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Eins

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»Der Tod ist gegen dreiundzwanzig Uhr eingetreten. Aber …«

»Danke Thilo. Ich weiß schon. Genaueres nach der Obduktion.« Kriminalhauptkommissarin Claudia Plum unterbrach den Gerichtsmediziner. Sie sah auf das Opfer, einen unscheinbaren Mann, von Anfang bis Mitte fünfzig. Die braune Tuchhose hing, auf links gestülpt, über dem rechten Fuß. Der braune elegante Slipper, am anderen Fuß, spiegelte das Licht der Deckenlampe. Der weiße Hintern reckte sich seitlich in die Höhe. Entlang der Furche wucherten drei dunkle Haarbüschel, wie Riedgrasinseln. Das schreiend bunte Hemd hing vom Kragenknopf gehalten am Hals. Es breitete sich um ihn herum aus. Die Züge des Mannes zeigten Entspannung und etwas wie Frieden. Ungewöhnlich, angesichts der Tatsache, dass der Penis mittels zwei Drahtstiften, mit übergroßen Köpfen, wie sie zur Befestigung von Dachpappe Verwendung fanden, auf dem Dielenboden festgehalten wurde. Die Blutlache um das gute Stück zeugte von funktionierendem Blutkreislauf zum Zeitpunkt der Tat.

Claudias Nerven kribbelten, angesichts der Vorstellung, was der Tote empfunden haben mochte. Sie schüttelte sich.

In ihre Wahrnehmung rückten drei dicke Ringe an den Fingern der linken Hand. Zwei Goldklunker mit wahrscheinlich echten Steinen. Dadurch fiel das dritte Schmuckstück besonders ins Auge. Ein Siegelring. Genauso protzig wie die anderen. Allerdings blieb Claudias Blick darauf hängen. Das Bild des Siegels ließ eine Saite in ihr anklingen, jedoch mehr nicht. Sie legte keine Konzentration auf diese Ahnung, sonst spukte der Gedanke noch am nächsten Tag, ohne Ergebnis, durch den Kopf.

Der Blick der Hauptkommissarin glitt durch den Raum, in dem der Tote lag. Die Einrichtung ohne Protz. Eher gediegen und teuer. Kolonialstil. Nicht die Möbeldiscountvariante, sondern echt. Auch, wenn die Gebrauchsspuren kaum auszumachen waren. Geschmackvolle Gemälde an den Wänden zierten den Raum sowie andere Kunstgegenstände. Darauf würde sie später zurückkommen. Etwas störte sie. Trotz aller Sorgfalt lebte das Zimmer nicht. Keine Ausstrahlung. Kein Leben. Genau, das war es: kein Zeichen von Leben.

»Du hast recht.« Hauptkommissar Heinz Bauer stand etwas abseits. Er folgte der Kollegin und Chefin mit den Augen. »Diese Hütte ist steril. Ein Museum. Eine Ausstellung.«

Sie nickte, keineswegs erstaunt darüber, dass er ihre Gedanken erfasste. In ihrer kleinen Truppe, zu der auch Oberkommissarin Maria Römer gehörte, kannten sie sich in- und auswendig. »Wie viele Räume hat das Haus?«, fragte sie.

»Neun. Drei hier in Parterre und sechs oben«, gab Heinz zurück.

Sie nickte. Wie bei vielen alten Häusern wurden durch das Wegbrechen von Wänden die Zimmer vergrößert. Sie kannte den Toten. Paul Hellmer ... eine stadtbekannte Persönlichkeit. Ein Kunstmäzen, von dem niemand mehr den Durchblick hatte, woher sein Reichtum kam. Viele munkelten von Mafia, Ku-Klux-Klan und anderen exotischen Verbrecherorganisationen. Selbst die NSDAP wurde genannt. Sie fand das überspannt, aber in jedem Gerücht lag ein Körnchen Wahrheit. Wahrscheinlich verdiente er sein Geld nicht mit ehrlicher Arbeit. Auf jeden Fall wusste weder sie noch viele andere, woher sein Wohlstand kam.

