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Donnerstag, 07:55, Bonn

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Das Klingeln von Huberts Kalender-App erinnerte ihn an den verabredeten Termin für sein Telefonat. Über die Weixin App wählte er den Eintrag von seiner Studienkollegin Jin. Er hatte sie kennengelernt, als er im dritten Semester war. Sie war frisch an der Technischen Hochschule in Karlsruhe gewesen. Anders als viele andere chinesische Studenten hatte sie immer den Kontakt zu deutschen Kommilitonen gesucht, statt mit ihren Landsleuten „unter sich“ zu bleiben. Hubert hatte ihr seinerzeit geholfen, sich in das Studium einzufinden, da insbesondere die Sprachbarriere für sie ein Problem gewesen war. Hinsichtlich der technischen Fähigkeiten hatte die junge Chinesin ihn sehr beeindruckt. Sie hatten sehr viel voneinander lernen könne. Jin war sehr gut im Programmieren, während Hubert eher der kreative Hacker war. Diese beiden Fähigkeiten hatten sich sehr gut kombinieren lassen. Jin hatte damals sogar den Spitznamen Heike bekommen. Das war keine zufällige Wahl, denn im chinesischen hatte dieses Wort die Bedeutung Hacker. Für beide war es ein Verlust gewesen, als Hubert nach Bonn gezogen war, um bei Digital Security seine Stelle anzutreten. Jin war später nach dem Abschluss ihres Studiums zurück nach China gegangen. Den Kontakt hatten sie aber immer aufrechterhalten. Zweimal hatte Hubert sie auch in ihrer Heimat besucht. Das ging erst dann nicht mehr, als Hubert und Karina ein Paar wurden. Karina hatte es nicht hinnehmen wollen, dass Hubert wegen einer anderen Frau um die halbe Erdkugel reiste. Aber über Chat und Internettelefonie hatten die beiden den Kontakt beibehalten und sowohl die freundschaftliche Beziehung als auch den fachlichen Austausch aufrechterhalten.

»Nihao, Hubert. Schön Dich mal wieder zu sprechen.«

»Hi Jin. Danke dass Du so kurzfristig Zeit hast.«

»Wie läuft es mit Deiner Familie? Macht Deine Frau immer noch so Probleme?«

»Wir sind nicht mehr zusammen.«

Hubert gab Jin einen kurzen Abriss über die Entwicklungen seiner familiären Situation in den letzten Wochen.

»Das tut mir wirklich sehr leid. Aber vielleicht ist es besser so.«

»Warum ich Dich sprechen wollte war eigentlich was anderes. Ich möchte Dich um einen Gefallen bitten.«

»Klar, kein Problem. Was kann ich für Dich machen?«

»Ich brauche ein Konto bei einer Bank in China. Eine sichere Bank.«

»Ah so, ich verstehe.«

Jin konnte erahnen, was Hubert meinte. Sie selbst war in einer ähnlichen Situation wie Hubert. Früher hatten sie sogar teilweise gemeinsam Hackereinbrüche begangen. Alles miteinander aber eher kleinere Geschichten. Meist stand dabei nicht der finanzielle Profit, sondern der Reiz des Verbotenen und die technische Herausforderung im Mittelpunkt. Mitunter hatten sie sich auch von politischen oder ideellen Motiven leiten lassen, wie etwa beim Angriff auf die Webseite einer faschistischen Partei kurz vor der Bundestagswahl. Jetzt war Jin wie auch Hubert auf der „guten Seite“ und sorgte für die Absicherung von IT-Systemen statt für deren Kompromittierung. Abseits ihres Berufs waren aber beide immer mal wieder in alte Zeiten zurück verfallen und hatten das Hacken nie wirklich aufgegeben.

»Meinst Du so was, wie wir es bei der Sache mit der Bibliothek gebraucht hätten?«

Jin spielte auf einen Vorfall aus der gemeinsamen Zeit in Karlsruhe an. Damals hatten Sie aus verschiedenen Angriffen eine große Sammlung von Dokumenten verschiedener Firmen gesammelt – sie hatten den Datenbestand immer als ihre Bibliothek bezeichnet. Anschließend hatten sie sich überlegt, wie man das zu Geld machen könnte. Dabei waren sie immer an dem Punkt hängen geblieben, wie ein Opfer die Zahlung abwickeln sollte, ohne dass diese von Ermittlungsbehörden verfolgt werden könnten.

»Ja, genau.«

»Kein Problem. Ich kann da was für Dich machen. Ich rufe Dich an, sobald ich gute Nachrichten habe. Sollte nicht länger als zwei Tage dauern.«

»Ni xinku le.«, bedankte sich Hubert mit einem der wenigen chinesischen Sätze, die er aus der damaligen Zeit noch in Erinnerung hatte.

»Bye, Hubert. Bis dann.«

Das war der fehlende Baustein in Huberts Konstrukt, um die ersonnene Geschäftsidee erfolgreich umsetzen zu können. Jin hatte Hubert schon einmal von speziellen Finanzagenten erzählt, die gerade für Ausländer gegen eine gewisse Gebühr verschiedene Dienste sozusagen als Treuhänder anboten. Dazu gehörte auch die Einrichtung von Konten bei verschiedenen Banken. Das wollte Hubert jetzt nutzen. Jin erschien ihm als die perfekte Person, um dies zu tun. Er würde sich natürlich auch ihr gegenüber dafür erkenntlich zeigen.

Natürlich war mit der Einbeziehung von Jin eine gewisse Unsicherheit in Huberts Plan enthalten. Aber eine andere Möglichkeit sah er aktuell nicht. Selbst in China einen Treuhänder zu suchen und diesen zu beauftragen wäre für ihn als Ausländer ungleich aufwändiger. Jin war tatsächlich eine der wenigen Menschen, denen Hubert vertraute. Hubert wusste, dass sie in irgendeiner Form für die Regierung arbeitete. Nur so konnte er sich erklären, dass sie einen scheinbar uneingeschränkten Zugriff auf das Internet hatte. Den meisten Ihrer Landsleute war dies nicht vergönnt.

Hubert wollte gerade die Weixin App beenden, als er von Jin eine Nachricht bekam:

»Kopf hoch wegen Deiner Familie. Deine Frau hat Dich nicht verdient. Hier in China haben wir ein Sprichwort: Wenn nichts mehr sein kann, wie es war, nichts ist, wie du es dir wünschst und nichts sein wird, wie du es dir erträumst, ist es an der Zeit, alles zu vergessen was war, loszulassen und neue Wege zu gehen.«

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