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Fünftes Capitel
Оглавление»Ein sonderbarer Mensch!« dachte Litwinow, in seinen Gasthof zurückkehrend, »ein sonderbarer Mensch! Ich werde ihn bald aufsuchen.«
Er trat in sein Zimmer; ein Brief auf seinem Tische zog seine Aufmerksamkeit auf sich.
»Ah, von Tatiana!« dachte er und freute sich im Voraus auf die Nachrichten, die er enthalte; doch hatte er sich geirrt, der Brief war vom Lande, von seinem Vater.
Litwinow erbrach das große Siegel mit dem Wappen und fing an ihn zu lesen.
Ein starker, aber sehr angenehmer und ihm wohlbekannter Wohlgeruch im Zimmer machte ihn stutzen. Er blickte sich um und bemerkte auf dem Fenster, dem er sich genähert hatte, in einem Glase mit Wasser ein großes Bouquet frischgeschnittener Heliotropblüthen.
Er schellte und fragte den Kellner, woher diese Blumen gekommen.
Dieser antwortete, daß eine Dame, die sich nicht hätte nennen wollen, sie gebracht, daß sie aber gesagt habe, der Herr würde sicher bei diesen Blumen errathem wer sie sei.
In Litwinow’s Erinnerung tauchte ein längst entschwundenes Bild auf . . . Er erkundigte sich weiter, wie die Dame ausgesehen habe.
Der höfliche Kellner antwortete, sie sei von hohem Wuchse und sehr elegant gekleidet, ihr Gesicht von einem Schleier bedeckt gewesen-.
»Wahrscheinlich eine russische Gräfin,« fügte er hinzu.
»Woher vermuthen Sie denn das?« fragte Litwinow.
»Weil sie mir zwei Gulden gegeben hat,«antwortete der Kellner, dumm lächelnd.
Litwinow entließ ihn und stand lange in Gedanken versunken; endlich machte er mit der Hand eine Bewegung, wie Einer, der sich etwas aus dem Sinn zu schlagen sucht, und nahm den Brief vom Lande wieder vor.
Sein Vater ergoß sich wieder in seinen gewöhnlichen Klagen, daß das Korn gar nicht mehr an den Mann zu bringen sei, daß die Bauern nicht mehr wie sonst gehorchen wollten und das Ende der Welt nicht fern sein müsse.
»Stelle Dir einmal vor,« schrieb er unter Anderem, »mein bisheriger Kutscher, das Kalmuckengesicht, Du mußt Dich seiner noch erinnern, fing an abzumagern und dahinzuschwinden; Jemand hatte es ihm angethan und sicher hätte ich ihn verloren und wäre so ganz ohne Kutscher geblieben, wenn nicht gute Leute mir den Rath gegeben hätten, ihn nach Bäsan zu einem Priester zu schicken, der durch Sympathie und Besprechungen dergleichen heile und seine Sache ausgezeichnet verstehe. Das that ich denn auch, und die Heilung gelang vortrefflich; zum Beweis sende ich Dir auch einliegend den Brief des Priesters als thatkräftiges Dokument.«
Litwinow durchlas dasselbe neugierig. Es enthielt Folgendes:
»Daß der frühere Leibeigene und Kutscher Dmitri von einem Uebel heimgesucht worden sei, welches keine ärztliche Kunst habe austreiben können, daß dieses Uebel ihm von bösen Menschen beigebracht, er aber (Dmitri) selbst Schuld und Veranlassung zu demselben gegeben, da er einem gewissen Mädchen das gethane Versprechen nicht gehalten habe, und daß diese ihm durch andere böse Menschen das Uebel beigebracht habe, demzufolge er abgemagert und dahingeschwunden sei wie ein Kohlwurm. Da aber habe sich das Auge des Höchsten seiner erbarmt und durch mich (so schrieb der Priester) ihm wieder Leben und Gesundheit verliehen; welcher Art aber dieses vollbracht, das ist und bleibt ein Geheimniß. Eure Wohlgeboren aber ersuche ich zu verfügen, daß obenbesagtes Mädchen in Zukunft nicht dergleichen böse und verderbliche Mittel weiter anwende, ihr solches streng untersagt, ja sie sogar nöthigenfalls gezüchtigt werde.«
Unheimlich wehte Litwinow aus diesem Dokument die heimathliche Steppenluft, Fäulniß und Schimmel entgegen, und wunderbar erschien es ihm, dieses Dokument gerade in Baden zu lesen.
Unterdessen war es längst Mitternacht geworden; er legte sich zu Bett und löschte das Licht aus.
Lange konnte er nicht schlafen, endlich aber bemächtigten sich bunte Träume seiner Seele, aus denen er plötzlich mit einem Gedanken erwachte, der das Innerste seines Herzens erbeben machte; die Blumen im Zimmer, die in der Nacht ihm noch stärker entgegenduftetem hatten diesen Gedanken in sein Gedächtniß zurückgerufen. Er sprang auf, schlug die Hände zusammen und rief aus: »Ist es möglich, sollte sie es sein?!«
Um aber diesen Ruf zu erklären, müssen wir den nachsichtigen Leser ersuchen, uns einige Jahre vor den Anfang dieser Erzählung zurück zu begleiten.