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Kapitel 2

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Bei dem Duft von frischem Kaffee und einem saftigen Schokomuffin konnte Cassandra nicht länger schlafen. Eine Aspirin legte ich gleich neben ihren Becher, da sie sehr unbequem auf der Lehne des Sofas gelegen hatte, und sicherlich Schmerzen haben würde. Nicht unbedingt die beste Voraussetzung für unser heutiges Vorhaben, der Mauer zu Leibe zu rücken.

Dankbar nahm sie die Tablette und wir frühstückten ausgiebig.

„Daran könnte ich mich glatt gewöhnen“ schmatze sie, während auch die letzten braunen Krümel in ihrem Mund verschwanden.

„Das glaube ich dir gern. Wie sehen deine Pläne für heute aus? Wenn sich herausstellt, dass wir tatsächlich einen Kamin einbauen könnten, sollten wir uns einen Fachmann kommen lassen, denn das mit dem Abzug ist immer so eine Sache, und von den Brandschutzbestimmungen habe ich auch keine Ahnung. Gerade bei dem alten Häuschen sollten wir darauf achten. Aber ich glaube, dass ich schon weiß, an wen wir uns da wenden können. Muss mir nur noch mal die Nummer von meinem Pa holen.“

Bei dem Gedanken Arbeiten im Haus in fremde Hände geben zu müssen, verzog sie den Mund. Ihr gefiel es gar nicht, denn Cassandra wollte gern alles selbst machen. Bisher war es uns auch ganz gut gelungen. Selbst die Elektroleitungen konnte ich neu legen. Aber bei solch wichtigen Dingen wie dem Kamin wäre es einfach nicht klug gewesen, keinen Fachmann hinzuzuziehen. Das wusste sie auch.

„Es wäre von Vorteil, wenn du jemanden kennst. Vielleicht können wir die Arbeiten gemeinsam erledigen und ich kann so etwas einsparen.“

„Das bekommen wir schon hin, mach dir keine Sorgen.“

Natürlich musste sie ein bisschen auf das Geld achten. Als freie Journalistin verdiente sie nicht die Welt und das Geld, das ihre Eltern ihr hinterließen, war sicher angelegt worden.

Ihre Eltern waren bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Sie waren auf dem Weg zu Freunden der Familie, als ein betrunkener LKW Fahrer mit einem 40 Tonner sie auf der stark befahrenen Autobahn abdrängte. Er war wahrscheinlich in einen Sekundenschlaf gefallen, da er seine Pausen laut Protokoll nicht eingehalten hatte. Cassandras Eltern waren nach Angabe der Notärzte sofort tot.

Nach dem Tod begann eine schlimme Zeit, in der sie fast nur bei mir in der Wohnung gelebt hat, weil sie die Unruhe in der WG nicht aushalten konnte.

Ihr damaliger Freund fühlte sich zurückgesetzt, weil Cassandra lieber bei mir sein wollte, um durch die schwere Zeit zu kommen. Er hatte kein Verständnis und beendete die Beziehung nur eine Woche nach dem Unfall. Es dauerte lange, bis sie sich wieder gefangen hatte. Das war auch einer der Gründe, warum wir wie Geschwister waren. Wir waren immer für einander da.

Im Haus hatte sich der Staub gelegt und wir konnten kleine Spuren von Pfoten darin erkennen.

„Oh nein“, stöhnte sie. „Nicht auch noch Ratten. Wir sollten Fallen aufstellen, damit ich sie hier raus bekomme. Das hat mir gerade noch gefehlt. Ich frage mich allerdings, wie die ins Haus gelangen, ich habe doch gar keinen Keller.“

„Die finden immer einen Weg. Aber auch damit werden wir fertig. Und sonst holen wir dir zwei Katzen aus dem Tierheim, die sich dem Problem bestimmt annehmen. Wäre doch schön, oder?“, schlug ich ihr vor.

