Читать книгу Braun & Hammer ...im Wahn - Heinz-Gerhard Witte - Страница 6
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ОглавлениеPeer schlürft wie in Zeitlupe seinen Kaffee. Die vielschichtig angetrockneten Reste innen und außen um den Rand der Tasse herum verraten, dass er diese mal wieder den zweiten oder gar dritten Tag in Benutzung hat.
Mehr hängt er als dass er in seinem Behandlungssessel sitzt. Der weiße Reisewecker auf dem Beistelltischchen zeigt zehn nach zehn. Einerseits ist er froh, dass er aufgrund einer krankheitsbedingten Patientenabsage eine etwas üppigere Pause bis zur nächsten Sitzung um elf hat. So ein unerwarteter Zeitgewinn hat doch was, zumal er gestern zusammen mit seinem Liebsten Sven und dessen Freunden des Gesangs etwas zu lange dem Baileys gefrönt hat. So verspürt er das Bedürfnis, sich für einige Minuten nur der Müdigkeit und dem Kaffee hinzugeben. Andererseits könnte er aber auch endlich die drei aufgeschobenen Berichte für die Rentenversicherung bearbeiten. Die haben ihn auch heute Morgen wieder vorwurfsvoll aus der Büroablage angestarrt. Aber Peer hasst alle Arten von Papierkram inständig. Er bekommt davon diese spezifische Art von Rückenschmerz, die sich komischerweise nur bei derartigen Erledigungen einstellt. Und will ihn dieser Schmerz nicht eigentlich vor Überanstrengung, vor einem drohenden Tages-Burn-Out schützen? Peer solle, sagt Sven dann gerne, einfach zu seiner „Memmenhaftigkeit, gepaart mit Faulheit und beginnender Demenz" stehen und sich bitte nicht mit Überanstrengung herausreden.
Neben der Wirkung des Kaffees setzt jetzt auch der wachmachende Effekt dieser erinnerten Lästerei seines Partners ein. Peers Körper strafft sich daraufhin, als ob er für einen nahenden Disput mit Sven mobil machen will. Der hat gut reden, ereifert sich Peer. Zum einen ist Sven mit fünfunddreißig immerhin zehn Jahre jünger als er. Zum anderen kann er als freischaffender Architekt im ausgebauten Dachgeschoss der gemeinsam bewohnten Villa seine Arbeitszeiten frei gestalten. Manchmal geht er sogar in einem seiner Seidenpyjamas und ungekämmt rauf ins Büro. Also soll der mal schön den Ball flach halten! Jetzt, wo Peer allerdings an Sven im Pyjama denkt, und wie selbiger dessen geschmeidigen Körper einhüllt, umspielt ein zärtliches Lächeln seinen Mund. Seine vormals müden Augen beginnen wieder zu strahlen.
Er entschließt sich zu einem Kompromiss: Weder bearbeitet er die lästigen Berichtsanfragen, noch bleibt er behäbig und vollkommen untätig im Sessel sitzen. Nein, er erhebt sich mit einem Seufzer und wendet sich einer Notiz auf dem Schreibtisch zu. In der kündigt seine Mitarbeiterin Susanne in Stichworten den neuen Patienten an, der um elf zum Erstgespräch kommen soll.
In der Psychotherapie, egal ob verhaltenstherapeutischer oder tiefenpsychologischer oder sonstiger Prägung, ist ein gelungenes Erstgespräch von hoher Bedeutung. Also, dann schauen wir mal, wen mir der Zufallsgenerator aus Branchenverzeichnis, Internet oder Hausarztempfehlung heute zuführt. Herr Karl Häusler ist sechsundfünfzig, derzeit arbeitssuchender Elektriker, verheiratet mit einer sechs Jahre jüngeren Frau sowie mit zwei zehn und acht Jahre alten Kindern gesegnet, also sind die Häuslers relativ spät Eltern geworden.
Herr Häusler wird also in zwanzig Minuten vor der Tür stehen. Im entsprechenden Feld der Telefonnotiz steht nichts von therapeutischer Vorerfahrung, weder ambulant, noch stationär. Also könnte es sein, dass sein neuer Patient nervös sein wird.
Umso wichtiger, denkt Peer, dass er konzentriert und auf Betriebstemperatur ist. Die erste Sitzung soll mindestens einen guten Eindruck hinterlassen. Jedem Anfang wohnt doch ein Zauber inne: Heißt es nicht so?
Als Grund des Therapiewunsches steht dort lediglich, es gebe seit längerem eheliche Konflikte aufgrund „derzeit unüberwindlicher Glaubensfragen“. Herr Häusler sei „zunehmend verzweifelt, seelisch zermürbt“, zeige „erste depressive Symptome“.
