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Kapitel 3
ОглавлениеCorinna denkt an ihre Wochenenden und Urlaube im Boot. Sie hatte sich schnell daran gewöhnt, alle Lebensmittel und die Kleidung daheim in Taschen zu packen, im Auto zu transportieren, dann im Yachthafen, der in Schweden auch nur einfach Bootclub genannt wird, die Taschen vom Auto über den Bootssteg und über das Schandeck balancierend ins Boot zu hieven und dann alles möglichst platzsparend in den Schränken im Boot zu verstauen. Und bei der Heimreise nochmal das Ganze, nur umgekehrt. Aber, ach wie ungemein praktisch ist es doch jetzt, mit dem Auto ans Grundstück zu fahren und einfach ins Haus gehen zu können, mit den Taschen, die man so mitbringt. Kein Balancieren auf dem Schandeck, in einer Hand die Tasche, die andere Hand an der Halterung am Boot und auch kein Einsortieren in relativ kleine Stauräume im Boot. Und Corinna nimmt sich schon jetzt vor, dass sie eine sogenannte Sommerhauskleidung einfach hier im Haus läßt, so auch die Handtücher und die Bettwäsche, und bei Bedarf wird dann die Waschmaschine in Gang gesetzt, die natürlich so schnell wie möglich gekauft werden muss.
Es dauert nicht lange, bis Corinna im Internethandel eine passende Maschine gefunden hat, die auch frei Haus geliefert und angeschlossen wird. André nimmt die Lieferung entgegen und schon brummt es heimisch in der Waschküche, dem kleinen niedlichen Häuschen draußen vor dem Haupthaus. Diese kleinen freistehenden Häuschen nennt man in Schweden Friggebod. Ein 'Bod' ist ein kleines Häuschen und der Name Friggebod ist zusammengesetzt aus dem kleinen Häuschen und dem Namen der ehemaligen Wohnungsbauministerin, Birgit Friggebo, die 1979 die Baugenehmigungspflicht für Häuser unter zehn Quadratmeter abschaffen ließ. Später wurde die Quadratmeterzahl auf fünfzehn erhöht. Es gibt wohl kaum einen Hausbesitzer in Schweden, der nicht auf seinem Grundstück ein solches kleines Fertighäuschen für irgendeinen Zweck aufgestellt hat.
Bei André und Corinna ist ein solches Fertighäuschen, vom Vorbesitzer innen gefliest und gekachelt, mit einem Waschbecken, einer Dusche und einer Separett-Toilette versehen worden. Was ist denn nun schon wieder eine Separett-Toilette? Typisch für diese Toilette ist, dass Stoff 'A' oder Groß von Stoff 'B' oder Klein getrennt aufgenommen und entsorgt werden und somit Geruchsbildung vermieden wird. Eine sehr schöne, saubere Angelegenheit. Und sehr praktisch, wenn man nicht an die Kanalisation angeschlossen ist, wie so viele Freizeithäuser auf dem Land. In diesem Friggebod brummt also jetzt gerade die Waschmaschine und später hängt Corinna die wunderbar duftende Wäsche draußen auf die langen Wäscheleinen am Hang. Die Gestelle dafür hatte der Vorbesitzer als Trockenvorrichtung für seine Fischernetze benutzt. Corinna mag alle diese praktischen Dinge. „Vor allem gefällt mir, André, dass wir hier auf dem Land alle möglichen Veränderungen vornehmen können. Hier kommt es nicht so genau darauf an, ob der Nagel oder die Schraube gerade sitzt. Und am allerallerliebsten würde ich gern einen Stall für ein paar Hühner bauen oder Schafe oder auch zwei Schweinchen. Was meinst du?“ „Ach du liebe Güte. Ich mag ja auch Tiere, Corinna, aber dann müssten wir schon ganzjährig hier draußen wohnen oder willst du die Tiere im Winter in die Tiefkühltruhe verfrachten?“ „Ja, du hast ja Recht. Aber schön wäre das schon oder?“
Es dauert keine zwei Stunden, dann hat der Wind die Wäsche getrocknet und Corinna kann alles wieder abhängen. Gebügelt wird erst einmal überhaupt nicht, - dann kann man ja auch gleich daheim bleiben. Aber schön ordentlich zusammengefaltet, verstaut Corinna schließlich alles in dem offenen Regal im Ankleidezimmer. Hier gibt es genügend Platz für Bettwäsche, Handtücher, Tischdecken und natürlich Pullover, T-Shirts, Hosen, Hemden, Unterwäsche, Strümpfe, Schlafanzüge und Badezeug., alles schön einsortiert in verschiedene Körbe, die lose in die Regale hineingeschoben sind. Corinna ist schon sehr zufrieden mit ihrer 'Kleiderkammer'.