Claudia Plums graue Augen fixierten einen imaginären Punkt, während ihre Gedanken kreisten. Sie maß eins siebzig und trug heute ein dunkelgraues Kostüm. Der Rock endete zwei Fingerbreit über dem Knie. Das braune Haar fiel, leicht gelockt, bis auf die Schultern. Die Jacke spannte leicht über den breiten Schultern und der Brust. Insgesamt bot sie trotz ihrer Fraulichkeit eine sportliche Erscheinung. Anfang dreißig … na ja … fast zweiunddreißig. Sie übernahm vor etwas mehr als zwei Jahren das Dezernat für Tötungsdelikte.

Trotz ihres Alters blickte sie auf einen steilen Aufstieg beim LKA in Düsseldorf zurück. In zwei spektakulären Mordfällen, sogenannte kalte Fälle, die bei den Akten verschimmelten gelang ihr die Aufklärung. Für die fällige Beförderung zur Hauptkommissarin fehlte die entsprechende Planstelle. Es sei denn, die Bewerbung in den Innendienst. Darauf hatte sie keine Lust und bewarb sich nach Aachen. So lautet die offizielle Geschichte. In Wahrheit uferte das Verhältnis zu einem verheirateten, vorgesetzten Kollegen aus, sodass es angebracht schien, den Berufsstandort zu wechseln.

Gleich bei ihrem ersten Fall, traf sie hier im platten Hinterland Aachens, auf Kurt Hüffner, der Liebe ihres Lebens.

Claudias Gesicht trug einen ständig distanzierten Ausdruck und schreckte viele, die sich ihr näherten. Sie besaß Ausstrahlung und beherrschte die Szene sofort, wenn sie, sie betrat. Sie bemühte sich immer um Perfektion und verdeckte ihre Unsicherheiten perfekt. Als größtes Manko sah die Hauptkommissarin ihre emphatische Veranlagung. Ihre Sensoren filterten die feinsten Schwingungen des Umfeldes heraus. Die Kollegen des Teams verdrehten die Augen, wenn ihr Bauchgefühl wieder zuschlug. Dabei stimmte der vorauseilende Ruf, sie löse ihre Fälle aus dem Bauch heraus, nur teilweise. Letztendlich fügte der analytische Verstand, Fakten und Gefühle zu erfolgreichen Ergebnissen.

Vor einem Jahr heiratete sie ihren Hinterwäldler und lebte mit Kurt, in dem kleinen Heidedorf. Dort wo sich Fuchs und Gans Gute Nacht sagten … dort, wo die Gehwege jeden Abend hochgeklappt wurden, damit niemand stolperte. Nicht, dass jemand einen Bürgersteig benötigte. Grundsätzlich liefen die Dörfler mitten auf der Straße, sei es mit Kinderwagen oder Schubkarre. Für Claudia bedeutete es einen gewaltigen Schritt aus der Großstadt heraus, in dieses verschlafene Kaff. Jedoch liebte sie mittlerweile die Ruhe und das Bewusstsein, dass hier die Uhren anders tickten. Zeit war relativ, besonders hier. Immer wieder blieben einige Minuten für eine kurze Unterhaltung, die den alltäglichen Tratsch zum Inhalt hatte. Zeit, die sie nicht besaß und dennoch aufbrachte.

Sie brachte Aufregung in das Dorf, als sie ihren Mädchennamen behielt. Die Empörung legte sich schnell. Eine Zugezogene störte nicht das dynastische Gefüge und die Besitzverhältnisse der Einheimischen.

Kurt restaurierte das alte Bauernhaus, dessen Rückseite zum Heidegebiet hinaus ging. Zwischen dem Saum des Waldes und der Grundstücksgrenze lagen keine dreihundert Meter. Zurzeit baute er einen Kuhstall zum Pferdestall um. Drei Baustellen auf dem Grundstück entsprachen der Norm. Je nach Jahreszeit reichte es für vier oder fünf. Der Job ließ ihm im Grunde wenig Zeit für die Restaurierungsarbeiten.