Peer dreht sich rhythmisch auf dem Bürostuhl hin und her und zum ernsten Gesichtsausdruck gesellt sich nun auch noch eine skeptisch hochgezogene rechte Augenbraue hinzu. Hoffentlich ist Häuslers Frau die glaubensfestere von beiden und nicht der Patient selber. Weil damit wäre Herr Häusler wahrscheinlich auch stockkonservativ.
Peer definiert sich, wie viele Homosexuelle beiderlei Geschlechts, eher als politisch liberal denkender, freigeistiger Mensch. Er kann zwar auch mit sehr konservativen Menschen, die als Patienten zu ihm kommen, arbeiten und umgehen. Dabei muss er sich jedoch noch bewusster auf seine Therapeutenrolle konzentrieren. Er unterlässt dann in der Regel Anspielungen auf seine weltanschaulichen Ansichten, und seien sie noch so impliziter Natur. Das geht immer etwas auf Kosten der lockeren Atmosphäre, die Peer gerne in seinen Therapien pflegt. Für die muss aber eben die Wellenlänge in besonderer Weise stimmen. Ausnahmen macht er allerdings bei Patienten, die rechtsextreme, rassistische und Minderheiten feindliche Ansichten verkünden. In diesen Fällen gab es in der Vergangenheit schon spektakuläre Therapieabbrüche von beiden Seiten aus. Aber mindestens kam es dann zu heftigen Disputen. In Ausnahmefällen ging es nach denen, wenn der Zorn verraucht war, sogar weiter mit der Behandlung. Sein Motto lautet in dieser Hinsicht: Bei aller Liebe zur Professionalität darf die Authentizität des Therapeuten nicht vollends unter die Räder kommen und im Radkasten der Beliebigkeit mitgeschliffen werden.
Insofern ist er jetzt sehr gespannt, wer ihm da gleich, auch in dieser Hinsicht, begegnen wird. In den verbleibenden Minuten bis zum Termin gießt er den inzwischen zum Dschungel verdichteten Wust an Grünpflanzen auf der Fensterbank. Auch das eine oder andere vertrocknete Blatt knüllt er in seiner rechten Hand zusammen.
Punkt elf klingelt es dreimal in exakt gleich lang klingenden Intervallen. Sind wir eventuell etwas zwanghaft veranlagt, denkt Peer, während er die Tür mit den etwas altertümlich anmutenden Tiffany-Einsätzen öffnet. Sie stellt den Eingang vom Treppenhaus zum Praxisflur dar. Vorsichtigen Schrittes und mit etwas gequält wirkendem Lächeln kommt Herr Häusler im Treppenhaus um die Ecke. Er streckt Peer schon zwei Meter vor einem möglichen Körperkontakt einen starren rechten Arm entgegen. Der ergreift eine kühle, leicht schwitzige Hand und die beiden Männer begrüßen sich förmlich, aber freundlich. Nachdem er Herrn Häusler ins Behandlungszimmer geleitet, die Versicherungskarte eingelesen und ihm seinen Platz angeboten hat, sitzen die beiden nun einen Moment schweigend voreinander.
Falls Herr Häusler das Gespräch eröffnen möchte, wäre dies Peer lieber, um dem Patienten das Gefühl der Selbstbestimmung zu ermöglichen. Aber der wartet offensichtlich auf die Eröffnung durch Peer.
In Ordnung, denkt dieser, kann ja alles noch kommen.
»Herr Häusler, ich habe hier einige Stichworte meiner Mitarbeiterin zu ihren Beschwerden und Problemen …«
»Die ist sehr nett … übrigens …«, poltert es unvermittelt aus seinem Patienten heraus, »aber das nur am Rande …« Er zuckt zusammen wie ein vorlautes Kind in der Erwartung einer Zurechtweisung.
»Da haben Sie aber vollkommen Recht und ohne meine Frau Vogelsang wäre ich hier gänzlich auf verlorenem Posten!«, versucht Peer, die Atmosphäre etwas aufzulockern.
Herr Häusler reagiert mit einem schüchternen Lächeln.
»Was führt Sie denn eigentlich zu mir, außer der Empfehlung Ihres Hausarztes?«
Letzteres hatte Peer ebenfalls noch der Anmeldung entnommen. »Ach, wissen Sie, Herr Hammer«, beginnt Herr Häusler zögerlich, »der Grund dafür, mich behandeln zu lassen, liegt nicht direkt in mir …«
»Also nicht direkt in Ihnen … Aber dennoch gibt es einen Grund, nehme ich zumindest an?«
»Ja … doch … natürlich … Sonst wäre ich ja nicht hier!«
»Dann bin ich immerhin beruhigt, dass Sie nicht aus purer
Langeweile zu mir gekommen sind«, gibt Peer augenzwinkernd zurück.
