Читать книгу Die Bewohnbarkeit der Erde (E-Book) - Helmut Schreier - Страница 8

Das Konzept Nahrungskette: Grundstein beim Aufbau ökologischer Einsichten

Оглавление

Vielen von uns Pädagogen erschien es damals, dass in dem Vorgang auch der entscheidende Hinweis steckte, um den Schulunterricht als Mittel gegen die neue oder die neu erkannte Bedrohung der von den Menschen selbst verursachten Umweltvergiftung ins Spiel zu bringen. Während der siebziger Jahre wurde in etlichen Schulen und bald auch in den Lehrplänen das Konzept der Nahrungskette als elementarer Baustein einer ökologischen Weltsicht vermittelt, wie sie schon kleine Kinder begreifen konnten (Blatt – Wurm – Vogel). Man fand Wege, die Anhäufung von Schadstoffen bei den einzelnen Gliedern einer Nahrungskette mit Hilfe ansteigender Mengen von Punkten deutlich zu machen. In den mittleren Schuljahrgängen wurde dann das Konzept der Nahrungspyramide entwickelt. Anhand des sich zur Spitze hin verjüngenden Aufbaus der Pyramide von Meereslebewesen (vom Plankton über kleinere und grössere Fische bis zum Thunfisch) liess sich mit Hilfe von Punkten, die bei jeder Ebene der Pyramide vermehrt wurden und schliesslich zu Punktwolken anschwollen, das Konzept der Anhäufung von Giftstoffen – etwa von Quecksilber – durch zunehmende Speicherung im Fettgewebe der aufeinander aufbauenden Organismen vorstellen. Beliebt war auch die Darstellung von Nahrungsnetzen als rollenspielartige Demonstration. Nachdem die Nahrungsabhängigkeiten von Pflanzen und Tieren etwa des Waldes erklärt waren, übernahmen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Rolle je eines dieser Lebewesen, und anhand eines langen Fadens, der über Stationen von Teilnehmerin zu Teilnehmer führt und öfters mehrere von ihnen miteinander verbindet, wird das Netz der miteinander verwobenen Abhängigkeiten gewissermassen handgreiflich vor Augen geführt. Diese Vorstellung kann später als Grundmuster der biologischen Textur das darauf aufbauende, abstraktere Konzept vermitteln helfen, das die Lebensvorgänge insgesamt als Stoffwechselaustausch der Lebewesen untereinander versteht, und dies Konzept dient seinerseits (auf fortgeschrittenem Niveau) als Grundlage für Berechnungen von Energieströmen in Begriffen von Kilokalorien. Ich selbst arbeitete während der siebziger und achtziger Jahre in der Lehrerausbildung, trug Beispiele für die Umsetzung dieser Nahrungsabhängigkeitsmuster zusammen, die ich mit verschiedenen Akzentuierungen und Illustrationen in der didaktischen Literatur verschiedener Länder fand (Dänemark, England, Italien, Schweden, Schweiz und Tschechoslowakei), und liess die Beispiele von Studierenden vergleichen.

Der Lehrplan, der hier sichtbar hervortrat, war in vollständiger Form – von der Kette zur Pyramide zum Netz zur Berechnung der Energieflüsse in Begriffen von Kilokalorien – vielleicht nirgendwo exakt so durchgeführt worden. Aber die ökologischen Grundbegriffe (Nahrungskette, Nahrungspyramide, Nahrungsnetz) wurden damals in der Umgangssprache gebräuchlich. Es handelte sich dabei gewissermassen um das ABC der Umweltbildung, die seit Mitte der siebziger Jahre das Denken der Menschen zu beeinflussen begann. Damit wurden Einsichten für alle zugänglich, die vorher nur wenigen vorbehalten waren: dass alle Lebewesen miteinander verkettet und in einer gemeinsamen Umwelt aus Luft und Wasser und Licht und Wärme gewissermassen eingeschlossen sind, dass diese Umweltbedingungen das Leben ermöglichen und unterstützen oder ihm schaden und es vernichten können und dass Einflüsse, die von Menschen ausgehen, diese fragilen Zusammenhänge oft stören und manchmal zerstören.

Die Bewohnbarkeit der Erde (E-Book)

Подняться наверх