Jedoch siegte in dieser Hinsicht sein Eigensinn, nach dem Motto: Selbst ist der Mann. Seit er Claudia kannte, besser gesagt, gerade weil er sie kennenlernte, ließ er es ruhiger angehen. Na ja … ganz freiwillig trat er nicht kürzer. Kurt steckte die unglaublich neugierige Nase immer wieder in Claudias Fälle. Diese Vorwitzigkeit kostete ihn fast das Leben. Ein Gutes entwuchs aus dieser Angelegenheit: Er sah, dass es mehr, als nur Arbeit, im Leben gab. Von Haus aus hatte er einiges in petto, sodass er die feste Beschäftigung bei der RWTH reduzierte. Jetzt erledigte er viele berufliche Aufgaben von zu Hause aus. Das wiederum gab ihm Zeit und Flexibilität, in Claudias Arbeit hineinzuwirken. Claudia beobachtete die Entwicklung mit zwiespältigen Gefühlen. Zudem entwickelte Kurt ein Gespür für Leichen. Wenn es im Umkreis von zwanzig Kilometern eine Leiche gab, konnte sie sicher sein, dass er darüber stolperte. Was nicht ohne Komplikationen blieb.

Die Entscheidung, in diesem kleinen Heidedorf zu leben, kam einer Rückkehr gleich. Denn im Grunde gehörte sie hierher. Claudia wurde hier geboren. Na ja. Nicht hier, sondern im nahe gelegenen Krankenhaus, weshalb auch Würselen, als Geburtsort angegeben wurde. Das erfuhr sie jedoch erst, nachdem sie einige Zeit mit Kurt zusammenlebte. Eine Kindheit erlebte sie hier nicht, denn die Eltern zogen nach Düsseldorf, bevor sie bewusste Erinnerungen aufbaute. Erst vor Kurzem erfuhr sie, dass der gewaltsame Tod ihres Bruders den Umzug veranlasste. Bis dahin hatte sie von der Existenz des Geschwisterteils keine Ahnung. Er wurde bei seiner Erstkommunionfeier ermordet. Sie erlebte die grausame Tat mit. Der kindliche Verstand verschloss die Tat tief in ihrem Innern und es blieb das Gefühl eines Verlustes, das sie ständig begleitete. Die Erinnerung daran, kam, in einem schmerzhaften Prozess, während einer spektakulären Entführung auf dem Aachener Katschhof. Sie überführte den Mörder und befreite sich von der bis dahin unbekannten Last, die sie verfolgte.

Wie das Leben so spielte, führte es Claudia an die Wurzeln ihrer Familie zurück. Sie mochte nicht mehr an Zufall glauben, denn das alte Bauernhaus, das sie mit Kurt bewohnte, stellte sich als das ehemalige Heim ihrer Großeltern heraus.

Mittlerweile kannte sie das Dorf gut genug, um zu wissen, dass nichts ohne Grund geschah. Ihre empathischen Empfindungen, die sie einerseits in ihrem Beruf nutzte, wirkten andererseits störend im täglichen Leben. Hier mutierte sie zur misstrauischen Ziege, wenn ein Gesprächspartner nicht auf Anhieb sympathisch herüberkam. Im Verlaufe ihres bisherigen Lebens machte sie sich oft Gedanken darüber, ob diese Begabung ein Fluch oder ein Segen war. Sie verbarg sie geschickt vor ihrer Umwelt. Nur wenige Menschen wussten darum. Selbst in ihrem Team, das aus Oberkommissarin Maria Römer und Hauptkommissar Heinz Bauer bestand, öffnete sie sich nicht. Ihre Kollegen sprachen von Intuition und Bauchgefühl, auch, wenn sie mutmaßten, dass mehr dahinter steckte.

Jetzt, in diesem Dorf, stellte sie fest, dass insbesondere die älteren Einwohner des Dorfes diese Begabung auch besaßen. Also lag der Ursprung wahrscheinlich hier. Irgendwelche Gene, die auch sie besaß.

Jetzt hatte sie zunächst diesen Fall am Hals, der sie einige Zeit beschäftigte, wie sie befürchtete.

»Der hat ein Piercing am Schwanz«, rief Thilo. Er zog den Nagel aus dem Boden und wischte das Blut um das schlaffe Geschlechtsteil weg. »Nein. Kein Piercing. Das wurde später angebracht. Sieht mehr aus, wie …«, er putzte das Blut von dem Gegenstand, der aus der Vorhaut herausragte. »Tatsächlich. Als Kind habe ich so etwas schon einmal gesehen. Das ist so eine Hülse …«

»Brieftauben«, unterbrach Heinz, der das kleine Behältnis interessiert musterte. »In solchen Kapseln wurden Nachrichten transportiert. Mein Vater besaß Tauben.«

»Richtig«, stimmte der Mediziner zu. »Das ist ja vielleicht pervers.« Er schüttelte fassungslos den Kopf. »Ich hab ja schon viel gesehen. Aber so etwas?« Er trug die Kapsel zu einem Koffer, dem er ein Vergrößerungsglas entnahm. »Wir haben den Tatort fotografiert und gefilmt. Also sehen wir gleich nach, was in diesem Ding verborgen ist. Weißt du auch, wie ich es aufbekomme?« Er sah auffordernd zu Heinz.

