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Der biblische Anfang der ärztlichen Zunft
Mose und der Schlangenstab

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Das Symbol des ärztlichen Standes ist ein Stab, um den sich eine Schlange windet – der so genannte Äskulapstab. Äskulap ist der griechische Gott der Heilkunst und als »Eigentümer« dieses Stabes sozusagen das Ur- und Vorbild aller späteren Ärzte. Doch es scheint so, als sei das Symbol des Schlangenstabes in der Geschichte der Menschheit mehrfach »erfunden« worden. Auch die Bibel kennt eine Erzählung, in der es eine Rolle spielt. Der Protagonist dieser Geschichte ist Mose. Und da er in diesem Zusammenhang die erste biblische Person ist, die nachweislich in die Verlegenheit kommt, eine Heilmethode anwenden zu müssen, könnte man sagen, dass Mose der Vorfahr aller biblischen Ärzte ist.

Die Situation damals ist folgende: In der Zeit der Wüstenwanderung hat das Volk Israel durch seinen Ungehorsam eine von Gott geschickte Schlangenplage auf sich gezogen. Viele Menschen kommen durch giftige Bisse zu Tode. Reumütig wenden sich die Israeliten an Mose und bitten ihn um Hilfe. In einer Zeit, die weit davon entfernt ist, ein Antiserum gegen Schlangengift zu kennen, kann diese Hilfe zunächst nur in einer Fürsprache bei Gott bestehen. Von Gott selbst kommt dann die – für unser heutiges Empfinden eigenartige – Therapieverordnung: Mose soll einen besonderen Schlangenkult einführen. (4Mose/Numeri 21,4-9)

Als die Israeliten vom Berg Hor aus weiterzogen, wandten sie sich zunächst nach Süden in Richtung Schilfmeer, um das Gebiet der Edomiter zu umgehen. Aber unterwegs verlor das Volk die Geduld und sie beklagten sich bei Gott und bei Mose: »Warum habt ihr uns aus Ägypten weggeführt, damit wir in der Wüste sterben? Hier gibt es weder Brot noch Wasser, und dieses elende Manna hängt uns zum Hals heraus!«

Da schickte der HERR zur Strafe giftige Schlangen unter das Volk. Viele Israeliten wurden gebissen und starben. Die Leute kamen zu Mose und sagten: »Es war nicht recht, dass wir uns gegen den HERRN und gegen dich aufgelehnt haben. Leg doch beim HERRN ein Wort für uns ein, damit er uns von diesen Schlangen befreit!«

Mose betete für das Volk und der HERR sagte zu ihm: »Fertige eine Schlange an und befestige sie oben an einer Stange. Wer gebissen wird, soll dieses Bild ansehen, dann wird er nicht sterben!«

Mose machte eine Schlange aus Bronze und befestigte sie an einer Stange. Wer gebissen wurde und auf diese Schlange sah, blieb am Leben.

Die Geschichte spiegelt die zwiespältigen Gefühle wider, die Menschen wohl zu allen Zeiten Schlangen gegenüber empfunden haben: Sie fürchten die Schlangen, sind aber auch fasziniert von ihnen. Weil eine Schlange ihre Haut im Frühjahr abstreift, ist sie Symbol des sich selbst erneuernden Lebens; da ein Schlangenbiss Krankheit und Tod bringen kann, steht sie zugleich für das lebensbedrohliche Böse. In der biblischen Geschichte vom Sündenfall dominiert der negative Aspekt. Bei der von Mose aufgerichteten Schlagenskulptur kommt auch der positive zum Tragen: Ein Abbild oder Urbild des Bösen, in einen von Gott angeordneten guten Kultrahmen gestellt, verliert seinen Schrecken und wird heilsam, weil es nun eingefangen ist und der heilsamen Macht eines Größeren dienen muss. Gott stiftet so eine Heilsordnung, in der das Böse und sein Symbol integriert und damit überwunden wird. Der Äskulapstab kann ähnlich interpretiert werden. Im Neuen Testament erhält die Geschichte von der bronzenen Schlange eine neue, überraschende Deutung, und zwar im Johannesevangelium (Johannes 3,14-15): Die Erhöhung der bronzenen Schlange auf der Standarte weist voraus auf die Erhöhung Jesu am Kreuz. Wer auf Jesus den Gekreuzigten schaut, schaut auf das Heil gewährende, Leben schenkende Bild Gottes.

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