„Ja, das wäre eine Überlegung wert. Aber es dürften keine verwöhnten Hauskatzen sein, eher Katzen vom Bauernhof, die jagen wenigstens noch.“ Nachdenklich tippte sie sich mit dem Zeigefinger an die Nase.

„Also, ran ans Werkzeug und die Masken auf!“ Jetzt drehte sie wieder auf. Heute hatten wir einiges vor.

Je größer wir das Loch in der Wand machten, desto schwerer ließen sich die roten Steine lösen. Zwischenzeitlich baute ich noch aus Kanthölzern eine kleine Stütze, damit uns nicht die Mauer auf den Kopf fiel, falls sie instabil würde.

Endlich hatten wir ein Loch, das groß genug war, damit ich hinter die Mauer kriechen konnte.

Erstaunt stellten wir fest, dass tatsächlich genug Platz war, damit wir beide uns dahinter aufrecht bewegen konnten. Nachdem wir Taschenlampen und einen Strahler geholt hatten, sahen wir wie groß der Hohlraum war. Man konnte locker stehen und es wirkte wie ein kleines Zimmer.

„Wow“, staunte Cassandra. „Wer hätte gedacht, dass sich hier so viel Platz versteckt? Das sind ja locker zwei Meter, die dem Wohnzimmer fehlen! Aus welchem Grund würde man ein Zimmer so verkleinern?“

„Vielleicht ist die Außenwand hier sehr marode und man hat die Mauer nachträglich gezogen. Aber es ist keine Dämmung benutzt worden, und die Wand sieht trocken aus“, versuchte ich eine plausible Lösung zu finden.

„Für einen Kamin wäre dieser Raum wirklich zu schade. Siehst du, sogar der Holzfußboden geht unter der Mauer weiter. Wirklich merkwürdig.“ Ich leuchtete in Cassandras Richtung, um zu sehen, was sie machte. Sie sah nachdenklich aus. „Weißt du was, Ben?“ Sie ließ mir, wie so oft, keine Zeit zum Antworten. „Wir sollten die Wand komplett entfernen. Die Steine lagern wir erst mal im Garten, vielleicht können wir sie ja noch mal gebrauchen. Aber es wäre zu schade, diesen Raum zu verschenken. Was meinst du?“ Irgendwie hatte ich fast befürchtet, dass sie das sagen würde. Aber wie konnte ich dagegen was einwenden, wo sie doch Recht hatte?

„Hast du irgendwo eine Schubkarre? Die Steine in den Garten zu schleppen, würde keinen Spaß machen.“ Das reichte ihr als Bestätigung. Sofort strahlten ihre grünen Augen. So sah ich sie am liebsten.

„Irgendwo treiben wir bestimmt eine auf. Haben deine Eltern nicht noch eine? Ruf doch gleich mal an.“ „Ja, ich ruf Ma gleich mal an, sie wird sich freuen.“

Und wie sie sich freute.

Dank des Transporters, ersparten wir uns fast eine Stunde Bahnfahrt quer durch die Hamburger Innenstadt, die um diese Uhrzeit ziemlich überfüllt sein würde.

Als wir am Haus meiner Eltern ankamen, war meine Mutter gerade in ihrem üppigen Kräutergarten. Sie trug ihre stark befleckte Küchenschürze. Das konnte nur bedeuten, dass in der Küche schon etwas Leckeres auf dem Herd stand. Wie zur Bestätigung duftete es schon köstlich aus dem geöffneten Küchenfenster, als wir daran vorbeigingen, um Ma im Garten zu begrüßen.

„Evelyn! Schön dich zu sehen! Wie geht es dir?“ Cassandra war quasi von meinen Eltern adoptiert worden. Gerade in der Zeit nach dem Unfall, als Cassandra bei mir wohnte, war meine Mutter zu einer sehr wichtigen Person in ihrem Leben geworden.

