Читать книгу Zehn Frauen - Hubertus Meyer-Burckhardt - Страница 9

[Lied wird gespielt]

Оглавление

Das war „Night Shift“ von den The Commodores, der erste große Hit ohne Lionel Richie, der für dich zum 41. Geburtstag Klavier gespielt hat. Aber warum habe ich ihn gespielt? In „Night Shift“ geht es um die Nachtschicht, es geht um den Tod. Hast du Angst vorm Tod?

Ich mach gerade jeden Donnerstag mit meinen Freundinnen einen Kurs, bei einem Mönch, der in Kanada lebt, aber aus Laos kommt. Der Kurs heißt „Happy life, happy death“, und da er noch nicht zu Ende ist, ist die Angst vor dem Sterben auch noch da. Das Wissen, dass wir alle einmal gehen müssen, und zwar allein, so wie wir allein gekommen sind, lässt uns, glaube ich, bewusst werden, dass wir uns mehr und mehr mit dem Jetzt anfreunden müssen.

Wenn dir bewusst ist, dass jeder Atemzug, jeder Tag gezählt ist, dann ist es wichtig, mit wem du deine Zeit verbringst, und dann haben wir irgendwann auch nichts mehr zu bereuen. Denn wir haben diese Zeit, die wir hatten, genutzt. Allerdings habe ich noch kein ganz klares Bild davon. Ich möchte natürlich 120 Jahre alt werden, möglichst gesund und genau so, wie es jetzt ist. Ich habe den Wunsch, zu leben, aber ich weiß natürlich, dass das Sterben dazugehört. Und deshalb muss man sich auch noch einmal anders mit dem Alter auseinandersetzen.

» Wenn dir bewusst ist, dass jeder Atemzug, jeder Tag gezählt ist, dann ist es wichtig, mit wem du deine Zeit verbringst. «

Der Mönch kommt jeden Donnerstag für ein oder zwei Stunden?

Er kommt für eine Stunde per Zoom.

Per Zoom, okay! Aber wie darf ich mir das vorstellen? Lest ihr religiöse Texte, besprecht ihr etwas, singt ihr, atmet ihr, was macht ihr da?

So schön, als wärst du dabei gewesen, Hubertus, wirklich. Genau das: Wir fangen an mit dem Atem, denn damit beginnt und endet alles – der erste und der letzte Atemzug. Letztendlich geht es nur ums Atmen. Wir fangen an mit Chanting, dem Singen, also mit Purification.

Reinigung?

Ja, Reinigung. Durch die ganzen Chakren und dann meditieren wir. Es ist ganz lustig, weil es nicht unbedingt eine guided Meditation ist.

Keine geführte Meditation.

Genau, entschuldige, dass du immer den Übersetzer machen musst. So sorry!

Ach, ich bin der Anwalt des Publikums.

Nein, das muss nicht sein, ich spreche ja eigentlich auch Deutsch.

Tröstet es dich im Dialog mit diesem Mönch, wenn er dir sagt – ich weiß nicht, ob er das tut –, dass man wiedergeboren wird?

Ich denke, Religion an sich dient schon als Hilfe oder als Stütze für dieses Chaos, für das Leben – was immer Leben bedeutet. Wir haben keine Kontrolle über das, was uns wichtig ist, sitzen hier sozusagen nackt und sind sehr verletzlich insgesamt. Ich weiß nicht, ob ich nach Trost oder nach Ruhe suche.

Du suchst dir immer wieder Schutzräume und definierst das auch: Ich ziehe mich zurück, um mich zu schützen.

Ich weiß nicht, ob das Schutz ist oder die erste echte Auseinandersetzung mit der Trauer, sie nicht wegzuschieben. Es hat mich früher schon wirklich zu Tränen gerührt, wenn man sagte, du kommst und du gehst allein, denn ich war am liebsten in der Symbiose unterwegs. Mit einem, mit zweien oder am liebsten jetzt mit dreien und noch mehr. Dass wir einander die Hand halten für immer und dieses allein kommen und allein gehen, das ist das Leben. Und damit möchte ich mich anfreunden.

Nein, das tue ich nicht. Immanuel Kant, der große Philosoph aus Königsberg, hat gesagt, die Summe aller seiner Arbeit ist: „Was darf ich hoffen?“ Das blieb übrig von Immanuel Kants großem Werk. Worauf hoffst du? Das sei meine letzte Frage.

Ich hoffe, um es lapidar zu sagen, dass ich mit Barbara (Schöneberger) eine Band gründe und mit dir demnächst wieder rezitieren darf.

Ich würde am Schlagzeug sitzen.

Okay. Das würde dann Barbara (Schöneberger) entscheiden. Und du hast ja gestern, glaube ich, Morgenstern rezitiert, das kenne ich noch gut aus der Waldorfschule – lass uns gemeinsam poetisch werden.

Zehn Frauen

Подняться наверх