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Kapitel 4
ОглавлениеEine halbe Stunde später fragte Julie: „Wie viel Uhr haben wir es eigentlich?“ und schaute auf ihr Handgelenk. „Himmel, schon fast drei! Ich muss los“, und sie erhob sich abrupt, „sonst bekommen meine Männer heute nichts mehr zu essen.“
„Wie kann man nur so tough aussehen“, spöttelte Eleni liebevoll, „und eine solche Unemanze sein?“
„Und wie kommt es, dass eine so intelligente Frau wie du nur so ein loses Mundwerk hat?“, nahm Franca die Freundin in Schutz.
„Och, das geht ganz gut.“ Eleni lachte.
„Lasst mal“, sagte Marie und umarmte die Pariser Freundin. „Julie braucht nur etwas Zeit. Auch ohne Horoskop sehe ich sie bald in unserer provenzalischen Mädels-WG eintrudeln.“
„Dein Wort in Gottes Ohr!“, erwiderten die anderen, und Biggi fügte hinzu: „Ich muss jetzt ebenfalls packen. Um siebzehn Uhr dreißig geht mein Zug nach Basel.“
Marie, Franca, Cécile und Eleni begleiteten Biggi zum Hauptbahnhof in Köln und winkten ihr nach, bis der ICE aus der Halle verschwand. Und dann mussten sie sich sputen, damit Franca und Eleni rechtzeitig zum Flughafen kamen. Ihre Flieger gingen, im Abstand von einer Viertelstunde, am späten Nachmittag nach Rom und Athen.
Beim Abschied seufzte Franca: „Schade, dass wir schon zurück müssen. Hoffentlich bekommen wir das mit dem gemeinsamen Wohnen doch in naher Zukunft irgendwie hin.“
„Bestimmt“, tröstete Cécile und Marie fügte hinzu: „Wir beide machen den Anfang und halten die Stellung. Und wie ich unseren Mädelsladen hier kenne … Darf man in unserem Alter eigentlich noch von Mädels sprechen ...?“
„Bleib locker, chérie, wir haben doch heute erst festgestellt, wie jung wir noch sind.“
„Na gut, dann also: ... werden wir fünf Mädels uns schneller als gedacht in der Provence wiederfinden … Übt euch schon mal fleißig in der französischen Sprache.“
„Ganz bestimmt!“, rief Eleni, bevor sie in Abfertigung zwei verschwand, und Franca vergaß, dass sie eine Dame war, und brüllte von Gate fünf: „Si, si, bloß ein wenig auf Eis gelegt; denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben!“
Marie und Cécile winkten lachend hinter den beiden her. Dann hakten sie sich unter und gingen Arm in Arm zurück zum Ausgang.
„Wenigstens du bleibst mir noch ein paar Tage erhalten“, sagte Marie.
„Aber klar doch“, Cécile drückte sie, „wir müssen unser Projekt für die gemeinsame Zukunft doch noch weiter vertiefen und Nägel mit Köpfen machen, wie es so nett auf Deutsch heißt.“
Wieder in Maries Küche schaltete Cécile den Wasserkocher an und ging zum Küchenschrank.
„Was suchst du?“, fragte Marie neugierig.
„Tee“, war die lakonische Antwort. „Ich mache uns eine infusion, einen Kräutertrank aus verschiedenen Teesorten, damit wir heute Nacht gut schlafen, um morgen in der Früh die ganze Chose mit klarem Kopf in Angriff zu nehmen.“
„Du hast recht.“ Marie war einverstanden und stellte die angebrochene Champagnerflasche vom Nachmittag in den Kühlschrank zurück. „Es ist in den letzten Tagen genug Alkohol geflossen und hat unsere Wahrnehmung etwas vernebelt. Morgen geht es gestärkt und hellwach in die nächste Runde.“
Am nächsten Morgen streckte und reckte sich Cécile nach drei langen Gesprächsrunden und sah dabei auf ihre Uhr:
„So, genug geredet. Bevor du deine Nachkommen zum Rundumgespräch zwecks Zukunftsplanung einlädst, gehe ich jetzt nach oben packen, damit ich morgen früh zurück in die Provence verschwinden kann. Es gibt ja noch so viel vorzubereiten.“
Marie sah kurz auf, bevor sie weiter in ihren Unterlagen wühlte. „Du hast es gut. Ich finde diese blöde Bescheinigung von der Bank nicht, die mich vor einem halben Jahr aus den Hypothekenzahlungen entlassen und mir so das Haus zu Erb und Eigen überschrieben hat. Ich bin fix und fertig und urlaubsreif … Halt, da ist sie ja!“ Sie wedelte mit einer gebundenen Urkunde vor Céciles Gesicht herum. „In einem ordentlichen Haushalt findet sich eben alles wieder. Nun habe ich sämtliche Unterlagen zusammen für das wichtige Gespräch mit den Kindern. Ich wünsche mir, dass es gut ausgeht.“
„Wenn ja, dann komm doch morgen gleich mit, wenigstens für zwei Wochen“, schlug die Freundin vor. „So können wir schon mal überlegen, wie wir mein Haus gerecht für uns alle aufteilen.“
„Keine schlechte Idee“, stimmte Marie erfreut zu und griff zum Telefon. „Dann trommele ich mal meine Lieben zusammen. Hoffentlich haben heute Abend alle Zeit für unsere Neuigkeiten.“