„Ihr kommt genau zur richtigen Zeit. Das Essen ist gleich fertig. Ihr müsst ja ganz hungrig sein, von der vielen Arbeit. Kommt her, lasst euch drücken!“, sagte Ma, als sie aus ihrem Beet gekrochen kam. Sie trug noch an einer Hand einen Gartenhandschuh. Auf ihrer Schürze stand >Beste Mama der Welt<. Ich erinnerte mich, ihr diese mal zum Muttertag geschenkt zu haben. Ma trug in der Küche immer Schürzen. Eine Angewohnheit, die ich übernommen hatte, als ich auszog.

Viele Küsschen und Umarmungen wurden verteilt.

„Jetzt aber schnell in die Küche! Pa wird auch gleich kommen. Würdet ihr mir helfen, den Tisch zu decken?“

„Ja, Ma“, erklangen Cassandra und ich im Chor. Es war inzwischen ganz normal, dass Cassandra meine Eltern hin und wieder mit Ma und Pa ansprach. Sie gehörte für alle zur Familie.

Der große Esstisch war gerade gedenkt, als mein Vater eintrat. Er trug noch seinen schweren braunen Mantel, obwohl draußen schon so angenehme Temperaturen herrschten.

„Evelyn mein Schatz! Das duftet schon wieder wunderbar! Kinder, ihr seid ja auch hier.“ Er kam direkt auf uns zu, als er uns sah. „Na, wie läuft die Arbeit im Haus? Kommt ihr gut voran?“, fragte er gleich neugierig, während er uns begrüßte.

„Wir erzählen es gleich, wenn Ma aus der Küche kommt. Sie wird es auch interessieren, was wir heute gefunden haben.“ erklärte ich, während wir in die Küche gingen, um zu sehen, ob wir Ma helfen konnten. Die drückte uns allerdings bereits voll beladene und dampfende Schüsseln in die Hände und wir nahmen alle am Tisch Platz.

Es gab geschmorte Rinderbrust, die meiner Ma immer so zart gelang, das man kein Messer brauchte, um sie zu zerteilen. Dazu wurden Petersilienkartoffeln gereicht und gebackener Blumenkohl mit zerlassener Butter.

Eine Zeit lang hörte man nur das bedächtige Klirren von Besteck auf Porzellan.

„Kinder, nehmt euch nach, es ist noch genug da“, ermunterte Ma uns, noch mehr zu essen.

Sie machte sich immer Sorgen, dass wir nicht genug aßen. Dabei hatte sie mich gelehrt zu kochen und wusste, dass Cassandra häufig bei mir war, um sich nicht nur in der WG mit Fastfood zu ernähren.

„Danke für die Einladung zum Essen, Evelyn. Es ist wie immer hervorragend. Und genau das Richtige, bei der Arbeit die heute noch auf uns zu kommt“, leitete Cassandra die Unterhaltung über das Haus ein, als sie schon die zweite Portion auf dem Teller hatte.

„Oh ja“, fügte ich hinzu, als sie mich ansah und sich ein großes Stück Fleisch in den Mund steckte. Sie schien zu hoffen, dass ich weiter erzählen würde.

Schnell war alles über unsere Fortschritte und den Raum hinter der Mauer erzählt. Meine Eltern waren begeistert von unseren Plänen und hatten noch ein paar nützliche Vorschläge.

„Wir haben im Werkzeugschuppen bestimmt noch so ein Gerät, damit ihr die Feuchtigkeit in der Außenmauer messen könnt. Vielleicht müsst ihr wieder eine Wand davor setzen, aber nicht so weit im Raum.“ Pa hatte immer gute Einfälle. „Und um die Schubkarre müsst ihr euch auch keine Gedanken machen.“ fügte er noch hinzu.

„Ja und Fallen für die Nager haben wir sicherlich auch noch“, fiel meiner Mutter ein. „Wobei die Idee mit den Katzen auch sehr gut ist. Da hast du gleich langfristig eine Lösung.“ Sie dachte immer praktisch.

