Читать книгу Mika liebt … - I. Tame - Страница 13

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Die Weihnachtsfeiertage sind der reinste Horror für Keno. Am 23.12. ist er wieder zuhause. Was für ein Gefühl!! Während er alle Zimmer abschreitet, laufen ihm vor Freude die Tränen über die Wangen. Rosaria hat alles super in Ordnung gehalten. Kein Stäubchen ist zu finden.

Bei dem Rundgang findet er in seinem riesigen Kleiderschrank ein Sweat-Shirt von Mika. Er hatte es wohl eilig vom Leib gerissen und nur in die Ecke des Schranks geworfen. Typisch für diesen kleinen Wirrkopf!

Jetzt sitzt Keno in der Fernsehecke, einen fetten Wodka vor sich auf dem Tisch. Immer wieder drückt er sich das Shirt vors Gesicht und inhaliert Mikas Duft. Wie damals John mit seinem Hemd, an diesem kleinen Tümpel – vor Äonen von Jahren.

Es ist der 24.12. nachmittags und Keno hat seit gestern rein gar nichts erreicht.

Ralf hat seinen Laden momentan geschlossen; irgendwelche Renovierungen. Per Handy hat er ihn schließlich erreicht; nur um zu erfahren, dass Mika wohl Jana in München besucht. Das war aber auch schon alles an Information.

Jana geht nicht ans Handy. Ihr hat er mindestens fünfmal auf den AB gesprochen.

Edwina schippert mit Andy auf so einem Riesendampfer irgendwo in der Südsee herum; ständig ist nur ihr AB zu erreichen.

Gordana und Nerd sind auch nicht zu Hause. Er war dreimal bei der Wohnung und hat geklingelt.

Auch bei David öffnete niemand.

Bei Katrin – Mika’s Mutter – ergaben seine vorsichtigen Nachfragen ebenfalls keine heiße Spur. Sie weiß wohl am allerwenigsten, was ihr Sohn so treibt.

Und natürlich Mika selber. Immer wieder meldet sich der AB. Es scheint alles hoffnungslos zu sein.

Keno schlürft betrübt an seinem Drink.

Mit John hat er heute Mittag kurz gesprochen. Da war es in Texas noch früher Morgen. Er wird seinen Vater wohl abends in seinem Elternhaus treffen. Bei dem Gedanken daran wird Keno ganz anders zumute. John war sehr ruhig; fast stumm. Keno pustet sich bei dem Gedanken an das Gespräch mit seinem Liebsten nervös einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er weiß, was diese Coolness bei John zu bedeuten hat: am besten alle in Deckung gehen. John steht kurz vor der Explosion.

Einen erneuten Zitteranfall bekämpft Keno mit einem tiefen Schluck aus seinem Glas.

„Ich muss Mika finden, ich muss einfach!“

Und dann beschließt er, heute Abend in einigen Kneipen nach David zu suchen. Vielleicht hat er ja Glück?! Schließlich ist Dave Mikas bester Freund. Der sollte doch eigentlich Bescheid wissen, wo der Kleine sich rumtreibt. Viele Leute gehen Heilig Abend in ihrer Stammkneipe feiern. Mal sehen.

*

Keno sitzt bereits eine Stunde im ‚Mars‘ herum und hält sich mit aller Gewalt die ziemlich beschwipste Gesellschaft vom Leib. Gerade trinkt er sein Glas leer und beschließt, doch noch ein-zwei andere Kneipen aufzusuchen, als sich die Türe öffnet und David herein kommt. Keno hat sich vorher noch nie so gefreut, David zu sehen. Da ist er sich sicher. Sofort schnellt er hoch und drängelt sich zu ihm durch. Dave reißt erstaunt die Augen auf.

„Was machst DU denn hier? Ich denke, du bist in Texas?“

Keno winkt ab. „Bin seit gestern wieder hier. Weißt du, wo Mika ist? In München? Kann das sein?“

David zieht ein wenig den Kopf zurück und runzelt skeptisch die Stirn.

„Als du weg warst, hat es dich doch auch nicht interessiert!“

Keno schließt kurz die Augen und seufzt tief. Hatte er wirklich gedacht, dass es so einfach werden würde?

