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1 Wiedersehen am Rande der Hölle

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Überraschungsbesuch in der Heide. Auf dem Fliegerhorst Faßberg landet am 7. Mai 1945 gegen 9 Uhr das Flugzeug des US-Generals Omar Bradley. Hinter dem Piloten sitzt aber nicht der General, sondern eine Filmschauspielerin: Marlene Dietrich – in der khakifarbenen Uniform der GIs mit Helm und Kampfstiefeln. Die militärisch gekleidete Dame ist am frühen Morgen in München gestartet und über ein Land geflogen, das in Trümmern liegt. Erst am Vortag ist sie darüber informiert worden, dass sich in Bergen-Belsen bei den britischen Besatzungskräften eine Frau gemeldet hat, die behauptet, ihre Schwester zu sein.

Gleich am Flugfeld wartet ein Jeep. Die rund dreißig Kilometer lange Fahrt nach Bergen-Belsen führt, immer wieder behindert durch Militärkonvois, vorbei an Wiesen mit weidenden Kühen, an zerbombten Gehöften und ausgebrannten Autos. Sie endet auf dem Kasernengelände, wo vor kurzem noch die Wehrmacht regierte und jetzt die Briten eingezogen sind. Zielstrebig steuert die Besucherin das Büro des stellvertretenden Camp-Kommandanten Arnold Horwell an.

Der Brite, der gerade von seinem General über den soeben geschlossenen Waffenstillstand informiert worden ist, stammt aus Berlin; erst im Mai 1939 hat der promovierte Volkswirt Deutschland verlassen – gemeinsam mit seiner Frau Susanne. Als Juden sahen sich die beiden wachsender Verfolgung ausgesetzt. Mit der Sprache und Staatszugehörigkeit wechselte der Emigrant auch seinen Namen: Aus Horwitz wurde Horwell. »In England habe ich meinen Witz verloren«, pflegte er später zu sagen. Aber das war nur ein Spruch. Horwell bewahrte sich seinen Humor – obwohl seine Eltern in Theresienstadt ermordet worden waren und die Bilder von Bergen-Belsen ihn nicht mehr loslassen sollten. Und nun also dieser ungewöhnliche Besuch.


Marlene Dietrich mit Flugbegleitern vor der Generalsmaschine, die sie im Mai 1945 nach Bergen-Belsen zu ihrer Schwester gebracht hat – »Plane to Liese« hat sie auf das Foto geschrieben.

»Ein amerikanischer Offizier möchte Sie sprechen«, meldet ein Untergebener. »Kommt angeblich von General Bradley.«

»Lassen Sie ihn rein.«

»Sorry, Captain, aber es ist eine Sie

»Auch gut. Dann soll sie reinkommen.«

Unter dem Helm der Besucherin ringeln sich blonde Locken. Horwell meint, das Gesicht zu kennen, ist aber zu verwirrt, um auf den Namen zu kommen.

Mit schelmischem Augenaufschlag reicht ihm die Dame in Uniform die Hand. »Captain Dietrich.«

Da klingelt es bei Horwell, der sich ebenfalls vorstellt – und seiner Überraschung mit galantem Schmunzeln Ausdruck verleiht. »Welche Ehre, Captain!«

Marlene Dietrich wehrt ab. »Quatsch, ich bin auch nur Soldat.«

Obwohl beide aus Berlin stammen, sprechen sie Englisch miteinander. »Ihre Frau?«, fragt die Besucherin, als ihr Blick mehrere Frauenfotos streift, die auf dem Schreibtisch stehen.

