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Als ich in Amsterdam einen Parkplatz suchte

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Auf einer Fahrt in den Niederlanden erlebten wir dann, dass Verkehrsregeln nicht immer europaweit das Gleiche bedeuten.

Ich liebe den Beruf meines Mannes – ihn natürlich auch. Hannes ist Reisebusfahrer und das ganze Sommerhalbjahr und Teile des Winters in Europa unterwegs.

Im Frühjahr verschlägt es ihn nach Amsterdam. Da Osterferien sind, kann er mit meiner Begleitung rechnen. In diesen Fällen teilen wir die Aufgaben auf. Das heißt, Hannes fährt und für mich bleibt der Innendienst. Dazu gehört: Fahrgäste betütteln, Müll entsorgen, Kühlschränke auffüllen und Kaffee kochen. Außerdem bekomme ich die notwendigen Landkarten und Stadtpläne, denn Hannes fährt nicht nach Navi. Trotz aller Vorurteile kommen wir immer dort an, wo wir hin wollen, obwohl ich die Karten lese.

Anders als bei den überregionalen Reiseunternehmen gibt es diesmal nur zwei Ladestellen. So erreichen wir kurze Zeit später die Autobahn in Richtung Trier.

Plötzlich steht auf der rechten Seite ein Bus auf der Autobahn. Mein erster Gedanke ist: ‚Der Arme hat `ne Panne‘, bevor mir einfällt - das ist eine Bushaltestelle. Wahrscheinlich die Einzige in Deutschland, mitten auf einer Autobahn.

Kurze danach erreichen wir die ersten Baustelle, bei Illingen. Das saarländische Straßenbauamt hat anscheinend auch hier die Schuldenbremse eingelegt. Der Verkehr wird einspurig auf eine 2,60 Meter breite Spur geleitet. Rechts und links befinden sich Fahrbahnteiler aus Metall oder Beton. Auf einen genauen Materialtest verzichtet Hannes lieber. Die Breite ist großzügig bemessen, wenn man bedenkt, dass ein Reisebus zwischen 2,50 – 2,55 Meter breit ist. Da heißt es nur noch Augen zu und durch.

Apropos Baustellen. Auf dem Weg zu meinen Eltern nach Kassel, ärgere ich mich immer über die drei Baustellen auf dem Weg dorthin.

Auf der Strecke von Saarbrücken nach Amsterdam, die etwa genau so weit ist, müssen acht Baustellen passiert werden. In Belgien ist plötzlich die komplette Autobahn gesperrt und der Verkehr wird ausgeleitet. Die Fahrt geht ein Stück über Land und durch mehrere Ortschaften, bis Hannes wieder auf die Autobahn darf. In Maastricht ist sie dann zu Ende und es erwartet uns eine Stadtdurchfahrt.

Mit Schrecken stelle ich mir vor, man würde in Kassel von der Autobahn geschickt, um dann durch Waldau, Bettenhausen und den Eichwald nach Heiligenrode fahren zu müssen, um in Kassel-Ost wieder auffahren zu dürfen. Eine entsetzliche Vorstellung!

Ohne zu meckern werden heute alle Baustellen, Umleitungen und Staus durchfahren. So landen wir in Amsterdam. Hier steht als Erstes eine Grachtenfahrt auf dem Programm. Also bringt Hannes unsere Reisegruppe zur Stadhouderskade an die Anlegestelle, genau gegenüber der Heinecken Brauerei. Die wird keines Blickes gewürdigt. Ob die Fahrgäste wohl an Bord des Schiffes gegangen wären, hätte Karlsberg Urpils geworben?

Das Aussteigen aus dem Bus erweist sich als lebensgefährliches Unterfangen. Der offizielle Busausstieg erfolgt an einem Fahrradweg, der zwischen Straße und Gehweg liegt und sich als gefährlicher als die Straße erweist. Allerdings gibt es Holland nur Straßen mit Radwegen.