»Nein … langweilig wird es bei uns zuhause beileibe nicht … Und genau das ist das Problem! Ich würde mir sogar etwas mehr Langeweile wünschen und weniger Streit.«
»Dem entnehme ich, dass Sie Harmonie durchaus zu schätzen wissen und auf zu viel Streit verzichten können?«
»Um Himmels Willen, Herr Hammer, ich und streiten, Gott bewahre! Ganz im Gegenteil, meine Frau nennt mich eigentlich immer ein Harmonieschwein und hat sich seit jeher aufgeregt, dass ich mich nicht aus der Ruhe bringen lasse … Aber in letzter Zeit ist es verflucht … oh nein, was sag ich denn da …«
Herr Häusler erstarrt und wirkt augenblicklich wie komplett in sich gekehrt.
Peer traut seinen Ohren nicht: Er meint, seinen Patienten etwas wispern zu hören, wobei dieser kaum wahrnehmbar vorund zurückschaukelt. Die Knöchel seiner gefalteten Hände sind dabei weiß vor Anspannung, die Augen mit entrücktem Blick zur Raumdecke gerichtet.
Oh nein, bitte nichts Psychiatrisches, fleht Peer innerlich und bekommt spontan eine Gänsehaut. Dabei hat er selten einen durchschnittlicheren Mann als diesen hier gesehen. Man könnte Herrn Häusler ohne Übertreibung als fleischgewordene Unscheinbarkeit bezeichnen: schütteres, seitengescheiteltes, aber nicht zu graues Haar, blassgrüne, von einer Hornbrille umrahmte Augen, ein nicht sonderlich faltiges Gesicht, symmetrisch und oval, mit länglicher und spitzer Nase sowie leicht fliehendem Kinn. Er trägt eine dunkelblaue Strickjacke mit Zopfmuster über einem karierten Hemd, eine ockerfarbene Cordhose und schwarze Gesundheitsschuhe. Das einzig Auffällige ist höchstens, dass die Hose vor den Knien ungewöhnlich abgewetzt ist. Alles andere an Herrn Häusler ist überaus ordentlich, sauber und korrekt. Allerdings wirkt er, wie viele heterosexuelle Männer seiner Generation in dieser Stadt, eher so, als ob seine Frau ihm die Kleidung aussucht und kauft. Dabei geht es wohl nach dem Motto: Praktisch muss es sein, aber das gewisse Etwas darüber hinaus ist dann leider der reine Glücksfall.
Also, abgesehen davon, dass Peer seinen neuen Patienten für einen Fall für die Modepolizei hält, hat dieser eigentlich nichts an sich, was zwingend auf Verrücktheit hindeutet.
Auch wenn Peer es inzwischen natürlich besser wissen sollte, muss er bei psychiatrischen Fällen nämlich immer noch an Anthony Hopkins in der Rolle des Hannibal Lecter oder Anthony Perkins als Norman Bates in Psycho denken.
»Herr Häusler? Ist alles in Ordnung? Muss ich da irgendetwas wissen?«
Peer spricht bewusst unaufgeregt, will aber dennoch andeuten, dass er das ungewöhnliche Verhalten mitbekommen hat.
Herrn Häuslers Augenlider flattern und er läuft etwas rot an, räuspert sich: »Ja … ach herrje … ist mir das unangenehm. Aber ich glaube, damit sind wir schon beim eigentlichen Thema.«
Und wieder verstummt er, zu Peers Erleichterung jedoch dieses Mal ohne Anzeichen ausgeprägter Entrückung.
»Ich bin ganz Ohr und denke, je früher wir die heiklen Punkte ansprechen, umso besser, oder was meinen Sie?«
Aber will er eigentlich so genau wissen, was „der Punkt“ wirklich ist?
Tief im Inneren spürt Peer, dass hier und jetzt eine Nummer startet, aus der er so einfach nicht wieder herauskommen wird. Und es gruselt ihn, selbst wenn der Mann vor ihm kein psychopathischer Kannibale sein oder unbedarfte, singende, weibliche Motelgäste unter der Dusche abstechen sollte.
»Ja, Herr Hammer, Ehrlichkeit währt ja bekanntlich am längsten, nicht wahr?«
Peer nickt kommentarlos.
»Wie soll ich sagen … Also der Streit mit meiner Frau dreht sich um das, was Sie gerade vielleicht gesehen haben mögen … also … Sie kann mir nicht in die höheren Sphären folgen.«
Bitte keine höheren Sphären, denkt Peer, dessen Magen sich zusammenzieht.
»Ich vermute, mit höheren Sphären meinen Sie keine Gebirgswanderungen, auf denen Ihre Frau Sie nicht begleiten will?«, versucht Peer, einen inneren Wall des Humors gegen sein aufkommendes Entsetzen zu errichten.
»Natürlich nicht, nein, ich meine natürlich die höheren Sphären!«, flüstert Herr Häusler, während er sich vorbeugt und Peer verschwörerisch in die Augen blickt.
»Ach so, die … !«, versucht Peer Zeit zum Durchatmen zu gewinnen und ringt um Fassung.
