Читать книгу Diebstahl auf Xorumar Die Raumflotte von Axarabor - Band 223 - Hubert Hug - Страница 5

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Die interplanetare Kunstauktion des Sternenreichs von Axarabor hatte vor drei Stunden begonnen. Rosinanta schaute auf den Bildschirm, auf dem der Aufrufpreis des Kunstwerks erschien, das gerade zur Versteigerung kam. Aus den Augenwinkeln blickte sie dann auf das Hologramm in der Mitte des Raums, einer Projektion des dazugehörigen Objekts. Das Hologramm zeigte eine vierzig Zentimeter lange Bronzestatue eines Schiffs vom Typ SPINBOLT-R7 der Raumflotte von Axarabor. Rosinanta riss die Augen auf und klopfte mit dem rechten Fuß unruhig im Takt der Worte, die aus dem Lautsprecher tönten.

Niemand bot auf die Meisterleistung, niemand wollte sie haben, und Rosinanta lächelte, während sie sich in ihrem Polstersessel zurücklehnte. Ihr Mann Amadis, der sich hinter ihr mit den Armen auf die Sessellehne gestützt hatte, atmete auf und setzte sich auf den Stuhl neben ihr.

In ein paar Minuten wäre das Kunstwerk an der Reihe, für das Rosinanta sich interessierte. Amadis streichelte seiner Frau über die schwarzen Haare. Er wünschte sich, dass es keine weiteren Interessenten gäbe, sogenannte Liebhaber oder Besessene des Irrationalen, die wie Verrückte mitsteigerten, andere Mitbieter in ihrem Wahn um jeden Preis übertreffen wollten, und er hoffte, dass der Preis verkraftbar bliebe. Dass niemand auf die Bronze der SPINBOLT-R7 geboten hatte, stimmte ihn zuversichtlich.

Es folgte eine kurze Pause, während der der Hologrammprojektor bunte Schmetterlinge erzeugte, die durch den Raum flogen.

Rosinanta und Amadis lebten auf dem Planeten Machante, der etwa sechstausend Lichtjahre vom Zentrum des Sternenreichs von Axarabor entfernt lag. Beide waren auf Machante geboren worden, und sie planten nicht, ihre Heimat zu verlassen.

Die Versteigerung leitete eine KI in einem Museumsgebäude auf dem Planeten Xorumar, der mit sechs weiteren Planeten die rote Sonne Akalaal umkreiste. Das Akalaal-Planetensystem bewegte sich nahe am Zentrum dieses Quadranten des Sternenreichs. Auf Xorumar herrschte ein gleichmäßig kühles Klima, und es wuchsen kaum Mikroorganismen, die das Verrotten von Kunstgegenständen beschleunigt hätten, so dass sich dort die meisten Museen dieses Quadranten des Sternenreichs von Axarabor angesiedelt hatten.

Die Bevölkerungszahl auf Xorumar lag unter einer Million, wobei fast alle Lebensformen des Sternenreichs mit ihren jeweils eigenen Kunstrichtungen vertreten waren. Denn jedes öffentliche Gebäude des Planeten hatte eine Funktion, die mit Bewahrung von Altertums- und Kunstgegenständen in Verbindung stand.

Amadis tippte in seinen Handcomputer abermals die Daten ihres gemeinsamen Kontos ein. Er wollte wissen, wie und ob sich der Kurs ihrer Machante-Währung in der vergangenen Stunde verändert hätte.

Er starrte auf den kleinen Bildschirm: ‚985671 AIWsʻ, erkannte er beruhigt, und in Klammern darunter las er: ‚Eine Axaraborianische Interplanetare Währungseinheit (AIW) entspricht gegenwärtig drei Komma eins MachanteBitAxarabas (MBAs).ʻ Das war ein inzwischen ungünstiger Kurs geworden, und Amadis war froh, die MBAs bereits vor ein paar Stunden in AIWs umgetauscht zu haben. Zufrieden schaltete er seinen Handcomputer aus.

