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Gute Tänzer fallen nicht vom Himmel

„Lass uns heut Abend nach Zwischenahn in den Kristallpalast fahren“, schlug meine Freundin vor.

Ich wunderte mich, denn der „Kristallpalast“ war ein Tanzlokal für etwas ältere Menschen. Das Event fing da immer schon um 20 Uhr an und war kurz vor Mitternacht zu Ende. Wahrscheinlich weil die Tanzfreunde dieser Altersgruppe schneller müde werden und früher ins Bett gehen. Lisa mochte dieses Lokal nicht besonders und ausgerechnet aus ihrem Mund kam nun dieser Vorschlag.

„Ist da was Besonderes los?“, fragte ich hellhörig geworden und sah meine Freundin aufmerksam an. Ich wusste sofort, dass sie etwas im Schilde führt. „Hast du wieder ein Fischkopf-Date?“, versuchte ich es zu ermitteln.

„Nein“, war die Antwort, „aber ich wollt mich dort mit einem Tänzer treffen. Er hatte ne Annonce im Wochenblatt. Mit Foto. Er sucht eine Tanz- und Lebensabschnittspartnerin, wie man das heutzutage nennt.“

Ich wusste es! Und freute mich natürlich schon riesig auf das neue Abenteuer.

„Irgendwann hängen einem die Internet-Dates zum Hals raus. Lass es uns mit der guten alten Zeitung probieren“, spöttelte ich.

Herausgeputzt wie immer fuhren wir abends nach Bad Zwischenahn. Das Lokal war gut besucht und wir bekamen nur mit Mühe Plätze an einem kleinen Tisch . Gerade weil das Klientel schon fortgeschrittenen Alters ist, legt man hier besonderen Wert auf die Sitzplätze. Diese werden schon im Vorfeld reserviert und wehe, ein „Unbefugter“ wagt es, sich an einen solchen Tisch zu setzen!

Das in die Jahre gekommene Lokal war etwas merkwürdig gebaut. Die Tanzfläche und der Sitzbereich waren in die Länge gezogen und dadurch ziemlich eng. Wer keinen Sitzplatz hatte, musste im engen Durchgang zwischen Theke und Tanzfläche stehen und wurde ständig von allen Seiten eingeengt und angerempelt. Ich hatte immer das Gefühl, dass die sitzenden Gäste schadenfroh und hochnäsig zu den Stehenden hochschauten und sich für etwas Besseres hielten.

Nun saßen auch wir an unserem Zweier-Tisch und blickten zum Eingang, durch den Lisas Tänzer jeden Moment reinkommen musste. Ich trank meinen Rotwein, da Lisa nüchtern bleiben musste, und war wie immer total neugierig auf alles. Die Geschichte durfte heute besonders spannend werden, weil Lisa das Zeitungsfoto des Typen gesehen hatte und somit sein Gesicht kannte, er ihres aber nicht. Also konnte sie frei entscheiden, ob sie ihn anspricht oder anonym bleibt.

„Da ist er.“ Lisa stupste mich unter dem Tisch an, als ein großer, schlanker Mann mit vollem blonden Haar den Raum betrat. Er war gut gebaut, apart gekleidet und ich stellte mir sofort die Frage, wieso ein Mann wie dieser nicht in festen Händen ist.

„Na los, Lieschen, schnapp ihn dir“, munterte ich meine Freundin auf. Etwas zögerlich stand sie auf und ging auf den Kandidaten zu. Sie unterhielten sich eine Zeit lang, gingen dann auf die Tanzfläche und ich verlor sie aus den Augen. Irgendwann wurde auch ich zum Tanzen aufgefordert und vergaß alles um mich herum. Als ich aber zu unserem Tisch zurückkehrte, sah ich meine Freundin nachdenklich an ihrem Getränk nippen.

„Er heißt Helmut. Komischerweise haben wir uns nicht viel zu sagen“, meinte Lisa. „Wir haben getanzt, ein Wasser getrunken, ein paar Worte gewechselt und dann war die Luft raus.“

„Dann soll's nicht sein“, gab ich ganz weise zurück.

„Er hat heut Geburtstag“, kam noch eine Information.

Ich wusste sofort Bescheid, dass der Mann nicht Lisas Typ ist.

„Ist doch okay, schick ihn wieder weg. Kann er denn wenigstens gut tanzen?“

„Gut ist was anderes“, sagte meine Freundin mit ihrem speziellen Lächeln.