„Das wäre uns wirklich eine große Hilfe. Aber vorher helfe ich Evelyn mit dem Geschirr. Keine Widerrede!“ sagte Cassandra sehr bestimmend und stand auf. Sie wusste, dass meine Mutter sich eigentlich nicht gern helfen ließ. Aber so hatte Ma gar keine andere Wahl, als sich helfen zu lassen.

„Danke Kind, aber lege dir bitte eine Schürze an.“

Pa und ich gingen schon mal in den Geräteschuppen. Da etwas zu finden würde wahrscheinlich ziemlich lange dauern. Hier hatte sich in vielen Jahren einiges angesammelt und darüber einen Überblick zu behalten, war nicht einfach. Mein Vater und ich fanden jedoch neben dem Messgerät noch ein paar nützliche Halogenstrahler und zwei Kabeltrommeln.

Nachdem die Küche wieder aufgeräumt und im Schuppen alles zusammen gesucht war, fuhren wir wieder zum Haus zurück. Wir wollten es heute noch schaffen die ganze Mauer ein zu reißen.

Natürlich kamen wir nicht ohne die eingepackten Reste vom Essen und viele Küsse meiner Mutter fort. Sie verabschiedet sich immer, als würden wir uns für Monate nicht mehr sehen, nicht als würden wir nur am anderen Ende von Hamburg leben.

Als wir ins Wohnzimmer kamen sahen wir, dass meine provisorische Stütze nicht lange gehalten hatte. Mehr als die halbe Mauer war eingestürzt und hatte eine gewaltige graue Staubwolke aufgewirbelt.

„Wie gut, dass sie wenigstens gehalten hat, als wir noch drunter saßen“, fing Cassandra an zu lachen, was jedoch in einem Hustenanfall endete.

„Also, die Mauer hat uns einen großen Teil der Arbeit abgenommen, wie es scheint. Schade, dass sie nicht auch schon allein den Weg in den Garten gefunden hat“, bedauerte ich, jedoch nur halb gespielt.

„Ich hole uns schon mal die Schubkarre, such du doch bitte die Handschuhe heraus. Jetzt wird erst mal der Schutthaufen raus geschafft“, beschloss ich. Vorher würden wir keine anderen Arbeiten beginnen können, weil alles voller Steine und Schutt war.

Nachdem etwa die Hälfte der Steine nach draußen gebracht war, hockte sich Cassandra in den Rasen. Sie war über und über mit Staub bedeckt. Ihre langen Wimpern waren ganz grau, ebenso die dunklen Haare. Im Gesicht hatte sie Spuren, wo sie sich immer eine widerspenstige Strähne wegzuwischen versuchte. Unter all dem Grau stachen ihre lindgrünen Augen besonders gut hervor. Solch grüne Augen hatte ich bei noch keiner anderen Person gesehen. Auch nach der langen Zeit unserer Freundschaft, faszinierten sie mich immer noch. Einfach grün, ohne braune oder graue Einschlüsse. Im Gegensatz dazu kamen mir meine dunkel braunen Augen geradezu unscheinbar und langweilig vor.

Eine Weile sagten wir beide nichts und genossen die Ruhe in der Sonne. Es war sehr angenehm, dass man auch solch stille Momente mit Cassandra haben konnte. Sie war nicht darauf bedacht, immer eine Unterhaltung führen zu müssen, wie man es manchmal von Frauen kannte.

Scheinbar hatte sie dann aber doch genug von der Stille, denn plötzlich schien ihr etwas einzufallen.

„Jetzt wird es doch nichts mit meinem Kamin. Schade eigentlich“, bedauerte sie.

„Na warte erst mal ab. Vielleicht müssen wir ja wieder eine Mauer aufbauen, dann mauern wir gleich einen ein. Und wenn nicht, schauen wir uns nach einem freistehenden Kamin um. Die sind sicherlich nicht so schwer einzubauen“, versuchte ich sie aufzuheitern. Es schien zu funktionieren, denn sie lächelte wieder und schien sich es sich schon vorstellen zu können. Sie nickte.