»Ja, das ist Suse. Gefällt Sie Ihnen?«

»O ja! Hübsch. Wunderschön, wirklich.«

»Ich werde es ihr ausrichten. So ein Kompliment aus dem Mund eines Filmstars kriegt man ja nicht alle Tage zu hören. Aber hätte ich geahnt, wer mich heute besucht, hätte ich die Bilder natürlich versteckt.«

»Sie haben es ja faustdick hinter den Ohren, Sie Charmeur.«

Das Begrüßungsgeplänkel hat etwas von einem Flirt. Dann wird die Besucherin ernst. Sie bittet darum, ihre Schwester sehen zu dürfen. Erst am Tag zuvor sei sie informiert worden, sofort von München hergeeilt, um Liesel in diesen schwierigen Tagen beizustehen. »Ich habe schon seit sechs Jahren nichts mehr von ihr gehört. Ich hatte immer schon Angst, dass die Nazis sie ins KZ stecken und sie für meine Aktivitäten auf der Gegenseite bestrafen. Aber wahrscheinlich kennen Sie Liesel gar nicht. Eigentlich heißt sie Elisabeth – Elisabeth Will.«

»Der Name ist mir bekannt.«

»Wissen Sie, wie es ihr geht?«

»Gut, jedenfalls den Umständen entsprechend.« Horwell knetet nachdenklich die Hände. »Sie müssen sich wirklich keine Sorgen machen. Ihre Schwester war nicht im Lager. Sie hat hier mit ihrem Mann ein Kino betrieben.«

Horwell ist der Name der Schwester und ihres Mannes seit Tagen vertraut. Das Ehepaar Will hat sich mit der Bitte um Vergünstigungen an ihn gewandt. Während die kleine Frau die Verwandtschaft mit Marlene Dietrich eher verschämt ansprach, trat ihr Mann fordernd auf, beklagte lautstark die Schikanen, denen er ausgesetzt sei, und führte seine berühmte Schwägerin ins Feld. Unschätzbare Dienste habe die den Amerikanern erwiesen. Immer noch, tönte der Kerl, sei der »Propagandawert« der Dietrich ungeheuer hoch.

Propagandawert! Horwell empfand es als Ironie der Geschichte, dass die beiden Schwestern während des Krieges Ähnliches gemacht hatten – nur an verschiedenen Fronten: Marlene hatte die US-Soldaten auf ihrem Vormarsch durch Europa begleitet und mit »Lili Marleen« und anderen Liedern bei Laune gehalten, Elisabeth hatte gemeinsam mit ihrem Mann deutsche Soldaten mit Ufa-Filmen in Traumwelten entführt. Nur anderthalb Kilometer vom Konzentrationslager entfernt hatten die Wills auf dem Kasernengelände ein Truppenkino geführt. In den »Tonlichtspielen« – mit zweitausend Plätzen, Bühne und angeschlossenem Kasino, zu dem ein Festsaal und eine Gaststätte gehörten –, waren auch SS-Offiziere vom Lager Bergen-Belsen ein und aus gegangen. In einem Nebentrakt des schlossartigen Gebäudes hatten die Wills in einer komfortablen Wohnung im Obergeschoss gelebt. Als die Briten kamen, mussten sie ihr Appartement räumen und in schlichtere Personalzimmer ziehen.

Horwell fordert Marlene höflich auf, Platz zu nehmen, bestellt Tee, bietet ihr eine Zigarette an und berichtet kurz, wie es ihrer Schwester und ihrem Schwager geht: dass sie sich frei bewegen können, trotz ihrer Verstrickung in das NS-System nicht als Gefangene oder gar Geiseln interniert sind.

Verstrickung in das NS-System? Marlene verschlägt es einen Moment die Sprache, sie ringt um Fassung. »Und ich hatte gedacht, Liesel wäre hier halb verhungert.«

»Seien Sie froh, dass Sie sich geirrt haben.«

Die Besucherin wirkt verwirrt. »Sie müssen verstehen, Captain«, beginnt sie in stockendem Ton. »Aber das ist alles nicht so leicht für mich. Ich weiß immer noch nicht, was aus meiner Mutter geworden ist. Sie wohnt in Berlin – oder besser: Sie hat in Berlin gewohnt. Ich weiß nicht, ob sie diese fürchterlichen Luftangriffe überlebt hat. Ich habe Ike gebeten, nach ihr suchen zu lassen.«

