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IV

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Der Gegensatz, der sich mir bot, als ich in die Kajüte trat, war überwältigend. An Stelle der kalten harten Decksplanken fühlten meine Füße jetzt einen weichen Teppich, in dem sie versanken. Statt in dem elenden engen Raum mit vier Wänden aus bloßem Eisen, wo ich den Verrückten verlassen hatte, sah ich mich jetzt in einem großen, schönen Salon. Noch mit dem heiseren Gejohle der Männer in meinen Ohren und ihren aufgedunsenen und dreckigen Gesichtern vor meinen Augen, sah ich jetzt eine schöne Dame in elegantem Kleid vor mir. Sie saß an einem chinesischen Lacktischchen, auf dem ein Teeservice aus feinstem chinesischem Porzellan stand. Hier atmete alles Ruhe und Frieden. Mit lautlosen Schritten und ausdruckslosem Gesicht bewegte sich der Steward wie ein Schatten; ohne dass man es merkte, kam er, besorgte irgend etwas und verschwand dann ebenso schweigsam und still.

Ich konnte mich nicht gleich von meinen Gedanken befreien, und als Fräulein West den Tee servierte, lachte sie:

»Sie sehen aus, als hätten Sie etwas Schreckliches gesehen. Der Steward erzählte mir, dass ein Mann über Bord gefallen war. Aber ich denke, das kalte Wasser hat ihn wieder nüchtern gemacht.«

Ihre Gleichgültigkeit berührte mich unangenehm.

»Der Mann ist verrückt«, sagte ich. »Das Schiff ist nicht der rechte Ort für ihn. Man hätte ihn an Land und in ein Krankenhaus schaffen müssen.«

»Ich fürchte, wenn wir erst damit anfangen, werden wir bald zwei Drittel unserer Mannschaft an Land setzen müssen. Ein Stück Zucker, Herr Pathurst?«

»Ja, bitte sehr!« antwortete ich. »Der Mann hat sich aber furchtbar zugerichtet. Er wird wahrscheinlich verbluten.«

Einen Augenblick sah sie mich an, während sie mir meine Tasse reichte. Ihre grauen Augen waren ernst und prüfend. Dann tauchte ein Lächeln in ihnen auf, und sie schüttelte tadelnd den Kopf.

»Nun fangen Sie aber bitte die Reise nicht gleich damit an, dass Sie sich entrüsten, Herr Pathurst. Solche Dinge sind etwas ganz Alltägliches. Sie werden sich bald daran gewöhnen. Vergessen Sie nicht, dass es oft die seltsamsten Leute sind, die zur See gehen. Der Mann ist wirklich in guten Händen. Pike versteht sich darauf, seine Wunden zu behandeln.«

»Aber ist es denn gut ... gut für die Arbeit an Bord« – wandte ich ein –, »wenn man einen so verrückten Menschen behält?«

Sie zuckte die Achseln, als ob sie nicht die Absicht hätte zu antworten. Dann sagte sie dennoch:

»Was wollen Sie? Das Leben auf See ist hart, Herr Pathurst. Und als Matrosen bekommen wir nur das übelste Gesindel, das man sich denken kann. Und wir tun tatsächlich unser Bestes für sie, und irgendwie kriegen wir sie ja schließlich immer so weit, dass sie uns ein bisschen bei der Arbeit helfen. Aber es ist und bleibt Gesindel ... Gesindel!«

Ich saß da, lauschte und sah sie an. Und als ich ihre weiblich-empfindsamen Züge und ihr schönes geschmackvolles Kleid mit den tierischen Fratzen und den schmutzigen Lumpen der Männer verglich, die ich soeben gesehen hatte, kam mir trotz allem, ob ich wollte oder nicht, die Überzeugung, dass ihr Standpunkt richtig war. Und dennoch fühlte ich mich abgestoßen – vielleicht hauptsächlich, weil sie ihre Ansichten so derb und unbewegt zum Ausdruck brachte.

»Mir fiel die Kaltblütigkeit auf, mit der Ihr Herr Vater die Sache betrachtete«, sagte ich vorsichtig.

»Er nahm gar nicht erst die Hände aus den Taschen, nicht wahr?« erklärte sie.

Ihre Augen leuchteten, als ich das bestätigte.

»Oh, das wusste ich, so ist er immer! Das habe ich so oft gesehen ... ich erinnere mich einmal – ich war damals zwölf Jahre alt – Mutter war allein zu Hause geblieben – wir liefen eben in San Francisco ein – mit der Dixie, die beinahe ebenso groß wie dies Schiff war. Der Wind war sehr günstig, und Papa nahm deshalb keinen Schlepper. Wir segelten geradeswegs durch das Goldene Tor und den Hafen von Frisco.

Nun, es war Schuld des Kapitäns auf dem Dampfer. Er schätzte unsere Schnelligkeit falsch ein und versuchte, unsern Bug noch zu kreuzen. Dann kam der Zusammenstoß, und der Bug der Dixie schnitt den Dampfer einfach durch, Kajüte und Rumpf. Es waren Hunderte von Passagieren an Bord, Männer, Frauen und Kinder. Papa nahm nicht einen Augenblick die Hände aus der Tasche. Aber er schickte den Steuermann voraus, um die Rettung der Passagiere zu überwachen, die schon anfingen, Bugspriet und Back bei uns zu erklettern, und mit einer Stimme, genau, wie wenn ein anderer bittet, ihm Butter zu reichen, befahl er dem Untersteuermann, alle Segel zu setzen. Und er sagte ihm, mit welchen Segeln er anfangen sollte ...«

»Aber warum in aller Welt mehr Segel setzen?« unterbrach ich sie.

»Weil er die Lage überblickte. Der Dampfer stand doch sperrangelweit offen! Nur der Bug der Dixie, der in seiner Seite stak, hinderte ihn am Sinken. Indem mein Vater mehr Segel setzte, und sie platt vor dem Winde hielt, blieb der Bug im Rumpf des Dampfers stecken. Ich war furchtbar aufgeregt. Aber wenn ich Papa anguckte, wie er, die Hände in den Taschen, dastand oder ganz ruhig auf und ab ging ... Hin und wieder gab er dem Mann am Ruder einen Befehl. Sehen Sie, er musste ja auch die Dixie an allen Schiffen, die im Hafen lagen, vorbeimanövrieren. Selbstverständlich ertranken einige, aber er rettete doch viele Hunderte vorm Ertrinken. Erst als der letzte den Dampfer verlassen hatte – er schickte einen Mann an Bord, um nachzusehen –, ließ er die Segel bergen. Und da sank der Dampfer sofort.«

»Prachtvoll«, räumte ich ein. »Ich hege die größte Bewunderung für den ruhigen Mann der Tat, wenn ich auch gestehen muss, dass eine solche Ruhe unter so kritischen Verhältnissen mir fast übermenschlich erscheint. Ich kann mir nicht denken, dass ich selbst so handeln könnte, und ich bin überzeugt, dass ich vorhin mehr litt als der arme Teufel im Wasser, ja, als sämtliche Zuschauer zusammen.«

»Papa leidet auch«, verteidigte sie redlich ihren Vater. »Er zeigt es nur nicht.«

Ich antwortete durch eine Verbeugung, denn ich merkte, dass sie gar nicht begriffen hatte, wo ich hinauswollte.

Meuterei auf der Elsinore

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