»Genau … Aber eigentlich denke ich, dass Marianne darum weiß, nur sperrt sie sich noch dagegen. Sie meidet so sehr die Konsequenzen, wie der Teufel das Weihwasser! Was in diesem Zusammenhang komisch klingt, ich weiß.«
Herr Häusler schaut bei seinen letzten Worten äußerst erwartungsvoll auf Peer.
Dieser spürt eine enorme Versuchung, den letzten Notausgang aus dieser Behandlung zu nehmen. Er müsste nur sagen Was halten Sie von Medikamenten gegen Wahnvorstellungen? oder Ich kann Ihnen da einen guten Psychiater empfehlen! und auf der Stelle wäre er seinen Neuzugang wieder los. Das gedämpfte Klappen der Haustür wäre das Letzte, was er von Herrn Häusler hören würde.
So einfach könnte es sein, denkt Peer. Aber einfach kann jeder!
Und so hört er sich sagen: »Sie machen mich neugierig! Was hat es denn mit den Konsequenzen so auf sich, die ihre Frau so meidet, wie der Teufel das Weihwasser?«
Sein Patient schaut ihn lange und ausdruckslos an.
»Nun ja«, rafft der sich dann auf. »Zum einen müsste sie sich schon für Einiges entschuldigen, was sie mir in diesem Zusammenhang an den Kopf geworfen hat!«
»Also kann sie Ihnen nicht nur nicht folgen, sondern Ihre Frau hat ganz ausgesprochen und entschieden etwas gegen Ihren Kontakt mit höheren Sphären? Und wenn sie jetzt ein Einsehen hätte, müsste sie ganz enorm zurückrudern? Vielleicht scheut sie die Anstrengung?«
»Ja, so ähnlich«, antwortet sein Patient hastig. »Und wissen Sie, Marianne konnte sich sowieso noch nie entschuldigen, selbst wenn sie etwas einsieht … Und in dieser Sache natürlich erst recht nicht!«
Die Versuchung, seinem Patienten vor den Kopf zu stoßen und ihn damit loszuwerden, ist immer noch da, wenn sie auch gerade etwas schwindet.
Zunehmend reizt Peer etwas an dieser Geschichte, fordert ihn heraus, ohne dass er schon wüsste, warum. Vielleicht ist es sein Hang zu skurrilen Themen, den er hat, solange er denken kann? Vielleicht sucht er in gewisser Weise auch die Auseinandersetzung mit dem Glaubensthema doch mehr, als er sich eingestehen will? Eigentlich meinte er bis jetzt, mit allem „religiösen Kram“ abgeschlossen zu haben und dagegen immun zu sein.
Sven ärgert ihn nur zu gerne mit der Aussage, Peer sei ja so dermaßen atheistisch, dass es schon fast wieder Züge religiöser Hingabe habe.
»Sie meinen, Ihre Frau fürchtet womöglich inzwischen den Gesichtsverlust, wenn sie nach all dem, was Sie Ihnen vorgeworfen und angetan hat, zugeben würde, dass Sie Recht haben und, schlimmer noch: die ganze Zeit hatten?«
Herr Häusler nickt heftig, sicher erleichtert, dass er bei seinem Therapeuten offene Türen einrennt.
»Und dann ist sie natürlich auch, sicher unbewusst, darüber wissen Sie aber mehr, Herr Hammer, innerlich von Neid auf meinen direkten Draht nach oben wie zerfressen!«, ereifert sich Peers Patient weiter, jetzt mit geröteten Wangen.
»Wer wäre das nicht, Herr Häusler? Ich kenne verschiedene Menschen, und gar nicht mal nur Patienten, falls Sie das denken, die neidisch wären und denen, ganz unter uns gesprochen, eine direkte Verbindung nach oben nicht mal schaden würde! Aber wie heißt es: Wer es am meisten braucht, bekommt es am wenigsten!«
Peer weiß, dass er sich damit ein bisschen weit aus dem sprichwörtlichen Fenster lehnt, aber er möchte vorsichtig testen, ob Herr Häusler noch einen gewissen Abstand zu seinen Gedanken hat oder schon überzeugt ist im Sinne von Verbissenheit. Er möchte dabei natürlich auf keinen Fall, bei aller Liebe zum Job, aus diesem Fenster herausfallen. Gespannt wartet er auf die Reaktion seines Patienten. Und die kommt prompt. Und sie gefällt ihm gar nicht.
»Herr Hammer, Ihre gute Laune sei Ihnen gegönnt, Ihr Charme und Ihr … wie soll ich sagen … Mutterwitz trifft es vielleicht … ja, der auch … aber Sie haben wohl den Ernst der Lage nicht ganz begriffen!«
Karl Häuslers Augen funkeln wütend und unvermittelt ist jede Schüchternheit von Peers Gegenüber abgefallen.