Ike! Horwell versteht, dass mit »Ike« der Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte, General Eisenhower, gemeint ist, und nickt beeindruckt. Eisenhower hat zurzeit anscheinend keine anderen Sorgen, geht es ihm durch den Kopf, und er muss unwillkürlich lächeln. Dann schlägt er vor, das Ehepaar Will holen zu lassen. Marlene schüttelt den Kopf. »Nicht meinen Schwager! Nur Elisabeth. Ich würde gern mitkommen, wenn Sie sie holen. Einverstanden, Captain?«

»Okay, Captain Dietrich. Ich lasse einen Jeep rufen. Ihre Schwester arbeitet hier zwar irgendwo im Camp, aber das Gelände ist riesig. Sie werden sehen.«

Das Kasernengelände liegt am Rand eines großen Truppenübungsplatzes, der tief in die Lüneburger Heide hineinragt, mit Schießbahnen zwischen Wäldern, Mooren und Heideflächen. Fünfundzwanzig Dörfer mussten geräumt werden, 3600 Bewohner ihre Heimat verlassen, als 1935 die Wehrmacht angerückt war, um sich auf einen neuen Krieg vorzubereiten. Doch die Wehrmachtssoldaten sind verschwunden. Die Briten haben das Kommando in der Heide übernommen.

Der 7. Mai 1945 ist ein schöner Tag, ein Maientag wie aus dem Bilderbuch. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern. Die frühe Wärme hat die Natur in eine wahre Aufbruchsstimmung versetzt. Aus dem nahen Wald weht der Duft von Kiefernharz herüber, es riecht nach Lindenblüten und Heckenrosen. Aber in die Frühlingsdüfte mischen sich andere Gerüche: der Gestank von Desinfektionsmitteln, durchsetzt von Rauch.

Erst wenige Wochen zuvor sind in Bergen-Belsen die Pforten der Hölle geöffnet worden. Britische Soldaten haben das Lager in der Nähe des Truppenübungsplatzes erreicht und Baracken betreten, in denen sie auf ausgezehrte, neben Leichen kauernde Menschen gestoßen sind. Kinder mit alten Gesichtern, Frauen und Männer, zu Skeletten abgemagert – wimmernd, apathisch, halb irre vor Hunger, Durst und Schmerzen, an Typhus, Fleckfieber und Tuberkulose leidend. Viele sind schon wenige Tage nach der Befreiung gestorben. Sie wurden sofort in Massengräbern beigesetzt. Die drohende Pestgefahr ließ den Briten keine andere Wahl. Das komplette Lager musste desinfiziert und nach und nach geräumt werden. Etliche der befreiten Häftlinge sind aber an diesem Tag im Mai noch auf dem Lagergelände, wo sie jetzt die lang ersehnten Lebensmittel erhalten, wenn auch noch viel zu wenig: Kartoffeln, Rüben, ein bisschen Speck. Sie kochen im Freien. Überall glimmen Feuerstellen. Was brennbar ist, wird verheizt – egal ob Bretter oder alte Schuhe.

Die Kranken und Geschwächten werden auf dem benachbarten Kasernengelände notdürftig in Militärgebäuden oder unter freiem Himmel versorgt. Ein Teil des deutschen Lagerpersonals ist von den Briten dazu verdonnert worden, für die befreiten Häftlinge und die britischen Soldaten im großen Stil Essen zuzubereiten. Auch Elisabeth Will. Ihr Mann Georg, der einstige Kinobetreiber, muss Geschirr spülen. Auf eigenen Wunsch, wie Horwell betont.

Aber Marlene will nur ihre Schwester sehen. Horwell lässt sie zu ihr in die Kantinenküche bringen. Elisabeth schält gerade mit anderen Frauen Kartoffeln, als Marlene sie bemerkt. Die kleine Frau in dem grauen Kittel starrt die Uniformierte erst eine Schrecksekunde lang an, bevor sie begreift, wer da vor ihr steht.

»Leni!«

»Liesel.«

Nach einem kurzen Moment der Unsicherheit schließen sich die beiden in die Arme. Elisabeth weint, Marlene bleibt beherrscht.

