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Kapitel 5

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So wunderbar verbringen André und Corinna ihre Wochenenden. Und auf den nächsten längeren Urlaub freut sich Corinna schon jetzt. Und was sie alles machen kann hier. Den Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt. Und in ihrem Kopf schwirren schon unzählige Ideen lustig herum.

Sie sitzen auf der Bank auf dem Bootssteg. An ihrem kleinen eigenen Strand zeigen sich erste Seerosen, nicht nur rundherum, sondern auch unmittelbar am Badesteg und da wo sie gern schwimmen möchten. „So schön sie auch blühen, aber die Blumenstengel möchte ich nun wirklich nicht zwischen den Zehen haben.“ „Ja, das ist eben der Unterschied zum Meereswasser, Corinna. Hier hast Du einfach mehr Pflanzen.“ „Nicht unzufrieden sein, ja?“ Corinna neckt André „Im Schuppen habe ich eine Sense gesehen. Ich hole die mal schnell, und ruck zuck, sind wir die Röschen los.“ „Die Idee ist schon nicht schlecht, gehe aber bitte davon aus, dass der Effekt ungefähr so ist, wie wenn du den Rasenmäher holst, das Gras mähst und meinst, es würde jetzt nicht mehr wiederkommen.“ Corinna geht zum Schuppen und nachdenklich gibt sie Andrés Logik schon Recht, aber sie sagt erst einmal nichts und hofft, dass sie das kleine Problemchen in den Griff bekommt. Noch ahnt sie nicht, dass sich nach den ersten zehn Jahren auf ihrem See die Zahl der wunderschönen gelb weiß und rot weiß leuchtenden Seerosen schätzungsweise auf eine sechsstellige Zahl herangewachsen haben wird. Momentan macht sie noch Fotos von den Blütenkelchen, später wird sie sie verfluchen. Aber davon später. Mit der Sense über der Schulter geht sie zurück zum Bootssteg. Der See liegt völlig ruhig und still unter ihr. Keine Menschenseele ist zu sehen. Die absolute Abgeschiedenheit ist etwas, was beide, André und Corinna, ganz besonders lieben. Corinna steigt mit der Sense ins Boot, während André noch eine Runde im See schwimmt, nackt natürlich. Corinna macht die Leinen los und rudert einige Meter auf die Seerosen zu. Mit einer Leine bindet sie die Sense an der Rudergabel fest, damit sie nicht aus Versehen verloren geht und im See verschwindet. „Kannst du nicht mit ins Boot kommen und ein wenig rudern. Beides, rudern und sensen gleichzeitig geht nicht so besonders gut.“ Corinna gleitet zurück zum Bootssteg. Als erstes hüpfen beide Hunde ins Boot. Tinkas Lieblingsplatz ist die dreieckige Bank vorn in der Bootspitze. Oskar sitzt gern auf der Achterbank neben Corinna. André kommt aus dem Wasser und steigt noch nass und nackt ins Boot. Seine Shorts nimmt er jedoch mit ins Boot. Das Wetter ist wunderschön, die Sonne scheint mehr als freundlich vom tiefblauen Himmel. André hat sich schon immer gern von der Sonne trocknen lassen. „Rudere doch mal dorthin, dort stehen einige dieser Prachtexemplare“. Mit zwei Schlägen ist André dort und Corinna schwingt geschickt die Sense. „Die Pflanzen müssen wir aber ins Boot nehmen und an Land bringen.“ Die Sense arbeitet gut und bald ist ihre Badestelle völlig frei von Seerosen. „Lass uns die da drüben doch auch gleich wegnehmen.“

