Читать книгу Auf keinen Fall wir - Iris W. Maron - Страница 5
Kapitel 1
Оглавление»Wer willst du heute sein?«
Fragend sieht Thomas mich an. Er ist mein ältester und engster Freund. Manchmal schlafen wir miteinander. Meistens aber jagen wir gemeinsam. So auch heute.
»Wer willst du denn heute sein?«, gebe ich die Frage zurück.
»Ich hätte Lust auf Flugbegleiter.«
Irritiert ziehe ich eine Augenbraue hoch. »Wenn du die Wahl hast, willst du Stewardess sein?!«
Thomas grinst süffisant. »In dem Flieger, mit dem ich letztens geflogen bin, war ein echt süßer Flugbegleiter. Wir hatten viel Spaß miteinander.«
»Na, meinetwegen. Dann bin ich dein Pilot.«
»Typisch«, befindet Thomas und verdreht die Augen. »Immer eins draufsetzen.«
Ich zucke nur mit den Schultern. »Eben. Ich bin echt nicht der Typ für Bodenpersonal und schon gar nicht der für irgendwelchen Service. Also bin ich heute Pilot und heiße Stefan.«
»Wenn es sein muss. Ich bin heute Raoul.«
Wir machen das nicht immer, aber immer wieder: Wenn wir ausgehen, überlegen wir uns manchmal alternative Identitäten. Das macht es einfacher, die Typen, die wir aufreißen, wieder loszuwerden. Und es macht ganz einfach Spaß, für einen Abend in eine andere Rolle zu schlüpfen.
»Alles klar«, sage ich also und wühle weiter in meiner Reisetasche nach dem passenden Shirt. Als ich es gefunden habe, gehe ich noch mal ins Badezimmer. Meine Frisur muss noch optimiert werden. Ich bin da etwas pingelig. Und die Kontaktlinsen muss ich auch noch einsetzen. Für die Arbeit ist meine hippe Nerd-Brille ja perfekt, aber nicht, wenn mir nach Party ist. Heute ist mir definitiv nach Party.
Es dauert eine Weile, bis ich wieder aus dem Badezimmer komme. Trotzdem kann ich mir nicht verkneifen, Thomas zu erklären, dass er sich beeilen soll mit dem Aufhübschen, weil ich endlich losgehen will. Als Reaktion verdreht er schon wieder die Augen und zeigt mir den Mittelfinger.
Die Zeit, die er noch benötigt, nutze ich dafür, meinen Gin Tonic auszutrinken und mich anschließend im Ganzkörperspiegel im Vorzimmer zu betrachten. Ich muss sagen, ich bin zufrieden. Die Frisur sitzt perfekt, Hose und Shirt sowieso. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Thomas im Badezimmer fertig ist. Er hat sich gegen den Türstock gelehnt und betrachtet mich genüsslich.
»Scheiße, David, du siehst mal wieder echt scharf aus.«
Wo er recht hat, hat er recht. Ich grinse mein Spiegelbild ein letztes Mal zufrieden an, dann wende ich mich Thomas zu.
»Du siehst natürlich auch nicht schlecht aus«, befinde ich. Eine gewaltige Untertreibung. Aber das weiß Thomas. Sein Ego kommt fast an meines ran. »Können wir endlich los?«
»Ich warte nur darauf, dass du dich von deinem Spiegelbild löst.«
Lachend packe ich meine Jacke und verlasse mit Thomas dessen Wohnung.
»Du wirst heute übrigens auswärts pennen müssen, mein Schatz. Ich habe null Bock, in der Nacht quer durch die Stadt zu marschieren, um mein Gepäck zu holen. Mein Zug geht morgen beschissen früh«, erkläre ich ihm.
Thomas grinst nur und salutiert. »War ja klar. Dann wirf mir deinen Schlüssel morgen, wenn du gehst, einfach in den Briefkasten.«
Vermutlich hat er echt nichts anderes erwartet, als dass ich heute seine Wohnung – und vor allem sein Schlafzimmer – für mich beanspruche. Er kennt mich eben.
Wenig später erreichen wir das Szenario, den Club, den wir für heute ausgesucht haben. Das Nachtleben in Köln ist echt was anderes als das in dem Provinznest, wo ich seit zwei Jahren lebe. Dort gibt es keinen einzigen Schwulenklub, nur ab und an mal entsprechende Partys in einer der lokalen Discos. Hier in Köln hingegen hat man die freie Auswahl.
Das Szenario ist ein großer und sehr beliebter Club. Wir müssen dementsprechend lange Schlange stehen, bevor wir hineinkönnen. Schlange stehen bedeutet auch: sehen und gesehen werden – und hier gibt es immer etwas zu sehen. Wir schäkern ein wenig mit zwei Twinks, die vor uns anstehen und deren Outfits mich beinahe blenden. Sobald wir die Tür passiert haben, verlieren wir sie aber aus den Augen. Macht nichts, mir ist heute ohnehin nicht nach einem Twink.