Der Gefahr von einem wildgewordenen Radfahrer auf die Hörner genommen zu werden entronnen, besteigen die Fahrgäste unversehrt das Schiff.

Für meinen Mann beginnt das wirkliche Problem erst jetzt. Er braucht einen Parkplatz für den Bus. Es ist schon komisch. Zwar möchten die meisten europäischen Städte Touristen, die Geld ausgeben, die Busse, die diese bringen, wollen sie jedoch nicht. Also werden diese ungeliebten Fahrzeuge ausgesperrt und müssen oftmals auf teure Parkplätz in der Peripherie fahren. Oftmals handelt es sich dabei um sehr karge, teilweise unbefestigte Grundstücke, auf denen die Fahrer auf ihre Weiterfahrt warten müssen. Diesen fehlen in der Regel auch jegliche Annehmlichkeiten wie Kaffee, Essensmöglichkeiten oder Toiletten.

Eine rühmliche Ausnahme bildet bei dieser Unart unter anderen Berlin. Hier sind auch die Busse willkommen. Es sei mal dahingestellt, ob unsere Hauptstadt jetzt besonders freundlich ist, oder einfach nur dämlich.

In Amsterdam haben wir Glück. Zwar sind die wenigen überteuerten, innerstädtischen Parkplätze voll, aber auf einem entfernt Gelegenen existiert wenigstens eine geringe Infrastruktur. Immerhin kann man eine Hotelbar bequem zu Fuß erreichen.

Wesentlich interessanter gestaltet sich die Parkplatzsuche am folgenden Tag. Die Fahrt führt uns nach Volendamm. Bereits am Ortseingang steht ein freundlicher Mensch in gelber Warnweste mit Stadtplan in der Hand, der unseren Bus aufhält. Volendamm hat ein paar Tagen zuvor den eigentlichen Busparkplatz zugunsten eines Autoparkplatzes wegrationalisiert, dafür aber einen neuen installiert. Prima! Der muss nur noch gefunden werden.

Hannes fährt brav nach dem gerade erhaltenen Stadtplan und landet am Ortsausgang, ohne ein entsprechendes Parkplatzschild entdeckt zu haben. Am Ortsende dann der erste Hinweis. Zufahrt zum Busparkplatz. Allerdings immer nur in der halben Stunde von halb bis voll. Naja, es ist 11.25 Uhr, also beträgt die Wartezeit nur fünf Minuten. Das geht ja.

Punkt halb zwölf lenkt Hannes den Bus vor den Poller in der Mitte der Straße. Nachdem die Lichtschranke uns erkannt hat, senkt sich der Poller in die Erde, die Ampel schaltet auf grün und wir dürfen fahren.

Eine schmale Straße unterhalb des Deiches erwartet uns. Sieht doch gar nicht schlecht aus. Nach etwa zwei Kilometern beginnt die Einkaufspromenade des Ortes. Rechts und links stehen gut bestückten Ständer der zahlreichen Souvenirläden. Fünf Zentimeter zu weit rechts oder links und es gibt Sonderangebote. Dazwischen viele Menschen und unser Bus. Aber Hannes hat ja bereits in der Illinger Baustelle geübt. Der Straßenverlauf führt scharf nach links, noch mal links und wir stehen auf einem Parkplatz, direkt im Hafen. Das ist aber nicht der gesuchte Neue, denn dieser Platz existiert schon länger.

Der Bus muss rückwärts eingeparkt werden, das Heck hängt über dem Hafenbecken. Zweckmäßigerweise beordert man spätestens jetzt schwergewichtige Fahrgäste nach vorne.

Die Stunde Parkzeit kostet 12,50 Euro. Diesen Betrag sind wir nicht gewillt zu zahlen. Also steigen nur die Fahrgäste aus. Unsere Fahrt führt zurück auf die Suche nach dem neuen, kostenfreien Parkplatz im Ort. Wieder hält uns die Ampel auf, denn die Rückfahrt fällt jetzt in die halbe Stunde zwischen voll und halb.

