Читать книгу Tai und Yuuki - Jana Heinz - Страница 6
ОглавлениеKapitel 1
Traum vom Fußballprofi
Die Menge im Stadion tobte, als der Stürmer mit der Nummer 11 im japanischen Trikot Richtung Tor der deutschen Nationalelf vorpreschte. Ein kurzer Blick auf sein Ziel und dann schoss der Spieler mit aller Kraft aufs Tor. Der Keeper sprang zwar in die richtige Ecke, doch er konnte den Schuss nicht halten. Der Siegtreffer war geglückt. Das Stadion bebte, als der Schlusspfiff des Schiedsrichters ertönte. Der junge Stürmer wurde von seinen Mannschaftskameraden vor Freude umarmt. Es ging nach einiger Zeit zur Siegerehrung. Der Vorsitzende des Weltfußballverbandes hatte den prächtigen Pokal in der Hand und lief auf den Helden des Spiels zu. Dieser wollte ihn gerade entgegennehmen …
Taiji´s Wecker klingelte. Der junge Mann schlug erschrocken und etwas verwirrt die Augen auf. Er hatte mal wieder geträumt, er wäre mit der japanischen Nationalmannschaft Fußballweltmeister geworden. Mit diesem Wunsch war er auch ganz sicher nicht alleine. Taiji, oder besser gesagt Tai, wie ihn sein bester Freund Yuuki nannte, war ein siebzehnjähriger Teenager. Er war für sein Alter recht groß und hatte durch tägliches Fußballtraining bereits einiges an Muskeln. Seine braunen, leicht strubbeligen Haare und seine blauen Augen rundeten das Bild eines freundlichen, selbstbewussten jungen Mannes ab. Sein größtes Hobby war, seit seiner Grundschulzeit, Fußball zu spielen. Tai wuchs sehr behütet von seiner Familie in Tokio auf. Ihr Haus lag unmittelbar hinter einem kleinen Park. Nach fünfzehn Gehminuten durch die geschlängelten kleinen Wege der gepflegten Grünanlage gelangte man zum Stadion des SC Tokio. Tai und seine Familie besuchten am Wochenende oft Heimspiele des Vereins. Unter der Woche war sein Vater meist auf Geschäftsreise, denn er war Manager bei einem großen Autohersteller. Seine Mutter arbeitete ebenfalls bei dem Konzern und übernahm dort die Terminplanungen in der Geschäftsstelle. Seine Eltern sahen ihrem Sohn gerne beim Fußballspielen zu und unterstützten ihn immer in seinem Hobby. Tai selbst spielte in einem Verein seiner Hochschule. Doch dort waren eigentlich nur Hobbyspieler. Die Einzigen, die wirklich hart trainierten, waren Tai und sein bester Freund Yuuki. Sie kickten bereits seit der ersten Klasse zusammen und verstanden sich blind auf dem Platz. Yuuki war auch siebzehn Jahre alt, etwas kleiner, aber gleich gut trainiert wie Tai. Seine blauen Augen wurden auf einer Seite oft durch einige Strähnen seiner nackenlangen, roten Haare verdeckt. Er kannte Yuuki jetzt schon viele Jahre. Sein bester Freund war immer gut gelaunt und hatte meistens einen lockeren Spruch auf den Lippen. Yuuki schien nie vor etwas Angst zu haben und sah auch in den schwierigsten Situationen oft das Gute. Aber das Wichtigste war, dass man sich immer auf ihn verlassen konnte. Seiner Familie war es nicht möglich, ihn finanziell so sehr zu unterstützen, wie sie es vielleicht gerne gemacht hätten. Die Eltern traten beide als Akrobaten in einer Show im Freizeitpark Tokio auf. Dort arbeiteten sie meistens von morgens bis spätabends. Vor allem am Wochenende war Yuuki meistens alleine, denn da waren natürlich besonders viele Shows. Sie verdienten nicht viel Geld und konnten im Monat gerade so alle Rechnungen bezahlen. Eine Mitgliedschaft in einem großen Fußballverein für Yuuki und die ganze Trainingsausrüstung waren einfach nicht möglich. Manchmal musste Yuuki sogar in der Artistenshow seiner Eltern aushelfen. Es kam nicht selten vor, dass Tai´s bester Freund am nächsten Morgen völlig erledigt neben ihm auf der Schulbank saß und fast einschlief. Durch die Shows konnte Yuuki allerdings auch seine ganzen akrobatischen Tricks, die ihnen schon in einigen Fußballspielen aus der Klemme halfen. Die beiden Freunde hatten einen gemeinsamen Traum. Sie wollten als Stürmer-Duo in die Fußballgeschichte Japans eingehen und das am besten mit einem Weltmeistertitel. Doch in ihrem bisherigen Verein hatten sie wenig Chancen, bekannt zu werden. Die Mannschaft verlor die meisten Spiele, denn die Einzigen, die sich ums Toreschießen bemühten, waren Tai und Yuuki. Wenn man sich die beiden Fußballspieler während ihres Trainings ansah, konnte man jedoch sofort erkennen, dass beide sehr talentiert waren und durchaus auch in Profivereinen eine Chance hätten.