Der Club ist schon gut besucht, wie ich feststelle, nachdem wir unsere Jacken an der Garderobe abgegeben haben. Wummernde Bässe begrüßen uns, zusammen mit flirrendem Stroboskoplicht und dem Geruch nach Männern und Schweiß und einer geilen Party. Wie immer fällt mein Blick als Erstes auf die Tanzfläche, wo sich zahlreiche Feierwütige tummeln, einige von ihnen schon in unterschiedlichen Stadien der Beinahe-Nacktheit. Auf den ersten Blick sticht mir aber noch niemand besonders ins Auge. Man muss es ja aber auch nicht übereilen.
Zunächst gehen Thomas und ich zur Bar. Wie überall herrscht auch hier ziemliches Gedränge. Mit einer Mischung aus Ellbogentechnik und strahlendem Lächeln bahne ich mir meinen Weg nach vorne. Die Aufmerksamkeit des Barkeepers habe ich schnell für mich. Ich ordere zwei Bier, die ich gleich darauf in Empfang nehmen kann.
Mit unseren Flaschen in der Hand lehnen Thomas und ich uns dann gegen die Theke und sehen uns ein wenig um.
»Hast du schon wen erspäht?«, fragt Thomas.
»Nein.«
»Der da hinten ist doch süß.«
»Zu fett.«
»Der ist doch nicht fett!«
Ich schnaube statt einer Antwort.
»Oder der da drüben?«, bohrt er weiter.
»Die Frisur geht ja mal gar nicht.«
»Hmm… Und der Blonde, der so abgefahren tanzt?«
»Willst du mich verarschen?«
Thomas gluckst. »Uh, wir sind aber heute wählerisch.«
»Ich bin immer wählerisch.«
»Wo du recht hast...«
Ich nehme einen großen Schluck von meinem Bier.
»Los, trink aus, ich will tanzen.«
»Und was der Herr Pilot will, wird getan.«
»So ist es.«
Wir trinken aus, dann schleife ich Thomas auf die Tanzfläche. Er ist nicht der begabteste Tänzer, aber ich will mal nicht so sein. Ich für meinen Teil tanze gerne und auch dementsprechend gut. Dennoch ist es Thomas, der von uns als Erster angetanzt wird. Auf eher plumpe Weise.
Ein Kerl legt von hinten seine Hände auf Thomas' Hüften und schmiegt sich an ihn. Kurz geht Thomas darauf ein, dann sieht er mich fragend an, will wohl wissen, ob der Kerl hinter ihm gut aussieht oder eine Pestbeule auf zwei Beinen ist. Nun, hässlich ist er nicht, aber er ist definitiv nicht mein Fall. Er ist eher der langweilige, gewöhnliche Typ. Mausgraues Haar, fade Klamotten, Sport hat er sicherlich noch nie in seinem Leben gemacht. Einzig seine Augen mit ihrem strahlenden Blau sind wirklich hübsch.
Ich ziehe skeptisch eine Augenbraue hoch, woraufhin Thomas sich zu dem Typen umdreht. Für einen Moment verharrt er, dann wirft er einen leicht panischen Blick über die Schulter zurück zu mir. Ich mache einen Schritt auf die beiden zu. Muss ich da jetzt einschreiten?
Bevor ich mich entscheiden kann, hält Thomas mich mit einer Geste zurück. Seine Lippen formen ein Wort: »Konrad.« Sein Ex. Ach je. Ich sehe ihn fragend an und Thomas zuckt leicht mit den Schultern, ehe er sich wieder Konrad zuwendet. Die beiden sprechen kurz miteinander, dann wenden sie sich plötzlich ab, verlassen die Tanzfläche und verschwinden in der Menge.
Das kann ja nur schiefgehen. Ich habe Konrad zwar noch nie getroffen, weiß aber aus Thomas' Erzählungen, dass er ein elendiger Spießer ist. Während ihrer Beziehung hat er Thomas fürchterlich eingeengt. Trotzdem hat der ewig gebraucht, um über ihn hinwegzukommen. Jetzt mit ihm zu sprechen, wird diese Wunden nur wieder aufreißen.
Ich tanze allein weiter, überlasse meinen Körper dem Dröhnen des Basses. Ein paar Kerle versuchen mich anzutanzen, aber mich reizt keiner von ihnen. Das mache ich ihnen auch unmissverständlich klar.
Irgendwann bekomme ich Durst und mache mich auf den Weg zurück zur Bar, um mir etwas zu trinken zu holen. Gerade schiebe ich mich an einem unglaublich stinkenden Kerl vorbei, da fällt mein Blick auf einen Typen, der lässig an der Bar lehnt. Er steht mit dem Rücken zu mir, aber was ich sehe, gefällt mir. Blondes Haar, nicht gerade kurz, aber auch nicht zu lang. Wenn ich das von hier richtig ahne, trägt er einen Undercut. Würde ich nie, finde ich an anderen aber sexy – vorausgesetzt, sie haben das passende Gesicht. Er ist in etwa so groß wie ich, hat wunderbar breite Schultern und sein enges Shirt verspricht einen gut gebauten Rücken. Sein Knackarsch ist auch nicht zu verachten.