„Hast du wirklich alle MBAs in AIWs umgetauscht?“, fragte Rosinanta angespannt, die Amadis beobachtete, und ergänzte in dominantem Tonfall. „Bei dieser interplanetaren Auktion kann nur in AIWs bezahlt werden. Und wir müssen den Betrag nach der Versteigerung sofort freischalten, falls wir das Kunstwerk bekommen.“

„Ja“, antwortete Amadis. Mehr konnte er nicht sagen, denn das Hologramm des Werkes von Ludäus Brambiti, für das sich seine Frau so begeisterte, baute sich gerade vor ihnen auf.

‚Zweihundertzehntausend AIWsʻ, lasen Rosinanta und Amadis auf dem Bildschirm. Amadis schluckte. Diese Zahl lag bereits zwei Drittel über dem Aufrufpreis.

„Noch mindestens zwei weitere Personen haben im Vorfeld auf den Brambiti geboten“, stellte Rosinanta erregt fest. „Wahrscheinlich können sie zur Versteigerung nicht anwesend sein, und somit sollte dieses Gebot das höchste dieser Kontrahenten bleiben.“ In Rosinantas letzten Worten hatte noch etwas Hoffnung herausgeklungen.

‚Da steigern die sternenreichsten Spinner mitʻ, dachte Amadis entrüstet und mit der Befürchtung, dass ein Bieterduell stattfinden könnte. Er war auf das Schlimmste gefasst, wagte nicht auf den Bildschirm zu blicken. Stattdessen begutachtete er das Hologramm und versuchte dem Kunstwerk etwas Schönes abzugewinnen.

Das Hologramm zeigte einen Quader, etwa zwei Meter hoch, einen Meter breit und die Tiefe wirkte nicht über zehn Zentimeter. Es glich einem durchsichtigen Behälter mit Metallrahmen, in dem sich eine Füllung befand, die noch undeutlich als bunter Nebel erschien. Von innen her hellte sich die Darstellung des Hologramms allmählich auf, so dass Amadis detailliertere Strukturen erkennen konnte. Sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite waren Glasscheiben eingefasst, zwischen denen Farben wechselten und wanderten, ein Schauspiel, das Amadis ein bisschen an bunte, schwimmende Fische in einem Aquarium mit grünem Wasser erinnerte. Aber ein Aquarium käme günstiger.

„Was gefällt dir an diesem Kunstwerk denn so sehr?“, fragte Amadis seine Frau, die das Hologramm mit wachsendem Entzücken betrachtete. Gerade mischten sich die Farben wie in einem Kaleidoskop neu zusammen. Dabei entstanden aus dem grünen Hintergrund alle erdenklichen Variationen in Blau. Ein ultramarinblauer, zerfranster Kreis bildete sich in der Mitte, um den sich fast gleichmäßig türkise und hellblaue, lineare Strukturen anlagerten. Der an den Rahmen grenzende Bereich erschien inzwischen schwarzblau, wohinein sich graublaue Ringe bewegten, die an krabbelnde Käfer erinnerten. Der Hintergrund blinkte kobaltblau.

„Bewunderst du denn nicht die schönen und bunten Farbspiele hinter den Glasscheiben! Diese Blautöne gehen auf Blaualgen zurück, die vom Künstler speziell für dieses Werk gezüchtet wurden“, antwortete Rosinanta, wobei ihre Gefühle in einer höheren Ebene zu schweben schienen. „Und es ist so modern, so auffällig, so frisch, so bewegt. Dazu kommt noch der passend glänzende Metallrahmen. Ludäus Brambiti ist ein Genie, der größte Meister der gegenwärtigen, biologischen Kunst.“

„Aber man muss diese Biokunstwerke füttern, wenn das Leuchten, das zwar wenig, aber doch etwas an Energie verbraucht, erhalten werden soll“, entgegnete Amadis. „Das kostet, und ihr Futter besteht aus einer speziell zubereiteten Nährbrühe.“

