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V. Die Steuerung des Vergütungssystems

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Betrieblich gestaltete Vergütungssysteme bedürfen, ähnlich wie tarifliche Systeme eines Regelwerkes zur Steuerung. Zwei Fragen sind damit verknüpft: Wie verändert sich das System als Ganzes, d.h. wie verändert sich das Bandbreitenmodell? Und wie verändern sich die Gehälter der Mitarbeiter? Entgegen einer tariflichen Regelung, bei der Tariftabelle und Tarifgehalt immer im Gleichschritt angepasst werden, eröffnet die betriebliche Vergütungsgestaltung die Möglichkeit, daraus zwei getrennte Entscheidungen zu machen. Man kann als Unternehmen Gehaltsbänder unverändert lassen, aber trotzdem ein Gehaltserhöhungsbudget bereitstellen, alternativ kann man aber auch Gehaltsbänder verändern ohne ein Gehaltsbudget zu definieren.

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Wie gehen Unternehmen nun vor, um das Ausmaß der Veränderung von Gehaltsbändern festzulegen? Typischerweise werden dazu unterschiedliche Informationen zu Rate gezogen. Es wird einerseits berücksichtigt, welche Entwicklungen im Markt passieren. Dazu nutzt man Marktvergleiche, schaut auf die Inflationsrate oder auch auf Tarifabschlüsse. Andererseits müssen natürlich auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Organisation eine Rolle spielen. Beide Aspekte münden dann in eine Anpassungsentscheidung für das Gehaltsbandmodell. Das Regelwerk dazu unterliegt der Mitbestimmung und ist mit dem Betriebsrat zu verabreden.

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Für die Steuerung der Gehälter der Mitarbeiter müssen auf betrieblicher Ebene ebenfalls Spielregeln definiert werden, bei deren Festlegung der Betriebsrat volles Mitbestimmungsrecht hat. Wie diese im Einzelfall ausgestaltet werden, ist das Ergebnis eines Verhandlungsprozesses. In der betrieblichen Praxis finden sich die unterschiedlichsten Ausgestaltungen. So gibt es betriebliche Systeme, die ähnlich einem Tarifvertrag für alle Mitarbeiter eine gleiche kollektive Erhöhung vorsehen, unabhängig von irgendwelchen individuellen Leistungsbeiträgen. Daneben finden sich Systeme, die einen kollektiven Teil haben (gleicher Prozentsatz für alle) und einen individuellen Teil. Das Regelwerk, nach dem dieser individuelle Teil vergeben wird, reicht dabei von „Nasenfaktor“ über „Leitsätze“ bis hin zu „Rechenmodell“. Häufig spielt der Aspekt Mitarbeiterleistung eine Rolle bei der Höhe der individuellen Gehaltsanpassung, aber auch die aktuelle Lage des Einkommens im jeweiligen Gehaltsband. Weitere Aspekte wie „Abwanderungsgefahr des Mitarbeiters“ oder „regionale Besonderheiten in Ballungszentren“ o.Ä., fließen nicht selten ebenfalls ein. Gerade beim Aspekt der Spielregeln für Gehaltsanpassungen führen Unternehmen häufig intensive Diskussionen mit den Betriebsräten. Deren Anliegen nach Nachvollziehbarkeit und Fairness ist in diesem Punkt nur allzu verständlich, ist doch gerade die Handhabung von Gehaltserhöhungen ein häufiger Streitpunkt und Quell der Unzufriedenheit von Mitarbeitern. Was man als Entwicklung beobachten kann in dieser Fragestellung, ist eine vorsichtige Abkehr der Unternehmen von Modellen mit zu vielen Freiheitsgraden. Stattdessen halten Automatismen Einzug in die betriebliche Vergütungsfindung, insbesondere bei der Gehaltsentwicklung von „Young Professionals“, für die mitunter gleich zu Anbeginn ein klarer Entwicklungsplan festgelegt wird, was deren Gehaltssteigerung in den ersten Jahren anbelangt. Was versprechen sich die Unternehmen davon? Eine der Zielsetzungen hierfür mag sein, dieser begehrten Zielgruppe eine gewisse Sicherheit in ihrer Gehaltsentwicklung zu geben und sie so hoffentlich an das Unternehmen zu binden.

Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Band 3

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