Читать книгу Die Kunst des Humors - Helge Schönhusen - Страница 5

Einführung

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Humor ist für die meisten Menschen das, was sie von anderen erwarten, was gut von ihnen stammen könnte oder was ihnen einfällt, nachdem die anderen längst weg sind.

Vor allem Comedians und Kabarettisten, Autoren, Redner und Moderatoren sollen immer schön witzig und humorvoll sein. Nicht zu vergessen all die notorischen Scherzkekse und Spaßvögel, denen der Humor in die Wiege gelegt worden zu sein scheint.

Aber Sie? Haben Sie genug Humor? Verstehen Sie Spaß? Verstehen Sie Humor, wie er funktioniert? Bringen Sie Ihre Mitmenschen zum Lachen? Auch gezielt, bewusst, stets dann, wenn Sie es wollen, die Situation es erfordert, also nicht nur in jenen seltenen Momenten, in denen Sie mal zufällig witzig oder unfreiwillig komisch sind?

Möchten Sie Ihren Humor gern verbessern oder wiederfinden, neu erfinden, überhaupt erst entdecken? In diesen Fällen sind Sie hier richtig. Und daher gleich die gute Nachricht: Humor lässt sich, Unkenrufen zum Trotz, durchschauen, erlernen, üben, entwickeln. Aktiver Humor ist keine unveränderliche, genetisch zementierte Gabe – er ist eine Kunst, deren Handwerk auch auf Wissen basiert. Nur fehlt den meisten an Humor Interessierten dieses Wissen, und das, obwohl sich die Erkenntnisse der Menschheit alle fünf bis zwölf Jahre verdoppeln, die Medien uns mit Informationen überfluten, Ratgeber fast jedes Thema etliche Male wiederkäuen, die Welt immer transparenter wird.

Ein Wunder ist das nicht: Mit Humor verhält es sich ganz anders als mit Themen wie etwa Glück, Gesundheit, Partnerschaft, Ernährung, Kinder, Auto, Reisen, Fußball, Computer, Politik oder Geld. Was haben wir nicht schon gehört und gelesen darüber, selbst erlebt, durchdacht und ausprobiert, was könnten wir erzählen, den Leuten alles raten? Aber Humor? Da hört’s auf, hört man die immer selben Floskeln: „Lachen ist gesund“, „Humor hat man oder hat man nicht“, „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“, „Der Partner sollte humorvoll sein“ und so weiter und so gut und so wenig hilfreich.

An das Thema Humor gehen selbst Philosophen, Psychologen, Anthropologen und Medienexperten nur selektiv, nie ganzheitlich heran. Einzelne Erscheinungen wie das Lachen, Witze oder Comedy werden einseitig betrachtet, Vielfalt und Unterschiede der Humorformen ermüdend beschrieben, Spuren von Komik in klassischen Werken literaturwissenschaftlich zerredet oder Wirkungen des Humors allein für die Psychotherapie geschildert. Für ein umfängliches Wissen der Allgemeinheit jedoch zwecks praktischer Anwendung im täglichen Leben wurde bislang kaum etwas erreicht.

Noch weniger zu erwarten haben wir von den professionellen Anwendern des Humors in Gestalt der Comedians, Kabarettisten und Gagschreiber: Die lassen sich entweder, ähnlich Zauberern mit ihren Tricks, nur ungern in die gewinnbringenden Karten schauen oder wissen selbst nicht so genau, wie ihr kreatives Talent eigentlich funktioniert.

Deshalb bildet Humor nach wie vor einen mächtigen weißen Fleck auf der Landkarte unserer bewussten Lebensgestaltung. Humor, dieses begehrte Gut menschlicher Kommunikation, dieser hoch angesehene Persönlichkeitswert, mit dem wir täglich zu tun haben, zu tun haben sollten, ist ein Phänomen: Damit er spontan gelingt, bedarf es einer originellen Inspiration zum perfekten Zeitpunkt mit den richtigen Leuten in der passenden Stimmung und Situation. Leider bietet unser Alltag solche Bedingungen viel zu selten: Der Ernst des Lebens mit all seiner Hektik und Unsicherheit, seiner Betroffenheit, Angst und Erschöpfung, all dem wichtigtuerischen, gleichgültigen oder rücksichtslosen Gebaren vieler Mitmenschen funkt ständig dazwischen, dass einem der Spaß auf Dauer vergehen möchte. Setzen wir uns dann aber hin, um uns in Ruhe Humor auszudenken, gezielt zu erfinden, ist er gleich gar nicht mehr zu fassen, wird er zu einer so flüchtigen wie verflixten, kopfzerbrechenden Angelegenheit.