Fast sieben Jahre haben sie sich nicht gesehen, seit Frühjahr 1939 auch nichts mehr voneinander gehört. Und nun auf einmal wieder vereint, zumindest für kurze Zeit. Liesel ist anzusehen, dass sie das alles noch nicht fassen kann.

Horwell schlägt vor, das Gespräch in seinem Büro fortzusetzen, und gibt Elisabeth die Möglichkeit, sich umzuziehen, während er schon mit Marlene vorfährt.

Als Elisabeth kurze Zeit später zaghaft das Büro betritt, muss Horwell schmunzeln. Mrs. Will sieht aus wie ein Hausmütterchen aus einem Witzblatt. Sie trägt einen großen, ziemlich geschmacklosen Strohhut, der ihr dauernd vom Kopf rutscht, sie ist klein, pummelig und vor Aufregung rot im Gesicht. Horwell, der immer noch Englisch mit deutschem Akzent spricht, bietet ihr eine Zigarette an. Elisabeth, deren Englisch fast ebenso gut ist, nimmt die Zigarette dankend an, schüttelt aber den Kopf, als Horwell ihr Feuer geben will.

»Thank you, Sir, but I don’t smoke.«

Marlenes Augen verengen sich zu Schlitzen, flüsternd herrscht sie ihre Schwester an, als würde sie mit einem unartigen Kind schimpfen: »Warum nimmst du die Zigarette denn überhaupt, wenn du gar nicht rauchst?«

Liesel schießt noch mehr Blut ins Gesicht, während sie die Zigarette zitternd hin und her dreht. »Oh, tut mir leid«, stammelt sie. »Aber das hat nichts damit zu tun, dass man Zigaretten hier als Ersatzwährung betrachtet, wie du vielleicht denkst. Gar nichts. Es gehört sich einfach nicht, eine Zigarette abzulehnen, die einem ein Engländer anbietet, weißt du? Das wird als Unhöflichkeit empfunden.«

Unhöflichkeit? Horwell, der das deutsche Getuschel versteht, lächelt versonnen in sich hinein. In einem Brief an seine Frau in London wird er schreiben: »Was ist das nur für eine Welt, in der die Leute in dieser Landschaft des Todes noch Wert auf solche Art von Höflichkeit legen?«

Marlene Dietrich hat ein Gespür für das Absurde der Situation, sie ahnt, welch unrühmliche Rolle ihre Schwester in dieser Maschinerie des Massenmordes gespielt hat, und sie bittet Horwell, ihr das Todeslager zu zeigen.

Doch der schüttelt nachdenklich den Kopf. »Tut mir leid, gnädige Frau, aber Unbefugte dürfen derzeit nicht auf das Lagergelände. Mit Rücksicht auf die ehemaligen Häftlinge. Die meisten sind in keinem guten Zustand. Außerdem herrscht nach wie vor Seuchengefahr. Nur Ärzten und medizinischen Hilfskräften ist der Zutritt gestattet. Sie müssen verstehen.« Der Brite bemerkt, dass seine Besucherin enttäuscht den Kopf senkt – und er erzählt, was er selbst gesehen hat.

»Ich habe ihr genug Details geschildert, um sie fast krank zu machen«, wird er seiner Frau schreiben. »Sie war kurz davor, sich zu übergeben.«

Aber der Gedanke an das monströse Grauen hindert ihn nicht daran, das Anliegen seiner charmanten Besucherin ernst zu nehmen. Eigentlich liegt ja die Behandlung des Wehrmachtpersonals, wozu auch die Wills gehören, in der Zuständigkeit der Militärregierung, doch er verspricht Marlene Dietrich, sich für ihre Schwester und den Schwager einzusetzen. Auch für eine Typhusimpfung werde er sorgen. »Ich tue, was ich kann.«

Marlene ist gerührt – und bemüht, sich dankbar zu zeigen, bietet sie dem Oberleutnant ein Foto mit Autogramm an. »Wunderbar«, sagt Horwell. »Ich werde es Suse schicken. Die wird sich freuen. Wir haben zusammen den ›Blauen Engel‹ gesehen. Wir waren begeistert. Wir haben tagelang Ihr Lied gesungen. Was sag ich? Wochen! Wochenlang! Wie ging es noch mal?« Moment, ja:

Ich bin die fesche Lola,

der Liebling der Saison,

ich hab ein Pianola …

… zu Haus in mei’m Salon. Marlene Dietrich presst unwillkürlich die Lippen zusammen, als ihr bewusst wird, dass sie mitgesungen hat. In dieser Umgebung. Auf Deutsch. Sie zieht ein Foto aus der Handtasche, signiert es mit feierlicher Geste und schiebt es zum Briten hinüber.

