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Tag Drei - Oder auch: Eine Radtour, die ist lustig eine Radtour, die ist schön

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Unser Dritter Tag beginnt wieder sehr früh am Morgen und läuft exakt im selben Muster wie der Gestrige ab: Rumliegen und das Freihaben genießen auf einer Seite des Zimmers und Sit-ups plus Liegestütze auf der anderen. Nur beim Frühstück läuft es diesmal besser. Der Vielfraß wurde auf der Frühstücksliste mit einem sonderbaren Zeichen markiert und bekommt schon automatisch doppelte Portionen. Außerdem gebe ich heute mein Ei ab und das zufriedene Funkeln in den Augen meines Reisegefährten lässt mich wissen, dass der Tag heute besser starten wird als gestern. Wir wollen Fahrräder ausleihen, um auf das Kap der Isla Flamenco, die zu Panama City gehört, zu fahren. Ein zwei Kilometer langer Damm verbindet diese und drei weitere Inseln mit dem Festland. Gesagt, getan machen wir uns auf zum Fahrradladen. Eine gute Beratung und zwei Räder später geht es auf der Calle Costeria (der Uferpromenade) auf in Richtung Isla. Es ist ein fantastischer Radweg. Wir fahren direkt am Meer entlang und unser Weg ist mit blühenden Pflanzen, Palmen und Sträuchern gesäumt. Ab und an ist eine Schaukel für Kinder aufgehängt und auch Sportgeräte sowie Fußball und Basketballplätze sind überall zu finden. Hier wurde mit viel Liebe zum Detail und zum Menschen gearbeitet und so wie es aussieht einiges an Arbeitskraft sowie Geld investiert. Die Autos befahren eine separate Straße und wir können einfach genießen ohne viel auf den Verkehr zu achten. Durch das Radfahren haben wir auch den Eindruck, es wehe eine leichte Brise, die uns ein wenig während der Fahrt kühlt. Überall sehen wir Pelikane, wie sie sich hungrig ins Wasser stürzen und die kleinen Fischerboote umkreisen, um etwas vom Fang zu stibitzen. Das geht so eine ganze Weile bis wir an einen großen Platz mit einem Stadion kommen. Hier gibt es ein großes Restaurant und Erholungsmöglichkeiten am Wasser. Leider geht unser Radweg aber nicht weiter – einfach zu Ende. Wir umkreisen das Stadion, wir fragen die Polizisten, die gelangweilt in ihren Golfcars sitzen, schalten sogar das Roaming ein, um uns auf Googlemaps einen besseren Überblick zu verschaffen. Doch der einzige Weg den es zu geben scheint, führt über eine Stadtautobahn. Wenn wir rein hypothetisch in Erwägung ziehen würden diese zu benutzen, müssten wir zunächst durch ein ziemlich herunterkommendes Wohngebiet fahren, um auf die Auffahrt zu gelangen. Wellblechhütten, ziemlich viele freilaufende Hunde und überall herumlungernde Leute lassen die Hysterie in mir wieder ausbrechen. Ich erinnere Dima an die Worte meiner Mutter, mich nicht in Gefahrensituationen zu bringen. Doch mit kühler Logik stellt er mich lediglich vor die Entscheidung jetzt sofort dorthin weiter zu fahren oder umzukehren, denn eine andere Option gäbe es nicht. Es vergeht eine Weile in der brennenden Sonne und von der leichten Brise ist nicht mehr viel zu spüren. Ich kämpfe mit mir, will aber auf keinen Fall umdrehen, da ja unser Ziel die Isla ist. Nach weiteren zwanzig Minuten fahren wir dann ins vermeintlich gefährliche Wohngebiet. Vom Angstschweiß durchweicht versuche ich so dicht wie möglich an Dima zu bleiben. Wir bleiben bei einer Familie stehen, die sich unter einem Baum im Schatten ausruht und fragen, wie wir am besten mit dem Rad zum Kap der Isla kommen. Als wäre dies die dümmste Frage der Welt zeigen sie völlig verständnislos auf die Autobahn. Immer wieder wiederhole ich den Satz: „ja, aber mit dem Fahrrad“. Die Antwort bleibt die gleiche und plötzlich reicht es dem Familienoberhaupt in der Runde. Eine ziemlich alte, aber dafür auch sehr dickliche Frau steht auf und deutet an ihr zu folgen. Sie führt uns zur Auffahrt und läuft diese sogar hoch um zu demonstrieren, dass wir uns ohne Bedenken auch mit dem Fahrrad in den Verkehr stürzen können. Also gut, es nutzt ja nichts, wir radeln los und winken dankend der Gruppe zurück. Ich möchte gar nicht wissen, wie die sich jetzt über diese hellen Europäer auslassen – sicher fragen sie sich was mit uns nicht stimmt. Schnell lassen wir das Viertel hinter uns und treffen auf eine Polizeikontrolle auf der viel befahrenen Straße – sofort macht sich das europäische Ordnungsgen wieder bemerkbar. Nochmals halten wir an und fragen wie wir auf die Isla kommen MIT DEM FAHRRAD. Auch hier kommt die Antwort: „na über die Autobahn, immer geradeaus“. OK, endlich haben es auch die doofen Gringos verstanden. Wir strampeln weiter durch den Verkehr und die Mittagshitze. Das Abenteuer Autobahn dauert lediglich eine paar hundert Meter an, dann geht eine kleine Straße nach rechts ab, die uns über einen leeren Parkplatz wieder direkt ans Meer führt. Da ist sie wieder die Idylle und als wäre nichts gewesen geht es weiter den schönen, von blühenden Blumen gesäumten Radweg entlang. Ab und an ein Schild, mit dem Hinweis, dass man keine Waschbären überfahren soll.


