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Ein unbekanntes Gepäckstück im Rucksack

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Abseits der drei Haufen lag eine kleine weiße Plastiktüte, die zu einem handgroßen Päckchen verschnürt war. Sophia schaute sich fragend um. Sie suchte wohl nach Johann, um in Erfahrung zu bringen, zu welchem Haufen sie das Päckchen legen sollte.

„Das ist ja das Päckchen, das mir am Flughafen in Istanbul beim Umpacken schon aufgefallen ist. Ob Johann ein Geschenk für mich gekauft hat?“ Manchmal spricht Sophia mit sich selbst. Ob das daran liegt, dass sie ein Einzelkind ist, weiß ich nicht. Ich vermute es aber. Sie hat schon als Schulkind mit sich alleine Mutter und Kind gespielt. Sie war dann Vater, Mutter und Kind in einer Person. Für jede Person hatte sie eine eigene Stimme. Ich fand das immer sehr schön, wenn ihre Mutter das später wiederholt ihren Freundinnen erzählte. „Und nie hat sie sich mit den Stimmen vertan“, beendete sie stets die Geschichte voller Mutterstolz. Faszinierend, einfach katzlich.

Johann war nicht mehr in der Nähe, sondern mal dahin gegangen, wo ich auch unbedingt hingehen musste. Also sprang ich runter von der Bank und meinem Beobachtungsposten, streckte mich und machte mich auf den Weg zu einem nicht einsehbaren Flecken. Noch mit einem Auge sah ich, dass Sophia das Päckchen aufhob und auf die Bank in meinem Esszimmer, auf der ich gerne raste, legte. Dann packte sie die Wäsche unter den Arm, sicher, um sie in die Waschmaschine zu stecken.

Wir verloren uns vorerst aus den Augen. Ich musste nämlich unbedingt noch einmal mein Revier markieren, hatte ich morgens doch eine magere Katze herumstreunen sehen. Nicht, dass Sophia sich nach ihrem Türkeiurlaub nun bevorzugt um solche Katzen kümmern wollte. Fremde Katzen, insbesondere bemitleidenswerte Geschöpfe, halb verhungerte und magere Katzen, mussten ferngehalten werden. Ich wollte keine Nebenbuhlerinnen oder Nebenbuhler in meinem Revier. Es sollte alles so bleiben wie es war. Ich muss dringend an meinem Egoismus arbeiten. Ich werde das auch wirklich machen, großes Katzenehrenwort.

Erst am späten Abend kam ich nach meiner Markierungsrunde zurück. Sophia und Johann lagen wohl im Bett. Wie gut, dass das Sophias Vater nicht sah. Ich habe gehört, dass er es nicht liebt, wenn Johann in Sophias Zimmer übernachtet. Ich saß unter dem Küchenfenster, als er dies zu seiner Frau sagte. Die hatte dafür aber nur ein müdes „Ach, die Zeiten haben sich geändert!“ übrig.

Sophias Mutter, die Judith heißt, ist viel offener für Veränderungen, wie ich schon wiederholt festgestellt habe. Ein Beispiel hierfür fällt mir gerade nicht ein. Würde ich jedoch nachdenken, fielen mir sicher viele ein.

Die Eltern wollten erst in zwei Tagen zurückkommen, wie ich Gesprächsfetzen entnommen hatte. Somit hatten die beiden noch sturmfreie Bude, wie es die Menschen nennen.

Ich schlich über die Terrasse und sprang dann auf die Bank, um mich in Sophias Nähe ein wenig auszuruhen. Auch wenn dicke Mauern dazwischen waren, spürte ich sie deutlich.

Weil mich ein weißes Päckchen, das auf der Bank lag, störte, stieß ich es kurzerpfote auf den Boden. Da verschwand es hinter den Gartenschuhen, die Sophias Mutter immer unter die Bank stellte. Ich würde das Päckchen morgen wieder hervorholen, wenn ich es nicht vergessen sollte. Es handelte sich nämlich um das Päckchen, von dem Sophia vermutete, es enthielte ein Geschenk von Johann für sie. Also hatte sie noch nicht darüber mit Johann gesprochen oder aber es war nichts Wichtiges darin und die beiden konnten es auf der Bank liegen lassen. Wie auch immer, mich störte es im Moment.

Ich gab mich meinen liebsten Träumen hin, in denen es sich um Aluschälchen vom Feinsten handelte. In der Folge schneite es mit einem Mal Speckwürfel, abgelöst von handtellergroßen Käsescheibchen. Dann aber trat dieser katzenhafte Traum in den Hintergrund und ich sah mich in einer Auseinandersetzung mit Katzen, die mir mein Revier streitig machen wollten. Sie hatten Riesenglocken um den Hals an einem grellroten Band und versuchten, mich mit dem Lärm einzuschüchtern. Großkatze sei Dank erwachte ich aus dem schrecklichen Traum. Ich tastete nach Sophias Geschenk. Das Halsband war noch an Ort und Stelle. Nicht, dass es mir etwas ausgemacht hätte, wenn es nicht mehr dagewesen wäre. Im Gegenteil. Es war einfach nur ein Reflex aufgrund des Katzentraums. Ich musste mir unbedingt etwas einfallen lassen, wenn mich das Halsband schon im Traum verfolgte.

Der geräuschvolle Traum kam jedoch nicht von ungefähr bzw. aus der innerlichen Ablehnung des Halsbandes. Es war etwas im Busch. Mein Traum war Vorbote einer versuchten Attacke der Rucksackdiebe. Traum und Wirklichkeit wurden miteinander verwoben.

Mit Kommissarin Minou ist jederzeit zu rechnen

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