Neben ihm steht eine junge Frau – eine der wenigen hier. Sie ist ganz hübsch, aber etwas zu aufgedonnert für meinen Geschmack. Wild gestikulierend unterhält sie sich mit dem Typen. Plötzlich scheint sie meinen Blick zu bemerken. Sie verharrt einen Moment, dann grinst sie und weist ihren Freund offensichtlich auf mich hin. Der wendet sich dann auch prompt zu mir um.
Seine Vorderseite kann definitiv mit der Rückseite mithalten. Tatsächlich ist er wirklich attraktiv. Er hat ein scharf geschnittenes, fast symmetrisches Gesicht mit starkem Kiefer und leichtem Bartschatten. Wenn ich das von hier und bei dem Licht richtig sehe, hat er trotz der blonden Haare dunkle Augen. Er ist ungefähr in meinem Alter, vielleicht ein bisschen jünger.
Den will ich.
Er scheint auch nicht abgeneigt. Jedenfalls taxiert er mich ziemlich gründlich. Auf seinen Lippen zeichnet sich ein schmales Lächeln ab. Ich schenke ihm ebenfalls ein Lächeln und bahne mir einen Weg zu ihm.
»Hallo«, grüße ich, als ich bei ihm angekommen bin.
»Hi«, erwidert er.
Tiefe Stimme. Passt zu seinem maskulinen Äußeren.
»Ich bin Stefan«, brülle ich gegen die laute Musik an.
»Sven.«
»Irina«, stellt sich seine zu stark geschminkte Freundin vor.
Richtig, die war ja auch noch da. Ich schenke ihr mein charmantestes Lächeln. »Darf ich dir deinen Freund kurz entführen?«
»Wenn er von dir entführt werden möchte – tu dir keinen Zwang an.«
»Möchtest du von mir entführt werden?«, frage ich also an Sven gewandt.
Er erwidert mein Lächeln, sagt aber nichts, sondern schenkt mir einen intensiven Blick. Grün, seine Augen sind grün. Dann nickt er leicht und geht los in Richtung Tanzfläche. Anscheinend will er, dass ich ihm folge. Das ist eigentlich nicht mein Stil, aber für diesen Rücken und diesen Arsch mache ich eine Ausnahme.
»Hat mich gefreut«, sage ich noch zu Irina, die mir zum Abschied wortlos winkt und zuzwinkert, dann schaue ich, dass ich Sven einhole.
Auf der Tanzfläche bleibt er stehen und wendet sich mir zu. Noch immer hat er dieses hintergründige Lächeln auf den Lippen. Ich finde ihn wirklich scharf. Als er dann beginnt, sich im Takt der Musik zu bewegen, finde ich ihn sogar noch ein bisschen schärfer, denn Sven kann tatsächlich tanzen. Wir harmonieren erstaunlich gut miteinander. Sobald wir herausgefunden haben, dass wir beide tanzen können, liefern wir eine ziemliche Show ab. Die Leute um uns herum machen respektvoll Platz und einige beobachten uns angetan.
Gefällt mir.
Mir gefällt ebenfalls, dass Sven bei einem etwas langsameren Lied seine Hände auf meinen Hintern legt und mich enger an sich heranzieht. Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken, schiebe ein Bein zwischen seine und reibe mich an ihm. Ich spüre, wie er hart wird. Mir ergeht es nicht anders. Sven zieht mich noch enger an sich, dann überwindet er die letzte Distanz zwischen uns und legt seine Lippen auf meine.
Ich küsse nicht alle One-Night-Stands. Nur die küssenswerten. Sven ist definitiv küssenswert. Und er ist, wie ich gleich darauf feststelle, ein guter Küsser. Forsch zwar, aber er weiß seine Zunge und seine Lippen einzusetzen.
Es wird ein ziemlich langer Kuss, der vorsichtig beginnt, aber rasch an Fahrt aufnimmt und leidenschaftlicher wird. Sven schmeckt vor allem nach Limetten, Zucker und Cachaça, darunter aber liegt eine Note, die seine eigene ist. Die mag ich besonders.
Als wir uns voneinander lösen, hat Sven hinreißend gerötete Lippen und atmet schneller – so wie ich. Ich denke, wir sollten das Ganze an einen anderen Ort verlagern. Ursprünglich war mein Plan zwar, heute lang und ausgiebig zu feiern, doch Sven will ich mir auf keinen Fall durch die Lappen gehen lassen.
»Weiter tanzen – oder...?«, frage ich, mache eine bedeutungsschwere Pause und sehe ihm intensiv in die Augen.
Sven neigt den Kopf und erwidert meinen Blick mit einem zusehends breiten Grinsen. Er hakt seine Zeigefinger in meine Gürtelschlaufen und zieht mich wieder an sich.
»Ich denke, wir haben genug getanzt«, sagt er. Ich lese die Worte mehr von seinen Lippen ab, als sie zu hören.
»Denke ich auch.«
Doch anstatt sofort aufzubrechen, finden wir uns noch einmal in einem Kuss wieder und wiegen uns dabei weiter leicht im Takt der Musik, als würden wir tanzen. Die ganze Zeit über knetet Sven meinen Hintern, während meine Hände den Weg unter sein Shirt finden und auf seinem Rücken stahlharte Muskelstränge unter seidiger Haut erkunden.