Nach einer Weile stand ich dann vor der Theke und wollte für uns Getränke bestellen. Plötzlich tauchte Date-Helmut neben mir auf und bat mich um einen Tanz. Wir gingen auf die Tanzfläche. Helmut musterte mich lächelnd und vertraute mir an, ich sei ihm schon am Anfang des Abends aufgefallen. Er habe sich nur nicht getraut, mich anzusprechen.

Ich tanzte mit ihm die Grundschritte vom Discofox und wartete auf die ersten Drehungen. Helmut war aber anscheinend auf gemütliches Tanzen eingestellt und quasselte fröhlich weiter, leicht lispelnd. Er habe mich hier früher noch nie gesehen und wie könne es angehen, dass so eine interessante Frau allein ausgeht….

„Ich bin nicht allein hier, Helmut“, überraschte ich ihn.

„Woher weißt du, wie ich heiß?“, wunderte er sich.

„Ich weiß so einiges. Auch dass du ein guter Tänzer bist und heute Geburtstag hast“, blieb ich cool.

Mein Tänzer wurde auf einmal stiller und angespannter.

„Alles okay!“ Ich lächelte ihn mild an und machte ein zufriedenes Gesicht.

Es gibt Männer, die tanzen entspannt, auch wenn sie es nicht besonders gut können. Und es gibt Männer, die sich bemühen, besonders gut zu tanzen und ausgerechnet dadurch immer steifer werden. Helmut gehörte zur zweiten Kategorie.

„Na, wie bin ich?“, fragte Helmut alle paar Minuten.

„Sehr gut“, lobte ich ihn und versuchte aufrichtig zu klingen. Dabei merkte ich höflich an, dass ein paar Drehungen das Tanzen noch anspruchsvoller machen würden.

„Ich finde die Drehungen überflüssig“, meinte Helmut geheimnisvoll lächelnd. „Wenn man einfache Schritte tanzt, kann man die Frau so schön im Arm halten.“ Seine Meinung konnte ich nicht teilen, denn für mich ist das nicht wirklich Tanzen. Discofox ohne Drehungen ist wie Sex ohne Orgasmus, sind Lisa und ich uns einig. Aber mit diesem Mann wollte ich darüber nicht diskutieren.

„Fühlt sich an, als ob du eine Tanzschule besuchen würdest“, lispelte Helmut weiter. Eigentlich bin ich keine Angeberin, aber hier konnte ich es mir nicht verkneifen. „Ich habe Gold“, teilte ich sachlich mit. Bis zum Ende der Runde sagte Helmut kein Wort mehr. Wie es sich gehört, führte er mich zu meinem Tisch zurück. Ich setzte mich zu Lisa und bedankte mich bei dem verblüfften Kavalier. Er machte schnell kehrt und ging zur Theke. Den Rest des Abends ließ er sich nicht mehr blicken.

Ein Jahr später las ich in unserer lokalen Zeitung folgende Anzeige: „Sympathischer, gut und jung aussehender Mittfünfziger wünscht sich eine Lebenspartnerin für immer. Bin sportlich, fahre gern in Urlaub, tanze gern und gut. Wer nimmt es mit mir auf?“

Da ich mich gerade von meinem Tanzpartner verabschiedet hatte, weil dieser in einen anderen Ort umzog, wurde ich sofort aktiv: „Ein Tänzer wär nicht schlecht. Zum Ausgehen erstmal. Vielleicht wohnt er in der Nähe und hat Bock auf Tanzschule“, dachte ich mir. Ich wählte die angegebene Handynummer und sofort meldete sich eine Männerstimme mit leichtem Lispeln. Dieses Lispeln kam mir bekannt vor, doch ich wusste es nicht richtig einzuordnen.

„Wie heißt du denn?“, wollte die Stimme wissen.

„Melanie“, log ich, „und du?“

„Ich bin Helmut und komme aus Edewecht“, lispelte er freundlich weiter und ich wusste, mit wem ich sprach. Ich wartete höflich ab, bis Helmut eine Pause zum Luftholen machte und gab ihm zu verstehen, dass es mir zu weit sei.

Eigentlich haben Lisa und ich uns mal gegenseitig geschworen, nie auf Zeitungsannoncen zu reagieren. Aber ab und zu passierte es trotzdem. Dieses magische Wort „tanzen“ ließ uns dann unsere guten Vorsätze vergessen. Und wenn es wieder mal ein Flop war, öffneten wir zwei eine Flasche Wein, analysierten den Fall, lachten darüber und stießen auf unsere Freundschaft an.

Donnerstags ist Damenwahl

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