Haben Sie in solchen Fällen nicht auch das Gefühl, über Humor genauso viel zu wissen wie über Quantenkryptografie, also nichts? Ich hatte es, verspürte den Drang, das Phänomen Humor endlich derart ergiebig und ganzheitlich zu entschlüsseln, dass man begreift, was Humor tatsächlich bedeutet, was er bewirkt, wie er funktioniert, wie man ihn bewusst und gezielt herleiten kann, jederzeit, nach einem leicht verständlichen Muster, einer praktischen, einheitlichen Formel.

Denn nicht mal in den Bergen von Artikeln und Ratgeberbüchern über Kommunikation, Moderation, Präsentation und Erziehung, über Rhetorik, Schreiben, Erfolg und Schlagfertigkeit, über Glück, Partnersuche und Partnerschaft, über Gesundheit, Selbstwert, Selbstbestimmung, Gelassenheit und Kreativität wird Näheres über Humor geschrieben, geschweige denn darüber informiert, wie er funktioniert.

Dazu kommt es einem so vor, als suchten die Menschen ihr Glück heutzutage in Tausenden möglichen wie unmöglichen, teuren wie abenteuerlichen Dingen und Handlungen nur als halbherzigen Ersatz für eine angenehme, anregende, empathische und humorvolle Kommunikation mit netten Leuten.

Was den Humor dabei betrifft, wollen das vorliegende Buch sowie zwei weitere Bücher aus der Reihe „Eine Formel fürs Leben“ diesen Mangel mithelfen zu beheben. Am Ende werden Sie damit über sämtliche Informationen verfügen, um witziger und humorvoller sein zu können: Anfangs noch mit Einsicht und Verstand, systematisch anhand gezielter Methoden. Aber schon nach kurzer Zeit wird Ihnen das Witzige und Humorvolle immer häufiger auch intuitiv gelingen, spontan, schlagfertig, fast wie von selbst.

In diesem ersten Buch erwartet Sie zunächst ein ungeschminkter Blick auf unser angespanntes Verhältnis zum Humor. Denn trotz ihrer vielfältigen, meist positiven Wirkungen vernachlässigen wir wohl keine andere menschliche Äußerungsform dermaßen sträflich wie den Humor. Und findet das Thema ausnahmsweise nähere Beachtung, scheiden sich quälend daran die Geister, werden althergebrachte Vorbehalte, Irrtümer und Missverständnisse sichtbar.

Die hierzu mit einem Augenzwinkern präsentierten Wahrheiten sollen Sie in Ihrem Eifer aber nicht bremsen, auch wenn sie noch so ernüchternd anmuten mögen: Im Gegenteil, sie sollen Sie beflügeln, humorvoller zu werden, etwas zu wagen, weil Sie nur so gewinnen, sich seelisch beleben, stärken, schützen, unabhängiger machen können, und zwar in fast jeder Situation unseres oft so gezwungenen Daseins.

Anzeichen eines verheißungsvollen Wandels, etwa in Form des neuen Online-Humors, finden wir allemal; Sie werden staunen, was da alles geht und passiert. Darüber hinaus gewährt Ihnen das Buch neue Einblicke in die Wunderwirkungen des Humors auf unser Alltagsleben. Von denen gibt es deutlich mehr, als Sie sich vermutlich jemals bewusst waren. Entweder verkennen, unterschätzen und vernachlässigen wir diese Wirkungen regelmäßig, oder sie fallen den berühmten Risiken und Nebenwirkungen zum Opfer, die gefährlich hinter jedem unserer Humorversuche lauern. Als Medizin ist Humor zwar nicht verschreibungspflichtig, doch kann er wie eine Droge leicht glückstaumelig bis süchtig machen, voll daneben gehen, peinlich übers Ziel hinausschießen. Daher bekommen Sie die Packungsbeilage für einen maßvollen, geschickten Gebrauch gleich mitgeliefert.

