Читать книгу Diebstahl auf Xorumar Die Raumflotte von Axarabor - Band 223 - Hubert Hug - Страница 8
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„Wir haben im Quadranten ein für unsere Zeit ungewöhnliches Problem zu lösen, nämlich einen Kunstraub, was schon lange nicht mehr aufgetreten ist“, begann Axaisy, der Admiraldirektor des Instituts für die Zusammenarbeit mit den Randpopulationen des Sternenreichs von Axarabor auf dem Planeten Torion. Er war eine Chimäre aus einem Menschen und einer KI, weshalb ihm ein emotionsloses Denken leichtfiel und er oft schnell zu naheliegenden Entscheidungen kam. Direkt unter dem Haaransatz verlief eine Narbe quer über die Stirn.
Wegen des neuen Problems hatte er zwei seiner engsten Mitarbeiter in die Zentrale des Instituts eingeladen, und er fuhr fort, nachdem ein Angestellter Getränke auf den Tisch gestellt und den Raum verlassen hatte:
„Auch diesmal handelt es sich um einen brisanten Fall, der zunächst geheim bleiben muss, weshalb ich euch beide, Verdan und Rajin, zu mir gebeten habe und mit der heiklen Sache beauftrage, die wir gleich gemeinsam näher besprechen.“
Verdan musterte seinen Vorgesetzten.
„Mach es nicht so spannend. Um was für einen Auftrag geht es hier?“, fragte Verdan, der Kapitänbiologe. Er hoffte auf einen Forschungsauftrag, auf einen, der ihn abermals zu einer besonderen Sorte Menschen führen würde. Denn sein Hauptinteresse galt neuen Menschenformen, die sich auf Planeten mit extremen Umweltbedingungen gebildet und sich diesen angepasst hatten.
„Ja, wir sind ganz Ohr“, stimmte Verdans Kollege, der Kapitänchemiker Rajin, zu und zog die Augenbrauen hoch. „Denn ich suche nach neuen, organischen Verbindungen.“
Axaisy atmete tief und bedacht ein:
„Es geht, wie schon gesagt, um einen Kunstraub, hinter dem sich das Interesse einer fremden Kultur zu verbergen scheint. Eine Art Diebstahl, mit der wir es im ganzen Quadranten so noch nie zu tun hatten.“
„Berichte uns genauer“, drängelte Verdan. „Fremde Kulturen, die etwas verstecken, das klingt schon mal nach Abenteuer.“
„Kurz das Wichtigste“, fuhr Axaisy fort. „Das Genauere dann später. Auf dem Museumsplaneten Xorumar entnahmen drei Maskierte zwei einheimischen Trägern, die sie zuvor mit Lasern betäubt hatten, ein wertvolles Kunstobjekt, flüchteten zu einem Raumschiff, einem kleinen, silbernen Raumflitzer, der plötzlich wie aus dem Nichts aufgetaucht und gelandet war, luden das entrissene Werk ein, das Minischiff startete und verschwand im Hyperraum. Viel mehr wissen wir dazu nicht.“
„Und die Räuber? Wo kamen sie her? Aus dem fremden Raumschiff?“, fragte Verdan.
„Ach ja. Ein Detail, das vielleicht wichtig ist, habe ich nicht erwähnt. All dies ereignete sich auf Xorumars einzigem Raumhafen. Man hat nur kurz drei kleine, schwarzgekleidete Personen mit Laserwaffen gesehen, die sich vor der Landung des Raumschiffs schon auf Xorumar befunden haben müssen und die dann im Schiff verschwanden.“
„Was für ein Kunstwerk wurde eigentlich gestohlen, und welchen Wert hat es?“, erkundigte sich Rajin. „Wozu diesen Aufwand?“
„Danke für die Frage. Aber jetzt alles der Reihe nach. Der Name des Künstlers des geraubten Werkes ist Ludäus Brambiti. Er ist sehr berühmt. Vielleicht kennt ihr ihn. Man weiß nicht, auf welchem Planeten er gegenwärtig lebt und arbeitet. Er soll sehr alt sein, über hundertzehn Jahre. Die Kunstwerke von Ludäus Brambiti sind von besonderer Art, gehören zum Biologischen Realismus. Sie bestehen, was der Name schon andeutet, aus einem außergewöhnlichen Material, nämlich aus lebenden Zellen.“ Axaisy verzog den Mund. „Zum Beispiel aus Muskelfasern, die die Form des Objekts verändern. Die Werke bewegen sich. Manche können sogar fühlen. Andere fluoreszieren. Das Rezept für die Erschaffung ist einzigartig und nur wenigen Künstlern bekannt; es beinhaltet das Wissen über Zellkulturen, pflanzliche sowie tierische.“
„Der Biologische Realismus und die Techniken dazu sind mir weitestgehend bekannt“, unterbrach Verdan. „Um welches Kunstwerk geht es hier? Welches wurde gestohlen?“
„Es trägt den Titel ‚Lebende Farben‘ und es basiert vor allem auf Zellen von Blaualgen, die ihre Farben variieren können“, erwiderte Axaisy.
