber. »Ist doch ganz easy, wieso haltet ihr euch überhaupt so lange mit dieser Kiste auf?«

»Erleuchte uns, oh Allwissender!« Roman verschränkte die Hände hinter dem Kopf und lehnte sich bequem zurück. Das war das Schöne an diesem Stinker: Er war er immer für unterhaltsame zehn Minuten gut. Schließlich war Dixi Baukloh der Größte, der Superbulle aus der großen Stadt und überhaupt nur deshalb noch nicht beim LKA, weil er die Provinzkollegen nicht so nahe der holländischen Grenze mit den Drogenschmugglern alleine lassen konnte. Na gut, eine Nase für Shit hatte er, aber die hatte der Cockerspaniel Hermann schließlich auch und der kam bei den Kolleginnen zudem deutlich besser an.

»Die kleinen Eselstreiber haben es sich da drin richtig gemütlich gemacht wie zu Hause in Anatolien oder wo diese Ölaugen auch immer herkommen«, verkündete Baukloh. »Und dann haben sie ein Lagerfeuer angezündet, um eine Familienportion Hammelhoden zu grillen. Und dann – baff.« Beifallheischend sah er sich um. »Ist doch klar, oder?«

»Sonnenklar«, entgegnete Lükka, die gerade den Posteingang ihrer Mailbox studierte. »Und weil das in Anatolien so üblich ist, haben sie das Feuerchen mit ein paar Litern Nitroverdünner angezündet. Deswegen haben Katenhusen und Müller auch eben gemailt, dass sie im Schutt größere Mengen Brandbeschleuniger nachgewiesen haben.« Sie schlug sich auf die Oberschenkel, griff ihre Zigarettenschachtel und erhob sich. »Ich für meinen Teil brauche dringend ein bisschen frische Luft!«

Sturm im Zollhaus

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