Und ab sofort muss nichts mehr von daheim hin und her transportiert werden. Die Sachen bleiben hier, werden hier gewaschen und das, was fehlt, das braucht man auch nicht, so einfach ist das.
Im Zimmer hat sogar noch die kleine Ausziehcouch Platz, auf der zwei Personen schlafen können, falls das Gästehaus nicht ausreichend ist. „Komm mal mit, André“, Corinna holt André vom Wohnzimmer „Sieh mal, wie schön die Couch da hineinpasst. Ideal, wenn....“ Das gibt es doch nicht. Da hat Corinna wohl die Rechnung ohne ihre Hunde gemacht. Die zwei haben mal ganz schnell unter sich ausgemacht, dass das gute Stück der geeignete Kuschelort ist, um die kommenden nächtlichen Ruhestunde dort gemeinsam zu verbringen. Da liegen sie, in trauter Zweisamkeit und lecken sich ihre Tatzen, schauen nicht einmal auf, so als könnten sie kein Wässerchen trüben.
„Das gibt es doch nicht. Die sind doch noch nie auf die Couch gegangen. Was ist denn jetzt los hier?“ Corinnas Stimme ähnelt plötzlich nicht mehr der Wohlfühlstimme, die die Hunde gewohnt sind. Irgendetwas stimmt hier nicht, und zack, erst geht der eine, dann schleicht sich der andere mit etwas angewinkelten Ohren vom Sofa und an Corinnas Beinen vorbei hinaus aus dem Ankleidezimmer. „Ach lass sie doch. Ist doch eigentlich ein schöner Platz für sie. Sie haben ja hier keinen Hundekorb.“ Das sind wieder Andrés durchgreifende und außerordentlich wirkungslose Erziehungsmethoden. Doch eigentlich hat er nicht mal Unrecht. So ein Hund ist ja auch nur ein Mensch. Und somit ist entschieden, dass das Sofa, dieses Sofa, plötzlich kein verbotener Platz mehr ist, sondern als Hundeschlafplatz verwendet wird, wobei die Betonung aber wirklich auf 'DIESES Sofa' liegt. Es sind doch wirklich schlaue Tierchen, unsere Hunde, denn an diesem Abend, als André und Corinna ihre Kleidung im Ankleidezimmer ablegen, was natürlich auch als Auskleidezimmer benutzt wird, gehen sie beide im Gänsemarsch und völlig selbstsicher - 'wir waren uns doch einig' – auf 'ihr' Sofa und bleiben dort auch die Nacht über. Corinna und André sinken in die Kissen und genießen die Stille des Landlebens. Am nächsten Morgen hält es Corinna nicht mehr im Bett. Sie schleicht sich aus dem Schlafzimmer, und die Hunde sind sofort wieder an ihrer Seite. André ist eher der Typ Lang- und Nochlängerschläfer, der ungerührt weiter vor sich hin schnorchelt.
