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Sechstes Capitel

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Zu Anfang der fünfziger Jahre lebte in Moskau in sehr gedrückten Verhältnissen, fast könnte man es Armuth nennen, die zahlreiche Fürstenfamilie Ossinin. Sie war vom reinsten russischen Rurikschen, nicht etwa von tatarisch-georgischem Adel, und ihr Name kommt oft in der Geschichte Rußlands vor. Im Verlauf der Zeiten aber war sie verarmt und heruntergekommen, selbst die Zeiten Peters und Katharinens hatten sie nicht wieder emporbringen können, so daß einzelne Abkömmlinge des Geschlechts sogar genöthigt gewesen waren, bei den Branntweinpächtereien oder als Polizeibeamte zu dienen.

Die Familie Ossinin, von welcher wir hier reden, bestand aus Mann und Frau nebst fünf Kindern. Sie lebte in Moskau unweit des sogenannten Hundeplatzes, in einem einstöckigen hölzernen Hause, mit gingt kleinen Freitreppe die auf den Hof führte, grün angestrichenen hölzernen Löwenfiguren vor dem Thorwege und ähnlichen, die adelige Herkunft bezeichnenden Abzeichen, während ihre Einkünfte kaum hinreichten, ihre Ausgaben zu decken, so daß sie beständig Krämern und Kaufleuten schuldig war und im Winter oft Mangel an Holz und Licht litt.

Der alte Fürst selbst, vormals ein schöner Mann und großer Stutzer, war jetzt ein träger, energieloser und bornirter Alter geworden, dem man, nicht sowohl aus Achtung vor seinem alten Namen, als aus Aufmerksamkeit gegen seine Frau, die vor Zeiten einmal Hoffräulein gewesen war, einer jener alten Moskauer Sinecuren gegeben hatte, die ihm erlaubte, sich um nichts zu bekümmern, von Morgens bis Abends im Schlafrock zu sitzen, zu rauchen, zu seufzen und zu stöhnen.

Die Fürstin war eine kranke und gegen die Welt und ihre Lage erbitterte Dame, beständig beschäftigt mit den Sorgen des Haushaltes, der Unterbringung der Kinder in Kaiserliche Adelsinstitute und der Unterhaltung ihrer Verbindung mit ihren Petersburger vornehmen Bekannten und Verwandten; sie konnte sich immer noch nicht in ihre jetzige Lage finden und ihre Entfernung vom Hofe vergessen.

Litwinows Vater hatte einst, während seiner Anwesenheit in Moskau, Ossinins Bekanntschaft gemacht, ihnen verschiedene Dienste erwiesen, ihnen sogar einmal dreihundert Rubel geliehen, und sein Sohn, der in Moskau studirte besuchte ihr Haus fleißig, zumal seine Wohnung ganz in der Nähe des fürstlichen Hauses war. Nicht diese Nachbarschaft aber war es, die ihn dorthin zog, noch die kümmerlichen Verhältnisse der Familie, sondern die Gegenwart der ältesten Tochter Irina, in die er sich sterblich verliebt hatte.

Sie war eben siebzehn Jahre alt geworden und hatte gerade das adelige Fräuleinstift verlassen, einer Unannehmlichkeit wegen, die die Fürstin mit der Vorsteherin gehabt hatte.

Diese Unannehmlichkeit war daher entstanden, daß Irina beim öffentlichen Artus französische Verse hatte declamiren sollen, ihr aber die Tochter eines der reichsten Vorsteher der Branntweinpacht ungerechter Weise war vorgezogen worden. Die Fürstin konnte diese Beschimpfung nicht ertragen, ja Irina selbst der Vorsteherin solches nicht verzeihen, um so mehr, da sie schon im Voraus Pläne gemacht hatte auf den Effect, den diese Deklamation, öffentlich, in Gegenwart der vornehmen Welt, machen werde. Und in der That, Moskau würde wahrscheinlich nicht ermangelt haben von ihr zu reden.