Achtung Waschbären kreuzen die Straße

Wir passieren das Museo de la Bioversidad, einen modernen Bau inklusive botanischem Garten, gehen aber nicht hinein, da uns eher das Endziel anzieht. Schließlich erreichen wir das Kap der Isla Flamenco. Ein Yachthafen, ein paar Restaurants, Geschäfte und eine große Baustelle erwarten uns. Ich bin ein wenig enttäuscht und hätte mir mehr erwartet. Ich kann nicht genau sagen was, aber irgendetwas fehlt mir hier. Dennoch gilt in diesem Fall ganz klar „der Weg ist das Ziel“ und der hat sich allemal gelohnt. Wir ruhen uns ein bisschen aus und füllen unsere ausgetrockneten Körper wieder auf, einmal mit Bier und einmal mit Eistee ohne Eiswürfel. Ist sicherlich klar, wer was bestellt hat. Die Sonne hat unsere weißen, aus dem europäischen Winter kommenden Körper ziemlich zugerichtet. Der Lichtschutzfaktor fünfzig nutzt leider nichts, wenn man ihn nur stellenweise aufträgt. Ohren, Knien, Knöchel, Ellenbogen und Nasen weisen eine leuchtend rote Farbe auf. Mit unserer neuen Hautfarbe sehen wir jetzt noch mehr aus wie touristische Gringos. Wir radeln zurück, was jetzt, wo wir den Weg kennen, relativ schnell geht. Circa eineinhalb Stunden und wir sind wieder am Fischmarkt von Panama City. Dima freut sich und schaufelt sich den Céviche rein. Diesmal bin ich auch dabei, denn völlig durchgeschwitzt und ausgetrocknet gibt es in der Tat nichts Besseres als einen kalten Fisch in Limettensaft und ein bisschen Chili. Ob mit Meeresfrüchten, Oktopus oder einfachem Fisch – egal, alles lecker und alles gut – scheiß auf die Salmonellen.