André hat es geahnt, jetzt artet die Sache wieder in Arbeit aus, aber geduldig steuert er noch eine kleinere Gruppe Seerosen an. Dann muss aber Schluss sein. Plötzlich flüstert Corinna „Hör mal, zieh dir mal schnell die Shorts über. Da oben geht gerade unsere Nachbarin zu ihrem Bootssteg.“ Noch verdecken Uferbüsche die Sicht. André nimmt seine Shorts und stellt sich im Boot auf, um sie anzuziehen. Oskar, munter und zappelig wie immer, will freudig zu seinem Herrchen und springt auf die mittlere Bank, genau während André einbeinig versucht, in die Hose zu steigen. Corinna lehnt etwas über der Reling, die Sense unter Wasser. Und wie ist das, wenn sich die Gewichte verlagern und alles plötzlich zu einer Seite hin rutscht? Ja, auf einem Bein kann man jedenfalls keine Balance halten. Und so fliegen André, an einem Bein schon die Shorts, und die beiden Hunde kopfüber ins Wasser, zwei Handys und ein recht gutes, teures Fernglas versinken ebenfalls im See, alles geht ganz schnell, und Corinna kann sich schließlich auch nicht mehr halten. Als sie aus dem See auftaucht, liegt das Boot Kiel oben vor ihr, ansonsten ist sie allein. „André?“ Fast wie in Panik ruft sie nach ihm und hebt schließlich die Kante des schweren Bootes hoch. Gottseidank kann man dort im Wasser stehen. In dem Hohlraum des umgekippten Bootes paddeln André, Tinka und Oskar. Gottseidank hat André das Boot nicht auf den Kopf bekommen. Oskar ist als erster unter dem Bootsrand durch und paddelt nun um das Boot herum. Er versteht den Ernst der Lage nicht und findet, dass wir endlich mal ein tolles, abwechslungsreiches Spiel treiben. Corinna ruft ihm zu und tatsächlich gehorcht er. Zusammen mit Tinka schwimmt er ans Ufer und springt an Land. Corinna und André können im weichen Sandboden im Wasser stehen und versuchen nun gemeinsam, das gekenterte Boot wieder auf die richtige Seite zu drehen. Mein lieber Mann, das ist gar nicht einfach. Das Boot ist über vier Meter lang und hat fünf Luftkammern. Immer wieder versuchen sie es zu drehen. Wenn sie nicht vorsichtig sind, läuft das Boot voll mit Wasser und sinkt dann total. Nach mehreren Versuchen gelingt es schließlich, und das Boot klatscht mit dem Rumpf wieder auf die Wasseroberfläche. Das wäre schon mal geschafft. André zieht das Boot an der Halteleine zu sich und weiter zum Bootssteg. Derweil versucht Corinna, im Seewasser den Boden zu erkennen, aber auch als sie völlig still steht, ist der Boden durch ihre Trampelei so aufgewühlt, dass sie keine klare Sicht hat. Telefone und Fernglas sind wohl verloren, und wenn nicht, dann sicher funktionsunfähig. Morgen, wenn sich der Sandboden wieder beruhigt hat, wird sie nochmal danach suchen. Sie gleitet zurück durchs Wasser und geht an deren kleinem Strand an Land.

„Oh je, was ist denn mit deinem Bein passiert?“ Bestürzt geht André, der seine nassen Shorts mittlerweile gefunden und angezogen hat, vor ihr in die Knie. „Wieso?“ Corinna schaut an sich hinunter. Das Bein ist voller Blut. Lange rote Streifen laufen auf der nassen Haut hinunter. Sie hat zwei recht große Wunden. Eine läuft quer über das Schienenbein, eine andere öffnet sich unter ihrer Ferse. Gemerkt hat sie bisher nichts, aber jetzt kann sie nicht mehr gut auftreten. André untersucht den Fuß etwas genauer, den eine tiefe Schnittwunde durchzieht. „Jetzt weiß ich, woher das kommt,“ Corinna ist recht gelassen „anscheinend hat die Sense mir das Schienenbein aufgeschnitten, als ich ins Wasser gefallen bin und dann bin ich auch noch hineingetreten, als sie auf dem Grund lag.“ „Wir sollten zum Arzt fahren, die Sense ist rostig.“ „Ach was, hol mal lieber die Flasche mit dem Desinfektionsmittel aus der Hausapotheke, dann spüle ich das schnell mal aus.“ André kommt mit einer Packung Watte und gleich zwei Flaschen Wunddesinfektionsmittel aus dem Haus. Das brennt ganz schön, und nachdem eine Flasche geleert ist, sieht Corinnas Bein schon wieder fast normal aus. Ein feiner roter Strich ziert das Schienenbein, nur der Schnitt unter der Ferse ist tiefer, aber nun auch gesäubert. Also keine Panik. Die Hunde springen fröhlich wie immer um sie herum und finden das Leben einfach lebenswert. Sie gehen gemeinsam vom Bootssteg die Treppe hinauf zum Haus und dort, hinter dem Zaun steht die nette Nachbarin und meint etwas ironisch „Was habt denn ihr eben für eine sportliche Witznummer abgezogen?“ Aber als sie sieht, dass Corinna sich beim Gehen auf André stützen muss, fragt sie doch etwas besorgt, was denn passiert sei. „Alles deine Schuld. Wir wollten nur nicht, dass du für den Rest deines Lebens verblendet bis, nur weil du André nackt gesehen hast.“ „Was?? Ja, das müsst ihr doch gefälligst vorher ankündigen. Ich habe wieder nichts mitgekriegt.“ Jetzt können sie wieder alle lachen. Und Corinna denkt, so trocken wie die Nachbarin aussieht, so hat sie doch wirklich Humor, gefällt mir. Am nächsten Tag hat sich der Sandboden zwar wieder beruhigt, aber vom Fernglas und den Telefonen ist nichts mehr zu sehen.

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