»Rechtsgewinde. Beide Enden packen und gegeneinander drehen.«

Thilo drehte und hielt zwei Teile in der Hand, wobei in dem linken ein zusammengerollter Zettel steckte. Er zog ihn mit einer Pinzette heraus. »Zwölf«, las er vor, indem er das Papier auseinanderfaltete.

»Scheiße«, rutschte es Claudia heraus. »Das ist der Dritte. Schau mal nach Thilo.«

Doch diese Aufforderung war überflüssig. Der Mediziner fummelte bereits an der Kleidung des Toten und legte die Schulter frei. Dabei nahm er keine Rücksicht auf Spuren, die er eventuell hinterließ.

»Tatsächlich«, flüsterte er. »Hier ist das Tattoo.«

Claudia trat heran und sah die Tätowierung, die, wie ein Brandzeichen auf der Haut lag. Der Radius des Kreises wies blaues, fast schwarzes Gewebe auf. Eine Fläche, drei Zentimeter im Durchmesser, zu gleichen Teilen in Schwarz, Rot, Gold unterlegt. Im schwarzen Feld der stilisierte Buchstabe E, im roten F und im goldenen V. Also die Zeichen für Ehre, Freiheit und Vaterland. Das typische Zeichen einer studentischen Burschenschaft, das jedoch in der Regel nicht als Tattoo auf den Körper aufgebracht, sondern als Münze an einer Kette oder einem Ring getragen wurde. Claudias Blick suchte den Ring. Klar … das gleiche Symbol, jedoch nicht mit Farbe unterlegt. Wie konnte sie so blind sein? Anders als bei den beiden, wenigen Tagen zuvor ermordeten Typen, passte Hellmers Alter nicht. Unbestreitbar trugen sie jedoch das gleiche Zeichen.

Marcus Brandt, ein fünfundzwanzigjähriger Mann lag vor wenigen Tagen im Westpark in einem Gebüsch und Till Höfer, dreiundzwanzigjährig, im Paulinenwäldchen nahe Kohlscheid. Der Erstere trug einen Zettel im Mund mit der Zahl fünf und der Zweite, die Sieben. Beiden, wie auch hier beim dritten Opfer, war gleich, dass die Genitalien verstümmelt wurden. Claudia hoffte für den toten Hellmer, genauso nach dem Tod, wie bei den beiden Jüngeren. Doch diese Hoffnung gab sie auf. Dafür war das Blutbad zu groß. Dem jüngeren Brandt wurde wahrscheinlich mit einer Tranchierschere der Hodensack abgeschnitten. Höfers Penis fiel einem scharfen Messer oder Skalpell zum Opfer.

»Jetzt haben wir die Bescherung«, stellte Heinz Bauer gelassen fest. Der kleine, etwas übergewichtige Hauptkommissar zog die Jeans über den Bauch, der wie eine kleine Kugel darüber hing. Das schüttere Haar lag akkurat. Drei Strähnen in drei Reihen. Er zählte fünfundsechzig Jahre und stand einige Wochen vor der Pensionierung. Von den eins achtundsechzig, die er früher einmal maß, fehlten aufgrund des Alters, drei bis fünf Zentimeter. »Drei Tage, drei Tote. Ein guter Schnitt. Was kommt morgen?« Er lachte bitter. Dabei war er im Grunde genommen eine Frohnatur. Trotz des Berufs strahlte er in Regel Optimismus aus. Vielleicht lag es am Alter und dem absehbaren Ende des Jobs. Der Familienmensch Heinz Bauer fieberte darauf, denn er widmete jede freie Minute den Enkelkindern. Der Ermittler sah es mit Wehmut, vor allem, weil er auf die alten Tage endlich in einem Traumteam arbeitete. Claudia, Maria und er bildeten eine besondere Einheit.