Ganz im Gegenteil, denkt Peer, verleiht dieser schon fast „heilig“ anmutende Anflug von Zorn Herrn Häusler plötzlich eine Aura von Überlegenheit. Er ahnt, dass sich sein Patient nicht nur zufällig im Gestrüpp irgendwelcher fixer Ideen verheddert hat und mal eben im Vorbeigehen aus selbigem befreit werden kann, wie ein armes Lamm aus einer achtlos liegengelassenen Rolle rostigen Stacheldrahts. Nein, diese Ideen sind auch emotional hochgradig aufgeladen! Und Peer meint fast auch schon, das Dopamin in Herrn Häuslers Gehirn, einem munteren Zimmerspringbrunnen gleich, üppig sprudeln zu hören. Und wie sagen die Vertreter der kognitiven Therapie immer so schön? Die sogenannten heißen Kognitionen, die stark mit unseren Gefühlen verbunden sind, lassen sich viel schwerer verändern, als die eher rational getönten sogenannten kalten Kognitionen. Und Herrn Häuslers Kognitionen sind äußerst heiß, soviel steht fest!
Deshalb beschließt Peer, doch lieber einen Gang zurück zu schalten.
»Nun ja, vielleicht hat meine etwas flapsige Ausdrucksweise tatsächlich dazu geführt, dass Sie denken, ich nähme Sie nicht ernst, aber dem ist absolut nicht so!«
»Hmmm …«, ist die einzige Reaktion von seinem Gegenüber, sehr abwartend, skeptisch, nein, misstrauisch trifft es besser.
»Ganz im Gegenteil, Herr Häusler, würde mich zunächst interessieren, was der eigentliche Ernst der Lage, von dem Sie sprachen, im Wesentlichen ist!? Denn ich möchte mal so sagen … ja doch … Ich nehme Sie vollkommen ernst, aber ich habe Sie noch nicht annähernd verstanden, also wirklich verstanden, muss ich zugeben. Aber ich möchte Sie verstehen!«
Peer und Karl Häusler sitzen sich nun gespannt konzentriert gegenüber. Peer ist dabei äußerst froh, dass er sich mit seinem Klemmbrett und seinem Kugelschreiber beschäftigen und so tun kann, als mache er wichtige Notizen.
»Neben dem Umstand, dass Marianne also von Scham überwältigt wäre, wenn sie endlich ein Einsehen hätte, wäre das Übelste für sie, dass sie vor allem praktische Konsequenzen ziehen müsste, wenn sie die Wahrheit zuließe«, hebt Herr Häusler zu Peers Erleichterung wieder an.
»Praktische Konsequenzen?«
»Ja, nachdem sie sich ausreichend geschämt hätte, müsste sie sich nämlich meinen anstrengenden Ritualen unterwerfen!«
»Ach so!«, bringt Peer seine ehrliche Überraschung zum Ausdruck, »Und wie sehen die genau aus, ihre anstrengenden Rituale?«
Peer hofft inständig, dass sie beide nun mehr in den alltäglichen Ablauf des symptomatischen Verhaltens einsteigen können. Damit kämen sie, wenn alles gut liefe, mehr auf die konkrete Ebene und weg vom furchtbar unwegsamen Gelände der Diskussionen über Richtig und Falsch der Wahrnehmung seines Patienten.
Dass dieser nämlich extrem empfindlich auf jegliche Bewertungen seiner „sphärischen Aktivitäten“ reagiert und jederzeit bereit ist, in den Kampfmodus umzuschalten, hat er Peer ja nun schon deutlich genug signalisiert.
Und schließlich hatte er nicht vor fast dreißig Jahren den Kriegsdienst verweigert, um dann letztlich doch noch auf dem Truppenübungsplatz der Hardcore-Umerziehungs-Verhaltenstherapie zu landen, macht er sich klar.
Er kann und will Herrn Häusler nicht zu seinem Glück zwingen, worin auch immer das am Ende bestehen mag, aber er wird versuchen, dessen Aufmerksamkeit, seine Wahrnehmung, sein Denken allmählich in eine konstruktivere Richtung zu lenken.
Auch Herr Häusler war gerade, auf der Suche nach einer Antwort, in seinen eigenen Gedanken versunken. Er wirkt zwar immer noch äußerst ernst, auch vorsichtig abwägend, aber schon weniger angespannt.
»Herr Hammer, von nichts kommt natürlich nichts! Der Herr, der alles lenkt, gibt so viel in seiner unendlichen Gnade, aber ein bisschen was müssen wir natürlich auch dafür tun, muss jeder Gläubige dafür tun …«
Das Wort „jeder" hat er unüberhörbar und besonders betont. Prüfend schaut Herr Häusler Peer bei diesen Worten an. Sein konzentrierter Blick scheint die Mimik seines Therapeuten in kleine Planquadrate einzuteilen und dessen Gesicht nach auch nur leisesten Spuren von Spott und Ablehnung abzuscannen.