Irina war ein schlank gewachsenes junges Mädchen von hohem Wuchse, deren Formen jedoch noch nicht ganz entwickelt waren, weshalb auch die Schultern noch nicht die gehörige Fülle hatten; ihr Teint hatte jene, in diesen Jahren sonst noch selten reine, weiße, matte Marmorfarbe, wie man sie meistens ausschließlich bei Damen der höchsten Aristokratie findet; dabei hatte sie dichte aschblonde Locken. Die Züge ihres Gesichts, von fast antiker Regelmäßigkeit, zeigten nicht jene Sorglosigkeit der ersten Jugend, sondern Nachdenken und Energie; eine gewisse schwört-tierische Müdigkeit ihres dunkeln, glanzvollen Auges mit den kühn gewölbten Brauen, sowie ein kaum merkliches Lächeln, welches beständig ihre feinen verführerischen Lippen umschwebte, schien Leidenschaft, sich und Anderen gefährliche Leidenschaft, vorherzusagen.

Im Institut galt Irina für eine der klügsten und fähigsten Schülerinnen, aber mit unbeständigem, herrschsüchtigem Charakter, und einem Kopfe, der die tollsten Einfälle ausdachte und ausführte; eine Klassendame hatte ihr sogar vorhersagte; »vos passions vous perdront;« wo hingegen eine andere sie für kalt und gefühllos hielt Und sie »une jeune fille sans coeur« nannte.

Irina’s Freundinnen nannten sie stolz und hinterlistig, die Brüder und Schwestern fürchteten sie, die Mutter selbst mißtraute ihr, und dem Vater war nie recht behaglich, wenn sie ihre tiefen, geheimnißvollen Augen auf ihn richtete; beiden aber, Vater und Mutter, flößte sie eine unwillkürliche Achtung ein, nicht ihrer hervorragenden Eigenschaften, wohl aber der Hoffnungen wegen, die sie auf ihre Zukunft setzten.

»Du sollst sehen, wir werden noch erleben,« sagte einst der alte Fürst zu seiner Frau, sein langes türkisches Pfeifenrohr aus dem Munde nehmend, »daß unsere Irina uns einmal aus aller Noth herausreißen wird.«

Die Fürstin wurde böse und antwortete ihrem Manne, »er habe immer des expressions insuppartables;« nach einigem Nachdenken aber brummte sie zwischen den Zähnen: »Ja, ja . . . Zeit wär’s wohl einmal dazu.«

Irina genoß eine fast unbeschränkte Freiheit im elterlichen Hause; man verwöhnte sie zwar nicht, war sogar ziemlich kalt gegen sie, aber man handelte ihr auch nicht entgegen; das gerade war es, was sie wollte, wie sie sich überhaupt ziemlich sonderbar hielt.

Wenn z. B. irgend ein Krämer eine alte Schuld einzufordern kam und sich Unartigkeiten erlaubte, weil man ihm wieder nichts bezahlen konnte, oder irgend Einer der Dienerschaft, mit dem Essen unzufrieden, Aeußerungen laut werden ließ, wie: »was das für ein Fürst sei, der selbst nichts zu essen habe, und bei dem die Leute hungern müßten,« – so saß Irina, ohne eine Miene zu verziehen oder ein Wort zu sagen, mit bösem, verächtlichem Lächeln im finstern Gesichte, bewegungslos da, während den Eltern dieses Lächeln ein schlimmerer Vorwurf war, als das Geschrei der Gläubiger oder die Unzufriedenheit der Dienerschaft, als ob ihre Tochter das Recht auf Reichthum und Luxus, den sie ihr nicht geben konnten; von Geburt an habe.

Litwinow hatte sich in Irina verliebt vom ersten Male an, daß er sie gesehen hatte (er war im Ganzen nur drei Jahre älter als sie); lange aber dauerte es, ehe es ihm gelang, Gegenliebe, ja sogar nur Aufmerksamkeit gegen ihn bei ihr hervorzubringen. In ihrem Betragen lag sogar etwas Feindliches, als ob er ihr etwas Böses zugefügt habe und sie die Beleidigung zwar verbergen, aber nicht vergeben könne.