„Das Werk ist mir bekannt“, sagte Verdan. „Eine komplett vegatine Arbeit. Bei diesem Werk hat der Künstler keine tierischen Zellen verwendet.“
„Dann bewegt sich das Zeug nicht und läuft nicht weg.“ Rajin lachte.
„Wir haben ein ernstes Problem.“ Axaisy blickte ihn scharf an. „Wir kennen die Diebe und deren Absichten und Methoden nicht.“
Doch Rajin fragte: „Was für Verrückte haben das Kunstwerk denn gekauft?“
„Ein Ehepaar von Machante“, antwortete Axaisy kurz. „Sie haben es ersteigert.“
„Spinner?“, fragte Rajin.
„Nein. Liebhaber“, erwiderte Verdan und grinste.
Axaisy spürte die Komik zwischen seinen Kollegen. Er hatte einen Auftrag bekommen und Rajin machte sich lustig über die Sache, schien den Kunsthandel und die damit verbundene Kriminalität nicht ernst nehmen zu wollen.
„Warum sind die schönen und nutzlosen Dinger eigentlich so wertvoll?“, wollte Rajin als nächstes wissen.
„Es handelt sich um Kunstobjekte.“ Axaisy sprach lauter. „Sie besitzen einen ideellen Wert. Und der ist im vorliegenden Fall sehr hoch. Die Werke von Brambiti haben einen Wert von bis zu zwei Millionen AIWs.“ Dann schrie Axaisy fast, was er selten tat. „Der Vertreter des Gewählten Hochadmiral von Axarabor in diesem Quadranten wünscht, dass wir die Kunstdiebe identifizieren und das Problem unauffällig beseitigen.“
„Warum denn unauffällig?“, fragte Rajin erstaunt.
„Der Wert der Kunst macht die Bewohner mancher Planeten gierig. Jede öffentliche Aktion, die Aufsehen erregt, treibt den Preis der Werke in die Höhe. Zu Preisen, die oft in irrationalen Höhen schweben, das gebe ich zu.“ Nach diesen Worten klopfte Axaisy auf den Tisch.
Rajin blickte etwas verärgert.
Verdan stellte eine konkretere Frage, um die Emotionen herunter zu bringen: „Wie hoch ist denn der Wert der Kreation ‚Lebende Farben‘?
„Ersteigert wurde es für vierhundertfünfzigtausend AIWs, dazu kommt noch ein Aufgeld von dreiundzwanzig Prozent.“
Rajin riss Augen und Mund auf. „Irre“, brachte er nur heraus.
„Aber die Preise gehen uns nichts an. Wir haben einen Auftrag des Gewählten Hochadmirals von Axarabor erhalten“, stellte Axaisy klar.
„Wir werden das Unbekannte erforschen“, sagte Verdan.
Axaisy reagierte nicht; er blickte plötzlich auf seinen Handcomputer. Sein Blick versteinerte sich.
„Ist etwas passiert?“, fragte Verdan.
Axaisy hob nach ein paar Augenblicken den Kopf und räusperte sich. Ernst und bedacht antwortete er: „Ein weiterer Brambiti ist vor ein paar Minuten geraubt worden. Auch auf Xorumar. Diesmal aus einer Museumssammlung. Ein Einbruch in eines der vielen Museen Xorumars. Der Raub verlief so blitzartig wie beim vorigen Mal. Als die Wärter die Alarmanlagen hörten und das Sicherheitsbüro benachrichtigten, war das Raumschiff bereits wieder am Himmel und verschwand.“
Axaisy legte den Handcomputer vor sich auf den Tisch. „Das ist es, was ich stichwortartig mitgeteilt bekam.“
„Das ist doch unmöglich. Was für ein Teil wurde denn gestohlen?“, erkundigte sich Rajin. Jetzt wurde er neugierig und schien das Problem ernster zu nehmen.
„Das Werk trägt den Titel ‚Sphären der Muskeln‛. Ich habe noch kein Bild davon geschickt bekommen“, antwortet Axaisy. „Aber mit Fotos kann man den Biorealismus sowieso nicht zeigen. Wir brauchen eine Videoaufnahme; und die werden ebenfalls wie Kunstobjekte gehandelt.“
„Sphären der Muskeln. Also ein Fleischkunstwerk?“, vermutete Verdan. Solche lebenden Fleischteile mochte er nicht besonders. Auf ihn wirkten sie auf eine Art bedrohlich, besonders, wenn sie sich bewegten. Er zog die Werke aus Pflanzenmaterial vor.
Rajin gab keinen Kommentar. Er schien zu grübeln.
Ein leises Signal ertönte. Axaisy nahm seinen Handcomputer vom Tisch und las vor: „Man schätzt den Wert dieses Brambitis sogar auf über zwei Millionen AIWs.“