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Kapitel 2: Versöhnung ausgeschlossen?

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Helena hatte Lyssa ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk überreicht. Es war eine Umhängetasche von Hello Kitty mit dazugehörigem Portemonnaie und Schlüsselband sowie eine kleine silberne Kette mit einem silbernen Anhänger, in dessen Mitte ein blauer Stein eingefasst war.

„Versprich´ mir, dass du die Kette nicht in der Schule trägst. Jedenfalls nicht, wenn du an dem Tag Sport hast.“ Helena band das Schmuckstück gleich um Lyssas Hals.

Hanna sah ihre Freundin fragend an. „Das ist doch nicht etwa echter Schmuck, oder?“

Helena grinste. „Ein Saphir. Passt zu Lyssas Augen.“

Betreten blickte Hanna auf ihren Teller, sagte nichts mehr.

„Danke, Tante Lena. Das ist wunder-wunderschön! Ich werde ganz doll darauf aufpassen, versprochen!“ Lyssas Augen glänzten. Die Umhängetasche hatte sie der Einfachheit halber gleich quer um ihre Schulter gehängt.

„Süße, nimm´ bitte die Tasche ab und lege sie neben deinen Stuhl. Nach dem Essen kannst du sie gern wieder umhängen.“ Hanna sprach sanft und leise zu ihrer Tochter. Diese zog kurz einen Flunsch, nahm dann aber brav die Tasche ab und hängte sie an die Stuhllehne. Hanna half ihrer Tochter und begegnete dabei den Blick von Tobias, der auf der anderen Seite neben Lyssa saß und Mutter und Tochter beobachtete.

„Du hast mir in der Disco gar nicht erzählt, dass du eine Tochter hast“, sagte Tobias ruhig. Seine Stimme war nicht besonders tief, aber männlich und warm.

Hanna fielen ungefähr drei mögliche Antworten ein und zwei waren definitiv nicht für Lyssas Ohren bestimmt. „Nun, du hattest mich nicht gefragt. Und bevor ich dir noch irgendetwas von mir erzählen konnte, lagst du schon auf dem Fußboden.“ Sie wollte sich am liebsten auf die Zunge beißen. Nun war es doch rausgerutscht, was sie unbedingt vermeiden wollte.

Tobias wurde blass und starrte in Hannas braune Augen.

>Oh je! Sie hat mir immer noch nicht verziehen!<, dachte er und sendete seine Gedanken an Helena und Jan.

>Nein. Sie ist nachtragend!<, antwortete Jan und beeilte sich, einen Schluck aus seiner Kaffeetasse zu nehmen, damit er nicht lauthals loslachte.

>Quatsch!< Helena funkelte Jan kurz an. >Sie hat lediglich ein verdammt gutes Gedächtnis für solche Nichtigkeiten!<

>Sie ist nachtragend!<, bestätigte Jannik unbekümmert.

Tobias seufzte schwer, dann stand er auf, ging auf Hanna zu und kniete sich vor ihr auf den Boden. Hanna riss die Augen auf und war bemüht, ihre Kinnlade unter Kontrolle zu halten. >Was kommt denn jetzt?< Sie spürte, wie eine Panikwelle in ihr hochstieg.

„Hanna, es tut mir aufrichtig Leid, wie ich mich benommen habe.“

Tobias kniete auf einem Knie, das andere Bein war angewinkelt und stand auf dem Fuß, wie ein Ritter, der vor seinem König kniete. Seine Arme hingen links und rechts herab, die Handflächen straff geöffnet. Fest sah er in Hannas braune Augen, die ihn misstrauisch ansahen.

„Du hast mir nur geholfen und ich habe mich wie ein Schuft benommen. Es gibt keine adäquate Entschuldigung, ich kann nur hoffen, dass du mir verzeihst.“

„Ähm ….“ Hanna war irgendwie überfordert.

„Mama, was hat Tobi denn gemacht, weil er sich bei dir entschuldigt?“ Lyssas unschuldige Kinderstimme riss Hanna aus ihrer Lethargie. Doch bevor sie antworten konnte, drehte sich Tobias zu Hannas Tochter um.

„Ich habe deiner Mutter Unrecht getan. Als wir uns kennen lernten, ging es mir nicht gut und ich bin umgefallen. Deine Mutter hat mit geholfen, wollte sogar, dass ein Arzt kommt. Aber ich wollte keinen Arzt, reagierte unhöflich und undankbar. Ich war sehr gemein zu deiner Mutter. Und das tut mir wirklich sehr, sehr Leid!“

Verlegen rückte Hanna ihre Brille zurecht. Sie war stark kurzsichtig und normalerweise saß die Brille immer perfekt. Aber sie hatte das Gefühl, das die Brille ausgerechnet jetzt schief saß. „Ist schon gut. Ich meine, vergessen und vergeben. Ich bin nicht nachtragend!“ Sie merkte, dass ihr Gesicht tiefrot sein musste. Es glühte nämlich.