Tai rieb sich verschlafen die Augen. Es war Sonntag, 08: 30 Uhr, und er hatte heute zusammen mit seiner Schulmannschaft ein Fußballspiel. Tai hüpfte aus dem Bett, schnappte sich sein Outfit fürs Spiel und verschwand im Badezimmer. Als er wieder angezogen nach einer halben Stunde herauskam und sein Zimmer betrat, erschrak er kurz. Auf seinem Schreibtischstuhl saß Yuuki und grinste ihm entgegen.
Yuuki: „Guten Morgen, du Schlafmütze. Ich wollte mal sehen, wie weit du schon bist.“
Tai: „Boah, erschreck mich doch nicht so. Was machst du schon hier? Das Spiel ist doch erst um 10: 00 Uhr.“
Yuuki: „Ja ich weiß. Ich dachte, wir könnten vorher noch ein bisschen trainieren. Unsere neuen Pässe aus der Abwehr in den Sturm. Vielleicht können wir heute mal gewinnen oder ein Tor machen.“
Tai: „Meinst du wirklich, dass es Sinn macht? Wir können echt nicht immer alles abdecken und eigentlich brauche ich dich vorne bei mir im Sturm.“
Yuuki sah bedrückt zu Boden: „Ja, aber was sollen wir sonst machen. Die anderen aus der Mannschaft ziehen einfach nicht mit.“
Tai und Yuuki diskutierten noch einige Zeit. Ihre Mannschaft war wirklich nicht gut und verlor eigentlich jedes Spiel. Yuuki, der unheimlich flink war, lief meistens nach hinten in die Verteidigung, um wenigstens ein paar Schüsse auf ihr Tor verhindern zu können. Danach sprintete er wieder nach vorne zu Tai, um ihn im Sturm zu unterstützen, denn ohne Tore konnte man auch kein Spiel gewinnen. Tai und Yuuki trainierten jeden Tag und probierten neue Taktiken und Tricks aus, um sich zu verbessern. Als Letztes übten sie lange Pässe, die weit in die gegnerische Hälfte geschossen wurden. Yuuki übernahm die Pässe und Tai hielt sich vorne bereit, um direkt anzugreifen. Auf Dauer hielt Yuuki die schnellen Wechsel zwischen Sturm und Verteidigung nicht durch. Tai blieb bei Spielen meistens vorne im Sturm, denn er hatte einen kräftigeren Schuss als Yuuki. Die beiden Freunde verließen nach einem schnellen Frühstück gemeinsam das Haus. Sie ließen es sich natürlich nicht nehmen, die gesamte Strecke bis zum Fußballplatz zu dribbeln. Im Dribbling waren die beiden gleich gut und auch ihre Pässe kamen immer dort an, wo sie hinsollten. Tai und Yuuki brauchten sich auch nicht großartig absprechen, denn auf dem Spielfeld verstanden sie sich blind. Die beiden Stürmer spielten nun seit elf Jahren gemeinsam und waren stets in den gleichen Mannschaften. Für sie war einfach klar, dass sie immer zusammen Fußball spielen würden, egal wo und wie erfolgreich. Doch ihr größter Traum war immer, einmal das Nationaltrikot zu tragen und im besten Fall den Weltpokal zu gewinnen. Die beiden Spieler übten noch, bis die anderen zum Fußballplatz kamen, ihr neues Passspiel. Nachdem auch ihre heutigen Gegner, die Mannschaft ihrer Nachbarschule, angekommen waren, stellten sie sich für den Anstoß auf. Tai war Mannschaftskapitän und ging mit dem anderen Kapitän zum Schiedsrichter. Tai gewann beim Münzwurf und entschied sich für den Anstoß. Dann stellte er sich zu Yuuki an die Mittellinie in der Mitte des Spielfeldes. Der Anpfiff ertönte und Tai trat den Ball zu Yuuki. Der dribbelte los und umspielte bereits die ersten Gegenspieler. Es folgte ein Pass zu Tai, der seitlich versetzt mitgelaufen war. Der Rest der Mannschaft stand wie immer völlig desinteressiert auf dem Platz. Tai wurde von drei Abwehrspielern