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Die Leiden eines Philosophen

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Ungemütlicher konnte es jedoch bei längeren Tunneln werden, so wie bei der gegen Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. entstandenen Crypta Neapolitana, einem Tunnel von 705 Metern Länge und einer regelmäßigen Breite von 4,60 Metern. Den Eingang des Tunnels kann man heute noch in Neapel bewundern (zwischen den Stadtteilen Piedigrotta und Fuorigrotta), und regelmäßig scharen sich hier Touristen – allerdings um sich ein antikes Grabmal anzuschauen, das sich hier befindet und fälschlicherweise als das Grab des großen römischen Dichters Vergil ausgegeben wird. Wenn man dem Philosophen und Politiker Seneca Glauben schenken will (der sich nebenher Verdienste um die antike Erdbebenforschung erworben hat), war die Fahrt durch diesen Tunnel die reinste Tortur: »Nichts ist länger als dieser Kerker, nichts trüber als diese Fackeln, die uns nicht durch die Dunkelheit, sondern nur eben jene Fackeln selbst sehen lassen. Und selbst wenn dieser Ort Licht hätte, würde es der Staub schlucken … Zwei lästige Dinge, die einander entgegengesetzt sind, haben wir gleichzeitig ertragen: auf demselben Weg und am selben Tag haben wir uns mit Schlamm und mit Staub herumgequält.«

Die erste Fahrt Senecas durch den Tunnel von Neapel wird vermutlich auch seine letzte gewesen sein. Danach dürfte er, wenn er von Baiae nach Neapel reiste, den Schiffsweg bevorzugt haben, obwohl er dabei regelmäßig seekrank wurde. Aber er wäre auch kein Stoiker gewesen, hätte er nicht dem neapolitanischen Abenteuer etwas Positives abgewonnen: »Die Dunkelheit hat mir etwas gegeben, worüber ich nachdenken musste: Ich habe einen starken seelischen Eindruck gespürt und ohne Furcht eine Veränderung, die die ungewohnte Lage und ihre Hässlichkeit hervorgerufen hatten.«

Große Errungenschaften der Antike

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