Wie macht er seinem Patienten klar, dass er selber maximal semi-gläubig ist, aber dennoch ein geeigneter Therapeut in dieser Frage sein kann, denkt Peer angestrengt. Welch eine Gradwanderung, wenn man berücksichtigt, dass die eine oder andere Synapse in seiner Großhirnrinde noch im Post-Baileys-Standby dahindämmert!
»Herr Häusler«, lässt dieser daher eher beiläufig einfließen, »ich bin vielleicht nicht die vergoldete Gallionsfigur am stolzen Viermaster des Christentums, denn das wäre wirklich vermessen, zu behaupten! Aber ich denke, ich kann Ihnen thematisch grundsätzlich folgen. Und ich vermute, wir reden auch nicht von Ritualen durchschnittlicher Glaubensausübung?«
Peer hofft, dass Herr Häusler darauf anspringt.
Dieser nickt bedächtig wie in Zeitlupe, lässt Peer aber nicht aus den Augen, legt den Kopf schräg und schweigt weiter.
»Es lässt mich nicht los, dass Sie von anstrengend sprachen … Was meinen Sie damit?«, setzt Peer nach, da nur noch zehn Minuten in dieser Sitzung bleiben, bis er endlich in seine Mittagspause starten darf.
Ein bisschen überziehen wäre ja nicht schlimm, aber er weiß, bei ein bisschen würde es mit diesem Patienten nicht bleiben.
»Nun ja«, ringt sich Herr Häusler schwer atmend endlich zu einer Antwort durch, »von Durchschnitt kann wahrhaftig nicht die Rede sein, wenn Sie das Gefühl haben, der Herr wende sich direkt an Sie. Verstehen Sie?«
Peer muss einsehen, dass sein Patient nicht in der Verfassung für eine „normale“ Frage-Antwort-Interaktion ist und innerlich arbeitet es in ihm an einem vorläufigen diagnostischen Schluss. Der stellt aber maximal einen ersten klinischen Eindruck dar, eine äußerst wackelige Hypothese, die fast mehr Fragen aufwirft, als dass sie Antworten enthält, denkt er angestrengt. Um vielleicht ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen – er befürchtet allerdings, dass es die Wirkung eines Teelichts in einer Tropfsteinhöhle nicht übertreffen wird – muss er gleich noch so unauffällig wie möglich die eine Frage stellen, vor deren Antwort er sich am meisten fürchtet.
»Herr Häusler, ich möchte mir ehrlich gesagt noch nicht anmaßen, jetzt schon wirklich verstehen zu können, wie all die Aspekte zusammenhängen und wo dann letztlich das Problem in seiner Komplexität liegt und was das dann wiederum für unsere Behandlung und deren Ziele bedeutet. Aber ich nehme auf jeden Fall das Außergewöhnliche, das Besondere an dem wahr, was Sie berichten! Ich möchte ehrlich gesagt auch noch gar keine Bewertung abgeben, denn die wäre zum jetzigen Zeitpunkt zwangsläufig verkürzt und würde Ihnen keinesfalls gerecht werden!«
Peer muss aufpassen, nicht in den salbungsvollen Singsang einer Bibel-TV-Sendung zu verfallen, hat allerdings im selben Moment den Eindruck, dass genau das Herrn Häusler gefällt. Dieser strahlt über sein ganzes Gesicht und wendet einen verklärten Blick aus leuchtenden Augen erneut gen Raumdecke. Wieder meint Peer ein Wispern zu vernehmen und in der Tat ist da eine leichte Bewegung der Lippen.
Peer versteht aber trotz angestrengten Hinhörens nur Wortfetzen.
» … und du mich hier hingeführt hast … ich dir nur danken … schulde ich dir … extralanges Gebet …«
Dabei schaukelt Herr Häusler wieder fast unmerklich, aber rhythmisch vor und zurück. Die Bewegung wirkt nicht spontan motiviert, sondern eher wie eine einstudierte Choreographie.
Komm Peer, du kommst eh nicht drum herum und eigentlich kennst du ja schon fast die Antwort bei all dem, was sich hier abspielt, auch wenn du dir nicht hättest träumen lassen, dass sich dein berufliches Profil mal in Richtung „Eventmanager für Erweckungsveranstaltungen“ entwickeln würde, denkt Peer selbstironisch.
Sein Patient wirkt derweil so entspannt, wie während der ganzen 50 Minuten zuvor nicht. Er ist mit seiner Aufmerksamkeit wieder ganz bei Peer.
»Herr Hammer, so stellen Sie doch bitte diese Frage! Ich weiß doch auch, dass die Sitzung rum ist und Sie Ihre Pause brauchen und sich fragen, was es mit mir auf sich hat.«
Peer ist wie vom Donner gerührt. Kann Herr Häusler Gedanken lesen? Wieder so eine Wendung, die ihm nicht gefällt, weil sie ihn verwirrt. Und Peer mag keine Verwirrung, jedenfalls nicht im beruflichen Bereich.