Anschließend zeigt Ihnen der zweite Teil, inwiefern Sie auf Ihren Humor und dessen Entfaltung dringlich angewiesen sind, heutzutage mehr denn je. Erfahren werden Sie etwas über unsere zwiespältige Natur, die wir im Interesse einer intakten seelischen Gesundheit – von kindlich blödelnd über selbstironisch scherzend und geistreich witzelnd bis fantasievoll verrückt – intensiver ausleben sollten. In den meisten Fällen können wir die Widersacher unseres Wohlbefindens nicht einfach ausschalten, wir können aber schlauer mit ihnen umgehen, im besten Fall als Steilvorlage nehmen, um sie zu unserem Vorteil zu verwandeln.

Humor spielt dabei eine Schlüsselrolle, weshalb es auch um die Frage gehen wird, wo dieser ganze im Alltag fehlende Humor geblieben sein könnte: Haben die Medien ihn uns abspenstig gemacht, der wachsende Leistungsdruck der Arbeitgeber ihn erstickt, die Krisen und Ungerechtigkeiten unseres Lebens ihn geraubt? Was richten die rasanten Veränderungen in der Welt überhaupt mit uns an, wie schlimm ist es bereits um unsere Seelenschieflagen bestellt? Sind wir noch bloß komisch oder längst neurotisch? Und was haben das Glück und ein Glaube mit unserem Humor zu tun? All die Faktoren, die uns täglich den Spaß verderben, fordern unseren Humor eigentlich erst richtig heraus. Daher sollten wir nicht wie gelähmt unter ihnen leiden, stattdessen als wertvollen Rohstoff und beliebte Zielscheibe für Humor begreifen.

In Zukunft wird zudem nicht nur das bisweilen recht verzwickte Verhältnis der Geschlechter zueinander vermehrt auf Humor angewiesen sein: Unsere gesamte so hysterische wie abgeflachte bis leere Kommunikation, ob herkömmlich analog oder mit dem neuesten digitalen Technikzauber aufgerüstet, hat dringend mehr Humor nötig. Ein Umgang zwischen den Menschen, dem es an Humor mangelt, ist nicht nur anfälliger für frostigen Stress, empfindungslose Monotonie oder lähmende Langeweile, sondern ebenso für Fremdheit, Voreingenommenheit, Wichtigtuerei und Intoleranz. Mit der Zeit erweist sich ein Manko in Sachen Humor als regelrecht asozial und psychisch riskant. Solange wir halbwegs zufrieden, ausgeglichen, gesund, friedlich, erfolgreich und sozial eingebunden leben möchten, können wir uns gerade das nicht mehr leisten.

Deshalb führt Sie der schließlich dritte Teil über die zahllosen Erscheinungsformen des Humors, den ungleichen Umgang der Geschlechter mit Humor sowie den vermeintlich unterschiedlichen Humor der Völker hin zu dem einheitlichen Modell der Komikeinheit. Anhand dieses Modells werden Sie Humor allmählich verstehen, wie er konstruiert ist, wie er funktioniert und gezielt erdacht werden kann. Absolut jeder gelungene Humor, jeder Witz, jeder Scherz zeigt ein gleiches Muster, setzt sich aus regelmäßig vier Bausteinen der Komikeinheit zusammen: dem typisch menschlichen Gegenstand, der Doppeldeutung, dem ungewissen Spott und dem intuitiven Stil mit Pointe. Sobald Sie diese vier Bausteine durchschauen, werden Sie sich mit Ihrem Humor deutlich leichter tun.

Weiterführend behilflich sein können Ihnen dabei auch das zweite und dritte Buch „Der Bauplan des Humors“ sowie „Humor kreativ“, für das Ihnen die hier erste Beschreibung der Komikeinheit als Vorgeschmack dienen soll. Falls Sie allerdings noch immer nicht beabsichtigen, Ihrem Humor eine neue Chance zu geben, dadurch selbstsicherer, seelisch stabiler, amüsanter, beliebter und attraktiver zu werden, lassen Sie sich eben nur informieren und zusätzlich gut unterhalten von den Einblicken in die faszinierende Welt des Humors.

Humor beseitigt nicht die Minuszeichen des Lebens, aber er setzt sie in Klammern mit einem Plus davor.

Die Kunst des Humors

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