Er war in jener Zeit zu jung und bescheiden, um zu begreifen, was eigentlich unter dieser feindlichem fast verächtlichen Härte verborgen sein könne. Zuweilen geschah es, daß er, Studien und Bücher vergessend, im wenig lustigen Gastzimmer des Ossinin‘schen Hauses saß und heimlich Irina betrachtete. Wehmüthig und traurig war ihm dann zu Muthe, während sie, böse, oder wie gelangweilt, bald aufstand, bald ab und zu ging, auf ihn aber so wenig achtete, als ob er ein Stuhl oder ein Tisch wäre, und den ganzen Abend kein Wort mit ihm redete. Tief verletzt, versuchte er endlich dem Zauberkreise, in welchem er wie ein Vogel in der Schlinge flatterte, zu entweichen, indem er sich eine Woche von Moskau entfernte.

Dieser Versuch aber bekam ihm noch übler; von Sehnsucht gefoltert, kehrte er abgehärmt und krank zu Ossinins zurück.

Sonderbar! Auch Irina hatte sichtlich während dieser Zeit abgenommen, ihr Gesicht eine leidende, gelbliche Farbe bekommen – ihre Kälte gegen ihn war jedoch dieselbe geblieben, eine gewisse Schadenfreude, Geringschätzung sogar, schienen ihre Züge auszudrücken, gerade als ob die heimliche Beleidigung, die er ihr zugefügt, sich noch vergrößert habe.

Auf diese Weise quälte sie ihn zwei Monate lang. Dann aber erschien ein Tag, an welchem sich dies Alles mit einem Male änderte. Wie eine plötzlich hellauflodernde Feuersbrunst, wie der Blitz aus einer Gewitterwolke, brach lang zurückgehaltene Liebe, heftige, leidenschaftliche Liebe plötzlich bei ihr hervor.

Eines Tages – lange noch blieb derselbe seinem Gedächtniß gegenwärtig – saß Litwinow wieder im Ossinin’schen Gastzimmer und blickte stumm und betrübt auf die Straße hinaus, innerlich sich selbst zürnend, daß er nicht die Kraft besitze, sich loszureißen. Wenn ein Fluß unter dem Fenster vorbeigeflossen wäre, die Verzweiflung würde ihn vielleicht hineingetrieben haben, seiner unerträglichen Qual ein Ende zu machen.

Irina hatte sich in einiger Entfernung von ihm, ohne ein Wort zu reden oder sich zu bewegen, niedergesetzt. Seit ein paar Tagen schon hatte sie weder mit ihm, noch überhaupt mit sonst Jemandem gesprochen.

Dieses kalte Schweigen länger zu ertragen, schien ihm nicht mehr möglich; seine Kraft war erschöpft, und er stand auf und fing an, ohne ein Wort des Abschieds zu sagen, nach seiner Mütze zu suchen.

»Bleiben Sie!« hörte er plötzlich leise neben sich flüstern.

Litwinows Herz erbebte heftig, er erkannte anfangs kaum diese Stimme; eine ganz eigenthümliche, früher nie gehörte Weichheit erklang in diesen zwei Worten. Er erhob seinen Kopf und blickte sie starr an. Freundlich, ja freundlich ruhte ihr Auge auf ihm.

»Bleiben Sie,« wiederholte sie, »gehen Sie nicht fort, ich will mit Ihnen zusammen sein.« Sie flüsterte noch leiser: »Gehen Sie nicht«,ich will es!«

Nicht begreifend, noch im Stande, sich Rechenschaft abzulegen, näherte er sich ihr und reichte ihr seine Hand.

Sie ergriff sie heftig mit ihren beiden, lächelte, über und über erröthend, und verließ dann rasch das Zimmer.

Einige Augenblicke später erschien sie wieder mit ihrer jüngsten Schwester, blickte ihn wieder lange mit einem nie vorher bei ihr bemerkbaren milden Lächeln an und winkte ihm, sich neben ihr niederzulassen.

Anfangs konnte sie kein Wort hervorbringen, ihre Brust nur wogte hoch auf, ein Seufzer entrang sich derselben, und sie erröthete wieder; dann fragte sie ihn, halb furchtsam und verlegen, nach seinen Beschäftigungen, was sie früher nie gethan hatte.

