Читать книгу Die Raubkatzenbande - Isabel Meyer - Страница 10
Ein dreister Schurke
ОглавлениеSehr früh am nächsten Morgen war lautes Wummern zu hören. Wütend über den Lärm kroch Lenny aus ihrer gemütlichen Bettwäsche. „Sie fangen schon an zu bauen“, brummte sie. „Aber wenigstens sind ab übermorgen Ferien!“ Auch Julian hörte fast nicht mehr auf zu schimpfen.
Finn war beim Aufstehen auch schon schlecht gelaunt und es tat ihm nicht leid, dem Bagger „Doofes Ding!“ nachgebrüllt zu haben.
Fionas Zimmer lag direkt neben der Baustelle und sie hätte gute Lust gehabt, den Fahrzeugen einen Stein in die Fenster zu schmeißen, denn sie wurde von dem Lärm schon um kurz nach halb sechs Uhr morgens geweckt und konnte nicht mehr einschlafen. Max mit seinen empfindlichen Ohren war ziemlich gereizt.
Nach der Schule beschloss Finn, seinen Ärger an der Baustelle ausrauchen zu lassen, doch nicht unbedingt schon heute. Auch die anderen waren froh, dass jetzt die Pfingstferien anfingen. Als die fünf sich trafen, sagte Lenny: „Die Arbeiter haben um sechs Schluss. Da untersuchen wir die Fahrzeuge!“
„Und was tun wir solange?“, fragte Julian.
„Geheimschrift üben“, schlug Fiona vor. Sie holte Stifte und Block.
Endlich läutete es sechs. „Auf zur Baustelle!“, rief Finn und Max bellte laut.
„Halt, halt! Ich hol schnell unsere Vogelpfeife“, rief Fiona.
„Und ich die Kamera“, erwiderte Lenny. Julian schnappte sich sein Fernglas, dann ging es zur Baustelle.
„Wenn ich pfeife, dann gehen wir in Deckung“, sagte Fiona und hielt dem Hund die Schnauze zu. „Und du bist still, Max! Sonst sehen sie dich!“
„Jetzt untersuchen wir die Fahrzeuge“, rief Lenny. „Die Arbeiter können uns nicht sehen, die Vorhänge sind zu!“ Die Detektive marschierten zu den Fahrzeugen.
„Der Bagger sieht ja komisch aus“, sagte Julian verwundert. Der Bagger besaß vorn keine Schaufel, sondern etwas, das ein wenig aussah wie ein riesiger Knüppel.
„Damit bohrt, oder besser gesagt sprengt man in harte Erde!“, wusste Finn.
„Da klebt schwarze Pampe dran. Das wird Schmiere sein“, vermutete Lenny und knipste ein Foto. Fiona holte einen Stein, tauchte ihn in die Pampe, roch daran und betrachtete ihn zufrieden. Julian beäugte die Ketten, auf denen der Bagger fuhr. Finn holte eine Handvoll Steine, Erde und Sand von einem Haufen.
Max versuchte, den Bagger zu erklimmen. „Max, wehe, du verrätst uns! Bleib am Boden!“, schimpfte Fiona. Lenny setzte sich in die Schaufel des zweiten Baggers. Da ertönte ein schriller Pfiff, der sich anhörte wie ein Vogel. Fionas Alarmruf! Die Freunde schmissen sich ins hohe Gras der Wiese. Ein Arbeiter öffnete den Container, trat heraus und ... ging genau auf sie zu!
„Max, Befehl hinfällig! Lenk ihn ab, na los“, zischte Fiona und versetzte ihrem Hund einen heftigen Stoß. Max sprang aus der Wiese und raste quer über die Baustelle.
„Das Vieh hab ich doch schon mal gesehen“, rief der Mann und brüllte Max etwas hinterher. Diese Gelegenheit nutzten die Detektive zur Flucht.
„Das war knapp“, schnaufte Finn. Fiona pfiff wieder. Sofort kam Max herbeigelaufen.
„Gut gemacht, Max“, lobte Lenny. „Fast hätte er uns erwischt!“
„Wenn einer von uns ihn abgelenkt hätte, dann wäre das schief gegangen“, keuchte Julian.
„Ich würde sagen, das reicht für heute“, meinte Fiona. „Wir machen uns am besten auf den Heimweg!“
„Würde ich auch sagen“, mischte sich Finn ein. „Ich hol euch morgen, Samstag, um halb zehn ab!“
Unterwegs überlegte sich Finn einen Plan. Es würde nicht allzu schlimm werden. Finn würde dafür sorgen, dass der Lastwagen morgen vier platte Reifen hatte. Morgen war Samstag, da hatten die Arbeiter frei, und er würde schon um neun auf der Baustelle sein und dem Laster einen spitzen Stein vor jeden Reifen legen. Und dann konnte er in aller Ruhe seine Freunde abholen. Aber er ahnte nicht, was das für Folgen haben würde.