gleichzeitig angegriffen und passte in letzter Sekunde zu Yuuki. Der Rotschopf dribbelte mit dem Ball an zwei weiteren Spielern vorbei. Tai konnte seine Verfolger abschütteln und war bereits im gegnerischen Strafraum. Yuuki sah kurz hoch und schlug eine lange Flanke zu seinem besten Freund. Tai sprang hoch und konnte den Ball mit einem starken Fallrückzieher im Tor versenken. Der Führungstreffer war geglückt. Doch ab jetzt wendete sich das Blatt, denn die Gegner waren am Ball und konnten die völlig überforderte Abwehr leicht umspielen. Der gegnerische Stürmer bekam den Ball und schoss sofort aufs Tor. Doch Yuuki hatte sich rasend schnell zurück in den eigenen Strafraum aufgemacht und konnte gerade rechtzeitig den Ball abfangen. Jetzt war es an der Zeit, direkt mal den neuen Pass auszuprobieren. Doch dieser war etwas zu kurz und wurde von einem Gegenspieler im Mittelfeld abgefangen. Yuuki hatte nicht viel Zeit, sich zu ärgern, denn der nächste Angriff kam bereits. Die Gegner wussten mittlerweile jedoch, dass eigentlich nur Yuuki gut verteidigte, und versuchten über die andere Spielfeldseite ihren Konter zu koordinieren. Er musste mitansehen, wie der Ausgleich durch den Mittelstürmer erzielt wurde. Das Spiel verlief wie eigentlich alle Spiele. Am Ende verlor die Mannschaft mit drei zu acht. Yuuki und Tai ließen sich erschöpft auf den Rasen fallen. Sie waren es gewohnt, dass sie am Ende keine Chance mehr hatten, denn das ständige Hin- und Herlaufen zehrte ordentlich an ihren Kräften.
Tai lag auf dem Rücken und starrte in den blauen Himmel. Dann drehte er sich zu Yuuki, der neben ihm lag.
Tai: „Dein letzter Pass war schon richtig gut. Noch ein bis zwei Spiele, dann hast du es raus. Vielleicht haben wir dann eine Chance.“
Yuuki: „Tai, du bist ein Träumer. Selbst wenn wir das schaffen und vielleicht mal das ein oder andere Spiel gewinnen, haben wir keine Chance auf einen Aufstieg. Nicht mit dieser Mannschaft.“
Tai nickte zustimmend: „Ja, da hast du wahrscheinlich recht. Deine Pässe waren trotzdem gut.“
Yuuki: „Na ja, ausbaufähig. Sie sind noch lange nicht so wie sie sein sollten.“
Tai: „Ach Yuuki, du bist und bleibst ein kleiner Perfektionist. Komm, lass uns nach Hause gehen. Du kannst sicher bei uns essen, deine Eltern sind doch bestimmt wieder unterwegs.“
Yuuki: „Danke Tai, dann lass uns los. Ich hab auch echt Hunger.“
Die beiden Freunde liefen zurück zu dem Haus von Tai´s Eltern. Nach einem ausgiebigen Mittagessen zogen sie sich auf sein Zimmer zurück und sahen sich gemeinsam ein Video eines Fußballspiels des FC Santiago an. Dieser argentinische Verein hatte es ihnen besonders angetan. Dort spielte nämlich mal ihr Lieblingsspieler Yori Hisashi. Er war ein japanischer Spieler, der nach seinem Erfolg in der japanischen Liga und Nationalmannschaft nach Argentinien gewechselt war und dort eine erstaunliche Karriere hinlegte. Vor zwei Jahren zog er sich jedoch aus dem Profisport zurück. Seitdem war von ihm nichts mehr zu hören. Das Video war noch aus seiner Zeit in der argentinischen Liga. Tai und Yuuki sahen begeistert zu und fingen an, ihre eigene Fußballkarriere zu planen.
Für die Freunde stand fest, dass sie auf jeden Fall immer zusammenspielen würden, denn sie waren das perfekte Duo. Doch plötzlich wurden die Freunde aus ihrer kleinen Traumwelt gerissen, denn es klopfte an der Zimmertür.