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Kleider machen Bräute

„Wie alt war die Braut?“ Ich traute meinen Ohren nicht.

„75“, antwortete Marita gelassen.

Wir saßen in der Sauna des Fitnessstudios und ließen es uns nach der Sportrunde gut gehen. Am Mittwoch ist hier Damentag und nicht wirklich viel los. „Ob die Frauen wohl wegbleiben, weil die Kerle nicht reindürfen?“, hatten wir uns schon mal lachend gefragt. Aber eigentlich ist es ohne Männer ganz gut in der Sauna, so kann man über sie besser lästern und sich die verrücktesten Dinge erzählen. So wie heute.

Marita arbeitet seit Jahren in einem großen Braut- und Abendmodegeschäft im Emsland und hat schon viele Frauen erlebt, die vor den Altar treten wollten. Unter den sich trauenden Damen ist alles vertreten – von zufriedenen und glücklichen bis zu hysterischen, deren Ansprüchen sogar ein Fachgeschäft wie dieses nicht gerecht werden kann.

Die Frauen kommen in Scharen – mit Freundinnen, Müttern, Patentanten und angehenden Schwiegermüttern im Schlepptau. Alle wollen am Glück der Braut teilhaben und bei der Auswahl des Kleides behilflich sein. Jede Ehekandidatin scheint zu glauben, sie müsse die hübscheste Braut dieses Planeten sein. Stundenlange Anproben, kritische Blicke und manchmal auch viel zu hohe Ansprüche für die vorhandenen Möglichkeiten können nervenaufreibend sein und unheimlich viel Kraft kosten.

„Sag du mal einer Braut, dass das ausgewählte Kleid ihr nicht steht und auch nicht stehen kann, weil sie, zum Beispiel, zu mollig ist! Bring ihr das durch die Blume bei und überzeug sie, dass ein anderer Schnitt sie in eine wahre Prinzessin verwandelt! Das ist die Kunst, die uns Verkäufern abverlangt wird!“, fachsimpelte Marita.

„Siehst du“, zwinkerte ich Lisa zu, „man kann auch noch mit 75 heiraten. Also haben wir noch genug Zeit.“

„Klar“, reagierte meine Freundin prompt, „wenn wir dann unsere künstlichen Knie und Hüften haben und nicht mehr tanzen können, dann gehen wir zum Traualtar. Mit Rollator.“

„Wie kommt man auf die Idee, in diesem Alter noch zu heiraten?“, bohrte ich hartnäckig weiter und wollte wissen, ob die Braut dazu etwas gesagt hatte.

Marita erzählte, dass es dafür einen ganz prosaischen Grund gab: Das Paar hatte viele Jahre ohne Trauschein zusammengelebt und als der ältere Herr eines Tages mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus kam, verweigerten die Ärzte der Lebensgefährtin die Auskunft über seinen Gesundheitszustand. Sobald er sich einigermaßen erholt hatte, wurde geheiratet. „Damit so eine Situation nie wieder vorkommt“, beendete Marita ihren Bericht.

„Ach so.“ Die Enttäuschung meiner Freundin war groß. „Ich hatte mir gerade eine romantische Geschichte mit Liebe auf den ersten Blick vorgestellt oder mit einem Wiedersehen mit der Jugendliebe nach 50 Jahren. Wenn es nur um die Informationen über den Gesundheitszustand geht, dann ist es total langweilig.“

„Es gibt aber auch andere Informationen, zu denen man als Ehefrau Zugang bekommt. Wie zum Beispiel die über den Kontostand und Ersparnisse“, kam die nüchterne Anmerkung einer Dame aus der anderen Ecke der Sauna, die sich unser Gespräch die ganze Zeit angehört hatte.

An den Damentagen wird wirklich viel gelacht.

Donnerstags ist Damenwahl

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