Читать книгу Das Lied der Sklaven - Irena-Sara Meister - Страница 5

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Doch dann hörte Leon ein leises Winseln. Eine zarte Frauenstimme. Er blieb stehen, sein Gesicht war kreidebleich. Verängstigt schaute er sich um. Woher kam das Wimmern?

Leise flüsterte er ihren Namen. Ana ... Ana ... wo bist Du?

Plötzlich konnte er Umrisse erkennen, die sich aus der Dunkelheit erhoben. Leon erschrak. War sie es oder waren es die Typen, die sie schon seit Stunden jagten?

Dann jedoch spürte er eine kleine Erleichterung. Es war Ana. Sie stotterte leise seinen Namen. Ihre Knie waren butterweich. Sie konnte sich kaum noch bewegen. Die Männer hatten sie also noch nicht gefunden. Für einen kurzen Moment lächelte er.

Dann waren da wieder die ganzen Geräusche, die plötzlich die Stille im dunklen und kalten Wald durchbrachen. Als Stadtmensch war er das einfach nicht gewöhnt. Doch es war nur Ana, die mit ihren nackten Füßen auf das Unterholz trat und dabei ein Knacken verursachte, das sich mit ihrem Wimmern mischte und für einen kurzen Moment wie ein impulsives, abgehacktes Schreien klang.

Sein Herz pochte laut vor Glück, als er seine Ana endlich wieder in die Arme nehmen konnte, die erschöpft Schutz unter einem alten Baum suchte. Erst jetzt nahm er sie richtig wahr. Sie wirkte wie ein Häufchen Elend. Ihre Haut war bereits kalt, das Make-up durch die ganzen Tränen verschmiert.

Ihre Füße bluteten, die Schuhe hatte sie irgendwo im Wald längst verloren. Das Blut auf ihrer Kleidung war mittlerweile getrocknet. Sie war erschöpft und starrte Leon einfach ohne Worte an. Er wusste nicht, ob sie ihn überhaupt wahrnehmen würde. Die Situation war so unglaublich schwierig, dass er sie einfach nur in den Arm nahm und erleichtert seufzte.

Dennoch war er unruhig und bei jedem noch so kleinen Geräusch blickte er nervös um sich. Er hatte Angst, sie würden ihn und Ana finden. Er wusste, das wäre das Ende. Regelmäßig drangen die unterschiedlichsten Geräusche zu ihnen, die wie eine Wahrnehmung einer existenziellen Bedrohung wirkten und seine Furcht von Mal zu Mal verstärkten. Er setzte sich zu ihr, nahm sie fest in den Arm.

Ana seufzte, war für einen kurzen Moment erleichtert, doch sie fühlte auch sein Zittern, das seinen ganzen Körper hektisch eingenommen hatte. Ihre Sinne waren dermaßen sensibilisiert, dass beide bei jedem noch so kleinsten Geräusch überreagierten. Grund genug dafür hatten sie jedoch. Würden sie gefunden wären, hätte man sie einfach abgeknallt und ihre Leichen gleich hier verscharrt.

Die Dunkelheit hatte sich nun mit tiefster Schwärze über den Wald gelegt. Noch immer hatte er Ana fest in seinen Armen und drückte ihren schmächtigen Körper an sich. Beide zitterten. Die Kälte wurde von Stunde zu Stunde schlimmer.

Leon hatte keine Ahnung, ob sie beide es schaffen würden oder ob das hier ihr Ende sein würde. Doch zumindest hatte er sie wieder in seinen Armen.

Das Lied der Sklaven

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