»Ich verabschiede mich noch von Irina und den anderen«, brüllt Sven mir geraume Zeit später ins Ohr. Er ist also der höfliche Typ. Niedlich. Dass er mit noch mehr Leuten als Irina allein unterwegs ist, ist mir vorhin gar nicht aufgefallen.
»Okay. Ich warte dann an der Garderobe«, brülle ich zurück.
Sven nickt, dann macht er sich auf die Suche nach seinen Freunden. Ich sehe ihm nach, bis er in der Menge verschwunden ist. Ich kann es kaum erwarten, ihm die Kleider vom Leib zu reißen.
Erst als ich Sven nicht mehr sehen kann, mache ich mich auf den Weg zur Garderobe. Wieder gebrauche ich mitunter meine Ellbogen, um mir meinen Weg zu bahnen. Deswegen bin ich dann auch ziemlich schnell wieder im Besitz meiner Jacke.
Zum Glück lässt Sven mich nicht lange warten. Geduld gehört nicht zu meinen Stärken. Mit einem Lächeln steht er schließlich neben mir. Schnell holt er sich noch seine Jacke, dann verlassen wir auch schon den Club. Die Stille auf der Straße ist ohrenbetäubend. Meine Ohren dröhnen und der Bass steckt noch in meinem Körper.
»Wir müssen in die Richtung«, sage ich viel zu laut und deute nach links.
»Alles klar.«
Beschwingt schlage ich den Weg zur U-Bahn ein, Sven immer an meiner Seite. Wir haben Glück und die Bahn kommt rasch. Sie ist zwar ziemlich voll – andere Leute sind auch auf dem Heimweg und einige davon reichlich betrunken –, doch wir ergattern noch zwei Sitzplätze.
»Was machst du so?«, fragt Sven, sobald wir sitzen.
Okay, Sven will also reden. Na dann: Auftritt Stefan. »Ich bin Pilot.«
Svens Augen blitzen auf. Offenbar steht er auf Piloten. War eine gute Wahl.
»Was fliegst du denn?«
»Ich bin bei einer großen Airline. Meistens mache ich innereuropäische Flüge, eher so die Business-Strecken, nach Brüssel und Paris und so. Aber manchmal mache ich auch Langstreckenflüge, der letzte war nach Sydney.«
»Cool.«
Ich nicke und erzähle ihm weiter von meiner Karriere als Pilot. Dass ich früher neben dem Linienfliegen viel Kunstflug gemacht habe, aber jetzt kaum noch Zeit dafür habe. Dass ich aber wieder mehr Kunstflug machen will, weil ich das Adrenalin so geil finde. Und dass die Passagiere immer so hysterisch reagieren, wenn ich mit der 737 einen Looping fliege. Er lacht bei dem Kommentar. Steht ihm gut. Er ist wirklich attraktiv und keiner von den Typen, die eine entstellende Lache haben. Nicht zu viel Zahnfleisch, gerade Zähne. Dass seine Zähne ein bisschen kurz sind, ist der einzige Makel, den ich bis dato an ihm ausmachen konnte. Darüber sehe ich großzügig hinweg.
Ich steigere mich ein bisschen hinein in die Ausführungen, was das Fliegen für mich bedeutet. Freiheit und Abenteuer und so. Ist natürlich voller Klischees, aber ich bringe es überzeugend rüber. Wenn es etwas gibt, das ich kann, dann ist das reden. Sven ist dafür ein aufmerksamer Zuhörer. Finde ich gut.
Die Fahrt vergeht erstaunlich rasch. Gefühlt drei Minuten nachdem wir in die U-Bahn eingestiegen sind, steigen wir auch schon wieder aus. Als wir dann die Treppe erklimmen, ertönt plötzlich ein lautes Grollen.
»Was war denn das?«, gluckse ich.
»Mein Magen.«
»Hunger?«
»Und wie. Vielleicht… oh, ich kauf mir dort drüben noch schnell einen Döner.«
Sven deutet auf einen Stand am U-Bahn-Ausgang. Ich ziehe skeptisch eine Augenbraue nach oben. »Das willst du essen?«
»Ja. Ist der beste Döner weit und breit.«
»Sorgt auch für den besten Mundgeruch.«
»Hmmm, hattest du etwa vor, mir so nahe zu kommen, dass du das merken würdest?«, erkundigt sich Sven und zwinkert mir zu.
»Hatte ich.«
»Dann gibt es nur eine Möglichkeit: Du musst auch einen essen. Dann stinken wir beide und wie heißt es so schön? Geteilter Gestank ist halber Gestank.«
Er grinst von einem Ohr zum anderen und ich kann nicht anders, ich muss sein Grinsen erwidern.
»Na schön«, stimme ich zu, zumal ich von dem Gerede übers Essen tatsächlich Hunger bekommen habe.
»Ausgezeichnet. Ich lade dich ein.«
Und das tut Sven dann auch tatsächlich. Kurze Zeit später halten wir unsere Döner in den Händen und überqueren die Straße.
