Читать книгу Die Raubkatzenbande - Isabel Meyer - Страница 7
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Der Tag fängt ja gut an!
Der Wecker schrillte und eine Hand zischte unter der himmelblauen Bettdecke hervor. Kurze, dunkle Haare und helle, schläfrige Augen kamen zum Vorschein. Müde drehte sich Finn um und drückte auf den Ausknopf. Dann kämpfte er sich stöhnend aus dem Bett. Sechs Uhr morgens, bemerkte er. Und doch schon hell! Finn riss die langen Vorhänge zur Seite und öffnete das Fenster. Frische Luft! Er hörte die Vögel zwitschern. Wie ruhig und friedlich das kleine Dorf morgens war! Sein Zimmer lag im ersten Stock. So hatte er einen guten Überblick über das dünn besiedelte Dorf und konnte alle dreißig Häuser – auch die Kapelle und den winzigen Schmuckladen – sehen.
Doch da donnerte auch schon ein Lastwagen am Garten vorbei, gleich darauf röhrte ein Bagger hinterher. Die Vögel flatterten erschrocken von den Bäumen auf, ein Hund bellte empört und eine Katze flüchtete ängstlich unter ein Auto.
„Hey! Doofes Ding!“, brüllte Finn dem Bagger nach. Er schloss das Fenster wieder.
Dann schlurfte er ins Badezimmer und warf einen Blick in den Spiegel. Ein müdes, blasses Gesicht erschien, die winzigen, grünen Augen blickten träge unter einem wilden, schwarzen Wuschelkopf hervor. Dann goss der Junge einen Schwall Wasser über seine Haare. „Ich bin schon wach genug. Ob die anderen das auch gehört haben?“ Finn nahm seine Zahnbürste aus dem Schrank. „Aber was wollen die hier?“
Max wurde von einem ratternden Dröhnen aus dem Schlaf gerissen und begann zu jaulen. Dann sprang er mit einem Satz auf Fionas großes Bett und kläffte aufgeregt. Wach auf, Fio, ich hab was gehört, sollte das wohl heißen. Ein Kopf mit schulterlangen, hellbraunen Haaren tauchte auf, ein Gesicht mit großen blauen Augen und vielen Sommersprossen.
„Maxl, sei still! Ich muss erst in drei Minuten aufstehen“, grummelte Fiona, die überhaupt nichts mitbekommen hatte. Max winselte, sprang vom Bett und kratzte an Fionas Vorhang. „Ich komm ja schon“, stöhnte diese, stand auf und zog müde die Vorhänge weg. Sie war so klein und dünn, dass Max sie locker mit Anlauf umwerfen konnte. Doch gleich darauf war sie hellwach: Ihr Blick fiel auf die große Wiese nebenan mit dem angrenzenden Wald. Auf der Wiese standen ein Lastwagen und zwei Bagger und an ihrem Rand ein kleiner weißer Container.
„Das darf ja wohl nicht wahr sein“, rief Fiona und auch Max bellte. „Unsere schöne Wiese. Was wollen die? Doch nicht etwa verbauen“, brummte Fiona wütend. „Wir haben schon genug Wiesen verloren! Ich will ja nicht wissen, was es wird, wenn’s fertig ist. Mal schauen, was die anderen dazu sagen.“
Missmutig schlurfte sie ins Bad. Nur Max blieb am Fenster stehen und knurrte den weißen Container an. Er hörte etwas, auch durch das dünne Fensterglas. Da war doch wer drin! In dem Moment öffnete ein Arbeiter die Tür des Containers. Max bellte aufgeregt und kratzte am Fenster, doch Fiona hörte ihn nicht. Da beschloss Max: Wenn Fiona zur Schule musste, würde er die Wiese eben allein untersuchen.
Lena und ihr Zwillingsbruder Julian, der fast wie eine Kopie von ihr wirkte, saßen in viel zu weiten Hosen am Frühstückstisch und verschlangen hastig das Müsli.
„Beeil dich, sonst kommen wir zu spät zum Treffpunkt und Finn hat gesagt, um halb acht treffen wir uns!“, keuchte Lenny. Sie sah wegen der blonden, kinnlangen, glatten Haare, der blaugrauen Augen und des schlanken Körpers genauso wie ihr Bruder aus und war schon oft gefragt worden, ob sie nun Junge oder Mädchen war.
„Hetz mich nicht, ich beeil mich ja schon“, schnaufte Julian. „Bin gleich fertig!“
Eilig schrubbten sich die Kinder über die Zähne, schlüpften in ihre Westen und waren auch schon draußen.
Der Treffpunkt war die Mitte ihres kleinen Dorfes, der Birkenweg, wo wirklich viele Birken standen. Punkt halb acht erschienen alle Detektive dort – alle außer Max, weil der ja nicht in die Schule gehen musste. Auch einige andere Klassenkameraden der Freunde trafen dort ein. Die Schule lag im Nachbarort, also fuhren die Freunde mit dem Bus dorthin.