Am Abend desselben Tages entschuldigte sie sich mehrere Male, daß sie bisher nie verstanden habe, ihn, wie er es verdiene, zu schätzen, wunderte sich über seine plötzlichen republikanischen Gesinnungen (er vergötterte zu jener Zeit gerade Robespierre und wagte es nicht, Marat laut anzuklagen); – eine Woche später wußte er bereits, daß sie ihn liebe.

Ja, lange noch erinnerte er sich jenes Tages, wie er auch die diesem folgenden ebenso nicht vergessen konnte, die ihm ein lange vergebens ersehntes, kaum gehofftes Glück gebracht hatten.

Nun folgten jene lichten, seligen Augenblicke der ersten reinen Liebe, Augenblicke, die sich später nie wieder holen, ein Menschenleben auch vollkommen ausfüllen.

Irina war wie umgewandelt, fromm wie ein Lamm mild und seelengut; sie fing an ihren jüngeren Geschwistern Unterricht zu geben, wiederholte mit ihnen ihre Aufgaben und nahm sich des Hauswesens an; Alles machte ihr Freude. Bald war sie ungemein schwatzhaft, bald saß sie demüthig und schweigend in Nachdenken versunken, bildete verschiedene Pläne für die Zukunft, wenn sie und Litwinow verheirathet, wie fleißig sie arbeiten würde u.s.w.

»Ja, arbeiten,« wiederholte sie, »lesen . . . aber vor Allem reisen!«

Ihre Hauptsehnsucht war, Moskau zu verlassen, und wenn Litwinow ihr vorstellte, daß er erst seine Studien beendigen müsse, so antwortete sie ihm nach einigem Nachdenken, daß er ja das auch und mit größerem Nutzen in Berlin oder sonst irgendwo könne.

Wenig gewöhnt, ihre Empfindungen zu verbergen, waren diese auch sehr bald dem Fürsten und der Fürstin kein Geheimniß mehr.

Sehr erfreut waren diese eben darüber nicht; nachdem sie aber alle Gründe für und gegen überdacht hatten, hielten sie es durchaus nicht für zweckdienlich, sogleich ihr »Veto« einzulegen. Litwinows Vermögen war ziemlich beträchtlich.

»Sein Herkommen nur, sein Herkommen ist nicht wie es sein solltet!« bemerkte die alte Fürstin.

»Freilich,« sagte der Fürst, »er ist nur von jungem Adel, ein Kraut– und Rübenjunker! . . . doch aber immer von Adel und das ist die Hauptsache: Irina wird uns gewiß nie gehorchen, was wir ihr auch sagen mögen. Hat sie nicht von jeher nur das gethan, was ihr in den Kopf kam? Ueberdies kann die Hochzeit ja noch nicht so bald, weder heute noch morgen schon sein; wer weiß, welch ein Zufall noch eine bessere, vornehmere Partie bringen kann.« So urtheilte der Fürst und fügte in Gedanken hinzu: »Pah, nur Madame de Litwinow . . . und weiter nichts! Ich hatte Anderes erwartet.«

Irina beherrschte ihren künftigen Bräutigam vollkommen, und er selbst überließ sich blindlings ihrer Leitung. Er war wie in einen Wasserwirbel gerathen, aus dem er nicht heraus und zu sich kommen konnte. Ob auch Irina die rechte, passende Frau für ihn sei, wie sie ihre Pflichten erfüllen werde, darüber nachzudenken war er nicht im Stande; sein Blut kochte, und nur eins war ihm klar: ihr zu folgen bis an’s Ende der Welt, sie die Seinige zu nennen, es entstehe daraus, was da wolle!

So ganz ohne kleine Unannehmlichkeiten verlief jedoch, trotz der übergroßen Zärtlichkeit Irinens, die Zeit nicht.

So war er einst gerade aus der Universität, im alten Rock und Tintenflecken an den Händen, zu ihr geeilt. Sie herzlich begrüßend, trat er auf sie zu, sie aber hielt ihm die Hand abwehrend entgegen.

»Sie sind ohne Handschuhe,« sagte sie langsam und etwas zurücktretend, »und wie Sie aussehen! Pfui – ein echter Student!«

»Sie sind zu empfänglich für Kleinigkeiten, theure Irina,« antwortete er verlegen.

