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Kapitel 7
ОглавлениеDreißig Minuten später rumpelten sie den seit eh und je unbefestigten Waldweg zu Céciles Grundstück hinauf. Ein großes schmiedeeisernes Tor war eingelassen in eine hochgezogene Bruchsteinmauer rund um das riesige Anwesen. Sie sollte im Herbst und Winter das Anwesen und seine Bewohner vor den eiskalten Mistralwinden schützen, die von den Bergen des Luberon herabfielen und, wie Cécile lachend bemerkte, „einem Esel die Ohren wegblasen können, wie man im Provenzalischen sagt“. Nun öffnete sich das Tor wie von Geisterhand. Mascotte, Céciles grau-weiß gestreiftes Kätzchen, lief ihnen entgegen und Madame Hélène, die Nachbarin und Hüterin von Haus, Hof und Stubentiger, winkte ihnen fröhlich zu.
Die Freundinnen stiegen aus. „Merci, mon amie, tout va bien?“ Cécile nahm den Schlüsselbund samt automatischem Toröffner entgegen.
„Naturelement!“ Die Nachbarin ging federnden Schrittes zu ihrem Haus zurück, nachdem sie auch Marie herzlich willkommen geheißen hatte.
Marie ging durch den kleinen Torbogen auf die Terrasse vor dem Haus. „Es hat sich ja überhaupt nichts verändert, seit ich vor zwei Jahren das letzte Mal hier war!“, rief sie erfreut.
Cécile folgte ihr und antwortete lachend: „Es hat sich ehrlich gesagt seit dreißig Jahren überhaupt nichts verändert, bis auf ein paar kleine Anstriche hier und da und neue Terrassenmöbel sowie bequeme Liegen für la piscine – du weißt ja, das liebe Geld!“
Marie war um den Pool herumgegangen, umschlang mit beiden Armen die mächtige alte Pinie auf der anderen Seite des Gartens und betrachtete liebevoll das typisch provenzalische Landhaus – das bald ihr endgültiges Zuhause sein sollte –, wie es schläfrig mit seinen halbgeschlossenen Fensterläden in der Abendsonne dalag, und den leuchtenden goldgelben Ginster rund um das „Mas“, der ihm den Namen „Les Genets“ gegeben hatte.
„Komm, chérie, wir räumen erst einmal den Wagen aus“, riss sie Céciles Stimme aus ihren Gedanken.
Beladen mit Koffern, Taschen und Tüten betraten sie dann die geräumige Küche.
„Willkommen daheim!“ Sie suchten Maries Sachen aus dem umfangreichen Gepäck heraus. „Du nimmst am besten erst einmal wie gewohnt das Appartement mit den zwei Zimmern und dem Bad en suite direkt oben am Anfang der Galerie, d’accord? Und während du dich frisch machst, bereite ich uns hier unten einen kleinen Imbiss vor.“
„Wunderbar!“ Marie umarmte ihre Gastgeberin, griff nach ihrem Gepäck und stieg die Treppe hinauf. Oben öffnete sie die knarrende Holztüre – echt antik vom marché aux puces, dem französischen Flohmarkt, wie alle Türen hier im „Mas“ – und sah sich in dem großen, hellen und fröhlichen Raum um, dem nur ein alter provenzalischer Schrank ernste Würde verlieh. Sie legte ihre Sachen auf dem bequemen französischen Bett ab, welches auf einer Empore im hinteren Teil unter dem Fenster stand, nahm ihre Tasche mit Seife, Zahnbürste und Kosmetik und machte sich in dem hübschen Tageslichtbad kurz frisch. Dann trat sie durch eine weitere Tür in das zweite, etwas kleinere Zimmer, sah sich um und malte sich bereits aus, wo sie ihren Schreibtisch, ihre umfangreichen Bücherregale und eine kleine Sitzgarnitur unterbringen würde. Sie öffnete die andere Tür zur Galerie und folgte dem Duft von gebackenem Baguette und frischem Ziegenkäse.
Nach dem Abendbrot saßen die Freundinnen noch lange in der gemütlichen und rustikalen Küche beisammen, tranken einen köstlichen Rotwein aus dem Luberon und diskutierten über gemeinsames Wohnen im Alter so allgemein, aber nun auch im Besonderen. Dann gähnte Cécile herzhaft. „Komm, wir müssen ins Bett.“ Sie sah sehr müde aus.
Marie schaute auf die alte Küchenuhr über der Spüle. „Ach herrje, schon fast zwei. Du hast recht, morgen ist auch noch ein Tag und danach noch mindestens vierzehn weitere zum Klönen. Bonne nuit, ma chère.“
Als sie im Bett lag, träumte sie sich noch ein wenig in ihre neue Lebenssituation in der Provence ein. Leider kam ihr dabei immer wieder das spöttische Grinsen des gut aussehenden, aber arroganten Typen vom Rastplatz in die Quere, und sie hatte aus diesem Grund eine sehr unruhige Nacht.