„Trinkst du was mit mir?“, fragt er eindringlich. Sein Blick ist so traurig und intensiv, dass David nicht ‚Nein‘ sagen kann.

„Ja, komm‘, wir setzen uns da drüben in die Ecke.“

„Danke“, murmelt Keno erleichtert und schlängelt sich hinter David durch die Menge.

Kaum sitzen sie und haben dem vorbeieilenden Kellner ihre Bestellung zugerufen, als David auch schon loslegt.

„Ich bin super sauer auf dich!“, poltert er.

Keno fährt sich nervös mit beiden Händen durch die Haare.

„Ich weiß“, gibt er kleinlaut zurück.

„Hast du eine Vorstellung davon, was du Mika mit deinem Nacht-und-Nebel-Trip angetan hast?“ David hebt abwehrend die Hand, als Keno antworten will.

„Deine Erklärungen sind mir völlig egal. Immer ist irgendwas anderes wichtiger als Mika. Immer gibt es Geheimnisse, Unklarheiten und immer erwartest du, dass er Verständnis und Vertrauen aufbringt. Diesmal war es zu heftig, Keno. Du kannst doch nicht einfach abhauen und dich dann mal eben aus Texas melden. Aus Texas!!! Wer soll das denn nachvollziehen können?!“ David presst die Lippen aufeinander und schüttelt leicht den Kopf.

„Du nennst ihn immer deinen ‚Kleinen‘, aber er ist erwachsen! Mann, wann kriegst du das endlich mal in deinen Kopf?“

Ihre Bestellung kommt und beide nehmen gierig einige Schlucke. Nicht nur Kenos Kehle ist trocken. Auch David ist aufgeregt, weil er die Möglichkeit hat, endlich einmal seine Meinung zu sagen.

„Mika war fertig, völlig aufgelöst. Du hast ihn mitten ins Herz getroffen, du Arsch!“

Keno räuspert sich. „David, das tut mir alles echt leid und ich werde mich ganz bestimmt ändern. Doch ich muss jetzt unbedingt wissen, wo Mika ist. Ralf meint, er wäre in München. Sagt dir das was?“

David zieht fragend die Augenbrauen hoch und ignoriert erst einmal Kenos Frage.

„Was ist denn los? Irgendjemand gestorben?“, lenkt er ab.

„Bis jetzt noch nicht“, schießt es Keno durch den Kopf, weil er bei der Frage direkt an Johns Konfrontation mit dessen Vater denken muss. Er presst kurz die Lippen aufeinander.

„Ich kann dir das nicht …“ Doch David unterbricht ihn direkt.

„Hör auf, Keno! Du mit deinen scheiß Ausflüchten. Verschone mich bitte damit! – Ich weiß nicht genau, wo Mika ist. Er hat sich bei mir nicht gemeldet. Ich bin deswegen auch ein wenig angepisst. Von Gordana weiß ich, dass er sich mit Jana treffen will. Ich denke mal, dass er sie über Weihnachten und Neujahr besucht; aber wo genau? Keine Ahnung!“

„Ist Gordana zu Hause?“

David schüttelt den Kopf. „Nee, die ist seit heute zusammen mit Nerd nach Österreich. Ich glaube, sie hat da Verwandte – Tante und Onkel, oder so. Die machen sich ein paar schöne Tage im Schnee.“

„Hast du von ihr eine Handy-Nummer?“

„Tut mir leid! Wir wohnen im gleichen Haus. Wenn wir was voneinander wollen, rennen wir kurz eine Etage rauf oder runter.“

David zuckt bedauernd kurz die Augenbrauen hoch.

„Ja, wer ist das denn?!“, dröhnt plötzlich eine Stimme von der Seite. „Das Herrchen von Blondie! Was machst du denn hier? Ich dachte, du und dein super-cooler Ober-Mac habt euch ins Ausland verpisst?!“

Grinsend schiebt sich Ben ungefragt neben David auf die Sitzbank.

„Hi, Ben“, erwidert Keno nicht gerade begeistert.

Doch Ben richtet seine ganze Aufmerksamkeit auf David, während er weiter mit Keno redet.