>Von wegen!<, dachte Jan und steckte sich ein Stück Käsekuchen in den Mund. Für seinen offenen Gedanken an Helena und Tobias bekam er einen ziemlich unsanften Rippenstüber von seiner Freundin. Jan gab keinen Laut von sich und zuckte auch nicht zusammen, dafür sendete er einen Gedanken, der nur für Helena bestimmt war.

>Mein Schatz, dafür werde ich dich nachher bestrafen!<

Helenas Augen gingen auf Halbmast. >Mit Handschellen?<

Tobias konnte die Gedanken seiner beiden Freunde nicht empfangen, spürte aber eine plötzliche erotische Anspannung und musste grinsen. >Hört auf! Ich werde sonst rot!<

„Der Beginn einer Freundschaft?“, fragte er gleichzeitig Hanna und lächelte sie sanft an.

„Vielleicht“, antwortet sie schnippisch und widmete sich wieder ihrem Kuchen und dem Kaffee. Dabei erhaschte sie den Blick ihrer Mutter, die sich eine Serviette vor den Mund presste. Offensichtlich versuchte Monika im Moment alles, um nicht lauthals zu lachen.

„Ich stehe nicht auf, bevor wir uns nicht versöhnlich die Hände gereicht haben.“ Tobias streckte ihr mit einem feierlichen und ernsten Gesichtsausdruck die Hand entgegen.

Perplex starrte Hanna auf die Hand. Es war eine relativ kleine Hand, mit eher kurzen, aber kräftigen Fingern. „Das ist doch lächerlich!“, stieß sie hervor.

„Wie du meinst.“ Tobias faltete seine Arme über dem nach oben gerichtete Bein und wartete.

„Das meinst du ernsthaft, oder?“ Hanna glotzte in grünbraune Augen. Monika konnte sich nicht länger beherrschen und kicherte ungehalten, Lyssa grinste über beide Backen.

>Tobi! Du blamierst meine Freundin!<

>Sie hat angefangen, Helena. Sie ist am Zug!< Dabei sah er weiterhin ruhig in Hannas braune Augen.

Diese warmen braunen Augen, die ihn vor drei Monaten so gefesselt hatten. Er hatte sich gern mit ihr in der Diskothek unterhalten. Schnell erkannte Tobias, dass er eine warmherzige, kluge und selbstbewusste Frau vor sich hatte, die mit beiden Beinen fest im Leben stand. Von Anfang an kam sie weder als Mitternachtssnack noch als One-Night-Stand in Frage.

„Okay!“ Hanna warf ihre Hände kurz in die Luft, drehte sich Tobias wieder ganz zu. Dann holte sie tief Luft und reichte ihm die Hand. „Ich verzeihe dir und biete dir eine Versöhnung an. Könntest du jetzt bitte wieder aufstehen, das ist wirklich peinlich!“

Tobias ergriff Hannas Hand und drückte sie sanft. Dabei schmunzelte er, was zur Folge hatte, dass sich ein kleines Grübchen auf der rechten Wange bildete.

>Scheiße!<, dachte Hanna beim Anblick des Grübchens. >Ich bin in Schwierigkeiten!<

Dann sah sie in seine Augen und war bestürzt. Unter der höflichen und charmanten Oberfläche entdeckte sie eine tiefe Traurigkeit. Melancholie und Schwermut Einsamkeit.

>Tobi! Sie ist tabu!<

Dieser Gedanke von Helena überraschte Tobias. >Ich habe nicht vor, mit ihr etwas anzufangen. Ich will nur nett zu deiner Freundin sein.<

>Gut. Falls du ihr wehtun solltest, reiße ich dir den Kopf ab, klar?<

Tobias erhob sich aus seiner knienden Position und blickte Stirn runzelnd zu Helena. >Ich habe verstanden, Helena.<

„So, wenn alle Positionen geklärt sind können wir jetzt zum Wesentlichen kommen.“ Jannik schob seinen Teller beiseite und trank den letzten Schluck Kaffee aus seiner Tasse. Dann lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und legte seinen Arm um Helena, zog sie an sich und küsste sie auf die Stirn.