Die Ampel schaltet auf Grün und der Poller in der Mitte senkt sich. Wir fahren los und landen wieder in der enge Einkaufsstraße. Plötzlich kommen uns zwei Busse entgegen! Also zurück. Wenden geht nicht, deshalb fährt Hannes diesmal rückwärts zwischen den Holzschuhständern durch und zweimal um die Ecke. Der Parkplatzwärter stürmt auf uns zu und fragt, warum wir denn gefahren seien. Auf die Antwort, die Ampel sei doch grün gewesen, erfolgt die Belehrung, dass grün erst als grün gilt, wenn es zwölf Uhr ist. Interessant und gut zu wissen. In Holland darf man sich nicht allein auf geltende Verkehrsregeln verlassen, man muss auch noch auf die Uhr gucken.

Nachdem dann zwölf Uhr vorbei ist, die Ampel immer noch grün, starten wir einen neuen Versuch. Diesmal klappt es tatsächlich. Ungehindert kommen wir zurück auf die Hauptstraße. Den neuen Parkplatz konnten wir immerhin vom Deich aus sehen. Aber immer noch kein Schild mit dem Hinweis auf eine Zufahrt. Dieses sieht Hannes durch Zufall im Rückspiegel. Es hängt im dritten Stock eines Hauses und ist – gelb.

Einmal um den nächsten Kreisverkehr, am gelben Schild rechts, noch einmal rechts und da ist er! Jede Menge freie Plätze. Kein Wunder! Hinter uns sind mittlerweile mehrere Busse aufgelaufen, die auch fälschlicherweise im Hafen gelandet waren. Da der Parkplatz gebührenfrei ist, können auch wir uns in dem kleinen Fischerort umsehen.

Weil unsere Reisegruppe mit dem Schiff auf die Insel Marken fährt, gondelt Hannes mit dem Bus über den Damm, der das Eiland mit dem Festland verbindet, um sie abzuholen. Natürlich gibt es auch hier einen Parkplatz. Dieser liegt vor dem Ort. Dort müssen alle Fahrzeuge parken, die nach Marken wollen, denn der Ort ist autofrei. Bis alle Fahrgäste eingestiegen sind, vergehen zehn Minuten. Diese kurze Zeit kostet 10,20 Euro.

Die Wartezeit am nächsten Morgen findet auf einem brachliegenden Gelände mitten in Amsterdam statt. Das ist kostenfrei, aber wieder ohne Toilette und Kiosk.

Die holländische Hauptstadt bietet noch andere Überraschungen. Eine auf dem Stadtplan eingezeichnete Ausfahrt, die uns sinnvoll erscheint, existiert in der Realität nicht und wir landen in einer Straße, die hinter dem Bahnhof entlangführt. Die Fahrgäste warten allerdings vor den Bahnhof. Jetzt könnte man denken, kein Problem, biegt man einfach rechts ab. Aber nicht mit einem Bus in Amsterdam. Um nämlich auf die parallel führende Straße zu kommen, muss man unter Bahnbrücken durchfahren. Diese sind leider nur zwischen 2,40 m und 3,60 m hoch. Unser Bus misst hingegen 3,80 m. Und da wir nicht als Cabrio, oben offen, heimfahren wollen, müssen vier Kilometer Umweg in Kauf genommen werden, bis die erste Brücke wenigstens 3,90 m hoch ist.

***

So schön und interessant diese Städtefahrten auch sind, ich jedenfalls würde jede Stadt meiden, die horrende „Eintrittspreise“ für Busse verlangt. Wenn alle Busunternehmer das nur eine Saison lang praktizierten, müssten diese Städte überlegen, wie sie sich in Zukunft ihren Touristen gegenüber verhalten wollen. Diese bringen ihnen schließlich viel Geld ein.

Scheiß die Wand an...

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