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Härteste Donnerschläge mit wild gleissenden Blitzen

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In der Nacht vom Samstag auf Sonntag der zweiten Februarwoche gab es einen Wolkenbruch, dessen Schwere Dr. Ferdinand noch nicht erlebt hatte. Die Gewitter schlugen mit unerhörten Stakkatos von felsiger Härte herab, rasten in schneller Folge, durchsetzt von bebenden Tremolos mächtigster Paukenschläge hintereinander her, liessen Mark und Bein erzittern, während die Sturzgüsse des Himmels im Nu das Gefurchte und Durchlöcherte flutartig zuschüttete, und die ergossene Last wie ein Meer das Beben erdrückte. Herabzuckende Blitze gleissten gespenstig und winklig über den Bodenschwamm, zertrennten Aststämme von ungewöhnlicher Dicke mit einem Schlag, durchschlugen den noch dickeren Mutterstamm, als wäre das alles nichts, durchrasten die Krale, verschockten im Bruchteil der Sekunde die zusammenliegenden Ziegen und Rinder und brannten das Fleisch bis auf die verkohlten Knochen weg. Das gleissende Todeszischen der unbändigsten Spannung, das sich mit dem Licht verzuckte, war hörbar, anders und stärker als das Zischen der tausend Pythons, als sich im Kurzschluss die Pole in der Krone eines alten Baumes entluden, ihm die mannsdicken Aststämme abschlugen und den Mutterstamm zerrissen. Die Donnerschläge fuhren wuchtig wie urgewaltige Hämmer auf den Amboss der Erde nieder, der den Schlag schluckte und verhallte, dessen Schlagwellen so kraftvoll rollten, dass das Fundament bebte und solange zitterte, bis sie sich in der Ferne verrollten und auf dem dicken Wasserteppich der Nacht endlich zur Ruhe kamen.

Der Schlafentrissene, der sich noch im Traum als Schiffbrüchiger in den Weiten des Meeres von den aufgebrachten Wellen treiben und schlagen liess und dem gewittrigen Grollen beim Wachwerden folgte, hielt die geträumten Bedenken der menschlichen Winzigkeit und Ohnmacht im Gedächtnis, als er sich zusammenrollte, um die Seele vor dem Riss des Ertrinkens zu bewahren. Er spürte jedesmal die Erleichterung, wenn die verdonnerten Stosswellen nach dem hart versetzten Aufschlag sich in der Ferne verrollten. Da hatte er jedesmal das Gefühl, mit dem Leben noch einmal davongekommen zu sein, wofür er der Vorsehung dankte, ohne deshalb grösseren umwegartig gedanklichen Ausschweifungen zu folgen. Die Donnerschläge hatten den Nachthimmel aufgerissen, wo das Wetterleuchten über die versetzten Wolkenbänke reihemweise entlangblitzte und sich im Zickzack uferlos verstreckte. Ob das Wetterleuchten eine Botschaft des Friedens war, die sich in hellgelb-rosanen Farben ankündigte, oder durch die blutrote Beimischung das Feuerzeichen des Infernos auf der Zunge hatte, diese Frage drückte sich auf, während Dr. Ferdinand durch das Fenster in den durchtobten Nachthimmel schaut und auf weitere Zeichen wartet, die nicht kamen.

Friedensengel oder zur Weissglut gebrachte Eisen, die zum Kriegsgerät geschmiedet wurden, diese Blitzbilder der nächtlichen Erleuchtung hatte er, als es draussen still geworden war und er nicht einschlafen konnte, weil ihm die Frage von Krieg und Frieden unbeantwortet nicht aus dem Kopf gehen wollte. Als ihm klar wurde, dass er das Wetterleuchten weder zur einen, noch zur anderen Richtung hin interpretieren konnte, drehte er sich schlafsuchend auf die Seite und versuchte, dem begrenzten Verstand für den Rest der Nacht die Ruhe zu geben und ihm nicht das Unfassbare weiter zuzumuten, und auch das sein zu lassen, was er nicht ändern konnte.


Der Weg nach Afrika

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