»Sie sind . . . ein echter Student,« wiederholte sie, »vous n‘etes pas distingué

Und ihm den Rücken zuwendend, verließ sie rasch das Zimmer. Freilich kam sie eine Stunde darauf beschämt zurück und bat ihn leidenschaftlich, ihr zu verzeihen.

Ueberhaupt gestand sie ihm gern ihre Fehler und klagte sich selbst an; nur fand sie sonderbarer Weise in sich Mängel, die sie nicht hatte, während sie hartnäckig ihre wirklichen Fehler nicht eingestehen wollte.

Ein anderes Mal traf er sie in bitteren Thränen, den Kopf mit beiden Händen gestützt und mit herabhängenden Locken, und als er sie, ganz aufgeregt, fragte, was ihr Schlimmes begegnet sei, zeigte sie schweigend mit dem Finger auf ihre Brust.

Ein jäher Schreck drang bis in’s Innerste seines Herzens, der Gedanke an »Schwindsucht« durchfuhr s einen Kopf, und er ergriff ihre Hand.

»Du fühlst Dich krank?« fragte er sie mit zitternder Stimme, (bei wichtigen Gelegenheiten nannten sie einander bereits »Du«). »Ich eile zum Arzt . . .«

Aber Irina ließ ihn nicht endigen und stampfte ärgerlich mit dem Fuße, indem sie rief: »Ich bin ganz gesund . . . nur dieses Kleid . . . dieses entsetzliche Kleid . . . begreifen Sie denn nicht?!«

»Ich verstehe nicht, theure Irina . . . was soll das Kleid?«

»Was es soll? Immer eins und dasselbe, . . . kein anderes zu haben und genöthigt zu sein, ohne Ende dieselbe alte Fahne zu tragen . . . selbst wenn Du . . . wenn Sie kommen! . . . Zuletzt wirst Du noch aufhören mich zu lieben, wenn Du mich immer so ärmlich gekleidet siehst!«

»Was fällt Dir ein, Irina, was redest Du? Dein Kleid ist ja wundernett . . . und mir gar doppelt theuer, weil Du es trugst, als ich Dich zum ersten Male sah.« Irina erröthete, indem sie hastig sagte:

»Erinnern Sie mich, bitte, nicht, daß ich schon damals kein anderes hatte.«

»Aber ich versichere Dich, theure Irina, daß Du himmlisch schön in demselben bist, und daß es Dich wunderbar kleidet.«

»Nein, abscheulich, abscheulich!« rief sie erregt und zupfte nervös gereizt an den langen weichen Locken. »Ach Armuth, Armuth! Welch ein trauriges Los, arm zu sein! Und kein Mittel, aus diesem ewigen Elend herauszukommen! Keins!«

Litwinow wußte nicht, was er ihr antworten sollte, und wandte sich verlegen ab.

Plötzlich sprang sie vom Stuhle auf und umschlang leidenschaftlich seinen Nacken mit beiden Armen.

»Aber Du doch, Du liebst mich? Liebst mich, wie ich bin!?« rief sie, Thränen und Lächeln im glänzenden Auge. »Liebst mich selbst in diesem abscheulichen Kleide?«

Litwinow fiel ihr zu Füßen.

»Ach, liebe mich immer, mein Schutzengel, mein Retter!« flüsterte sie, sich zu ihm herabneigend.

So schwanden Tage und Wochen, und immer noch zögerte Litwinow mit seinem förmlichen Antrage bei den Eltern, natürlich nicht aus eigenem Willen, sondern von Tag zu Tag wartend, daß Irina ihn dazu ermächtige.

»Wir sind doch eigentlich noch gar zu jung,« sagte sie ihm, »laß uns noch eine Zeit lang warten, ich will erst etwas vernünftiger, besser und Deiner würdiger werden.«

So wartete er, sich täglich an ihrem Anblick berauschend, und wirklich schien auch die Zeit der Entscheidung immer näher und näher heranzurücken, als plötzlich, wie ein Blitzstrahl aus heiterem Himmel, ein Ereigniß eintrat, das alle Wünsche, Hoffnungen und Pläne in leichte Rauchwolken verwandelte, die im Winde verflogen.

Dunst

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