»Ich weiß, was wir jetzt tun!«, ruft Sven plötzlich aus.
»Zu mir gehen, um zu vögeln?«
»Auch. Aber erst…« Sven schnappt sich meine Hand und biegt links ab, obwohl wir eigentlich nach rechts gehen müssten. »Komm mit.«
Ich lasse mich tatsächlich von diesem verrückten Kerl ein Stückchen weiter die Straße entlangzerren, bis wir einen Spielplatz erreichen.
»Ich bin hier in der Gegend aufgewachsen und damals haben die coolen Jungs hier oft abends abgehangen. Ich wollte das auch immer mal machen.«
»Na, dann ist das heute natürlich die Gelegenheit.«
»Finde ich auch.«
Sven steuert die Schaukeln an und schnappt sich eine, während ich auf der zweiten Platz nehme. Vergnügt schaukle ich ein bisschen vor und zurück, ehe ich in meinen Döner beiße. Ich muss sagen, er ist tatsächlich sehr lecker.
»Gut?«, nuschelt Sven da auch, den Mund voll von seinem eigenen Döner.
»Sehr gut«, mampfe ich.
»Siehst du.«
Sven nimmt etwas mehr Schwung und ich bin beeindruckt von der Koordination, mit der er zugleich schaukeln und essen kann.
Während wir essen, reden wir nicht wirklich miteinander. Schon verrückt, hier zu sein. Normalerweise verbringe ich mit meinen One-Night-Stands nicht sonderlich viel Zeit, bevor es zur Sache geht. Und schon gar nicht Döner essend nachts auf dem Spielplatz. Dabei ist es nicht wirklich warm, immerhin haben wir erst Anfang April. Trotzdem finde ich es angenehm hier mit ihm. Sven ist ein lustiger Typ und hat verrückte Ideen. Ich hoffe, das setzt sich heute noch fort.
Sven ist schneller mit seinem Döner fertig als ich. Er beobachtet mich grinsend beim Essen und als auch ich aufgegessen habe, nimmt er Schwung und schaukelt schneller, höher. Sehr hoch. Plötzlich springt Sven ab, fliegt durch die Luft und landet sicher auf beiden Beinen. Und wow, das sieht wirklich elegant aus.
Feixend wendet Sven sich mir zu und hält mir eine Hand hin. »Auf geht's.«
So ein Angeber. Ich schüttle grinsend den Kopf, dann ergreife ich seine Hand und lasse mich wiederum mitziehen. Ein paar Schritte zumindest, dann bleibe ich stehen und ziehe meinerseits Sven zu mir.
»Muss da was testen«, erkläre ich.
»Nämlich?«
»Wirst du gleich sehen.«
Ich lege meine Arme um Svens Nacken und küsse ihn. Er riecht und schmeckt nach Döner, aber ich werde tatsächlich darüber hinwegsehen. Seine eigene Note kann ich immer noch schmecken. Es fühlt sich gut an, ihn zu küssen. Nach wie vor. Noch besser wird es, als er meinen Kuss begierig erwidert, seine Hände ihren Weg auf meinen Hintern finden und er mich wieder eng an sich zieht.
Ich weiß nicht, wie lange wir so dastehen. Irgendwann lösen wir uns schwer atmend voneinander. Svens Augen wirken fast schwarz im schwachen Licht der Straßenlaternen.
»Lass uns abhauen«, meine ich ächzend und diesmal bin ich es, der Svens Hand ergreift und ihn hinter mir herzieht.
Der Weg zu Thomas' Wohnung ist nicht mehr weit. Nachdem uns U-Bahn und Park zunächst etwas abgekühlt haben, habe ich das Gefühl, dass die kurze Strecke die sexuelle Spannung zwischen uns wieder deutlich steigert. Ab und an streife ich wie unabsichtlich mit meiner Hand gegen seine und einmal rempelt Sven mich daraufhin schmunzelnd an.
Bei Thomas' Haus angekommen, kann ich gar nicht schnell genug aufsperren.
»Dritter Stock«, murmle ich und marschiere zur Treppe.
Sven erklimmt hinter mir die Stufen. Unmittelbar hinter mir. Fast meine ich, seinen Atem im Nacken spüren zu können. Seine Präsenz ist mir jedenfalls nur zu bewusst.
Als ich die Türe aufsperre, drängt Sven sich von hinten an mich, umschlingt mich mit seinen Armen und reibt sich an mir.
Es dauert ewig, bis ich die Wohnungstüre aufgeschlossen bekomme. Wir schieben uns mehr hinein, als dass wir gehen. Sobald ich die Wohnung betreten habe, drehe ich mich um, dränge Sven gegen die Wand und raube ihm einen atemlosen Kuss. Ich spüre sein Grinsen an meinen Lippen, als er den Kuss erwidert. Vorwitzig drängt sich seine Zunge vor, ich komme ihr nur zu gerne entgegen. Dass ich es zeitgleich schaffe, die Türe zu schließen, beeindruckt mich ziemlich.