>Bleib ruhig, Schatz. Tobi wird Hanna nichts tun. Er schätzt sie, das erkenne ich an seiner Haltung.<

>Tut mir Leid, Jan. Ich habe schon immer so ´ne Art Beschützerinstinkt Hanna gegenüber gehabt.< Sie kuschelte sich an Jans Halsbeuge. >Entschuldige, Tobi. Ich habe es eben übertrieben. Kommt nicht wieder vor.<

Tobias lächelte. „Schon gut, Helena.“

Hanna blickte verwirrt von Helena zu Tobias, verstand nicht, worauf Tobias gerade geantwortet hatte.

„Ihr zwei habt uns doch nicht ohne Grund für heute eingeladen.“ Tobias steckte sich eine Gabel voll mit Käsetorte in den Mund. „Um was geht es?“

Lyssa schnippte ihn auf den Arm. Überrascht sah Tobias das Kind an.

„Wofür war das denn?“ Dummerweise sprach er immer noch mit vollem Mund und Lyssa schnippte ihn erneut.

„Man redet nicht mit vollem Mund!“

Helena, Jannik und Monika bekamen einen heftigen Lachanfall, während Hanna auf ihrem Stuhl vor Scham immer tiefer sank. Tobias sah Lyssa immer noch verblüfft an, wollte etwas sagen, verkniff es sich aber im letzten Moment. Rasch schluckte er den Kuchen hinunter und spülte mit Kaffee nach.

„Hat dir deine Mutter etwa auf diese Art beigebracht, nicht mit vollem Mund zu reden?“

„Klar. Davor hat sie immer versucht, es mir mit Worten abzugewöhnen. Hat nicht geklappt. Jetzt mache ich das nur noch sehr selten und schnippe mich dann selbst, wenn ich es merke.“

Tobias sah Hanna über Lyssas Kopf hinweg leicht missbilligend an. „Auch eine Möglichkeit, aber etwas fragwürdig, oder?“ In seiner Stimme lag ein leichtes Knurren.

>Ich werde mit dir bestimmt nicht über Kindererziehung diskutieren!< Hannas Augen blitzten Tobi an und sie gab keine Antwort.

„Beruhigt euch, in Ordnung?“ Helena merkte, dass in Hanna die Anspannung wieder wuchs. „Jan und ich möchten euch etwas mitteilen.“

Hanna sah ihre Freundin neugierig an. „Schieß los!“

„Wir haben beschlossen zu heiraten.“

Ein dicker Kloß legte sich in Hannas Magen und weitete sich aus.

„Na endlich!“ Tobias griff über den Tisch und gab Jan eine High-Five. Der Bräutigam strahlte über das ganze Gesicht.

„Kann ich Blumen streuen?“, fragte Lyssa.

„Klar doch. Darauf bestehe ich sogar.“ Helena strahlte ihr Patenkind an.

„Das ging aber schnell!“, sagte Monika, strahlte aber ebenfalls. „Aber wenn ihr beide euch liebt, warum nicht? Habt ihr schon einen Termin?“

Helena blickte zu Hanna, die bisher gar nichts gesagt hatte. Die Freundin war blass und starrte sie nur an. Die Lippen wirkten zusammengekniffen.

„Hanna?“

Hanna räusperte sich. „Oh, ich … gratuliere euch. Ehrlich. Ich muss das nur kurz verdauen.“

Ein betretenes Schweigen machte sich plötzlich breit und Hanna fand die Situation unerträglich.

„Also, dann erzählt doch mal, wann und wo ihr heiraten wollt. Ich muss das wirklich nur in meinen Kopf kriegen, alles in Ordnung.“ Hanna setzte ihr Apotheker-Lächeln auf und sah ihrer Freundin in die Augen.

„Wir wollen am 14. August standesamtlich und am 15. August kirchlich heiraten.“ Jannik nahm die Hand seiner Verlobten und führte sie an seine Lippen. Dabei sah er sie so zärtlich an, dass Hannas Bedenken einfach verflogen. Der Mann liebte Helena wirklich.

„Das heißt, ihr habt das Aufgebot schon bestellt“, stellte Monika fest.

„Ja. Haben wir. Wir wissen auch schon, in welcher Kirche wir heiraten wollen, wie der Gottesdienst in etwa laufen soll und wo wir dann anschließend feiern wollen.“ Helena fixierte immer noch Hannas Gesicht. „Ich bin griechisch-orthodox und Jan ist evangelisch. Also wird es einen ökumenischen Gottesdienst geben, der beiden Religionen zu Gute kommt.“

„Wow.“ Tobias lehnte sich zurück und grinste. „Das ist doch sehr modern und großartig.“

„Wir wollen, dass du, Hanna, und du, Tobias, unsere Trauzeugen seid.“ Jannik sah die beiden fragend an. Bittend.