»Nun gut, Herr Häusler, Sie sehen mich gelinde gesagt sehr überrascht … angesichts Ihrer offensichtlichen Fähigkeiten«, versucht Peer die Gradwanderung, »aber nicht hoffnungslos, was unsere gemeinsame Arbeit anbetrifft … und … wie es manchmal eben so ist …«
»Ihre Frage bitte, Herr Hammer! … Eben die, ob ich verrückt bin oder wahnsinnig gar oder ob es wirkliche Fähigkeiten sind mit einer echten, nicht eingebildeten Verbindung zu Gott, woraus sich wiederum ableitet, ob ich gefährlich bin und am Ende etwas Gefährliches tun könnte … Ach, was sag ich … etwas Verheerendes! Finden Sie nicht auch, dass bei dem Zustand, in dem sich unsere Welt befindet und den der Herr so nicht gewollt hat, ein Ende mit Schrecken besser wäre als ein Schrecken ohne Ende?«
Heilige Scheiße, schießt es Peer durch den Kopf. Etwas Gefährliches, Verheerendes, das Ende der Welt? Alles Bestimmung? Und er soll am Ende mit drin hängen, mit Stempel und Unterschrift? Peer Hammer, einst nicht der schlechteste Psychotherapeut in den Weiten der norddeutschen Tiefebene wird zum trojanischen Pferd der Apokalypse? Von Gott beschlossen und genehmigt und von Herrn Häusler ausgeführt, dieser Ausgeburt an Mittelmäßigkeit?
»Herr Häusler, ich frage Sie absolut in Ihrem Sinne, denn Sie verwenden die Frageform und Sie sagen `könnte´, aber ganz ehrlich, sind das noch Ihre Gedanken und Vorstellungen? Oder ist das für Sie schon die reine, unmittelbare Wahrheit und nichts als die Wahrheit?«
Peer ist dabei, seine Unsicherheit von eben zu überwinden, findet zu so etwas ähnlichem wie Souveränität zurück. Entweder, feuert er sich an, geht er hier und jetzt geistig, emotional und moralisch unter und kann zudem gleich seine Approbation1 an den Nagel hängen, oder er kriegt nochmal die Kurve zu kraftvoller Professionalität.
»Herr Hammer, ich weiß es doch selbst auch nicht ganz so genau«, rudert Herr Häusler jetzt strategisch zurück, da ihm Peers erhöhte Grundspannung nicht entgangen ist. »Aber dafür sind Sie ja da, mir zu helfen, diese Verwirrung aufzulösen … und ich glaube, ich muss jetzt auch los … Sahra und David abholen … Kinder soll man ja nicht zu lange warten lassen, aber wem sag ich das …«
Das hast du dir so gedacht, mein Freund! Erst den armen Peer mit solch bizarren Gedanken zu piesacken, an den Rand des Wahnsinns und des Herzinfarktes zugleich zu bugsieren und dann noch zu meinen, unter erpresserischem Einsatz der Kinder das Weite suchen zu können? So haben wir aber nicht gewettet!
In Augenblicken des Ärgers fühlt Peer sich manchmal in seine Kindheit zurückversetzt und sieht vor seinem inneren Auge einen kleinen, äußerst pummeligen, sensiblen Jungen, der schnell zu weinen begann. Heute, im reifen Erwachsenenalter, sieht er bis auf ein paar Fettpölsterchen ganz passabel aus. Jedenfalls ist Sven immer wieder von seiner einigermaßen sportlich-rustikalen Figur angetan. Auch psychisch ist er immerhin etwas robuster als in Kindertagen.
»Herr Häusler, das finde ich wunderbar, dass Sie Ihre Kinder nicht warten lassen wollen. Das zeigt mir ganz eindeutig, dass es noch einige Ressourcen und eine Menge an funktionierender Normalität in Ihrem Leben gibt. Bevor wir aber so holterdipolter auseinanderlaufen, möchte ich zwei Dinge klarstellen.«
Peer legt eine Kunstpause ein, die eines Altkanzlers Helmut Schmidt würdig gewesen wäre, nur dass er keine Zigarette raucht oder Schnupftabak zu sich nimmt.
Sein Patient schaut mit großen Augen und angehaltenem Atem zu ihm herüber.
»Erstens …«
»Ja?«, erwidert Peers Gegenüber mit zögerlicher Stimme.
»Erstens sehe ich Sie kommende Woche zur gleichen Zeit an diesem Ort wieder, in Ordnung?«, klingt Peer freundlich aber bestimmt.
»Ja … natürlich … Das lässt sich einrichten … und zweitens?«
»Und zweitens, etwas ganz Grundsätzliches zu unserer Behandlung und deren Grenzen. Ich möchte sehr gerne mit Ihnen arbeiten, auch wenn das mit Ihnen eine echte Herausforderung werden wird und selbst wenn das an die Grenzen unser beider Belastbarkeit gehen sollte …«
»Oh …«
»Und wissen Sie, warum ich das auf mich nehmen würde?«, setzt Peer jetzt alles auf eine Karte.
