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II

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Meine Mutter war sehr wählerisch in ihrem Umgange, aber Charloff empfing sie mit besonderer Freundlichkeit und sah ihm Vieles nach; er hatte ihr nämlich vor etwa fünf und zwanzig Jahren das Leben gerettet, indem er ihren Wagen am Rande eines tiefen Abgrundes aufhielt, in den die Pferde bereits gestürzt waren. Die Strang und Geschirrriemen waren gerissen, aber Martin Petrowitsch hatte das ergriffene Rad nicht aus den Händen gelassen, obwohl das Blut ihm aus den Nägeln spritzte. Durch meine Mutter war er auch verheiratet worden, und zwar mit einer siebzehnjährigen Waise, die sie in ihrem Hause erzogen hatte; er selbst war damals ein Vierziger. Die Frau des Martin Petrowitsch war kränklich und zart; man sagte, er habe sie auf seiner Handfläche in sein Haus getragen; auch dauerte ihre Ehe nicht lange. Doch hinterließ sie ihm zwei Töchter. Auch nach dem Tode der Gattin des Martin Petrowitsch erwies meine Mutter dem Letzteren allerlei Gefälligkeiten, sie sorgte, daß seine älteste Tochter in das Gouvernements Pensionat aufgenommen wurde, wählte späterhin einen Gatten für dieselbe, und hatte bereits für die zweite gleichfalls einen solchen in Aussicht genommen.

Charloff war ein tüchtiger Wirth, er besaß circa sechshundert Morgen Land und hatte sich allmälig sehr gut darauf eingerichtet. Er erfreute sich des vollsten Gehorsams seiner Bauern. Wegen seiner Wohlbeleibtheit ging er beinahe niemals zu Fuß: die Erde trug ihn nicht. Er fuhr immer auf einem niedrigen Rennwagen umher, und lenkte selbst sein Pferd, eine magere dreißigjährige Stute mit einer ungeheuren Wundnarbe auf der Schulter. Sie hatte diese Wunde in der Schlacht bei Borodino unter einem Wachtmeister der Garde-Cavallerie davongetragen.

Dass arme Thier hinkte beständig, und zwar auf allen vier Füßen zugleich; im Schritt zu gehen, war ihm unmöglich, es trippelte einen hüpfenden Trapp; es fraß Beifuß und Wermuth an den Grenzreihen – eine Eigenthümlichkeit, die ich bei anderen Pferden nicht bemerkt habe. Ich erinnere mich, daß es mir stets ein Räthsel gewesen, wie dieser halblebende Klepper die ungeheure Last bewegen konnte, ich wage übrigens nicht zu sagen, mit wie vielen Centnern das Gewicht unseres Nachbars berechnet wurde. Hinter dem Rücken des Martin Petrowitsch befand sich auf dem – Rennwagen sein pechschwarzer Laufbursche Maksimka. Wie er mit dem Gesicht und seinem ganzen Körper sich dicht an seinen Herrn schmiegte, mit den nackten Beinen sich auf die hintere Achse des Wagens stemmend, glich er einem Blatte oder Insecte, das zufällig an die sich vor ihm erhebende riesige Masse angeweht worden war.

Derselbe Laufbursche rasirte einmal in der Woche Martin Petrowitsch. Man erzählte, daß er sich bei der Ausführung dieser Operation auf den Tisch stelle, und Witzbolde behaupteten, daß er dabei um das Kinn seines Herrn herumlaufen müsse. Charloff liebte es nicht, lange zu Hause zu sitzen, und daher sah man ihn oft umherfahren, stets in demselben Wagen, die Leinen in der einen Hand, die andere aber, den Ellbogen nach vorne, keck auf sein Knie gestemmt und mit einer ganz kleinen Mütze auf der Spitze feines Kopfes. Er blickte mit seinen kleinen Bärenaugen munter umher, fuhr mit seiner dröhnenden Stimme sämmtliche vorüberfahrende Bauern, Städter und Kaufleute an, schickte den Priestern, denen er nicht grün war, fromme Wünsche nach und ließ einmal, als er mir begegnete (ich war mit der Flinte ausgegangen) solch’ einen Jagdruf gegen einen neben dem Wege liegenden Hasen los, daß mir die Ohren bis zum Abend davon gellten.

König Lear der Steppe

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