Rii, Rii, Riiii machte Fionas Klingel. Fiona stürzte zur Haustür. Das konnte nur Finn oder ein anderer von den Detektiven sein, denn dieses Klingelzeichen gehörte den Detektiven: zweimal kurz, einmal lang. Max rannte laut bellend hinter Fiona her. „Hallo allerseits! Max und ich kommen gleich raus!“, rief Fiona.
Draußen standen Finn, Julian und Lenny in Gummistiefeln. Fiona schlüpfte in ihre Gummistiefel und ihre Jacke, rief nach Max und ging nach draußen. Von Finns Plan wusste keiner etwas. Erst als sie an der Baustelle ankamen, gestand Finn: „Ich hab den Laster blockiert.“ Das war nicht die ganze Wahrheit.
„Mensch, Finn! Nicht schon wieder! Das nützt doch nix“, entfuhr es Fiona auch schon.
„Was hast du denn gemacht?“, wollte Lenny wissen.
„Ich hab dem Lastwagen spitze Steine vor die Reifen gelegt. Wenn er losfährt, macht’s TSCHSZ, und dann hat er platte Reifen“, antwortete Finn. Julian schlug die Hände überm Kopf zusammen.
„Oh nein! Manchmal bist du echt dümmer als ein Regenwurm! Das gibt gewaltig Ärger“, stöhnte Fiona und schlug sich an die Stirn.
„Geht das nicht zu weit?“, fragte auch Julian. Finn wurde glühend heiß.
„Ihr habt Ideen“, brummte Lenny, „da schauen wir zu!“
Finn hob einen Stein vom Boden auf und schmiss ihn. „Hol, Max!“ Max flitzte dem Stein nach, suchte ihn und brachte ihn Finn zurück.
„Jetzt ich“, rief Lenny. Sie holte weit aus und warf – doch der Stein landete mit einem Scheppern auf dem Container. „Oje, Mist! Das wollte ich nicht! Runter! In Deckung“, rief Lenny. Die Freunde schmissen sich ins hohe Gras. Gerade noch rechtzeitig! Die Tür wurde aufgerissen.
„Was war das?!“, brüllte einer der Männer. „Wenn ich euch erwische!“
Max hatte sich hinter dem Container versteckt und hätte den Arbeiter fast gebissen. Das tat er immer, wenn er sich bedroht fühlte oder seine Freunde verteidigte. Aber was hätte das schon genützt? Dann wäre der nur noch wütender geworden!
Vorsichtig linste Julian zum Container. Dann zeigte er seinen Freunden vier Finger.
„Kommt, wir gehen wieder zur Baustelle und holen etwas“, rief Lenny. Auf der Baustelle entdeckte Julian jede Menge Baggerspuren. Das Stück Erde, wo die Spuren besonders deutlich zu erkennen waren, riss er heraus. Lenny kletterte auf dem Bagger herum, und als sie wieder herunterkam, war sie ganz schwarz vom Ruß. „Das hat gestunken“, schnaufte Lenny, „aber man kann toll drauf klettern!“ Fiona machte es sich in der Baggerschaufel bequem, Finn verwischte ihre Spuren und Max schnüffelte ständig am Boden.
„Das Teil ist schwer“, keuchte Julian, „das nehmen wir mit!“ Plötzlich läutete es zwölfmal.
„Ich muss zum Essen heim“, entschuldigte sich Finn, „aber ich hol euch um halb zwei ab!“
„Ich sollte jetzt auch nach Hause“, bemerkte Fiona. „Komm, Max!“ Da gingen auch Lenny und Julian nach Hause.
Um halb zwei klingelte Finn. „Beeilt euch“, warnte er, „die könnten jeden Moment den Laster in Bewegung setzen!“
Nur wenig später lagen die Detektive, auch Max, flach im Gras und beobachteten, wie der Lastwagenfahrer den Motor startete. Der Laster fuhr los. Aber er überfuhr die Steine einfach! Auf einmal machte es TSCHSZ, es knallte und der Laster hatte zwar keine vier, aber einen platten Reifen. Der Fahrer stieß einen heftigen Fluch aus und stieg aus.
„Was war denn das schon wieder“, brüllte er. „Langsam reicht’s! Was ist hier nur los?“
„Ich glaub, du hast ziemlich übertrieben, Finn“, flüsterte Julian. Auch Finn hatte kein gutes Gefühl.
„Lasst uns abhauen“, wisperte Fiona.