„Machen wir uns lieber weiter an die Arbeit. Wir sollten wenigstens so viele Steine hinaus schaffen, dass wir auch den Rest der Mauer entfernen können.“ Jetzt mit neuen Ideen, war sie wieder voller Tatendrang.

Die restlichen Mauerstücke und Steine waren weg, der grobe Staub im Staubsauger verschwunden und der Raum das erste Mal in voller Größe komplett zu sehen.

„Wow, das macht ganz schön was aus, oder? Wenn die Wände nun noch hell gestrichen werden, ist es ein toller großer Raum. Was sagst du dazu?“, wollte Cassandra wissen.

„Ich bin beeindruckt. Ohne die roten Steine sieht es hier ganz anders aus. Viel Freundlicher. Aber mir ist etwas aufgefallen, als ich dort hinten gesaugt habe. Ich zeige es dir. Wird noch ein bisschen Arbeit bedeuten“, deutete ich an und ging zu der Stelle, an der ich ihr etwas zeigen wollte. „Hier ist das Parkett lose und wenn man drauf klopft, klingt es hohl. Als wenn nichts darunter ist.“

„Du meinst, es ist schon wieder ein Hohlraum? Vielleicht hab ich ja doch noch einen Keller“, witzelte sie. „Bevor wir aber jetzt noch ein Loch in den Boden machen und auf weitere Dinge stoßen, machen wir für heute Feierabend. Was hältst du davon, wenn wir heute mit der WG einen trinken? Die Jungs beschweren sich schon, dass sie mich in der letzten Zeit gar nicht mehr zu Gesicht bekommen. Und da ich ja bald komplett ausziehen werde, wollen sie noch ein bisschen Zeit mit mir verbringen. Du bist natürlich herzlich eingeladen.“

Ja, die WG war immer ein bisschen speziell. Das Cassandra es überhaupt so lange in dem wilden Chaos ausgehalten hatte, begründete ich mit der Tatsache, dass sie zeitweise mehr bei mir war, als bei sich zu Hause.

In Maßen waren die Jungs aber schon auszuhalten und deswegen entschied ich mich, heute Abend mit in die WG zu fahren. Es würde bestimmt lustig und unterhaltsam werden. Also fuhren wir schnell zu mir, nachdem wir noch ein paar Fallen für die Ratten aufgestellt hatten.

Während ich mich duschte und den Dreck des Tages in den Abfluss hinunter fließen ließ, machte Cassandra unten in der Küche noch ein wenig vom Mittagessen warm.

Als ich sauber und frisch aus dem Bad kam, stand auf dem Esstisch schon alles bereit und wir aßen, während irgendetwas nebenbei im Fernseher lief.

Nachdem auch die Reste aufgegessen waren, stellten wir schnell alles in die Geschirrspülmaschine. Das war ein bisschen Luxus, den ich mir in meiner Junggesellenbude leistete, da ich eh sehr selten allein aß, und einfach zu faul für den Abwasch war.

Inzwischen war es schon etwa 20 Uhr und wir machten uns mit einer Kiste Bier auf den Weg in die Wohngemeinschaft. Da würden sich die Jungs sicher freuen.

Wie erwartet, freuten sich die Bewohner riesig uns zu sehen. Wir waren etwa alle im gleichen Alter, wobei man das aber nicht immer glauben wollte. Es war ein wilder kleiner Haufen chaotischer Studenten.

Da war Christian, der vor zwei Wochen 24 geworden war. Ein eher unscheinbarer Typ, mit aschblondem Haar und grauen Augen. Er war sehr still, und wenn man Computerprobleme hatte, war er der Mann dafür. Es gab immer einen Weg und er fand ihn. Für sein IT-Studium war er aus Dresden nach Hamburg gezogen und wurde oft wegen seines Dialekts aufgezogen, was er aber sehr entspannt sah.