Ohne von seinen Lippen abzulassen, zerre ich Sven die Jacke vom Körper und ziehe mir auch meine aus. Beide werfe ich achtlos zu Boden. Dann gleiten meine Hände unter Svens Shirt, streichen über seine warme Haut. Fühlt sich gut an. Wenn mich nicht alles täuscht, hat er wohldefinierte Muskeln – die ich jetzt wirklich gerne sehen würde.
»Marsch, Marsch, ins Schlafzimmer«, nuschle ich gegen seine Lippen.
»Wer ist denn hier so ungeduldig über mich hergefallen?«, kommt die gleichfalls genuschelte Antwort.
Sven setzt unseren Kuss fort und legt seine Hände auf meinen Hintern, um mich enger an sich zu ziehen. Zum wiederholten Mal. Ob er lieber aktiv ist? An sich bin ich da flexibel, aber heute will ich, dass er sich unter mir windet. Hoffentlich müssen wir das nicht noch ausdiskutieren. Solche Gespräche sind echte Lustkiller.
Der Gedanke kühlt mich ausreichend ab, sodass ich mich kurz von Sven lösen kann. Seine Augen blitzen mich an. Ich mag grüne Augen.
»Verzeihung. Wenn der Herr mir bitte ins Schlafzimmer folgen und sich dort seiner Kleider entledigen würde«, sage ich mit der ernsten Stimme eines Butlers aus dem 19. Jahrhundert und deute eine leichte Verneigung an.
Sven lacht. »Wenn du mir sagst, wo das Schlafzimmer ist – gerne.«
»Dort entlang.«
Ich deute auf die Schlafzimmertür, ziehe mir noch schnell die Schuhe aus und gehe dann vor. Sven tut es mir gleich und folgt mir auf dem Fuß.
Im Schlafzimmer angekommen, will ich mich gleich wieder auf Sven stürzen, doch der hält mich mit einem tadelnd erhobenen Zeigefinger auf Abstand.
»Du hast doch gesagt, ich soll mich meiner Kleider entledigen«, meint er mit einem schiefen Grinsen.
»In der Tat, das habe ich gesagt.«
»Dann werde ich genau das tun.«
Uh, will er etwa für mich strippen? Anscheinend. Mit einer eleganten Handbewegung gebietet er mir, auf dem Bett Platz zu nehmen. Ich bedenke ihn mit einem langen Blick, ehe ich ihm zuzwinkere und gehorche. Ich setze mich und schlage die Beine übereinander, den Blick unverwandt – und, zugegeben, ziemlich lüstern – auf Sven gerichtet. Für einen Moment tut dieser erst mal gar nichts. Er erwidert lediglich meinen Blick. Baut Spannung auf. Dann grinst er plötzlich breit – und zieht sich die Socken aus, um sie anschließend von sich zu werfen.
Unweigerlich muss ich lachen, weil das so unglaublich unsexy ist. Doch kaum hat Sven meinen Blick wieder eingefangen, ist die Spannung wieder da. Langsam zieht er sein Shirt aus, enthüllt Zentimeter für Zentimeter seines wohlgeformten Bauchs und dann die starke Brust. Ich mag es, dass er sein Brusthaar nicht rasiert. Bei mir selbst dulde ich nur in Ausnahmesituationen Körperhaare – wenn ich im Sommer wochenlang keinen Zugang zu annehmbaren Sanitäranlagen habe, zum Beispiel. An Sven jedoch mag ich diesen Look. Natürlich, maskulin, aber gepflegt.
Sven scheint meine Blicke zu genießen und verharrt eine Weile, ehe er das Shirt – wiederum eher weniger elegant – über seinen Kopf zieht. Auch seine Schultern sind appetitlich. Ganz offensichtlich trainiert er.
Als Nächstes gleiten Svens Hände zu seiner Hose. Viel zu langsam öffnet er deren Knöpfe und zieht sie sich dann aus, enthüllt seine schwarze Pants – zum Glück kein Liebestöter – und seine definierten Beine. In meiner eigenen Hose wird es immer enger.
Wieder fängt Sven meinen Blick ein, sorgt für einen Moment dafür, dass ich nur in seine Augen sehe und seinen gut gebauten Körper nicht beachte. Dann streichen seine Hände zu seiner Unterhose, dort, wo diese verführerische Linie blonder Haare verschwindet. Svens Finger spielen zunächst ein wenig mit dem Bund der Pants und schieben sie dann langsam nach unten. Begierig folge ich jeder Bewegung, erwarte jeden Millimeter Haut, der entblößt wird. Schließlich – endlich! – streift Sven die Pants so weit nach unten, dass sein erigierter Schwanz herausspringt. Erfreulicherweise ist er so hübsch wie der Rest von Sven. Da habe ich heute wirklich einen guten Fang gemacht.
Achtlos lässt Sven die Unterhose fallen und macht einen Schritt zur Seite, tritt heraus. Dann steht er da und sieht mich an.
»Komm her«, sage ich und bin erstaunt, wie rau ich dabei klinge.
Sven lässt sich das nicht zweimal sagen und überwindet die kurze Distanz zwischen uns. Grinsend.
»Du hast noch viel zu viel an«, befindet er.