Nach einer erfolgreichen Tour geben wir die Räder ab und gehen kurz zum Duschen ins Hostel. Nichts wäre mir jetzt lieber als in einen kühlen Pool zu springen. Ach, was wäre ein Luxushotel jetzt schön. Dima sagt, ich solle den Bikini anziehen, da er gelesen hat, man könne gegen Aufpreis im Hardrock Hotel den Infinity Pool benutzen. Wow, denke ich mir, das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Los geht’s zum wenige Gehminuten entfernten Hardrock Hotel. Der Mann an der Rezeption ist leider nicht der Meinung, dass unser Plan aufginge. Man könnte eine Nacht buchen und dann auch den Pool benutzen, aber sonst wäre da nichts zu machen. Dima recherchiert nochmal den gelesenen Artikel und revidiert seine Aussage mir gegenüber. Es ist ein Artikel über Poolcrashing in Panama City mit einer Wegbeschreibung zum Pool im Hardrock Hotel und wie man diesen am besten crasht (Crashen bedeutet sich Zugang zum Poolbereich zu verschaffen, obwohl man kein Hotelgast ist. Sondern dies nur vorgibt.). Da wir jetzt aber schon so dämlich gefragt haben, kommt das nun nicht mehr in Frage. Im Artikel wird noch ein anderes Fünfsterne Hotel empfohlen, das Trump. Auch hier gibt es wieder eine ausführliche Beschreibung zum Pool und zur Bar, da man ja natürlich auch was zu Trinken bestellen muss, um selbstsicher zu wirken. Als wir am Hotel ankommen, machen sich aber die Charaktereigenschaften des deutschen Schissers und des russischen Spießers wieder breit. Was ist, wenn uns jemand fragt und erwischt – wie peinlich das wäre und so weiter und so fort. Wir fragen einfach, das ist ehrlich und...klappt wieder nicht. Okay, letzter Versuch und diesmal ohne Fragen, da jetzt nach dem ganzen Gelaufe die Sehnsucht nach einem Pool noch größer ist als das schlechte Gewissen. Es gibt noch eine weitere Empfehlung im Artikel - der Pool im Meray soll sehr schön und einfach zu „crashen“ sein. Diesmal schwören wir uns es durchzuziehen. Einfach ganz selbstbewusst reingehen, die Rolltreppe hochfahren und nach links in den Fahrstuhl. Klingt doch einfach – also los. Völlig selbstüberzeugt und nur nicht die Leute an der Rezeption anschauend gehen wir in Richtung Rolltreppe. Da diese erst losfährt, wenn jemand draufsteht, gehen wir, wie in Deutschland und Russland üblich, zur Rechten. Wie groß ist unsere Überraschung als diese plötzlich in die falsche Richtung fährt. Erschrocken und kreischend poltern wir runter. Der Rezeptionist kommt uns auch schon entgegengelaufen und zeigt auf die andere Treppe. Na das hat ja prima funktioniert mit dem selbstsicheren und unauffälligen Verhalten. Ich kann nicht mehr aushalten vor Lachen und pruste los. Mein Bauch tut schon weh und ich kann mich kaum einkriegen. Dima zerrt mich auf die andere Rolltreppe und da wir nicht zurückgehalten werden, schaffen wir es bis zum Pool. Ist das herrlich – zwar kein Infinity Pool im fünfundzwanzigsten Stock, aber ein Pool mit Aussicht auf ein paar Hochhäuser von unten. Wir ordern Drinks und Burger mit Pommes und freuen uns wie kleine Kinder, dass wir den Pool crashen konnten. Dass es am Ende eine ganz normale Bar mit öffentlichem Pool war, soll hier unerwähnt bleiben.

Erkenntnisse des Tages: Pool crashen ist erlaubt, wenn es heiß ist. Sonnencreme sollte am ganzen Körper aufgetragen werden, um rotstichige Muster an Ohren und Knien zu vermeiden. Der Weg ist das Ziel – auch wenn er mit dem Rad über eine Autobahn führt.

Auf den Rucksack fertig los!

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