„Für unser kleines Werk im Schlafzimmer haben wir immer das billigste Futter gekauft“, bemerkte Rosinanta und fügte mit niedergeschlagenen Augenlidern hinzu. „Das könnte sich mit dem Brambiti aber tatsächlich ändern. Denn unser Kunstwerk lassen wir ja manchmal ausleuchten, da es von einem unbekannten Künstler stammt und nicht so wundervoll leuchtet wie ein echter Brambiti.“ Danach erhob Rosinanta ihre Stimme und schaute nach oben. „Und Futter nachgefüllt habe bisher immer ich. Du hast dich noch nie darum gekümmert.“

Amadis fiel zum Thema nichts weiter ein. Für einen Moment blickte er auf den Bildschirm.

‚Dreihundertfünfzigtausendʻ, war dort gerade erschienen. Rosinanta tippte auf die Eingabetaste und stimmte damit der geforderten Summe zu. Jetzt waren sie die Höchstbietenden.

Amadis wusste nicht, ob er sich freuen sollte. ‚Wie hoch würde sie steigern?ʻ, fragte er sich.

Rosinanta wollte das Kunstwerk mit dem Titel ‚Lebende Farben‘ des Biorealismus unbedingt, das wusste er. Diese Werke bestanden aus biologischem Material. Bewegten sich. Führten zu Illusionen. Sie lebten. Enthielten Pflanzen, Pilze und Bakterien. Manchmal sogar Tiere. Die Epoche des Biorealismus hatte vor etwa fünfzig Jahren begonnen und Brambiti gehörte zu den Künstlern des ‚Modernen Biorealismusʻ. Und das in der ausgeprägtesten – also in der lebendigsten – Form.

‚Vierhundertausendʻ, waren inzwischen gefordert. Rosinanta bestätigte den Betrag.

„Jetzt ist es genug“, sagte Amadis, der näher zu ihr gerückt war. „Lass noch was auf unserem Konto.“

„Ich möchte kein virtuelles Geld. Ich will einen greifbaren, wertvollen Gegenstand, den ich genießen kann“, erwiderte Rosinanta mit zugekniffenen Augen und Falten auf der Stirn. „Die Basiswerte des AIWs variieren mir zu sehr; einmal ist es ein Edelmetall, dann wieder irgendeine Energieform, wie Sonnenstrahlen, Gravitationswellen oder Raumwinde, ein andermal ist es die Stabilität der Asteroiden, die Edelmetalle enthalten.“

Amadis nickte – jedoch mit gemischten Gefühlen. „Gegenwärtig sind es Indium-Eisen-Asteroiden“, sagte er.

„Eben“, stimmte Rosinanta fast freudig zu. „Und morgen sind es die Energiewerte der Kadaver auf RhapsomonA12. Da bin ich froh, meine AIWs in Kunst verwandelt zu haben.“

„Also – ich denke ...“, stammelte Amadis.

Weiter kam er nicht, denn Rosinanta klickte gerade auf ‚Vierhundertfünfzigtausend‛.

Amadis hatte zu ihrer Hand gegriffen, doch es war bereits zu spät. Sie waren wieder Höchstbietende.

‚Vierhundertfünfzigtausend zum Ersten ...ʻ Die Stimme aus dem Rechner machte eine kurze Pause. ‚Niemand mehr? – Vierhundertfünfzigtausend zum Zweiten ...ʻ Wieder war eine Pause. Rosinanta blickte freudig zu ihrem Mann. Die Zahl blieb stehen.

‚Und vierhundertfünfzigtausend zum Dritten!ʻ Ein Gong ertönte aus dem Rechner.

Rosinanta fiel Amadis um den Hals. Ihre schwarzen Haare fielen nach hinten.

„Ich habe es!“, rief sie mit einer Stimme, die sich überschlug.

Diebstahl auf Xorumar Die Raumflotte von Axarabor - Band 223

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