Noch im Schlafanzug geht sie auf die Terrasse, der Blick nach rechts und links erübrigt sich, hier gibt es keine einsehenden Nachbarn. Der See liegt still da und Corinna geht barfuß durchs Gras zur Treppe, die ans Wasser führt. Sie gräbt die nackten Zehen in den Sand im Wasser. Ihr Ruderboot liegt am Bootssteg, und plötzlich kommt ihr eine Idee. Sie eilt die Treppe wieder hinauf und beginnt in der Küche mit den Frühstücksvorbereitungen. Dann nimmt sie den Picknickkorb und die Thermoskanne und als alle Leckereien eingepackt sind, trägt sie den Korb hinunter und hebt ihn ins Boot. Mittlerweile hat sich auch der Kaffeeduft in Andrés Nase hineingekräuselt. „Mmmmh, Kaffee“, er blinzelt noch verschlafen, aber Corinna zieht ihm die Bettdecke weg. „Komm, Frühstück ist fertig“. Sie weiß, dass André immer erst eine Anlaufphase braucht, aber sie ist aufgeregt und unerbittlich. Überrumpelt lässt er sich mühsam aus dem Schlafzimmer ziehen. Er staunt nicht schlecht, als er an den Esstisch kommt. „Wo ist denn das Frühstück?“ „Überraschung. Mach dich schnell fertig, dann zeig ich es dir.“ Aber schnell geht bei André gar nicht, immer mit der Ruhe und so dauert es noch eine Viertelstunde, bis er endlich einigermaßen frisch aussehend wieder am Tisch erscheint. „Komm“, Corinna nimmt ihn an die Hand. Gemeinsam gehen sie durch den Garten, die Treppe hinunter zum See, und Corinna steigt in das Boot. „Wir machen eine kleine Bootstour“. André nimmt auf der Bank ihr gegenüber Platz. Und schon sind natürlich die beiden Hunde da und springen freudig ins Boot, wo sie sich auf ihre gewohnten Plätze begeben. Das kennen sie bereits. Corinna nimmt die Ruder und beginnt, hinaus auf den See zu rudern. „Das ist aber eine schöne Idee“. André liebt alles, was mit Wasser zu tun hat. So richtig wach ist er immer noch nicht, aber Corinna merkt, dass er diesen kleinen Ausflug schon jetzt genießt. Nach einer Weile lässt Corinna den Anker ins Wasser gleiten. Das geht ganz vorsichtig und lautlos. Wie oft haben sie sich gemeinsam darüber aufgeregt, wenn andere Bootsbesitzer ihren Anker mit lautem Geschepper ins Wasser warfen und die Kette am Bootsrand herunterrasselte, ein furchtbar störendes Geräusch. Corinna zieht die Ankerleine mit lockerer Hand etwas an, bis sich die Flunken in den Sandboden gegraben haben. Dann macht sie die Ankerleine am Bootspoller fest. „Na, dann wollen wir mal“, sie nimmt den Picknickkorb nach vorn und deckt auf der mittleren Bank auf einer kleinen Tischdecke den 'Frühstückstisch' mit Kaffee, vorbereiteten Brötchen, Joghurt und Melonenscheiben. „Was hast du denn da schon alles vorbereitet. Du hast aber auch immer tolle Ideen. Richtig schön!“ Mittlerweile ist die Sonne hinter einer Wolkenwand hervorgekommen und wärmt jetzt wunderbar. Ein Pärchen Singschwäne verschwindet langsam und geräuschlos mit seinen drei Jungen im Schilf. Rundum zwitschern Meisen, Buchfinken und ein Rohrsänger, der in seinem schnarrenden Lockruf nie eine Pause zu machen scheint. Ansonsten ist es still hier draußen. Kein Mensch ist zu sehen, kein Auto, nur die Natur. Corinna füllt einen Kaffeepott für André und einen für sich selbst „Guten Morgen, Liebling. So sollte doch jeder schöne Morgen beginnen oder?“ Sie reicht ihm die Tasse, und André blinzelt ihr zu, lehnt sich zurück und nimmt seinen ersten Schluck Kaffee, um dann so langsam in dieser romantischen Idylle wach zu werden.