»Stimmt. Wie wäre es, wenn du mir beim Ausziehen hilfst? Das kannst du doch so gut.«
»Ist mir ein Vergnügen«, feixt Sven und ehe ich mich versehe, bin ich mein Shirt und meine Hose los. Dann packe ich Sven an den Hüften und lasse uns aufs Bett fallen. Sofort ist er über mir und verführt mich zu einem leidenschaftlichen Kuss. Ich erkunde mit den Händen seinen Rücken, der sich genauso gut anfühlt wie vorhin schon beim Tanzen.
Svens Hände streichen unterdessen über mein Gesicht, meinen Hals, meine Brust. Seine Hände sind rau, haben Schwielen. Ob er etwas Handwerkliches macht? Egal. Seine eine Hand hat meine linke Brustwarze gefunden und kneift hinein. Ich ächze und kneife Sven als Ausgleich in den Po. Das entlockt auch ihm ein Ächzen. Ein wirklich sinnlicher Klang. Und dann hockt Sven rittlings auf mir und grinst mich an.
»Und was tun wir jetzt?«, erkundigt er sich feixend.
»Äh… ficken?«
»Hm.« Sven legt den Kopf schief, als müsse er darüber ernstlich nachdenken, und grinst noch ein bisschen breiter. »Und ich dachte, du zeigst mir erst deine Modellflugzeugsammlung.«
»Da muss ich dich leider enttäuschen. Hier gibt es nichts im Miniaturmaßstab.«
»Ich merk schon«, meint er neckend und reibt sich an mir. Ich dränge mich ihm entgegen und seufze leise. Im Nu bin ich auch das letzte bisschen Stoff los. Beide keuchen wir auf, als unsere Schwänze sich berühren.
Sven beugt sich über mich. Sein Mund wandert zu meinem Hals, küsst und leckt sich hinab zu meinen Brustwarzen, bis ich stöhnend meinen Rücken durchbiege. Verdammt, gleich hat er mich so weit, dass ich heute doch passiv bin. Aber nein... noch nicht. Ich hole mir die Initiative zurück und rolle mich über ihn, verteile nun selbst Küsse auf seinem Hals, seiner Brust. Meine Hände streichen unterdessen über seinen Bauch, weiter hinab, bis zur sensiblen Haut an der Innenseite seiner Schenkel. Verzagt stöhnt Sven auf. Ich werde zielstrebiger in meinen Bewegungen, meine Hände wandern zwischen Svens Beine, umspielen seinen Schwanz, seine Hoden. Die eine wandert schließlich noch weiter nach hinten. Mein Zeigefinger umkreist seinen Anus, dringt in ihn ein. Sven stöhnt leise und zuckt mir entgegen.
»Dreh dich auf den Bauch«, fordere ich heiser.
Sven tut es in einer geschmeidigen Bewegung. Anrüchig reckt er mir seinen Po entgegen. Und Gott, er hat wirklich den schönsten Rücken, den ich je gesehen habe. Begeistert gleite ich zwischen seine Beine, streiche mit meinen Händen über seine Seiten und verteile eine Spur von Küssen entlang seiner Wirbelsäule. Sven quittiert das mit einem leisen Seufzen. Gott, ich will ihn ficken. Jetzt, sofort.
Ich richte mich halb auf und greife nach der Nachttischschublade. Thomas bewahrt dort alles auf, was man so braucht – und so manches mehr. Schnell habe ich gefunden, was ich benötige. Das Kondom lege ich neben mich aufs Bett und verteile dann das Gleitgel auf meinen Fingern.
Wieder umkreise ich Svens zuckendes Loch, dann dringe ich erst mit einem Finger ein, nehme aber bald den zweiten dazu. Gezielt reize ich ihn. Er reagiert so empfindlich auf mich. Als ich den dritten Finger hinzunehme und immer wieder seine Prostata streife, stöhnt er haltlos und reckt sich mir begierig entgegen.
»Mach endlich«, verlangt Sven.
Offenbar bin nicht nur ich ungeduldig.
Mehr Aufforderung brauche ich nicht. Schnell reiße ich die Kondompackung auf und ziehe mir den Gummi über. Dann bringe ich mich wieder in Position. Langsam dringe ich in Sven ein. Ich gebe ihm einen Moment, um sich an mich zu gewöhnen. Als er beginnt, sich ungeduldig unter mir zu bewegen, ziehe ich mich erst leicht zurück und stoße dann in ihn. Langsam zunächst, bedächtig. Ich will das auskosten. Er fühlt sich fantastisch an. Er kommt jeder meiner Bewegungen entgegen.
Sven lässt sich völlig fallen. Jeder meiner Stöße entlockt ihm ein Stöhnen. Ich hatte nicht erwartet, dass er so gerne passiv ist. Und dass er dabei so hinreißend aussieht. Als er seinen Kopf zur Seite dreht und mir einen langen Blick zuwirft, zusammen mit seinem schiefen Lächeln, kann ich nicht anders: Ich lehne mich vor und fange seine Lippen zu einem Kuss ein. Er erwidert ihn stürmisch, wendet sich mir noch mehr zu. Dabei gleite ich aus ihm heraus und nutze die Gelegenheit zu einem leichten Positionswechsel. Ich drücke Svens Beine zusammen und setze mich rittlings auf ihn, ehe ich wiederum von hinten in ihn eindringe. Mit kreisenden Bewegungen ficke ich ihn, bis er nicht mehr stöhnen kann, sondern nur noch verzagt ächzt.