Während des Schulwegs redeten die Freunde so viel wie noch nie. Finn, der einen halben Kopf größer als die Zwillinge und einen ganzen Kopf größer als Fiona war, war gar nicht mehr zu stoppen.
„Unsere schöne Wiese hinrichten! Ob der Wald noch stehen bleibt?“ Auch Luisa regte sich auf.
„Der Wald bleibt stehen, und ein Teil der Wiese bleibt ja verschont“, mischte sich Julian ein.
„Und in dem kleinen weißen Container sind wahrscheinlich die Arbeitsgeräte“, vermutete Lenny.
„Quatsch, das ist doch das Quartier der Arbeiter, sonst wären keine Fenster drin“, widersprach ihr Bruder.
„Wir treffen uns heute Nachmittag um zwei und schauen uns alles genau an“, rief Fiona, „und jetzt Beeilung!“
Max kletterte in den Keller. Der Dalmatiner wusste, dass er durch das eine vergitterte Fenster, das morgens immer offen stand, nach draußen gelangen konnte. Der Hund lauschte, dann sprang er auf das Fensterbrett. Etwas neidisch schaute ihm Schnee, die weiße Katze, dabei zu: Sie konnte so etwas noch nicht und durfte nicht ins Freie. Max beachtete sie nicht und zwängte sich ächzend durch die Gitterstäbe nach draußen. Geschafft! Max sog die kühle Morgenluft ein. Auf zur Baustelle!
Der Hund schnupperte und lauschte, dann pirschte er sich an den kleinen weißen Container heran. Das eine Fenster war nah! Er hörte Stimmen. Max sah sich um. Dann reckte er den Hals. Er konnte nichts sehen, das Fenster war zu hoch für ihn. Da fasste Max einen Entschluss. Er wollte da hineinsehen! Jetzt! Er sprang hoch und stützte die Pfoten aufs Fensterbrett. So konnte er ins Innere des Containers sehen.
Drinnen standen vier winzige, enge Betten, ein Miniherd sowie ein klappriger Tisch mit Stühlen und einer kleinen Kommode. Vor den Fenstern hingen bunte Vorhänge. Auf dem ersten Bett lagen zwei Bücher und ... am Tisch saßen vier Männer und frühstückten. Einer war noch im Schlafanzug, die anderen trugen blaue Latzhosen. An den platten Kissen und aufgewühlten Decken konnte man sehen, dass sie wahrscheinlich gerade eben erst aufgestanden waren. Den einen hatten Max und Fiona heute Morgen schon gesehen! Und genau der erblickte jetzt Max und sprang auf, weil der Hund gebellt hatte – zu laut.
„Ein Dalmatiner!“, rief der Mann und zeigte auf Max. Erschrocken düste der Detektivhund zu den Fahrzeugen, schlüpfte unter den Lastwagen und ging dort in Deckung. Puhh! Wie das stank! Max hustete entsetzlich. Der Arbeiter trat nach draußen. „Wo ist das Vieh abgeblieben?“, brummte er.
Maxʼ Herz schien zu donnern. Er machte sich unter dem Lastwagen ganz klein. Doch zum Glück verschwand der Mann wieder in dem Container. Bloß weg hier! Max raste in den nächsten Garten. Angewidert betrachtete er sein Fell: rußschwarz. Wie er stank! Grässlich! Schnell wälzte er sich im Gras. Der Ruß ging weg, er sah wieder gut aus und der Gestank verschwand auch. Aber etwas wurmte ihn: Was war mit den anderen? Die würden in einem Jahr nicht drauf kommen, so, wie die sich immer hetzten! Maxʼ Magen knurrte. Erst mal würde er nach Hause gehen und etwas futtern.
Zu Hause angekommen stürzte Max sich auf seinen Fressnapf, schlabberte gierig das Wasser und stibitzte ein Stück von dem Fleisch fürs Mittagessen. Er sah sich um – Schnee, die Katze, die immer im Haus eingesperrt war, war nicht in Sicht. Der Hund erklomm die Treppe und schmiss sich auf Fionas türkisfarbene Bettdecke. Max dachte nach. Nein, er würde nicht warten, bis Fiona und die anderen von der Schule heimkamen. Er würde sie abholen! Da sah Max das kleine rote Detektivbuch auf dem Schreibtisch liegen. Das wollte er holen und Fiona bringen!
Er sprang mit einem Satz auf den Stuhl. Ganz schön wacklig! Er streckte sich und stützte die Vorderpfoten auf den Schreibtisch. Max reckte den Hals. Noch ein paar Zentimeter! Da rutschten seine Vorderpfoten ab und der Stuhl begann zu wackeln. Im letzten Moment packte Max das kleine Buch mit den Zähnen und sprang auf den Boden.
Dann machte er sich auf den Weg zur Bushaltestelle. Er wusste nämlich genau, wo die sich befand.