„Quatsch! Die können uns nicht sehen. Und außerdem tun sie uns nichts, außer, uns an den Ohren zu packen“, zischte Lenny. „Bleibt einfach still liegen, bewegt euch nicht und macht keinen Mucks! Das Gras ist hoch genug!“
In dem Moment kam der Fahrer genau auf sie zu. Da gab Lenny das Zeichen zur Flucht.
„Das war knapp“, japste Finn. „So was mach ich nie wieder! Der war ja ganz schön wütend!“
„Das will ich auch hoffen!“, keuchte Fiona. Max hechelte.
Diesmal war Lenny mit dem Bucheintrag dran.
Als wir heute zur Baustelle kamen, sagte Finn, er hätte den Laster kaputt gemacht. Er hat einen spitzen Stein vor jeden Reifen gelegt.
Dann warf Finn Max einen Stein. So sollte er üben, schnell zu rennen und etwas zu suchen und es zu bringen. Anschließend schmiss ich den Stein. Aber er ist blöderweise auf dem Container gelandet! Der eine Arbeiter war voll sauer und wir sind gerade noch in Deckung gegangen.
Dann schauten wir nach den Beweisstücken, gingen zur Baustelle und holten ein Stück Erde, auf dem Kettenspuren waren. Ich bin auf den Bagger geklettert. Erst war es super, aber an einer Stelle hat es noch geraucht und total gestunken. Da trat ich versehentlich hinein und war rußschwarz.
Am Nachmittag haben wir beobachtet, wie der Laster über Finns Steine fuhr! Der Fahrer war sehr wütend, weil ein Reifen platt war! Erst wollte ich noch dableiben, aber als der Mann auf uns zukam, gab ich das Fluchtzeichen. Das war knapp!
Am nächsten Morgen erfuhren die Freunde, dass jemand den Blinker des Lastwagens kaputt gemacht hatte. „Das war ich aber wirklich nicht!“, rief Finn.
„Natürlich nicht, wie solltest du das anstellen?“ Fiona verdrehte die Augen.
„Wir sollten erst mal nachsehen, wie der Blinker aussieht“, mischte sich Lenny ein.
Die Freunde schlichen zum Laster und beschauten den Blinker. Das Glas war zerbrochen, das Lämpchen innen auch und eine Art Kabel hing aus der Birne.
„Ich würde mich wundern, wenn der noch blinkt“, brummte Finn. „Dreister Schurke!“
„Den zu finden, wird nicht leicht“, bemerkte Fiona. „Nimm eine Scherbe mit, Julian.“ Julian hob eine der großen Scherben auf und untersuchte sie. Die Scherbe war etwas staubig, so breit wie drei Finger und orange. Dann schob er sie in die Hosentasche. Lenny fotografierte den kaputten Blinker.
„Den wird er wohl mit einem Ast oder einer Stange kaputt geschlagen haben“, vermutete sie. Finn überlegte, ob er ein Stück von dem Kabel abreißen sollte, aber dann ließ er es sein. Lenny hatte das Foto. Aber Max schnupperte und winselte. Finn hörte Schritte.
„Ein Arbeiter kommt“, zischte Julian. „Weg hier!“
„Ich hab eine Idee, die hört sich verrückt an“, meldete sich Lenny. „Wir legen uns heute Nacht bei der Baustelle auf die Lauer! Wenn der Schurke kommt, haben wir Glück!“
„Tolle Idee“, rief Fiona. „Um halb zehn, wenn es dunkel wird, treffen wir uns auf der Baustelle!“
„Aber wir rüsten uns mit unserem Detektivzeug aus“, meldete sich Finn, „das wird noch wichtig sein!“ Aber erst mal machte er den Eintrag:
Heute Morgen erfuhren wir, dass jemand den Blinker des Lasters kaputt gemacht hatte. Ich kann schwören, dass ich das nicht war! Wir schauten uns den Blinker an, er sah ziemlich schlimm aus: zerbrochen und ein Kabel ragte heraus. Lenny machte ein Foto. Julian nahm eine orange Scherbe vom Blinker mit und untersuchte sie. Aber dann kam ein Arbeiter und wir rannten weg.
Etwas kurz, aber das reichte. Mehr hatte er nicht zu berichten, fand Finn. Er zog sich seinen Schlafanzug über und schlüpfte ins Bett. Es war ja erst acht und noch nicht dunkel. Finn stellte sich den Wecker auf halb zehn und schlief. Er musste ja nachts noch einen Bucheintrag machen und die Nacht würde kurz für ihn werden. Finn war zwar kein Langschläfer, aber wenn er spät ins Bett ging, stand er auch spät auf.