»Nein … aber Sie werden es mir sicher gleich sagen?«
»Das werde ich und das muss ich vor allem auch, selbst wenn es zunächst sehr unangenehm klingen sollte …«
»Bringen wir es doch hinter uns …«
»Weil ich nicht möchte, dass ein guter Mensch, Ehemann, Vater von zwei Kindern und potenziell tüchtiger, wenn auch derzeit arbeitssuchender Mitbürger, so ohne Not in der geschlossenen Abteilung der örtlichen Psychiatrie landet …«
Herr Häusler wird ganz blass.
»Psychiatrie? Sie meinen …«
»Genau das meine ich«, betont Peer. »Denn bei allem Respekt vor Ihrem Glauben, Ihrer Religiosität, glaube ich, dass Sie sich irgendwo in der gefährlichen Grauzone zwischen bewundernswerter Hingabe an Gott und einer mindestens fixen Idee befinden. Und falls wir letzteres nicht in den Griff oder zumindest gebremst bekommen, wird sich das langfristig nicht günstig auf Ihr Leben auswirken. Dafür habe ich schon zu viele Menschen diesen Weg gehen sehen, denen vielleicht anders hätte geholfen werden können, wenn sie sich hätten helfen lassen! Denn wenn Sie hier nicht freiwillig die Kurve bekommen, kann ich Ihnen am Ende auch nicht mehr helfen und dann übernehmen das Andere …«
»Andere?«
»Ja, Andere … Die Ärzte zum Beispiel, und die reden dann nicht mehr oder fragen, was Sie möchten, die handeln dann einfach!«
Herr Häusler bekreuzigt sich hektisch dreimal. »Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, dein Stecken und Stab …«
Peer legt unbeirrt alles in seinen letzten Satz, denn er will an das Ende der Behandlung unbedingt etwas Positives, Konstruktives stellen, sonst kommt dieser Patient nie wieder. »Und damit wir uns richtig verstehen, Gott darf dabei sogar gerne eine zentrale Rolle spielen, aber ich werde mich nicht darauf einlassen, wenn Sie sich bei Bedarf oder wenn es unangenehm wird, hinter Gott verstecken oder ihn gar gegen mich instrumentalisieren. Da hört der Spaß dann definitiv auf!«
»Das klingt aber insgesamt sehr hart!«, beschwert sich Herr Häusler abschließend. »Und ob das dem Herrn gefällt, weiß ich auch noch nicht!«
»Ja, ich weiß, das klingt hart, aber eben deshalb, weil es hart ist und weil die Alternative noch härter wäre. Und ich sage das so unverblümt, weil mir trotz der Kürze der Zeit schon etwas an Ihnen liegt und weil ich möchte, dass unsere Zusammenarbeit hier funktioniert und zwar auf einer ehrlichen Grundlage! Das müsste dem Herrn doch eigentlich gefallen?«
Sein Patient ist für Momente bewegungsunfähig und Peer weiß nicht, was als nächstes passieren wird. Vom spontanen Schlaganfall aufgrund eines geplatzten Aneurysmas2 durch Blutdruckkrise bis hin zu wütendem Rauslaufen hält er alles für möglich. Ehrlich gesagt würde es ihn nicht mal mehr wundern, wenn sich die Decke des Raumes öffnen würde, im gleißenden Licht die Hand Gottes erschiene, Herrn Häusler greifen und eine Stimme ertönen würde: »Karl, ich bin gekommen, dich zu erretten vor diesem stümperhaften und ketzerischen Therapeuten.«
Aber etwas ganz anderes passiert und Peer hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Herr Häusler schaut ihn nun unverwandt mit einem Ausdruck verletzlicher Offenheit und tränenverschleiertem Blick an und sagt mit brüchiger Stimme: »Das jemandem etwas an mir liegt, das hat noch niemand im ganzen Leben zu mir gesagt …«
Jetzt weicht er Peers Blick verschämt aus und bricht in lautes Schluchzen aus.
Ehe Peer, selber ganz überwältigt, reagieren kann, ist Herr Häusler schon aufgesprungen, greift seine Jacke von der Ecke der Sessellehne, stürzt zur Zimmertür, reißt sie auf, durchquert mit wenigen Schritten den Flur zur Eingangstür und passiert auch diese, ohne sie wieder zu schließen.
Peer, der noch nicht mal bis in den Flur gefolgt ist, hört noch den Widerhall eines letzten Schluchzers aus dem Treppenhaus, bevor auch die Haustür ins Schloss fällt. Benommen steht er einen Moment auf der Schwelle des Praxiseingangs, wendet sich wieder nach drinnen, schließt die Tür und lehnt sich dagegen. Er spürt das kühlende Glas angenehm durch die Kleidung und murmelt: »Genau, Kühlung ist das, was ich jetzt brauche!«