Dann gab es da Niklas, der Kleinste und Quirlige der Bande. Er war 23 Jahre alt und immer für einen Lacher gut. Es fiel ihm immer schwer still zu sitzen, aber er war eine Seele von Mensch. Wenn jemand bedrückt war, ließ er so lange nicht locker, bis derjenige wenigstens grinste. Sein Interesse an Männern war in der Wohngemeinschaft kein Problem.

Zuletzt gab es da Dominik. Ein echt sympathischer Kerl von Mitte 25, der anfänglich jedoch Probleme mit mir hatte. Insgeheim hatte er sich ein wenig in Cassandra verguckt und nahm es mir übel, dass ich so viel Zeit mit ihr verbrachte. Sobald er jedoch merkte, dass mein Interesse an ihr rein brüderlicher Natur war, freundeten wir uns sogar an. Zwischenzeitlich hat er schon einige Körbe von seiner Mitbewohnerin bekommen. Leider war er mit seinen etwa 1,60 Metern für die 1,73 große Cassandra zu klein. Aber er versuchte es immer wieder. Zwischen uns ist es zu normal geworden, uns „Großer“ und „Kleiner“ zu nennen. Ich überragte ihn schließlich mit fast 30 cm.

Während Cassandra sich duschte, saß ich mit den Jungs zusammen. Sie fragten mich über das Haus aus. Sie waren sehr erstaunt über das, was ich zu erzählen hatte und boten ihre Hilfe an. Auch wenn ihnen der Gedanke missfiel, dass Cassandra bald ausziehen würde und sie sich einen neuen Mitbewohner suchen mussten, waren sie doch entschlossen, uns zu unterstützen.

Wir verabredeten, dass ich sie anrufen würde, sobald wir Hilfe benötigen würden.

Cassandra ließ sich im Badezimmer reichlich Zeit und wir beschlossen ein bisschen an der Spielkonsole zu spielen. Die Jungs hatten ein neues Spiel, das sie mir unbedingt zeigen wollten.

Da sie schon viele Stunden an dem Spiel verbracht hatten, verlor ich natürlich kläglich. Das wurde von der WG gefeiert, denn solche Gelegenheiten boten sich nicht oft.

Zu unserer Schande wurden wir meistens von unserer Freundin geschlagen. Sie hatte ein einzigartiges Talent für das Spielen an der Konsole. Obwohl sie immer betonte, keinen Spaß daran zu haben. Nur glaubten wir ihr das nicht so recht. Sie bekam immer diesen eigenartigen Ausdruck in den Augen, wenn sie wieder ein paar Spiele gewonnen hatte.

Wir beendeten unser Spiel, als wir hörten, wie oben das Badezimmer geöffnet wurde und die Musik verstummte.

Die Maisonette Wohnung hatte den Vorteil, dass auf beiden Etagen ein Bad war und Cassandra sich die obere Etage gesichert hatte. Dort gab es nämlich nur ein Zimmer, mit einem kleinen Balkon, und sie hatte auch das Bad für sich allein. Darüber musste sie sich bald keine Gedanken mehr machen, denn dann hatte sie das ganze Haus für sich.

Der Abend wurde sehr lustig. Die Jungs waren aufgedreht und es schien, als gaben sie eine Abschlussfeier für ihre Mitbewohnerin. Es war eindeutig, dass sie sie nicht gehen lassen wollten. Vor allem Dominik, der nicht von ihrer Seite wich und immer drauf achtete, dass sie noch genügend Bier hatte.

Etwa gegen 24 Uhr gingen wir alle ins Bett. Die drei Jungs hatten morgen Vorlesungen in der Uni und wir zwei wollten morgen wieder was im Haus schaffen. Ich schlief wie immer auf einem ausklappbaren Sofa in Cassandras Zimmer.

Die blutige Windrose

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