»Du machst mir Mut.« Claudia schüttelte den Kopf bei dieser Art von Humor, den sie zwar von ihm kannte, der sie jedoch immer wieder erstaunte. »Dann wurde Hellmer«, sie nickte zu dem Toten, »wahrscheinlich auch durch Stromschlag getötet.«

»Nach der Obduktion.«, murmelte Thilo. Er hing gerade mit dem Vergrößerungsglas über dem Tattoo. »Die Tätowierung ist mindestens zwanzig Jahre alt, wenn nicht noch älter. Genaueres kann ich auch hier erst später sagen.« Er sah zu Claudia. »Eine Burschenschaft. Anstatt Schmiss im Gesicht, ein Brandzeichen auf der linken Schulter. Dann ist die Tätowierung vermutlich über vierzig Jahre alt. Die sind ja noch Kinder, wenn sie einer solchen Verbindung beitreten.« Thilo überlegte laut. »Hast du zu den anderen schon etwas herausbekommen?«

Sie schüttelte den Kopf. Erst gestern bekam sie zehn Kolleginnen und Kollegen zur Verstärkung, die zurzeit überwiegend im Internet recherchierten, um einen Hinweis, auf die Burschenschaft zu finden. Ebenso auf das Gerät, das den tödlichen Stromschlag lieferte. Es passte genau auf das Tattoo. Sonderbar an allen drei Fällen blieb, dass kein Hinweis darauf deutete, dass an der Kleidung herumgefummelt wurde. Zumindest bei der Bekleidung des Oberkörpers, mit Ausnahme Hellmers jetzt. Dabei schien klar, dass die Elektrowaffe auf der Haut angesetzt wurde. Hinzu kam die Verstümmelung der Genitalien, die den wahrscheinlichen Schluss auf Sexualverbrechen zuließen. Offensichtlich von möglichen Opfern. Es konnte natürlich auch etwas anderes sein. Eine Opfergabe?

»Ist die Spurensicherung durch?«, fragte Claudia ihren Kollegen.

»Wir können nach oben, wenn du möchtest.«

*

»Elf Uhr dreißig.« Claudia sprach ins Smartphone. »Die Durchsuchung der Räume in der ersten Etage ergibt keine Besonderheiten, die Hinweise auf die Tat beziehungsweise Mitgliedschaft zu einer Studentenverbindung geben. Die Zimmer sind ebenso steril, wie in Parterre. Fotos befinden sich in der Cloud.« Claudia unterbrach und legte Heinz eine Hand auf die Schulter. »Der lebte doch nicht hier. Was denkst du?«

»Im Moment sieht es nicht so aus. Die Spurensicherung fand keine Fingerabdrücke oder andere Spuren. Hier reinigte ein Kommando, und zwar vom Feinsten. Wer weiß, was die alles mitgenommen haben.«

Claudia trat zum Fenster und sah in die gepflegte Anlage hinaus, die das Haus umschloss. Die getigerte Katze auf dem Rasen stand wie eine Statue, den Schwanz hochgereckt und die Ohren spielten nach vorne ins Gebüsch. Wahrscheinlich ein Mäuschen oder ein Vogel, dachte sie. Plötzlich wandte das Tier den Kopf und sah sie ausdruckslos an. Claudia trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Die Katze sprang ohne Ansatz davon.

»Wer meldete den Mord?«, fragte sie, ohne den Blick abzuwenden.

»Anonym.« Heinz trat neben sie. »Maria und ich telefonierten vorhin miteinander. Die Bandaufzeichnung gibt keinen Aufschluss darüber, ob Mann oder Frau. Hier muss die Technik ran.«

Claudia nickte und ging in ein anderes Zimmer. »Hier lebte nie und nimmer jemand«, murmelte sie mehr zu sich.

»Da magst du recht haben«, antwortete Heinz und erschreckte sie. Sie sprach ihre Gedanken unbewusst laut aus.

»Das alles hier«, sie machte eine Handbewegung, »wirkt mehr, wie ein Gästehaus. Sechs Zimmer, Schlafzimmer, und alle gleich eingerichtet.«

»Hellmer unterhielt mehrere Häuser in Aachen. Dies hier war seine Meldeadresse.« Sein Gesicht, das schon Altersfältchen durchzog, wandte sich ihr zu. »Maria ist da schon dran.«

*

Heidesumpf

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