Fiona pfiff auf der Vogelpfeife. Dieses Signal hatten sofort alle Detektive verstanden und hetzten zu Fiona. „Ich hab ein prima Versteck“, flüsterte Fiona, „und zwar in diesem Busch!“ Sie deutete auf einen dichten Busch am Rand der Baustelle. „Wenn einer kommt, sieht er uns nicht, aber wir sehen ihn!“
„Super!“, grinste Lenny. „Schnell rein! Und gemütlich sieht er auch aus!“ Fiona hatte auf dem Boden des Busches eine weiche Decke ausgebreitet, damit die Zweige nicht stachen.
Julian ließ sich darauf plumpsen. Er legte sein Fernglas in eine Ecke. Fiona hatte das Mäppchen dabei und Lenny natürlich ihre Kamera. Finn schaute auf die Uhr.
„Kurz vor zehn. Um halb sechs morgens sollten wir wieder zu Hause sein, damit unsere Eltern keinen Verdacht schöpfen!“
„Ich schlage vor, Finns Uhr hängen wir auf. Jeder bleibt ein bisschen wach, dann weckt er den Nächsten. Wenn jemand was Ungewöhnliches entdeckt, tippt er uns an“, schlug Lenny vor.
„Genau“, meldete sich Julian. „Ich bleibe bis halb zwölf wach, dann Lenny bis halb zwei, Finn bis halb vier und Fiona bis halb sechs!“ Damit waren alle einverstanden.
Inzwischen war es zehn. Alle schliefen, nur Julian nicht. Er schaute hinaus in die Dunkelheit. Er konnte nichts erkennen. Außer dem Zirpen der Grillen und dem Rauschen der Bäume war nichts zu hören. Würden sie den Täter ertappen?
Auf einmal raschelte es. Julian spitzte die Ohren. Was war das? Wieder ein Rascheln. Da huschte ein Igel an ihnen vorbei. Mist! Langsam wurde Julian müde. Weit und breit keiner zu sehen. Endlich, als es halb zwölf war, konnte er Lenny wecken und schlief sofort ein.
Lenny saß auf der Decke. Sie schaute durch die Äste des Buschs nach draußen. Plötzlich hörte sie ein Dröhnen, ein Brummen, ein Rauschen. Licht zog an ihr vorbei. Es kam näher – ziemlich schnell. Mist, nur ein Auto. Um halb zwei weckte sie Finn. Der war noch total müde und setzte sich nur mühsam auf. Doch auch er konnte bei seiner Nachtwache nichts Ungewöhnliches sehen und hören. Um halb vier weckte er Fiona. Erleichtert schlief Finn ein.
Als es hell wurde, bellte Max laut. Aufwachen, sollte das wohl heißen. Grummelnd erhob sich Finn. Lenny schaute verschlafen auf die kleine Uhr: „Du hast uns eine Viertelstunde zu früh geweckt, Max.“ Max schaute entschuldigend. Er konnte eben keine Uhrzeit lesen – obwohl das ganz praktisch gewesen wäre.
„Na gut. Ist doch wurscht. Wir können jetzt vielleicht die schlafenden Arbeiter sehen!“ Julian wischte sich mit den Händen übers Gesicht und erhob sich.
Noch bevor er ins Bett fiel, schrieb Finn auf:
Heute Nacht haben wir Wache im Busch gehalten. Komisch war, dass der Schurke heute Nacht nicht da war, als ob er wissen würde, dass wir lauern. Keiner von uns hat was Besonderes entdeckt.
Am nächsten Morgen fand Finn einen Zettel im Briefkasten. Darauf stand in Geheimschrift:
Alarm! Komm zu Fiona!
Finn überlegte nicht lange und rauschte aus dem Haus. Er rannte zu Fiona, wo die Zwillinge auch gerade schnaufend ankamen. „Hallo, ihr drei! Der hat schon wieder zugeschlagen! Gestern Mittag hat jemand den Auspuff des Lastwagens mit Klopapier verstopft“, rief Fiona. Sofort kritzelte Julian ins Detektivbuch:
Tat: Jemand hat den Auspuff des Lasters mit KLOPAPIER verstopft! Zeit: Gestern Mittag.
„Ich hab ein Foto von dem angeschwärzten Klopapier auf meinem Handy“, berichtete Fiona.
„Wir müssen uns endlich die Autonummer von dem Lastwagen notieren“, erklärte Finn. Die Freunde liefen zu dem Fahrzeug. Die Nummer war etwas kompliziert. Lenny fotografierte das Nummernschild.
„Morgen Nacht legen wir uns wieder auf die Lauer“, beschloss Fiona. „Vielleicht schnappen wir dann den Täter!“