Mit dem Foto wird Horwell seiner Frau auch eine Zigarettenkippe schicken, an der noch Lippenstiftspuren seiner berühmten Besucherin haften – ein Souvenir, das von einer denkwürdigen Begegnung zeugt.

Für eine knappe halbe Stunde lässt Horwell die beiden Schwestern allein. Denn natürlich haben sich Liesel und Leni viel zu erzählen. Elisabeth berichtet von ihrer Sorge um den Jungen, der noch in Kriegsgefangenschaft ist, und vom Irrsinn der vergangenen Wochen, als die SS-Leute das Weite suchten und die Engländer anrückten. Wie die KZ-Insassen und Kriegsgefangenen freikamen und die Besatzer den Deutschen Vergeltung androhten. Ganz Bergen, hieß es, solle in den nächsten Tagen evakuiert werden. Ganz Bergen! Zum Glück habe sie jetzt diese Arbeit in der Küche. Nicht schön, aber besser als Nichtstun, und man müsse wenigstens nicht hungern. Leider habe man sie aus ihrer Wohnung geworfen. Jetzt müsse sie sich mit ihrem Mann und vier wildfremden Leuten eine Kellerwohnung teilen. Sehr eng sei es darin. Scheußlich eng.

Marlene umreißt in knappen Sätzen, wie sie mit der US-Armee durch Europa gezogen ist und gegen das Kriegsgetöse angesungen hat – in großen Zelten oder unter freiem Himmel zwischen Panzern. Manchmal sei ihr gar nicht zum Singen zumute gewesen, sagt sie. Beide rätseln, wie es wohl ihrer Mutter ergangen sein mag, die immer noch in Berlin lebt zwischen all den Trümmern. Wenn sie denn überhaupt noch am Leben ist. Liesel hat schon seit einigen Wochen keine Nachricht mehr von ihr erhalten.

Für ein längeres Gespräch bleibt keine Zeit. Da General Bradley in München sein Flugzeug braucht, muss Marlene noch am selben Tag zurückfliegen. Außerdem ist auch die Konzertreise bei den US-Truppen längst nicht zu Ende.

Die Begegnung mit ihrer Schwester aber hat sie aufgewühlt. Natürlich hätte sie schon vorher wissen können, dass Liesel nicht ins KZ verschleppt worden ist, sondern dass ihr Umzug nach Bergen-Belsen mit diesem Kino zu tun hat. Sie hatten darüber ja sogar bei ihrem letzten Treffen vor vielen Jahren gesprochen. Aber die Einzelheiten, die sie gerade erfahren hat, machen ihr zu schaffen. Unvorstellbar, in welcher Gesellschaft Liesel den Krieg verbracht hat! Und in welcher Nachbarschaft. Aber die Schuld daran trägt aus Marlenes Sicht einzig Elisabeths Mann, ihr Schwager Georg Hugo Will. Der einstige Varietédirektor hat offenbar gemeinsame Sache mit den Nazis gemacht, und Liesel hat es nicht gewagt, sich gegen diesen – wie Marlene immer schon fand – »ungehobelten Kerl« zur Wehr zu setzen. Lange hat sie befürchtet, ihre Schwester und ihre in Berlin lebende Mutter würden von den Nazis unter Druck gesetzt, weil sie den »Feind« unterstütze. Jetzt steht endgültig fest, dass sie sich getäuscht hat. Keine Frage: Liesel hat auf Seiten der Täter gestanden.

Fesche Lola, brave Liesel

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