„Dave hier war ganz fertig, als dein John einfach von heute auf morgen verschwunden ist. Das ist seinem niedlichen Hintern gar nicht gut bekommen … Entzugserscheinungen“, brummt er hinterher.

„Halt einfach den Mund, Ben!“, erwidert David leise, doch mit fester Stimme.

„Ich bin wohl nicht der Einzige hier am Tisch, der seine Liebsten besser behandeln sollte, was?“, fragt Keno süffisant in Bens Richtung. „Sonst hätte sich David nicht so einen geilen Ersatz wie John an Land ziehen müssen.“

„Da gibt der Richtige die schlauen Ratschläge – genau der Richtige!!“, poltert Ben zurück. „Du bist ja noch nicht mal in der Lage, einen Kerl zu halten, der den Boden unter deinen Füßen anbetet. Lass‘ mich raten!! Du suchst Mika, hab‘ ich Recht? Erst der typische Keno-Arschtritt und dann die unvermeidliche Keno-Revival-Tour. Sehr witzig!“, höhnt Ben weiter.

Doch Keno widerspricht nicht. Er nickt lediglich und nippt gedankenverloren an seinem Bier.

„Hey, Dave!“ Jetzt dreht Ben sich endgültig zu David hin. Sein Tonfall wird rauer, weicher. „Sag mal, hast du nicht Lust, morgen mit mir nach München zu fahren?“

„München?“, unterbricht Keno ihn. „Was ein Zufall.“ „Was gibt’s denn in München?“

Jetzt sieht Ben ihn doch an. Wie immer mit einem höhnischen Grinsen.

„Mal davon abgeseh’n, dass dich das einen Scheißdreck angeht …“ Jetzt dreht er sich wieder in Davids Richtung.

„Da findet eine super-extravagante Party statt. Nur handverlesene Gäste. Das soll der Knaller sein. Na, was ist?“ Während er spricht, streicht er sanft mit dem Daumen über Davids Handrücken. David sieht ihn zweifelnd an.

„Heyy“, haucht Ben geradezu. „Wir könnten uns versöhnen.“

David lacht leise auf. „Wie du davon ausgehst, dass ich das auch will. Super! Zeugt von unheimlichem Einfühlungsvermögen. – Ich fahr‘ ganz bestimmt nicht mit dir irgendwohin. Ich dachte, ich bin zu langweilig für dich, einfach nicht mehr interessant. Hat sich das plötzlich geändert?“

Ben presst angepisst die Lippen aufeinander. „Es war ein Versuch. Aber gut, dann bleib‘ hier und sei sauer. Ich werd‘ schon jemanden finden, der mir die Zeit da versüßt.“

Trotz seiner erteilten Abfuhr blickt David traurig zur Seite.

Ben steht abrupt auf und beugt sich noch einmal zu Keno vor. „Und was dich betrifft! Nein, ich weiß nicht wo Mika ist. Und wenn ich es wüsste …“ Er blickt Keno tief in die fragenden Augen. Dann grinst er gemein. „Du müsstest mir schon kräftig einen blasen, bevor ich DIR weiterhelfe!!“

Laut auflachend dreht er sich weg und schiebt sich durch das Kneipenpublikum in Richtung Theke.

David beobachtet Keno eingehend. Dessen ganze Körpersprache, sein verzweifelter Blick. Er tut ihm tatsächlich leid; obwohl er sich fest vorgenommen hatte, diesem Chaos-Typen kräftig die Rübe zu waschen, wenn er ihn in die Finger bekommt. Doch jetzt … wie er völlig verloren vor sich hin starrt. Er leidet. David weiß genau, wann jemand ehrlich leidet oder nur schauspielert. Als Sub kennt er sich damit aus. Und Keno spielt nichts vor. Er ist total am Ende. Jetzt blickt er auf und sein Blick trifft auf Davids.

„Ich muss ihn finden, Dave!“, gibt er tonlos von sich, ohne den Blick abzuwenden. „Das ist wirklich lebenswichtig. Ich muss Mika warnen.“

„Wovor denn, um Gottes Willen?!“, fragt David nervös und legt tröstend eine Hand auf Kenos. Sie verschränken ihre Finger ineinander.

„Vor meiner Vergangenheit.“


Mika liebt …

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