Hanna klappte die Kinnlade herunter und sie vergaß zu atmen. „Oh.“ Es war ein überraschtes Quieken, das ihren Mund verließ.

„Es wird mir eine Ehre sein, Jan.“ Tobias strahlte seinen Freund an. >Damit ehrst du mich, mein Freund. Du ahnst nicht, wie sehr du mich damit ehrst!<

Jan lächelte seinen Freund milde an. >Von allen meinen Freunden bist du mir der, der einem Bruder am nächsten kommt, Tobi. Wenn du mein Trauzeuge wirst, ehrst du damit mich!<

Tobias nickte, musste sich räuspern.

Hanna stand auf, ging um den Tisch herum und umarmte ihre Freundin. Helena schloss erleichtert ihre Arme um Hanna und musste sich zusammenreißen, um nicht plötzlich loszuheulen.

Was fatal gewesen wäre, da sie blutige Tränen nicht hätte erklären können.

„Natürlich will ich deine Trauzeugin sein, Lena! Scheiße, ist das schön!“ Hannas Stimme klang gedämpft, da sie an Helenas Schulter sprach. Dann schniefte sie ein wenig. „Verdammt, ich bin undicht!“

„Ich hatte schon Angst, du würdest ablehnen oder wütend sein oder irgendetwas in der Art!“ Helena drückte Hanna leicht von sich, um ihrer Freundin ins Gesicht sehen zu können.

„Ich bin nur sauer, weil ich von eurer ganzen Entwicklung nichts mitbekommen habe!“, gestand Hanna. Dann beugte sie sich an Helenas Ohr. „Ich möchte aber demnächst alles von dir hören. Jede schmutzige Einzelheit!“

Helena kicherte. „Abgemacht, Nana.“

„Wir könnten einen Abstecher zu der Kirche und dem Gasthof machen, wo wir feiern wollen.“ Jans Ohren hatten durchaus mitbekommen, was Hanna und Helena miteinander geflüstert hatten. Bei der Vorstellung, dass die Frauen sich über ihn und den intimen Einzelheiten zwischen sich und Helena unterhalten würden, wurde er unruhig.

„Jetzt gleich?“, fragte Tobi.

„Warum nicht! Du hast doch immer einen Kindersitz im Auto, oder?“

Tobias nickte. Als Leiter einer Tanzschule hatte er auch Kindergruppen unter seine Fittiche. Es kam gelegentlich vor, dass er Kinder zu Veranstaltungen mitnahm oder auch mal nach Hause fuhr. Deshalb hatte er immer eine Sitzschale für Kinder in seinem Golf zu liegen.

„Das ist ´ne tolle Idee!“, sagte Helena und grinste Hanna und Monika an. „Ihr habt doch in den nächsten zwei Stunden nichts weiter vor, oder?“

Hanna schüttelte den Kopf, grinste plötzlich. „Und das ganze ist natürlich total spontan.“ Ihre Stimme tropfte wieder vor Sarkasmus.

Helena kicherte. „Du kennst mich eben doch zu gut, Süße!“

Die Kirche war relativ klein, aber üppig dekoriert und wirkte sehr einladend. Überall waren die koptischen Kreuze zu sehen, die Ikonostase mit Heiligen und Fresken mit Themen aus dem Neuen Testament schmückten die Wände und Decken. Gold glänzte in allen Nischen und auf den Insignien, die am Altar und den Säulen angebracht waren. Hier und da war das Symbol der griechisch-orthodoxen Kirche zu sehen: ein zweiköpfiger Adler, über dessen Haupt eine Krone schwebte. In der einen Kralle hielt er ein Schwert, in der anderen einen Reichsapfel, das ganze schwarz auf gelb.

„Wir haben vor zwei Wochen schon alles mit dem Patriarchen klargemacht“, raunte Helena Hanna zu. Sie standen vor dem Kolymvithra, dem traditionellen Taufgefäß. Das Gefäß war ein dickwandiger Kupferkessel. Der Täufling wird mit gesegnetem Olivenöl und Myrrhe komplett eingerieben und dann in das Gefäß getaucht. Dabei nennt der Nonós oder die Noná, also der Pate oder die Patin den Namen des Kindes. Dieser Name ist dann bindend.