Als ich spüre, dass mein Orgasmus naht, gleite ich noch einmal aus Sven heraus. Ich will es noch etwas hinauszögern. Einen Moment verharre ich reglos, was Sven ein unzufriedenes Murren entlockt. Dann rutsche ich mit meinen Beinen wieder zwischen seine und dringe erneut in ihn ein. Erwartungsvoll zuckt er mir entgegen. Ich greife unter Sven, umfasse ihn mit dem einen Arm am Bauch, mit dem anderen an der Brust. Dann ziehe ich ihn mit mir zusammen auf die Knie. Wieder stoße ich in ihn, fester und härter diesmal. Sven legt den Kopf in den Nacken und stöhnt hinreißend. Seine linke Hand wandert zu seinem Schwanz. Linkshänder, schießt mir durch den Kopf.
Meine Stöße werden fahriger. Lange werde ich nicht mehr durchhalten. Ich löse Svens Hand an seinem Schwanz ab und pumpe ihn schnell. Er scheint nicht recht zu wissen, wo er mir entgegenzucken soll. Meiner Hand an seinem Penis oder meinem Schwanz in ihm. Dann ergreift ein haltloses Zucken seinen gesamten Körper und er ergießt sich warm in meine Hand.
Ich verharre kurz und genieße die Kontraktion seiner Muskeln um mich. Schwer lehnt er sich gegen mich. Noch ein paar Stöße, dann komme auch ich. Lang und intensiv.
Das war viel besser, als ich es erwartet hatte. Mit einem letzten Aufseufzen lasse ich mich nach hinten fallen. Sven landet schwer auf mir, doch das stört mich in diesem Moment nicht. Ich umschlinge ihn mit beiden Armen und genieße den Augenblick tiefer Befriedigung.
Wenn ich nicht aufpasse, schlafe ich gleich ein. Sven vermutlich auch, der wirkt jetzt schon ganz weggetreten. Ich atme noch einmal tief durch, dann schiebe ich ihn sanft von mir. Dabei gleite ich aus ihm hinaus. Das Kondom streife ich mir ab, verknote es und werfe es neben das Bett.
Sven legt plötzlich einen Arm um mich und schmiegt sich an mich. Er vergräbt seinen Kopf an meiner Schulter und brummt leise. Fühlt sich gut an. Doch ich kuschle nicht. Es wird Zeit für Sven, zu gehen. Weil es so gut war, will ich ihn aber nicht allzu rüde rauswerfen. Ich seufze also schwer – und etwas theatralisch.
»Das wird eine kurze Nacht. Ich muss morgen um halb sechs aufstehen.«
Ja, mein Lieber, das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl. Sven versteht sofort und richtet sich noch etwas träge auf.
»Ich geh dann mal duschen«, murmelt er.
»Okay. Bad ist gleich die nächste Tür links. Handtücher sind im Regal, nimm dir einfach eins.«
»Danke.«
Ich verschränke die Arme hinter dem Kopf und sehe Sven zu, wie er seine Sachen einsammelt. Seine Socken muss er länger suchen, die sind irgendwie unter dem Bett gelandet. Als er sich bückt, um sie hervorzuholen, würde ich ihn am liebsten gleich wieder zu mir auf die Matratze zerren. Er ist wirklich gut gebaut. Schade, dass ich gerade zu ausgelaugt bin für eine zweite Runde.
Endlich hat Sven seine Socken gefunden und verschwindet im Bad. Unter dem leisen Plätschern der Dusche schlafe ich fast ein. Tatsächlich muss ich eingedöst sein, denn als sich die Schlafzimmertüre öffnet, wache ich wieder auf.
»Ich wollte mich nur verabschieden, ich geh dann jetzt«, sagt Sven leise.
»Ist gut«, nuschle ich, raffe mich dann aber doch noch auf und stehe auf, um ihn zur Tür zu bringen. Man ist ja nicht völlig unhöflich.
Im Vorzimmer sehen wir uns noch einen Moment schweigend an, während Sven in seine Schuhe schlüpft. Er ist unkompliziert, kein Mann großer Worte. Finde ich gut. Nachdem er sich auch seine Jacke angezogen hat, fährt Sven sich mit einer nachlässigen Geste durch seine strubbeligen, noch feuchten Haare und gähnt. Sogar das finde ich sexy. Ich kann nicht anders, ich beuge mich vor und küsse ihn noch einmal. Es ist ein braver Kuss zum Abschied. Dann öffne ich ihm die Türe.
»Tschüss«, sage ich.
»Tschüss«, erwidert er und schenkt mir noch ein Lächeln, bevor er geht.
Fast tut es mir leid, dass wir uns nie wieder sehen werden.