„Zwei Wochen vor der Hochzeit setzen wir uns dann mit dem Patriarchen und dem evangelischen Pfarrer zusammen und besprechen die Einzelheiten. Es wäre gut, wenn du und Tobi dann auch dabei sein könntet.“

Hanna nickte. „Kein Problem. Aber du weißt, dass man in Deutschland eigentlich keine Trauzeugen mehr benötigt, oder?“

Helena grinste etwas. „Weiß ich, aber ich bin doch ziemlich traditionell. Und Jan auch. Wir sind der Meinung, wenn wir schon heiraten, und das nur ein einziges Mal im Leben, dann richtig. Mit allem drum und dran!“

Hanna verstand ihre Freundin. Sie beobachtete, wie Tobias Kerner Lyssa umher führte und ihr die Fresken an den Wänden geduldig erklärte.

„Kann es sein, dass ich mich in Tobias getäuscht habe?“, fragte sie unvermittelt.

Überrascht sah Helena ihre Freundin an. „Natürlich! Tobi ist wirklich ein guter Freund und sehr nett. Du trägst ihm doch nicht wirklich die Sache in der Diskothek nach, oder?“

Hanna verzog ihr Gesicht. „Ein wenig.“

„Als ich … krank wurde, hat Tobi viel für mich getan. Wie auch viele andere, die du noch kennen lernen wirst.“

Beschämt sah Hanna ihrer Freundin in die Augen. „Als ich hörte, was mit Onkel Dim passiert war, wollte ich dich besuchen, dich trösten. Aber Táwo sagte nur, dass dein Gesund­heitszustand es nicht zulassen würde, mich oder irgendjemand anderen zu sehen. Es tut mir Leid, dass Dimítrios durch einen Autounfall gestorben ist.“

Helenas Augen blitzten kurz auf, ihre Miene verhärtete sich. „Ist schon in Ordnung, Hanna. Das Leben geht weiter, auch ohne Onkel Dim.“

Hanna runzelte die Stirn. „Aber du hast ihm immer sehr nahe gestanden.“

Helena schloss die Augen, die Wangenmuskeln zuckten unrhythmisch. „Hanna, ich würde dir sehr gern alles erzählen, aber ich kann nicht. Glaube mir, ich bin über den Tod meines Onkels hinweg. Und ich möchte nicht mehr an ihn denken, in Ordnung?“

Hanna war beinahe schockiert. Sie nahm sich vor, Helena irgendwann einmal deswegen zur Rede zu stellen, aber sie spürte, dass jetzt ein ungünstiger Moment war. Also schwieg sie.

Monika betrachtete den jungen Mann, mit dem sie sich angeregt unterhielt, unverhohlen. Jannik Cerný gefiel ihr, nicht unbedingt als Mann nach ihrem Geschmack, sondern als Bräutigam von Helena. Schließlich kannte sie Helena Kapodistrias seit deren Kindheit. Oft hatte das griechischstämmige Mädchen mit Hanna zusammen in ihrer Küche zu Mittag gegessen, Hausaufgaben gemacht, gespielt und gelacht.

„Und Sie sind wirklich auf einer Burg aufgewachsen?“

Jannik nickte. „Mein Cousin Adolar hat jetzt den Grafentitel, aber das ist okay. Ich habe mir hier in Berlin eine neue Heimat geschaffen. Wenn ich will, kann ich jederzeit auf die Burg. Helena und ich werden dort unsere Flitterwochen verbringen.“

„Das ist ziemlich romantisch, Herr Cerný.“

Jan wurde doch tatsächlich leicht rot. „Danke. Aber es würde mich freuen, wenn Sie mich Jan oder Jannik nennen würden.“

„Dann bestehe ich auf Monika.“ Sie rieb ihm sanft über den Oberarm in einer sehr mütterlichen Geste.

Jan sah kurz zu seiner Verlobten und deren Freundin. „Helena bedeutet die Freundschaft mit Hanna wirklich unglaublich viel, Monika. Es tat ihr weh, die drei Monate nicht mit ihr in Kontakt treten zu können.“

„Dabei hätte Hanna sich gern um Helena gekümmert. Sie hat sich große Sorgen gemacht. Am liebsten hätte sie Stavros gezwungen, ihr zu sagen, wo sich Lena befindet und wollte zu ihrer Rettung schreiten.“

Jan grinste und sein Engelsgesicht bekam etwas Spitzbübisches. „Ja, das glaube ich gern. Hanna ist eine Frau, die mir sehr selbstbewusst und energisch vorkommt.“

„Stur, spitzzüngig und nachtragend“, ergänzte Monika, grinste aber dabei.

„Wir sollten jetzt zum See fahren!“, schlug Helena vor und winkte den Männern zu.

Wenn Vampire Tango tanzen

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